Maya-Schrift

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Logogramm für Imix, Tag 01
Ballspieler aus Chinkultic
Himmelsdrache im Dresdner Codex. Moderne Reproduktion.
Vase im Codex-Stil
Diego de Landas sogenanntes Landa-Alphabet

Die Schrift der Maya ist die am weitesten entwickelte Schrift der mesoamerikanischen Völker[1].

Die Schriftzeichen der Maya findet man vor allem auf alten Gebäuden und Monumenten (zum Beispiel in Tikal), in Form von Wandmalereien (z. B. in Bonampak) oder Epigraphiken, aber auch auf Keramik (z. B. der des Codex-Stil). Nur vier mit Sicherheit authentische Handschriften, sogenannte Codices, haben die Vernichtung fast aller brennbaren Schriftträger (Huun) durch Diego de Landa, den katholischen Bischof von Yucatán, während der Conquista im 16. Jahrhundert überstanden.

Das Wissen um die Maya-Schrift war seit der spanischen Eroberung in Vergessenheit geraten. Ihre nahezu vollständige Entzifferung ist erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgt. Die Schrift gilt inzwischen als lesbar bzw. deutbar.

Die Maya-Schrift ist eine sogenannte logosyllabische Schrift, was bedeutet, dass sich die Schriftzeichen aus Logogrammen und Silbenzeichen zusammensetzen können. Die Zeichen können allerdings auch getrennt voneinander stehen. Insgesamt sind die Hälfte der etwa 700 Schriftzeichen Logogramme bzw. Silbenzeichen. Meistens entsprechen die Logogramme tatsächlich existierenden Gegenständen oder Lebewesen. Bei einigen ist jedoch kein Erkennen des eigentlichen Sinnes mehr möglich. Dagegen haben die Syllabogramme eine andere Bedeutung, und zwar die der Silbendarstellung. Die meisten Syllabogramme sind im Muster Konsonant-Vokal vorhanden (zum Beispiel „BA“). Wenige stellen nur Vokale dar. Von allen Logogrammen und Syllabogrammen gab es mehrere Varianten, sodass sich der Schreiber die seinem ästhetischen Verständnis am besten angepasste aussuchen konnte. Teilweise geschah dies sogar durch große Wandgemälde, die nur ein Zeichen darstellen sollten.

Bis Ende des 20. Jahrhunderts dachte man, dass die Maya-Schrift von den Olmeken oder von der Isthmus-Schrift abstamme, jedoch haben kürzliche Entdeckungen das Datum der Maya-Schrift um mehrere Jahrhunderte vordatiert. Seit spätestens 2006 ist es archäologisch wahrscheinlich, dass die Maya die Erfinder der Schrift in Mesoamerika waren.[2]

Die frühesten senkrecht angeordneten Schriftglyphen, die noch der präklassischen Periode der Maya zugeordnet werden, stammen aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. von der archäologischen Maya-Stätte San Bartolo (Petén) in Guatemala.[3][4]

Glyphen aus Palenque
Lesereihenfolge der Maya-Glyphen. Sie hat Ähnlichkeit mit der Lesefolge einer Zeitungskolumne.

Im 16. Jahrhundert beschäftigte sich Diego de Landa, Bischof von Yukatan, mit den Schriftzeichen der Maya. Von einem adligen Maya, vermutlich Gaspar Antonio Chi, ließ er sich das spanische Alphabet in Maya-Schrift aufschreiben. Dieses sogenannte Landa-Alphabet diente trotz Fehldeutungen als Grundlage für die spätere Forschung. Diego de Landa und dessen Mitwirkende verfolgten das Ziel einer konsequenten Durchsetzung des christlichen Glaubens. So ließ de Landa am 12. Juli 1562 im religiösen Eifer vor dem Franziskanerkloster San Miguel Arcángel in Maní alles in Maya Geschriebene sowie die religiösen Figuren und Symbole der Mayas verbrennen, was er mit der Schrift Relación de las cosas de Yucatán rechtfertigte, sodass heute nur noch Teile von vier Maya-Codices erhalten geblieben sind. Das Wissen um die Maya-Schrift ging als Folge der christlichen Conquista verloren, obwohl die Sprache bis heute weiterlebt.

Eine Erforschung der Maya-Schrift gab es bis zum 19. Jahrhundert nicht. Die Komplexität der Schrift, aber auch Fehler beim Kopieren der Glyphen erschwerten eine wissenschaftliche Betrachtung.

Entzifferung der Zahlen

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Ziffernsystem der Mayas

Um 1830 gelang es Constantine S. Rafinesque-Schmaltz, das Zahlensystem der Maya-Schrift zu verstehen. Er zeigte, dass es auf Punkten und Strichen basiert (ein Punkt steht für eine Eins, ein Strich für eine Fünf); außerdem deutete er einige Zeichen für verschiedene Götter, Tiere und Pflanzen.

1881 machte Alfred Maudslay für das Britische Museum umfangreiche Abdrücke und Fotografien der Glyphen und konnte europäischen Forschern so erstmals Kopien zugänglich machen.

Der Ethnologe Cyrus Thomas vermutete in der Maya-Schrift Konsonant-Vokal-Folgen (z. B. „cu“ oder „ti“) und unternahm Vergleiche mit den heute noch gesprochenen Maya-Sprachen.

Entzifferung des Kalenders

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Die Grundlage für die Entzifferung der Maya-Schrift legte dann 1880 der deutsche Sprachwissenschaftler Ernst Förstemann (1822–1906), der den Dresdner Mayacodex analysierte und das Kalendersystem der Maya mitsamt seinen Jahreszyklen erklären konnte.[5] Er zeigte, dass die Maya auch die Null kannten und auf Basis eines 20er-Systems sehr große Zahlen ausdrücken konnten. Die nutzten sie, um äußerst exakte Tabellen mit Sonnenfinsternissen und Venusphasen zu erstellen, aus denen günstige und ungünstige Zeiten für Jagd, Aussaat oder Kriegführung hervorgingen.

Förstemann erkannte mit der sogenannten Kalenderrunde das Zeitsystem der Maya, die aus drei ineinander verzahnten Kreisen (außen 365 „Sonnentage“, in der Mitte 20 Namen und im inneren Kreis 13 Zahlen) besteht und sich nach 52 Jahren in ihrer Konstellation wiederholt. Ihm fiel auf, dass ein bestimmtes Datum, das in die Vergangenheit datiert ist, immer wieder auftauchte, und deutete es als Beginn der Maya-Zeitrechnung.

1905 verglich der US-amerikanische Verleger Joseph Goodman das Kalendersystem der Maya mit dem heutigen Kalender und datierte den Beginn der Maya-Zeitrechnung auf den 21. Februar 739 v. Chr. Das brachte einen Durchbruch bei der Datierung unzähliger Stelen.

Entzifferung der Silben- und Bildzeichen

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Dem sowjetischen Wissenschaftler Juri W. Knorosow gelang im Jahr 1952 ein entscheidender Schritt mit der Einbeziehung der bis dahin missverstandenen Angaben im sogenannten Landa-Alphabet, das er richtig als Silbenzeichen für die spanischen Buchstabennamen interpretierte. Er erkannte als Erster die Mischung von Silben- und Bildzeichen in der Maya-Schrift, was er bei dem Wort „chi-k'in“ (Westen) nachweisen konnte. Hier konnte er auch zeigen, dass ein Begriff, hier die Silbe „chi“, durch unterschiedliche Zeichen darstellbar war.

Seine Hypothesen, die auch von dem Kanadier David H. Kelley (1924–2011) geteilt worden waren, und seine Anfangsentschlüsselung von Maya-Texten wurde vom seinerzeit führenden Maya-Forscher im Westen, dem Briten J. E. S. Thompson, als kommunistische Propaganda abgetan und fanden bis zu Thompsons Tod (1975) im Westen kaum Beachtung.

Unabhängig davon hatten Heinrich Berlin und Tatiana Proskouriakoff 1962 nachgewiesen, dass die monumentalen Steininschriften historische und dynastisch-genealogische Details zum Gegenstand hatten. Sie zeigte die Geburt, Inthronisierung und Heirat ganzer Dynastien.

Ab ungefähr 1980 machte die Entzifferung der Maya-Schrift schnelle und völlig unerwartete Fortschritte, die sich in einer von schneller Kommunikation getragenen internationalen Kooperation einer kleinen Gruppe von Fachwissenschaftlern vollzog. Wichtiger Impulsgeber war der amerikanische Sprachwissenschaftler Floyd Glenn Lounsbury, der eine Generation junger Forscher stimulierte, darunter Linda Schele und David Stuart, der 1983 mit 18 Jahren jüngster Empfänger des „genius grant“ der MacArthur Fellowship wurde. Ihnen gelang mit der Entzifferung vieler bis dahin unbekannter Silben der Durchbruch. Eine wesentliche Erkenntnis war dabei, dass viele verschiedene Zeichen für eine Silbe stehen konnten.

Über 90 % der heute bekannten Maya-Schrift gelten bisher als deutbar.

Erhaltene Maya-Bücher

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Eine Seite des Madrider Codex

Heute existieren nur noch vier authentische Maya-Handschriften:

Die Maya-Schrift (Maya-Hieroglyphen) ist noch nicht in Unicode kodiert.[9]

Filmdokumentation

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Über den Maya-Code wurde im Jahre 2008 von David Lebrun ein Dokumentarfilm gedreht, der auf dem Buch Breaking the Maya Code von Michael D. Coe basiert und die einzelnen Phasen der Entschlüsselung ausführlich darstellt. Zudem werden die verwendeten Methoden anschaulich skizziert.[10]

  • Michael D. Coe: Das Geheimnis der Maya-Schrift. Ein Code wird entschlüsselt. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1995, ISBN 3-498-00898-6.
  • Michael D. Coe, Mark van Stone: Reading the Maya Glyphs. Thames & Hudson, London 2005 (2. Auflage), ISBN 978-0-500-28553-4.
  • Ernst Förstemann: Eine historische Maya-Inschrift. In: Globus, Bd. 81 (1902), Nr. 10, ISSN 0935-0535, S. 150–153.
  • Nikolai Grube: Maya. Gottkönige im Regenwald. Könemann-Verlag. Köln 2000, ISBN 3-8290-1564-X.
  • Guy Leclair: Dossier scientifique sur „L'alphabet consonantique des scribes maya“. Comité National de la Recherche Scientifique, Paris 1994.
  • Maria Longhena: Sprechende Steine. 200 Schriftzeichen der Maya – die Entschlüsselung ihrer Geheimnisse. Fourier, Wiesbaden 2003, ISBN 3-932412-55-9.
  • John Montgomery: How to Read Maya Hieroglyphs. Hippocrene Books, New York 2002, ISBN 0-7818-0861-8.
  • Christian M. Prager / Antje Grothe: Das Rätsel der Mayahieroglyphen im digitalen Zeitalter. Das Projekt Textdatenbank- und Würterbuch des Klassischen Maya. In: Antike Welt. Bd. 54 (2023), Nr. 3, S. 70–79.
  • Günter Zimmermann: Die Hieroglyphen der Maya-Handschriften. Walter de Gruyter, Berlin 1956 (google books Buchvorschau).
Commons: Maya writing – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Robert J. Sharer, Loa P. Traxler: The Ancient Maya. Hrsg.: Stanford University Press. Stanford University Press, Stanford 2005, ISBN 978-0-8047-4817-9, S. 125 (englisch, 931 S.).
  2. William A. Saturno, David Stuart, Boris Beltrán: Early Maya Writing at San Bartolo, Guatemala. In: Science. Band 311, Nr. 5765, 2006, ISSN 0036-8075, S. 1281–1283, doi:10.1126/science.1121745, PMID 16400112.
  3. K. Kris Hirst: Maya Writing Got Early Start. In: Science. 6. Januar 2006, abgerufen am 30. September 2013.
  4. Symbols on the Wall Push Maya Writing Back by Years In: The New York Times, 10. Januar 2006. Abgerufen am 12. Mai 2010 
  5. The Dresden Codex. In: World Digital Library. 1200, abgerufen am 21. August 2013.
  6. Nikolai Grube: Der Dresdner Maya-Kalender: Der vollständige Codex. Verlag Herder, Freiburg, 2012, ISBN 978-3-451-33332-3, S. 21–22.
  7. Milbrath, Susan: New Questions Concerning the Authenticity of the Grolier Codex. In: Latin American Indian Literatures Journal. Band 18, Nr. 1, 2002, S. 50–83.
  8. Doug Criss: This Maya document, long considered a fake, is Americas’ oldest manuscript. CNN, 8. September 2016.
  9. As Yet Unsupported Scripts (Deutsch: Bis jetzt nicht unterstützte Schriften). Archaic and Obsolete Scripts (Deutsch: Archaische und nicht mehr gebräuchliche Schriften). Unicode, Inc., 24. Februar 2012, abgerufen am 24. Februar 2012 (englisch).
  10. Der Maya-Code (OT: Breaking the Maya Code): Das Geheimnis der Maya-Schrift. Ein Code wird entschlüsselt. Dokumentarfilm, USA 2008, Buch und Regie: David Lebrun.