Anolis

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Anolis

Rotkehlanolis (Anolis carolinensis)

Systematik
Überordnung: Schuppenechsen (Lepidosauria)
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
ohne Rang: Toxicofera
ohne Rang: Leguanartige (Iguania)
Familie: Anolidae
Gattung: Anolis
Wissenschaftlicher Name der Familie
Anolidae
Cocteau, 1836
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Anolis
Daudin, 1802

Anolis, auch Saumfingerechsen,[1] ist eine Gattung kleiner bis mittelgroßer oftmals baumbewohnender Echsen, die zu den Leguanartigen zählt. Anolis ist mit 444[2] anerkannten Arten die artenreichste Echsengattung.[3]

Aussehen und Merkmale

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Anolis-Arten erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von unter 10 cm bis ca. 30 cm. Sie sind vergleichsweise schlanke Echsen mit spitzzulaufender länglicher Schädelform. Die Augen sind groß und sitzen hoch am Kopf. Der Schwanz nimmt häufig über 60 % der Körperlänge ein.

Die Körperfärbung variiert unter den Arten zwischen gräulich-(dunkel)braunen oder beigen bis intensiv grünen Tönen. Häufig trägt die Haut eine mitunter reich differenzierte Musterung aus Streifen oder Flecken. Nahezu alle Arten sind außerdem dazu fähig ihre Farbe ähnlich Chamäleons nach Stimmung zu verändern.

Balzender männlicher Anolis
A. barbatus
Ritteranolis
Bahamaanolis
Anolis porcatus, Kuba, Nordküste, in einer Gartenanlage

Die Männchen der meisten Anolis-Arten besitzen eine zur Körperfarbe kontrastierende Kehlfahne, die sie durch Abspreizen ihres Zungenbeines aufstellen können. Die Weibchen besitzen zumeist kleine oder keine Kehlfahnen. Ausnahmen hierzu sind möglich. So gibt es Anolis-Arten, bei denen auch die Weibchen große und farbige Kehlfahnen besitzen oder die Männchen reduzierte oder keine Kehlfahnen aufweisen. Die Männchen nutzen sie in Verbindung mit Kopfnicken zur Werbung bei der Paarung, zur Revierabgrenzung und um Kontrahenten zu beeindrucken. Bei den Weibchen tritt dieses Verhalten seltener zu Tage.

Anolis-Arten besitzen ähnlich wie Geckos „Haftsohlen“ unter ihren Füßen, die durch eine extrem vergrößerte Oberfläche (makroskopisch: Lamellen, mikroskopisch: Härchen) ein Anhaften selbst an glatten Oberflächen ermöglichen. Dies geschieht nicht durch Festsaugen, sondern durch die Van-der-Waals-Kräfte auf molekularer Größenordnung.

Zudem bietet diese Echsengattung ein Anschauungsbeispiel für Konvergenz in der Evolution. Auf mehreren Antillen-Inseln wurden in ähnlichen ökologischen Nischen phänotypisch nahezu identischen Arten gefunden, trotz unabhängiger, Millionen von Jahren dauernder Entwicklung.[4]

Das Verbreitungsgebiet der Gattung Anolis erstreckt sich über den karibischen Raum sowie die angrenzenden Landmassen der südlichen und südöstlichen USA, Mexikos, Mittel- und Südamerikas, wobei mehr als die Hälfte der Anolisarten auf Inseln endemisch sind.[5] Die folgende Liste zeigt die Anzahl der Anolisarten in besonders artenreichen Gebieten:[6]

  • Kuba 64 Arten
  • Hispaniola (Dom. Rep. und Haiti) 54 Arten
  • Puerto Rico 13 Arten
  • Mexiko 58 Arten
  • Guatemala 21 Arten
  • Honduras 38 Arten
  • Costa Rica 39 Arten
  • Kolumbien 75 Arten
  • Venezuela 24 Arten

Anolis sind gute Kletterer und leben auf Bäumen und im Unterholz, einige Arten bewohnen auch zeitweise den Waldboden. Die Tiere sind territorial und bilden unterschiedliche große Reviere, die verteidigt und je nach Nahrungsangebot und Eignung verändert werden. Die eher kleinen Reviere beinhalten meist verschiedene Versteckmöglichkeiten und Stellen zur Beobachtung der lokalen Umgebung. Je nach Verbreitung leben mehrere Anolis-Arten sympatrisch.

Anolis ernähren sich überwiegend von verschiedenen Wirbellosen, Arten auf dem Festland fast ausschließlich, während auf Inseln lebende Arten oft auch pflanzliche Bestandteile verzehren. Außerdem sind ein bedeutender Teil der Inselendemiten spezialisierte Ameisenfresser. Insgesamt fressen 45 % der Anolisarten Pflanzen, während von allen Echsenarten nur 26 % pflanzliche Bestandteile fressen. Von den auf Inseln vorkommende Anolisarten fressen 58 % Pflanzen und bei 29 % der auf Inseln lebenden Echsen sind Pflanzen Bestandteil der Ernährung. Auf dem Festland ist es umgekehrt. Dort fressen nur 6,5 % der Anolis Pflanzen, bei den Echsen insgesamt sind es 23 %. Grund für die häufige Omnivorie der Inselanolis ist wahrscheinlich ihre dichtere Population der dortigen Arten, in der Regel leben auf der gleichen Fläche auf Inseln 15 mal so viele Individuen wie auf dem Festland. Zum Insektenfang suchen die auf Inseln lebenden Anolis in der Nacht oder Dämmerung oft Flächen auf, die künstlich beleuchtet werden.[7]

Die Gattung Anolis wurde im Jahr 1802 durch den französischen Zoologen François Marie Daudin eingeführt.[8] Die Gattung wurde einige Zeit den Leguanen (Iguanidae) zugeordnet. 1989 teilten die Herpetologen Daryl Frost und Richard Etheridge die große, damals 700 Arten umfassende Familie Iguanidae in eine Reihe von kleinerer Familien auf. Die Anolis kamen dabei zusammen mit den Buntleguanen in die Familie Polychrotidae.[9] Später wurden die Polychrotidae auf die Buntleguane beschränkt und die Anolis kamen in die Familie Dactyloidae, die im Jahr 1843 durch den österreichischen Zoologen Leopold Fitzinger aufgestellt wurde.[10] 2022 wurde die Familienbezeichnung zu Anolidae korrigiert, da dieser Name schon 1836 durch den französischen Herpetologen Jean Théodore Cocteau eingeführt wurde[11] und somit älter ist.[12]

Heute gehören 437 Arten zur Gattung Anolis.[2] Verschiedene Versuche die Gattung in mehrere Gattungen aufzuteilen konnten sich bisher nicht durchsetzen[13][14][15][16] und somit sind Audantia, Chamaelinorops, Ctenonotus, Dactyloa, Deiroptyx, Norops und Xiphosurus als Synonyme von Anolis anzusehen.

Zur Gattung Anolis gehören derzeit 444 rezente Arten:[2]

Anolis und Menschen

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Viele Anolis-Arten sind beliebte Terrarien-Tiere und werden weltweit von Reptilienhaltern gepflegt. Die in der Heimtierhaltung bekannteste Art ist der Rotkehlanolis (Anolis carolinensis) aus Florida. Dieselbe Art war auch das erste Reptil, dessen Genom vollständig sequenziert wurde.

  • Axel Flaschendräger, Leo C. Wijffles: Anolis. In Biotop und Terrarium. Natur und Tier-Verlag, Münster 1996, ISBN 3-931587-04-5.
  • Gordon H. Rodda: Lizards of the World: Natural History and Taxon Accounts. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2020, ISBN 978-1-4214-3823-8, S. 173–196.
  • Jonathan Losos: Lizards in an evolutionary tree: Ecology and adaptive radiation of Anoles. (= Organisms and environments. Band 10). University of California Press, Berkeley u. a. 2011, ISBN 978-0-520-25591-3.
  1. Forschung auf senckenberg.de, abgerufen am 24. November 2014.
  2. a b c Anolis In: The Reptile Database; abgerufen am 22. August 2022.
  3. Largest genus of lizards. Abgerufen am 15. April 2021 (deutsch).
  4. D. Luke Mahler, Travis Ingram, Liam J. Revell, Jonathan B. Losos: Exceptional Convergence on the Macroevolutionary Landscape in Island Lizard Radiations. In: Science. Band 341, Nr. 6143, 2013, S. 292–295, doi:10.1126/science.1232392.
  5. Rodda, 2020, S. 174.
  6. Rodda, 2020, S. 173.
  7. Rodda, 2020, S. 174 u. 175.
  8. Daudin, F.M. 1802. Histoire naturelle, générale et particulière, des reptiles : ouvrage faisant suite à l'Histoire naturelle générale et particulière, composée par Leclerc de Buffon, et rédigée par C.S. Sonnini. Tome Quatrième. L'Imprimerie de F. Dufart: Paris. 397 pp. + plates XLVI–XLVIII. im Biodiversity Heritage Library.
  9. Darrel R. Frost, Richard Etheridge: A phylogenetic analysis and taxonomy of iguanian lizards (Reptilia: Squamata) (= University of Kansas. Museum of Natural History. Miscellaneous Publication. Nr. 81). University of Kansas, Lawrence KS 1989, ISBN 0-89338-033-4.
  10. Fitzinger, L. 1843. Systema Reptilium. Fasciculus primus. Amblyglossae. Braumüller et Seidel: Wien. vi + 106 pp. BHL Seite dieser Quellenangabe.im Biodiversity Heritage Library.
  11. Jean Théodore Cocteau (1836): Révision de la famille des Anolis, à l’occasion d’un nouveau genre de ce groupe de reptiles sauriens (Achantolis) rapporté de Cuba par M. de la Sagra. L’Institut 4:286–287
  12. Kevin de Queiroz: The Correct Name for the Taxon Ranked as a Family Containing the Genus Anolis under Rank-based Nomenclature and the Author of the Name Anolis loysiana. Herpetological Review, 2022, 53(3), S. 418–420. © 2022 by Society for the Study of Amphibians and Reptiles
  13. Kirsten E. Nicholson, Brian I. Crother, Craig Guyer, Jay M. Savage: It is time for a new classification of anoles (Squamata: Dactyloidae). (= Zootaxa. Band 3477). Magnolia Press, Auckland 2012, ISBN 978-1-77557-010-3, Digitalisat (PDF; 8,2 MB).
  14. Steven Poe: New genera of anoles (Squamata: Dactyloidae) are unwarranted. In: Zootaxa. Band 3626, Nr. 2, 2013, S. 295–299, doi:10.11646/zootaxa.3626.2.7.
  15. Steven Poe, Adrián Nieto-montes de oca, Omar Torres-carvajal, Kevin De Queiroz, Julián A. Velasco, Brad Truett, Levi N. Gray, Mason J. Ryan, Gunther Köhler, Fernando Ayala-varela: A Phylogenetic, Biogeographic, and Taxonomic study of all Extant Species of Anolis (Squamata; Iguanidae). In: Systematic Biology. Band 66, Nr. 5, 2017, S. 663–697, doi:10.1093/sysbio/syx029.
  16. Kirsten E. Nicholson, Brian I. Crother, Craig Guyer, Jay M. Savage: Translating a clade based classification into one that is valid under the international code of zoological nomenclature: the case of the lizards of the family Dactyloidae (Order Squamata). In: Zootaxa. Band 4461, Nr. 4, 2018, S. 573–586, doi:10.11646/zootaxa.4461.4.7.
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