Palästinafront

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Palästinafront/Sinaifront
Teil von: Erster Weltkrieg

Nordsinai, Palästina, Jordanien und Südsyrien während des Ersten Weltkriegs (nach T. E. Lawrence)
Datum 28. Januar 1915 bis 28. Oktober 1918
Ort Palästina, Sinai
Ausgang Sieg der Briten und Araber
Folgen Rückzug der Türken aus Palästina
Konfliktparteien

Vereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich
Australien Australien
Neuseeland Neuseeland
Arabische Armee

Osmanisches Reich 1844 Osmanisches Reich
Deutsches Reich Deutsches Reich
Osterreich-Ungarn Österreich-Ungarn

Befehlshaber

Vereinigtes Konigreich 1801 Archibald Murray bis Juni 1917
Vereinigtes Konigreich 1801 Edmund Allenby ab Juni 1917
Vereinigtes Konigreich 1801 Philip W. Chetwode
Vereinigtes Konigreich 1801 Charles M. Dobell
Vereinigtes Konigreich 1801 Henry George Chauvel
Vereinigtes Konigreich 1801 Thomas Edward Lawrence
Faisal bin Hussein

Osmanisches Reich 1844 Cemal Pascha
Osmanisches Reich 1844 Fevzi Pascha
Osmanisches Reich 1844 Mustafa Kemal Atatürk
Deutsches Reich Friedrich Freiherr Kreß von Kressenstein
Deutsches Reich Erich von Falkenhayn ab 1917
Deutsches Reich Otto Liman von Sanders ab 1918

Truppenstärke

200.000

150.000

Verluste

51.451[1]

138.367[2]

Bronzeplatte mit Erwähnung eines vermissten Palästinakriegteilnehmers.
Vermisster an der Palästinafront auf einem Kriegerdenkmal in München Thalkirchen

Die Palästinafront bzw. Sinaifront war ein Nebenkriegsschauplatz während des Ersten Weltkriegs. Von 1915 bis 1918 standen sich die Truppen des Britischen Empire und der Mittelmächte, die aus der osmanischen Armee, dem deutschen Asien-Korps und österreichisch-ungarischen Verbänden zusammengesetzt waren, in wechselvollen Kämpfen gegenüber.

Am 2. August 1914 hatten das Deutsche und das Osmanische Reich einen Bündnisvertrag geschlossen. Von diesem Moment an forderten die Deutschen die Türken auf sich aktiv auf deutscher Seite zu beteiligen und den Alliierten den Krieg zu erklären. Ein Mögliches Ziel der Türken wäre eine neue Front gegen die Russen eröffnen, um die russischen Kriegsanstrengungen gegen die Mittelmächte zu untergraben. Dies würde es der deutschen Armee ermöglichen, mehr Kräfte an die Westfront zu verlegen, um Großbritannien und Frankreich entgegenzutreten. Doch die Türken zögerten. Seit 1711 hatte das Osmanische Reich jeden seiner sieben Kriege gegen Russland verloren, und unmittelbar nach den Kriegen in Italien und auf dem Balkan hatte es keine Aussicht auf einen Sieg gegen seinen gefährlichsten Nachbarn. Sollte die Türkei 1914 Russland angreifen und verlieren, so drohte ihr die sichere Zerschlagung. Ein anderer Einsatz wäre ein Angriff auf die britischen Stellungen in Ägypten. Wenn es den Osmanen gelänge, den Suezkanal zu sichern, würden sie die britische Kommunikation mit Indien unterbrechen und die Versorgung mit Männern und Material nicht nur aus Indien, sondern auch aus den Dominions Australien und Neuseeland unterbinden. Darüber hinaus wollten die Deutschen den religiösen Enthusiasmus der 12 Millionen Muslime in Ägypten sowie der Millionen Muslime in den britischen und französischen Kolonien in Asien und Afrika ausnutzen, um die Entente-Mächte aus ihrem eigenen Reich heraus zu schwächen. Ein Angriff auf Ägypten, verbunden mit der Ausrufung des Dschihad, des heiligen Krieges des Islams, könnte einen Aufstand der unruhigen ägyptischen Bevölkerung provozieren, der die britische Position in diesem Land unhaltbar machen würde.[3] Für die Türken stand die Rückeroberung von verlorenem Territorum im Vordergrund für die Briten die Sicherung des Suezkanals.

Sinaifront 1915/16

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Die Sinaifront wurde im Januar 1915 durch einen Vorstoß des Osmanischen Reiches zum Sueskanal eröffnet, der aber durch den britischen Oberbefehlshaber in Ägypten, General Sir John Grenfell Maxwell, erfolgreich abgewehrt werden konnte. Der logistisch aufwändige Nachschub verhinderte einen osmanischen Erfolg. Daher errichteten Kräfte der Mittelmächte 1915 die Militärbahn Maṣʿūdiyya–Sinai bis Birüssebi (heute Be’er Scheva), die bis Frühsommer 1916 in den Sinai vorgetrieben werden konnte. Den ersten Sieg konnten die Türken am 23. April 1916 bei Katia erringen. Ein zweiter Vorstoß auf den Sueskanal im Juni 1916, der mit Unterstützung des deutschen Asien-Korps unter General Friedrich Kreß von Kressenstein geführt wurde, scheiterte jedoch erneut. Unmittelbar danach begannen die Briten unter ihrem neuen Oberbefehlshaber General Archibald Murray mit der schrittweisen Rückeroberung der Sinai-Halbinsel. Im August konnten die Briten die Schlacht von Romani für sich entscheiden konnten aber einen geordneten Rückzug der Türken nicht verhindern. Erst mit dem Sieg bei Magdhaba am 23. Dezember 1916 und Rafah am 9. Januar konnten die Osmanen von der Sinai-Halbinsel vertrieben werden.[4][5]

Arabische Revolte

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Der Einmarsch der Briten in den Sinai im Sommer 1916 fiel mit dem Beginn der arabischen Revolte im Hijaz zusammen. In den ersten zwei Monaten hatte Hussein ibn Ali (Hedschas) die Osmanen in Mekka, Taif, Jeddah, Rabigh und Yanbu besiegt. Das Londoner Kriegs-Komitee erkannte die Möglichkeit, die arabische Revolte und den Sinai-Feldzug zu koordinieren, um die osmanische Position in Südsyrien und Palästina unhaltbar zu machen. Während der Chef des Imperial General Staff im Februar 1916 nur begrenzte Operationen bis nach Qatiya zur Verteidigung des Suezkanals genehmigt hatte, erhielt Murray im Juli 1916 Befehl den Sinai von al-Arish bis zum Hafen von Aqaba am Roten Meer zu besetzen, "da eine an diesen Orten aufgestellte Truppe die türkischen Verbindungen zwischen Syrien und dem Hedschas direkt bedrohen und die syrischen Araber ermutigen würde", sich gegen die Osmanen aufzulehnen.[5]

Vertrieben aus dem Sinai, errichteten die Osmanen eine Verteidigungslinie, die landeinwärts von Gaza an der Küste bis nach Be’er Scheva verlief. Zwischen Januar und März 1917 wurden osmanische Verstärkungen an der 32 km langen Front eingesetzt um Palästina vor einem künftigen britischen Angriff zu schützen. Beflügelt durch seinen Erfolg bei Rafah begann Murray Frühjahr seine Offensive, um die türkischen Linien zu durchbrechen. Die Erste Schlacht um Gaza (26.–28. März 1917) wurde auf grund schlechter Planung, mangelnder Kommunikation zwischen den Infanterie- und Kavallerieeinheiten, akutem Wassermangel und dem Widerstand der Osmanen zu einem Fehlschlag. Auch die Zweite Schlacht um Gaza (17.–19. April) war ein Misserfolg. Der Frontalangriff von General Dobell gegen die gut ausgebauten türkischen Verteidigungsanlagen endete mit hohen Verlusten, keinerlei Geländegewinnen und der Ablösung von General Dobell durch General Chetwode.[6] Beide Seiten hatten in den zwei Schlachten schwere Verluste erlitten und waren daher nicht in Lage weitere Offensiven zu starten.[A 1] Dies führte zu einer Pattsituation die bis zum Oktober anhielt. Während dieser Zeit kam es auf beiden Seiten zu einer Umstrukturierung des Kommandos: Murray wurde durch General Edmund Allenby ersetzt und Erich von Falkenhayn die Führung der Heeresgruppe F, deren Kräfte im Irak und bei Aleppo neu gebildet wurden. Nach langen Auseinandersetzungen mit der türkischen Führung wurde Falkenhayn am 30. September auch zum Oberbefehlshaber der 7. und 8. osmanischen Armee in Palästina ernannt.[7]

Ehrenmal für osmanische Gefallene der Schlacht um Beerscheba vor Museumslok und osmanischem alten Bahnhof Be’er Scheva, 2015

Das ägyptische Expeditionskorps verfügte nun über eine klare Überlegenheit gegenüber den osmanischen Verteidigern um Gaza. Aufgeteilt in zwei Kavallerie und ein Infanteriekorps verfügten die Briten über eine Stärke von 95.000 Soldaten. Weiterhin wurden sie zuzätzlich durch Angriffe der aufständischen Araber hinter der Front gegen die Nachschublinien der Türken unterstützt. [A 2] Im Gegensatz dazu konnten die Türken nur eine Stärke von 34.000 bis 40.000 Mann aufbringen. [8] Am 31. Oktober konnten die Briten die türkischen Truppen in der Schlacht von Beerscheba bis nach Tel es Sheria und Tel el Khuweilfeh zurückzudrängen. Sowohl bei Tel es Sheria als auch bei Tel el Khuweilfeh kam es erneut zu Kämpfen die sich bis zum 6. November hinzogen.[9] In der sich anschließenden Schlacht am 7. November konnte Allenby Gaza einnehmen.

Nachdem sie ihre Stellungen in Gaza verloren hatten, bemühten sich die Osmanen, eine Verteidigungslinie zu bilden, um die Briten aufzuhalten, bevor sie Jerusalem erreichten. Die Anzac Mounted Division verfolgte die Osmanen entlang der Mittelmeerküste, während es den britischen Truppen am 14. November gelang, einen wichtigen Eisenbahnknotenpunkt südlich von Jerusalem einzunehmen. Am folgenden Tag besetzte die Anzac Mounted Division Ramla und Lidda und die Australian Mounted Division nahm Latrun ein; am 16. November besetzte die New Zealand Brigade den Hafen von Jaffa. Von Süden und Westen isoliert, konnte Jerusalem nicht verteidigt werden. Zwischen dem 19. und 21. November 1917 schwenkten die Briten erneut um und griffen östlich in Richtung Jerusalem an. Am 25. November führte Kress eine Gegenoffensive durch, die die Briten zurückdrängte und die taktische Situation an der Küste wiederherstellte. In der folgenden Woche verlagern die Briten ihre Hauptanstrengungen auf die Einnahme Jerusalems. Die 7. osmanische Armee konnte den Vorstoss der Briten bis zum 8. Januar aufhalten. Danach zogen sich die Türken auf neue Verteidigungspositionen vier Kilometer östlich von Jerusalem zurück. Am 8. Dezember zog Allenby schließlich in die Stadt ein.[10]

Am 19. Februar 1918 wurde Falkenhayn aus Palästina abberufen, General Liman von Sanders übernahm die Führung der bereits schwer angeschlagenen osmanischen Heeresgruppe. Im Februar 1918 wurde Jericho von den Briten besetzt. Der britische Anlauf auf Amman schlug zunächst fehl, was erneut zu monatelangem Grabenkrieg im Jordantal führte. Mit dem am 19. September erfolgten Durchbruch der gegnerischen Front in der entscheidenden Schlacht bei Megiddo konnte der britische Sieg in Palästina herbeigeführt werden. Allenby konnte darauf Amman am 24. September besetzen. Die Türken sahen sich gezwungen, über Dar'a auf Damaskus zurückzugehen, so dass die verfolgende Kavallerie der Araber bereits am 27. September Dar'a kampflos besetzen konnten. Die Einnahme von Damaskus (1. Oktober) durch die Araber stellten den Schlusspunkt der Kämpfe in Palästina dar. Das Osmanische Reich musste am 30. Oktober 1918 dem Waffenstillstand von Moudros zustimmen, der nicht nur eine alliierte Besetzung der bisherigen arabischen Provinzen, sondern auch der Meerengen und großer Teile Anatoliens vorsah.

  • Anthony Bruce: The Last Crusade: The Palestine Campaign in the First World War. John Murray, London 2002, ISBN 978-0-7195-5432-2 (englisch).
  • Edward J. Erickson: Ordered to Die: A History of the Ottoman Army in the First World War. Greenwood Press, London 2001, ISBN 0-313-31516-7 (englisch).
  • Cyril Falls: Military Operations. Egypt And Palestine From June 1917 to the End of the War Part I. (= History of the Great War based on Official Records. Band II). Naval & Military Press, London 2023, ISBN 978-1-4745-3894-7 (englisch).
  • Henry Somer Gullett: The Australian Imperial Force in Sinai and Palestine, 1914-1918 (= Official History of Australia in the War of 1914–1918. Band VII). Angus and Robertson, Sydney 1941, ISBN 0-7022-1725-5 (englisch, gov.au).
  • Stuart Hadaway: Pyramids and Fleshpots: The Egyptian, Senussi and Eastern Mediterranean Campaigns, 1914-16. The History Press, Cheltenham 2014, ISBN 978-0-7524-9906-2, S. 150–161 (englisch).
  • George MacMunn: Military Operations. Egypt And Palestine From the Outbreak of the War with Germany to June 1917 (= History of the Great War based on Official Records. Band I). Naval & Military Press, London 2023, ISBN 978-1-4745-3892-3 (englisch).
  • William Thomas Massey: How Jerusalem was won. Scribner, New York 1920, OCLC 1046542058 (englisch).
  • Charles Guy Powles: The New Zealanders in Sinai and Palestine. Egypt And Palestine From June 1917 to the End of the War Part I. (= Official History New Zealand's Effort in the Great War. Band 3). Whitcombe & Tombs, Auckland 1922, OCLC 2959465 (englisch, victoria.ac.nz).
  • R. M. P. Preston: The Desert Mounted Corps. Houghton Mifflin Company, Boston and New York 1921, OCLC 3900439 (englisch, gutenberg.org).
  • Eugene Rogan: The Fall of The Ottomans The Great War In The Middle East. Basic Books, New York 2015, ISBN 978-0-465-02307-3 (englisch).
  • Werner Steuber: Jildirim Deutsche Streiter auf heiligem Boden. Hrsg.: Reichsarchiv (= Schlachten des Weltkrieges. Band IV). Gerhard Stalling, Berlin 1925, OCLC 255102768 (landesbibliothek.at).
  • Archibald Wavell: The Palestine Campaigns. Constable & Co, London 1933, OCLC 35621223 (englisch).
  • David R. Woodward: Hell in the Holy Land: World War I in the Middle East. University Press of Kentucky, Lexington 2006, ISBN 978-0-8131-2383-7 (englisch).
Commons: Sinai- und Palästina-Feldzug – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Britische Verluste lagen bei etwa 10.000, die der Türken bei 4.500
  2. Auf dem Papier betrug die Stärke der Infanteriedivisionen und der Kamelbrigade 80.000 und die der Kavallerie 15.000. In diesen Zahlen ist jedoch eine große Anzahl von Soldaten enthalten, die für besondere Aufgaben eingesetzt wurden und nicht als Bataillone oder Regimenter zur Verfügung standen. Die tatsächliche Stärke dürfte bei etwa 60.000 bzw. 12.000 gelegen haben.

Einzelnachweise

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  1. Medical Services. Casualties and Medical Statistics of the Great War (= History of the Great War based on Official Records). His Majesty´s Stationery Office, London 1931, S. 15., 201.
  2. Edward J. Erickson: Ordered to Die: A History of the Ottoman Army in the First World War. Greenwood Press, London 2001, ISBN 0-313-31516-7, S. 237 f.
  3. Eugene Rogan: The Fall of The Ottomans The Great War In The Middle East. Basic Books, New York 2015, ISBN 978-0-465-02307-3, S. 29., 46 f.
  4. George MacMunn: Military Operations. Egypt And Palestine From the Outbreak of the War with Germany to June 1917 (= History of the Great War based on Official Records. Band I). Naval & Military Press, London 2023, ISBN 978-1-4745-3892-3, S. 199., 258.
  5. a b Eugene Rogan: The Fall of The Ottomans The Great War In The Middle East. Basic Books, New York 2015, ISBN 978-0-465-02307-3, S. 316 f.
  6. David R. Woodward: Hell in the Holy Land: World War I in the Middle East. University Press of Kentucky, Lexington 2006, ISBN 978-0-8131-2383-7, S. 71–77.
  7. Hans Werner Neulen: Feldgrau in Jerusalem das Levantekorps des Kaiserlichen Deutschland. Universitas, München 2002, ISBN 978-3-8004-1437-6, S. 228.,238., 240.
  8. Eugene Rogan: The Fall of The Ottomans The Great War In The Middle East. Basic Books, New York 2015, ISBN 978-0-465-02307-3, S. 343.
  9. William Thomas Massey: How Jerusalem was won. Scribner, New York 1920, OCLC 1046542058, S. 82.
  10. Edward J. Erickson: Ordered to Die: A History of the Ottoman Army in the First World War. Greenwood Press, London 2001, ISBN 0-313-31516-7, S. 173 .f.