Platz der Vereinten Nationen (Berlin)

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Platz der Vereinten Nationen
Platz in Berlin
Platz der Vereinten Nationen
Grundriss des Platzes
Basisdaten
Ort Berlin
Ortsteil Friedrichshain
Angelegt 19. Jahrhundert
Neugestaltet 1968, 1992
Hist. Namen Landsberger Platz (1864–1950),
Leninplatz (1950–1992)
Einmündende Straßen
Mollstraße
Landsberger Allee
Friedenstraße
Lichtenberger Straße
Bauwerke Sprudelbrunnen aus Findlingen,
Wohnhäuser
Lebensmittelhalle
Nutzung
Nutzergruppen Straßenverkehr

Der Platz der Vereinten Nationen ist ein städtischer Platz im Berliner Ortsteil Friedrichshain. Benannt ist er nach der Weltorganisation UNO.

Während seine Vorgeschichte bis ins Jahr 1864 zurückgeht, wurde der Platz ab 1968 nach Plänen von Hermann Henselmann neu gestaltet und wird geprägt von einem Ensemble von Plattenbauten, das als einer der Höhepunkte des DDR-Städtebaus gilt und seit 1995 unter Denkmalschutz steht.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über den Platz verläuft in West-Ost-Richtung die Achse MollstraßeLandsberger Allee. Am nördlichen Ende wird er durch die Friedenstraße begrenzt, am östlichen durch die Strausberger Straße, im Süden endet der Platz an der Lichtenberger Straße bzw. Palisadenstraße.

Der Platz ist zentral gelegen und somit verkehrstechnisch gut erschlossen. Drei Straßenbahnlinien (M5, M6, M8) und eine Omnibuslinie (142) der BVG überqueren den Platz.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seinen Ursprung hat der Platz im Landsberger Tor als Teil der Stadtmauer am Ende der Landsberger Straße. Nach der Demontage des Tores erhielt der Platz 1864 den Namen Landsberger Platz. Nachdem die Kriegstrümmer von Wohnhäusern westlich des Landsberger Platzes beseitigt waren, erhielt der Platz 1950 den neuen Namen Leninplatz nach Wladimir Iljitsch Lenin.[1]

Planungshintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Errichtung der Stalinallee in den 1950er Jahren, die sich noch an nationalen Bautraditionen orientierte und die bereits deutlich modernere Bebauung des Straßenzuges zwischen Alexanderplatz und Strausberger Platz bis 1965 hatten sich als kostspielig und aufwendig erwiesen. In der Baupolitik der DDR hatte sich inzwischen die Forderung nach effizienterem Bauen durch Industrialisierung, Typisierung und Standardisierung durchgesetzt. Die sich dadurch ergebende architektonische Eintönigkeit galt insbesondere für Stadtzentren und bedeutende Bauten jedoch als nicht angemessen. Mit der Einführung des Plattenbautyps P2 1964 konnte dann vielfältiger gebaut und der Forderung nach „kühnen und originellen städtebaulichen Lösungen“ nachgegangen werden, ohne an Effizienz zu verlieren.[1]

Planung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der 1961 neu aufgestellte Bebauungsplan für das Stadtzentrum sah den Leninplatz zwar bereits als östlichen Eingang zum Stadtzentrum und Verkehrsknotenpunkt vor, konkrete Vorstellungen zu seiner Gestaltung gab es jedoch noch nicht. Im November 1967 beschloss das Politbüro der SED dann den Bau des Leninplatzes und ein Wettbewerb für seine Gestaltung wurde ausgeschrieben. Diese sollte städtebaulich an das neue Viertel zwischen und hinter dem Strausberger Platz und dem Alexanderplatz anknüpfen.[1]

Der Siegerentwurf von Hermann Henselmann orientierte sich an der Achse zwischen Strausberger Platz und Volkspark Friedrichshain und stellte ein Wohnhochhaus in siebenfacher Staffelung ins Zentrum des Platzes, dass die Gestalt einer Fahne aufnahm. Vor diesem befand sich eine Fahnenskulptur, die zugleich Bibliothek war. Diese Dominante wurde von zwei elfgeschossigen, lang geschwungenen Wohnbauten eingerahmt.[1]

Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luftbild schwarzweiß mit Blick auf Plattenbautensiedlung, im Zentrum der Platz der Vereinten Nationen
Der Leninplatz mit Lenindenkmal und Wohnhäusern im Juli 1970

Der Entwurf von Henselmann wurde vom Kollektiv um Heinz Mehlan ausgeführt. Das Hochhaus wurde statt siebenfach nun dreifach abgestuft und das Bibliotheksgebäude durch ein Denkmal von Lenin ersetzt.[1] Die Grundsteinlegung erfolgte unter Anwesenheit von Walter Ulbricht und des Ost-Berliner Oberbürgermeisters Herbert Fechner[2] im Zuge einer politischen Massenveranstaltung am 7. November 1968, dem 51. Jahrestag der Oktoberrevolution.[1]

Der durch neu entwickelte trapezförmige Sonderachsen ermöglichte kurvige Grundriss dieser Gebäude ermöglichte den Bruch mit dem bisherigen stets rechtwinkligen Bauen und stellte neben der durchgängigen Bestückung der Wohnungen mit Loggien eine der wichtigsten Neuerungen der Bauten dar. Durch Farb- und Materialwechsel gelang eine freundliche und fast verspielte Gestaltung der Fassaden.[3]

Bis 1970 entstand ein völlig neues Stadtquartier mit 1280 Wohnungen für rund 4000 Bewohner.[1] Die offizielle Einweihung des neuen Platzes erfolgte im Rahmen einer Großkundgebung mit 200.000 Teilnehmern[1] zeitgleich mit der Enthüllung des Lenindenkmals am 19. April 1970, dem Vorabend des einhundertsten Geburtstags von Lenin.[4]

Nach der Wende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1991 wurde mit dem Abriss des Lenin-Denkmals begonnen. Seit 1994 steht an der Stelle des Denkmals ein von Adalbert Maria Klees entworfener Springbrunnen. Auf einer Natursteinfläche sind insgesamt 14 große Findlinge platziert, der schwerste von ihnen wiegt 24 Tonnen. In der Mitte des Ensembles befinden sich fünf grob behauene Granitsteine in unterschiedlichen Farben mit Wassersprudlern. Die Steine stellen die fünf bewohnten Erdteile dar; sie sind nach den Kontinenten, auf denen sie gefunden wurden, benannt und mit kleinen Schildern entsprechend gekennzeichnet.[5][6]

Im Zuge der Umbenennungen von Straßen und Plätzen in Berlin nach der Wiedervereinigung wurde der Leninplatz am 13. März 1992 umbenannt in Platz der Vereinten Nationen. 1995 wurde er (ohne die Süd-West-Seite) unter Denkmalschutz gestellt und ist seither in der Berliner Landesdenkmalliste eingetragen.[7]

Sanierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Wende erwiesen sich fast alle Plattenbautypen als sanierungsbedürftig. Bereits 1994 begann die Innensanierung der Gebäude, die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBM) als Eigentümerin führte den Austausch der Heizungen und Aufzüge, die Sanierung der Bäder, die Instandsetzung der Dächer und die Modernisierung der Hauseingänge durch.[1]

Drängender war jedoch die Sanierung der Fassaden. Die Fugen der Plattenfertigteile waren teils undicht, die Holzverbundfenster verschlissen, an den Loggien gab es Betonschäden und die Wärmedämmung war unzureichend. Den Anfang 1995 ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerb gewann für Bumerang und Schlange das Architekturbüro Klaus Theo Brenner, für das Hochhaus Hans-Albrecht Schilling. Während Brenner zusammen mit Gerold Perler in ihrem Konzept den Originalzustand zu erhalten oder wiederherzustellen suchten, erfuhr das Hochhaus mit seiner Waschbetonfassade eine stärkere Umgestaltung.[1] 1998 wurden Fassadenerneuerung und Wärmedämmung abgeschlossen, 2001 war die Sanierung vollständig.[1]

Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hochhaus, Hausnummern 1–2[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Hochhaus 2016

Das Hochhaus an der nordöstlichen Ecke des Platzes ist eine Weiterentwicklung des Typs WHH-GT und von Nord nach Süd dreifach abgestuft von 25 auf 21 und dann auf 17 Geschosse. Es bietet Raum für 279 Wohnungen von eher kleinerer Fläche. Jede zweite Wohnung hat eine Loggia, einige der Wohnungen der obersten Geschosse verfügen über eine Dachterrasse. Das Erdgeschoss des Turmbaus bildet einen Anbau mit Geschäftsräumen sowie einer Gaststätte.[1]

Ursprünglich bestand die Fassade aus grauen Waschbetonplatten und die Brüstungen der Loggien waren mit weißem Wellblech verkleidet. Die Sanierung erforderte eine Veränderung, seither ist die Fassade weiß mit rostroten Partien zwischen den Fenstern.[1]

1999 richtete die damalige Eigentümerin, die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (inzwischen aufgegangen in der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte) im Hochhaus einen für die Mieter kostenpflichtigen Concierge-Service ein.[8]

Bumerang, Hausnummern 3–12[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bumerang, 2016

Das elfgeschossige Haus ist eine Abwandlung des Fertigbautyps P2/11, nach der Sanierung mit hinterlüfteter Vorhangfassade und Keramikverkleidungen. Typisch ist die zweispännige Gestalt, welche die Wohnräume zu den beiden Außenseiten legt und die Erschließung ins Innere, wodurch Bäder und Küchen fensterlos bleiben. Regelhaft liegen sich je Baueinheit zwei Dreizimmer-Wohnungen gegenüber, durch eingeschobene Sonderachsen, die Raum für den nur im 4., 7. und 10 Geschoss haltenden Aufzug schaffen, kommen in den anderen Geschossen auch Vierzimmerwohnungen zustande. Verbindungsgänge im Haus sowie die Eingangsbereiche im Erdgeschoss lassen auch Ein- oder Zweizimmerwohnungen vorkommen. Über die Dachlinie hinaus ragen in der Kurvung des Gebäudes vier Künstlerateliers, die zu den darunter liegenden Wohnungen gehören, zwischen ihnen jeweils eine Terrasse.[1]

An der Straßenfassade stechen die vertikalen Sonderachsen durch ihre gelbe Verkleidung farblich aus dem weißgrauen Grundton der Brüstungen aus Marmorsplit heraus. Für ein ausgleichendes horizontales Linienwerk sind die Loggien im 4., 7. und 10. Geschoss verglast und in den sonst nur mit Fenstern versehenen Sonderachsen sind zusätzlich Balkone angebracht. Die ebenfalls gelben, dicht zueinander stehenden Sonderachsen in Trapezform, die in der Kurve für die Biegung des Baus sorgen, betonen die gekrümmten Abschnitte gemeinsam mit den erhöhten Ateliers und schmalen, roten Brüstungen der Loggien.[1] In der Mitte der Kurve, die an den Straßenrand grenzt, befindet sich ein Durchgang für Fußgänger.

Die Hoffassade ist flächig und nur durch die vom weißgrau abweichend gelbe Farbe der Verkleidung an den Sonderachsen strukturiert. Die Betondekorationen an Giebel und Drempel wurden im Zuge der Sanierung durch bemalte Keramikplatten ersetzt.[1]

Insgesamt hat der Bumerang 374 Wohnungen. 1987 wurden am südlichen Ende noch zwei auch äußerlich verschiedene Einheiten des Typs WBS 70 angebaut (Hausnummern 11 und 12). Sie bieten Raum für weitere 108 Wohnungen.[1]

Schlange, Hausnummern 23–32[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlange, 2007

Die an der Nordwest-Ecke des Platzes liegende Schlange ist grundsätzlich von gleicher Bauweise wie der Bumerang, allerdings mit rund 300 Metern länger. Der Grundriss ist zweifach abgewinkelt, sodass der Trakt eine Schlangen- oder S-Form erhält. Das Haus trägt in seiner Kurve sechs statt vier Atelierwohnungen. Im Zuge der Sanierung wurden hier die Waschbetonbrüstungen ausgetauscht gegen strukturierte Faserbetonplatten. Dies, sowie einige weitere Konzessionen, lassen die Schlange etwas stärker vom Urzustand abweichen als den Bumerang, bei dem diese Merkmale noch erhalten geblieben sind.[1]

Weitere Bauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kyrillischer Schriftzug an der Kaufhalle während der Dreharbeiten zu Das Bourne Ultimatum

Zwei weitere Gebäude an der Südwest-Ecke des Platzes gehören ebenfalls zum Platz der Vereinten Nationen. Sie sind nicht Teil des Entwurfs von Henselmann und Mehlan und stehen auch nicht unter Denkmalschutz.[1]

Das 1966 errichtete Wohngebäude mit den Hausnummern 15–22 ist eine zehngeschossige, hellgrüne Wohnscheibe des Typs QP64, städtebaulich und baugeschichtlich gehört es zum Wohngebiet an der Karl-Marx-Allee. Seine Fassade wurde 1996 von Katrin Rönspieß saniert.[1]

Als Hausnummer 14 wurde direkt an der südwestlichen Straßenkreuzung eine Kaufhalle nach Plänen der Architekten G. Boy und W. Troitsch errichtet.[9] Sie steht als eingeschossiger Solitär auf der Fläche und beherbergt heute einen Edeka-Markt.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Bebauung des Platzes sollte ein neuer Teil des sozialistischen Stadtzentrums Ostberlins entstehen. Er gilt heute als einer der „Höhepunkte des DDR-Städtebaus“ und „beeindruckendes Beispiel der Architekturmoderne“.[1] Die markante Komposition und bemerkenswert prägnante Gestalt steht „stellvertretend für die [in der DDR] seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre begonnene und in den 1960er Jahren voll ausgeprägte Hinwendung zur Spätmoderne.“[10]

Mit ihrer Errichtung konnte der Städtebau der DDR mit seinen internationalen Pendants gleichziehen,[7] insbesondere die beiden kurvenförmigen Bauten gelten als künstlerischer Qualitätssprung der DDR-Architektur.[3]

Die Sanierung konnte den Charakter der Bauten wahren. Für die Sanierung der Schlange erhielt die WBM 1997 den Deutschen Bauherrenpreis „Modernisierung“.[1]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Platz der Vereinten Nationen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Christiane Borgelt, Regina Jost: Platz der Vereinten Nationen Berlin (= Die neuen Architekturführer. Nr. 141). 1. Auflage. Stadtwandel-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86711-080-8.
  2. Karl-Heinz Hüter, Doris Mollenschott, Paul Sigel, Martin Wörner: 532. Wohnkomplex Platz der Vereinten Nationen, 1968–70, Hermann Henselmann, Heinz Mehlan. In: Architekturführer Berlin. 7. Aufl. Reimer Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-496-01380-8, S. 324.
  3. a b Jörg Haspel: Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs - das architektonische Erbe des Sozialistischen Realismus in Berlin. In: Boguslaw Szmygin, Jörg Haspel (Hrsg.): Zabytki drugiej połowy XX wieku - waloryzacja, ochrona, konserwacja ; Das Erbe der Nachkriegszeit erhalten und erneuern - Denkmale der Moderne und Gegenmoderne ; Architecture of the second half of the 20th century - studies and protection. ICOMOS Polska ; ICOMOS Deutschland ; Krajowy Ośrodek Badań i Dokumentacji Zabytków, Warschau / Berlin 2010.
  4. Symbol der Kraft und des Sieges der Ideen Lenins. In: Neues Deutschland, 20. April 1970, S. 1; online.
  5. Brunnen aus vieler Herren Länder. In: Berliner Zeitung, 5. August 1994.
  6. Der Brunnen auf dem Platz der Vereinten Nationen. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, abgerufen am 1. März 2010.
  7. a b Wohnkomplex Leninplatz. In: Denkmaldatenbank. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt - Berlin, abgerufen am 19. Mai 2024.
  8. Portier im Plattenbau. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 1. Januar 2011, S. V11
  9. Joachim Schulz, Werner Gräbner: Berlin. Hauptstadt der DDR. Architekturführer DDR. VEB Verlag für Bauwesen, Berlin 1974; S. 72f.
  10. Paul Sigel: Umstrittenes Zentrum. Berliner Stadträume der DDR-Moderne im planerischen und denkmalpflegerischen Diskurs nach 1990. In: Die Denkmalpflege. Band 73, Nr. 1-2, 30. Mai 2015, ISSN 2569-1589, S. 81–96, doi:10.1515/dkp-2015-731-212 (degruyter.com [abgerufen am 26. Mai 2024]).

Koordinaten: 52° 31′ 23″ N, 13° 25′ 47″ O