Messstellenbetriebsgesetz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Messstellenbetreiber)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Basisdaten
Titel: Gesetz über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen
Kurztitel: Messstellenbetriebsgesetz
Abkürzung: MsbG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Energierecht
Fundstellennachweis: 752-10
Erlassen am: 29. August 2016
(BGBl. I S. 2034)
Inkrafttreten am: 2. September 2016
Letzte Änderung durch: Art. 2 G vom 22. Mai 2023
(BGBl. I Nr. 133)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
27. Mai 2023
(Art. 6 G vom 22. Mai 2023)
GESTA: E005
Weblink: Text des MsbG
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Messstellen­betriebs­gesetz (MsbG) regelt den Markt für den Betrieb von Messstellen und die Ausstattung der leitungsgebundenen Energieversorgung mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen. Es wurde 2016 durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende eingeführt und im Mai 2023 umfassend novelliert.[1]

Teil 1 regelt den Anwendungsbereich und die benutzten Begriffe. In Teil 2 (§§ 3–48) wird der Messstellenbetrieb geregelt, einschließlich der zeitlich und nach Jahresverbrauch gestaffelten Ausstattung der Messstellen mit modernen Messeinrichtungen sowie intelligenten Messsystemen. Teil 3 (§§ 49–75) enthält hierfür spezifische Datenschutzvorschriften. Teil 4 (§§ 76–77) bestimmt die Aufsicht durch die Bundesnetzagentur.

Digitaler Stromzähler (Hersteller: Landis+Gyr), eingesetzt von Iberdrola
Smart Meter Gateway (Hersteller: PPC), Kommunikation über GPRS, Mustergerät

Eine moderne Messeinrichtung gibt den Stromverbrauch und die Nutzungszeit wieder und kann sicher mit einem Kommunikationsnetz verbunden werden (§ 2 Nr. 15). Aus § 61 Abs. 3 ergibt sich, dass sie die Energieverbrauchswerte über 24 Monate speichern und nach Tag, Woche, Monat und Jahr aufgeschlüsselt anzeigen soll.

Ein intelligentes Messsystem (§ 2 Nr. 7) besteht aus einer modernen Messeinrichtung, die über ein Smart Meter Gateway (§ 2 Nr. 19) mit einem Kommunikationsnetz verbunden ist und dabei die Vorgaben der §§ 20 und 21 über Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität einhält. Neben dem aktuellen und den historischen Verbrauchswerten der letzten 24 Monate muss es dem Nutzer u. a. Tarifinformationen zur Überprüfung der Abrechnung sowie die Verbrauchsinformationen nach § 40 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes darstellen (§ 61 Abs. 1). Erst eine an ein Smart Meter Gateway angebundene moderne Messeinrichtung kann also als „smart meter“ oder „intelligentes Messsystem“ bezeichnet werden, nicht die moderne Messeinrichtung als solche.

Messstellenbetrieb

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verantwortlich für den Messstellenbetrieb und damit auch für den Einbau einer modernen Messinfrastruktur ist grundsätzlich der örtliche Verteilnetzbetreiber (§ 3), er ist nach § 2 Nr. 4 „grundzuständiger Messstellenbetreiber“. Als solcher hat er insbesondere die Funktion des Smart-Meter-Administrators (§ 3 Abs. 1) und ist für den technischen Betrieb des Smart-Meter-Gateways zuständig, den er selbst oder durch einen Beauftragten durchführen kann (§ 2 Nr. 20). Jedenfalls muss der Smart-Meter-Administrator die Pflichten aus § 25 erfüllen und dafür nach § 25 Abs. 5 entsprechend zertifiziert sein.[2] Nach § 41 kann der Verteilnetzbetreiber seine Zuständigkeit für moderne Messeinrichtungen und intelligente Messsysteme (nicht für herkömmliche Stromzähler) auf ein anderes Unternehmen übertragen.

Der Anschlussnutzer (§ 2 Nr. 3) kann statt des grundzuständigen Messstellenbetreibers einen anderen beauftragen (§ 5). Das MsbG setzt damit wie schon das Energiewirtschaftsgesetz die Liberalisierung des Messwesens um. Allerdings hat ab dem Jahr 2021 der Gebäudeeigentümer (Anschlussnehmer, § 2 Nr. 2) unter bestimmten Voraussetzungen ein vorrangiges Wahlrecht. Es besteht, wenn alle Messpunkte der Liegenschaft mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden, die Strommessung mit einer weiteren Energielieferungsmessung (z. B. von Gas oder Fernwärme) über das gleiche Smart Meter Gateway gebündelt wird und dadurch keine Mehrkosten entstehen (§ 6, das sog. Liegenschaftsmodell).

Bei einer Wahl nach § 5 oder § 6 ist dem gewählten Messstellenbetreiber die Funktion des Smart-Meter-Gateway-Administrators zugeordnet (§ 3 Ab. 1).

Ausstattung mit intelligenten Messsystemen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pflichtausstattung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Verpflichtung des Messstellenbetreibers zur Ausstattung von Messstellen mit intelligenten Messsystemen besteht nach § 29 Abs. 1 bei

Aufgrund der Verbrauchsuntergrenze von 6.000 kWh pro Jahr werden die allermeisten Privathaushalte nicht von der Pflichtausstattung betroffen sein.[3] Die Verpflichtung tritt überdies nur ein, wenn ein Einbau nach § 30 wirtschaftlich vertretbar ist. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit der Ausstattung wird in § 30 für verschiedene Verbrauchergruppen unter Festlegung verschiedener Brutto-Preisobergrenzen geregelt. Die Verpflichtung zur Ausstattung wird in § 45 für die verschiedenen Fälle des § 30 zeitlich gestaffelt, indem vorgegeben wird, in welchem Jahr jeweils 20, 50 und 95 % der Messstellen ausgestattet sein müssen.

Übersicht: Ausstattungspflicht

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Verbrauchern (§ 30 Abs. 1)
Jahresstromverbrauch Einbau (§ 45) Obergrenze Jahrespreis
für Anschlussnutzer für Anschlussnetzbetreiber
über 100.000 kWh 2028 (20 %) – 2030 (50 %) – 2032 (95 %) keine 80 €
50.000 bis 100.000 kWh 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 120 € 80 €
20.000 bis 50.0000 kWh 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 90 € 80 €
10.000 bis 20.000 kWh 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 50 € 80 €
6.000 bis 10.000 kWh 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 20 € 80 €
Bei Anlagen (§ 30 Abs. 2)
Leistung Einbau (§ 45) Obergrenze Jahrespreis
für Anlagenbetreiber für Anschlussnetzbetreiber
über 100 kW 2028 (20 %) – 2030 (50 %) – 2032 (95 %) keine 80 €
25 bis 100 kW 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 120 € 80 €
15 bis 25 kW 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 50 € 80 €
7 bis 15 kW 2025 (20 %) – 2028 (50 %) – 2030 (95 %) 20 € 80 €

Bei Messpunkten für steuerbare Verbrauchseinrichtungen, die am Flexibilitätsmechanismus nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz teilnehmen, beträgt die Obergrenze für den Anschlussnutzer 50 €, für den Anschlussnetzbetreiber 80 € (§ 30 Abs. 1 Nr. 5).

Insgesamt darf für den Messstellenbetrieb nicht mehr als die höchste fallbezogene jährliche Preisobergrenze in Rechnung gestellt werden. Eine Addition der einzelnen Preisobergrenzen, beispielsweise wenn an einer Messstelle sowohl verbraucht als auch erzeugt wird, ist nicht erlaubt (§ 30 Abs. 5).

Genauso wie bei herkömmlichen Stromzählern müssen der Verbraucher und der Hauseigentümer den Einbau dulden, wenn die Preisobergrenze eingehalten wird (§ 36 Abs. 3). Der grundzuständige Messstellenbetreiber muss aber spätestens drei Monate vor der Ausstattung Verbraucher und Hauseigentümer informieren und auf die Möglichkeit der freien Wahl eines Messstellenbetreibers hinweisen (§ 37 Abs. 2). Eine Anpassung der Preisobergrenzen ist höchstens alle vier Jahre möglich (§ 33 Abs. 3).

Bei Messstellen mit einem Verbrauch bis zu 100.000 kWh jährlich sowie bei Anlagen mit einer Leistung bis einschließlich 25 kW können Messstellenbetreiber die Ausstattung mit intelligenten Messsystemen beginnen, bei denen bestimmte der in § 21 vorgesehenen Funktionalitäten noch nicht gegeben sind. Diese sind dann über ein Anwendungsupdate bis 2025 zur Verfügung zu stellen (§ 31).

Optionale Ausstattung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Messstellenbetreiber kann nach § 29 Abs. 2 Messstellen mit intelligenten Messsystemen ausstatten bei

  • Verbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch bis einschließlich 6.000 kWh
  • Betreibern von Anlagen von über 1 bis einschließlich 7 kW Leistung.

Die Optionalität bezieht sich dabei nur auf den Messstellenbetreiber, nicht den Verbraucher oder Anlagenbetreiber. Dieser muss den Einbau dulden, wenn die Preisobergrenzen des § 30 Abs. 3 eingehalten werden.[4]

Übersicht: Optionale Ausstattung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Verbrauchern (§ 30 Abs. 3 S. 1)
Jahresstromverbrauch Einbau Obergrenze Jahrespreis
für Anschlussnutzer für Anschlussnetzbetreiber
3.000 bis 6.000 kWh ab 2020 20 € 40 €
bis 3.000 kWh ab 2020 20 € 10 €
Bei Anlagen (§ 30 Abs. 3 S. 2)
Leistung Einbau Obergrenze Jahrespreis
für Anschlussnutzer für Anschlussnetzbetreiber
1 bis 7 kW ab 2018 20 € 40 €

Anbindungsverpflichtung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Falls an einer Messstelle ein Smart-Meter-Gateway vorhanden ist, muss der Messstellenbetreiber Erzeugungsanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz oder dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie moderne Messeinrichtungen daran anbinden, soweit dies ohne erhebliche bauliche Veränderungen möglich ist (§ 40 Abs. 1). Eine entsprechende Pflicht besteht auch für neue Gaszähler (§ 40 Abs. 2).

Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Verbraucher und Anlagenbetreiber, bei denen keine Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme besteht, müssen bei einem Neubau oder einer größeren Renovierung sofort, sonst bis 2032 mit modernen Messeinrichtungen ausgestattet werden (§ 29 Abs. 3). Hierfür besteht eine Preisobergrenze von 20 € (§ 32).

Vorrang des Messstellenbetriebsgesetzes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Messstellenbetriebsgesetz enthält in §§ 49–75 umfangreiche Normen zur Datenkommunikation, die gegenüber dem Bundesdatenschutzgesetz vorrangig sind. Das heißt, dass eine Datenübermittlung nur zulässig ist, wenn sie im Messstellenbetriebsgesetz selbst vorgesehen ist, auch dann, wenn sie nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig wäre (§ 49 Abs. 1 S. 2: „Eine Verarbeitung dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder ist unzulässig.“)

Erhebung, Übermittlung und Verwendung von Daten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In § 49 MsbG wird zunächst abschließend festgelegt, wer überhaupt zum Umgang mit personenbezogenen Daten berechtigt ist. Berechtigte Stellen sind u. a. der Messstellenbetreiber, der Netzbetreiber und der Energielieferant. Diese dürfen, unter Beachtung von §§ 11 und 43 der Datenschutzgrundverordnung, die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten auch durch einen Dienstleister durchführen lassen (§ 49 Abs. 3). Welche Daten unter welchen Voraussetzungen erhoben werden dürfen, legen die §§ 55–59 fest. Bei Verbrauchern mit einem Jahresverbrauch bis zu 100.000 Kilowattstunden, die mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet sind, sieht § 55 Abs. 1 Nr. 2 eine Zählerstandsgangmessung vor; d. h. die Messung einer Reihe viertelstündig ermittelter Zählerstände der elektrischen Arbeit (§ 2 Nr. 27). Davon ist zu unterscheiden, welche Daten übermittelt werden dürfen. Dies wird in §§ 60 bestimmt. § 60 Abs. 3 bestimmt die Datenübermittlung an die Betreiber von Verteilnetzen, an Übertragungsnetzbetreiber und Energielieferanten. Zu welchen Zwecken die ihnen übertragenen Daten genutzt werden dürfen, legen die §§ 66–70 fest.

Die Übermittlung geschieht jedenfalls unmittelbar an die jeweils berechtigten Stellen. Falls vorhanden, sind intelligente Messsysteme nach § 60 Abs. 4 standardmäßig entsprechend zu konfigurieren. Die (verschlüsselten) Daten werden also direkt durch das Smart-Meter-Gateway an die berechtigten Stellen gesandt (sog. sternförmige Kommunikation, vgl. Überschrift zu § 60).

Messeinrichtungen für Gas

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Messstellenbetriebsgesetz enthält keine Verpflichtung, Gaszähler auszutauschen. Allerdings dürfen neue Messeinrichtungen für Gas nur noch eingebaut werden, wenn sie unter Einhaltung der geltenden Standards für Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität mit einem Smart-Meter-Gateway verbunden werden können (§ 20 Abs. 1). Neue Gaszähler mit registrierender Leistungsmessung dürfen noch bis 31. Dezember 2024 eingebaut und dann jeweils acht Jahre genutzt werden (§ 20 Abs. 2).

  • Felix Dembski, Sebastian Schnurre: Das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende. In: Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ) 2023, S. 339–344.
  • Volker Lüdemann, Manuel Christian Ortman, Patrick Pokrant: Das neue Messstellenbetriebsgesetz. Wegbereiter für ein zukunftsfähiges Smart Metering? In: Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ) 2016, S. 339–346.
  • Franz Jürgen Säcker, Xenia Zwanziger (Hrsg.): Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 6: MsbG – Messstellenbetriebsgesetz. 2022, ISBN 978-3-8005-1778-7.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Bundesgesetzblatt Teil I - Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende - Bundesgesetzblatt. Abgerufen am 27. Mai 2023.
  2. Übersicht vergebener Zertifikate beim Zertifikatsnachweise nach § 25 MsbG. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, abgerufen am 11. August 2023. - § 25 MsbG
  3. Vgl. die auf der Gesetzesbegründung zum "Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften" (BR-Drucksache 343/11) vom 6. Juni 2011 basierten Durchschnittsverbräuche, die in Stromrechnungen nach § 40 Abs. 2 Nr. 6 Energiewirtschaftsgesetz zum Vergleich angegeben werden müssen: Der Durchschnittsverbrauch beträgt 3.500 kWh pro Jahr (BR-Drucksache 343/11, S. 196). Ein 4-Personen-Haushalt mit sehr hohem Stromverbrauch verbraucht 5.928 kWh pro Jahr.
  4. S. Lüdemann/Ortman/Pokrant: Das neue Messstellenbetriebsgesetz, EnWZ 2016, S. 339, hier S. 343.