Geofakt

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Geofakt oder Eolith

Ein Geofakt oder Pseudoartefakt ist ein auf natürliche Weise modifiziertes Geröll, das artefaktartige, wie von Menschen geschaffene Merkmale aufweist. Die Merkmale, die bei Abschlägen und Kernen durch intentionelle Bearbeitung entstehen, sind bei Geofakten ausschließlich durch Naturkräfte entstanden. Geofakte können Merkmale aufweisen, die eine menschliche Bearbeitung vorspiegeln: Schlagbuckel, Schlagfläche und Schlagnarbe, die auf eine punktförmige Bruchinitialisierung hindeuten, sowie randliche Retuschen, die durch eine gerichtete mechanische Beanspruchung der Kante entstehen, etwa durch Umlagerung (vgl. Grafik bei Abschlag). Solche der Bearbeitung durch gezieltes Schlagen oft sehr ähnlich sehende Bestoßungen können durch Abrollung und Gegeneinanderschlagen in Schottern hervorgerufen werden. Passende Szenarien für die Bestoßung bieten auch schnellfließende Gewässer, die Brandung, Erd- oder Eisdruck, Wind-, Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen.

Der Eolithenstreit

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In der Forschungsgeschichte der Archäologie wurde zunächst das Wort Eolith (von griech. eos, die Morgenröte, und lithos, der Stein) verwendet, um bearbeitet wirkende Geröllgeräte zu beschreiben. Der Begriff „Éolithique“ (Eolithikum) fand bereits 1883 bei Gabriel de Mortillet in seinem Werk Le préhistorique: antiquité de l'homme für die Beschreibung des ältesten urgeschichtlichen Zeitalters Verwendung.[1] Bezüglich der ältesten Objekte waren viele Wissenschaftler im ausgehenden 19. Jahrhundert irrtümlicherweise überzeugt, dass sogar in den Schichten des Tertiärs gefundene Eolithen, die mit heutigem Wissen auf ca. 25 Mio. Jahre zu datieren sind, menschliche Werkzeuge seien. Das Eolithikum – die vermeintliche „Morgenröte der Menschheit“ – dessen geologisches Alter zu dieser Zeit kaum abschätzbar war, sei demnach bereits mit Steinwerkzeugen verbunden gewesen.

Anderer Einschätzung waren zum Beispiel Marcellin Boule, Henri Breuil und Hugo Obermaier, die ihre Ansichten im Jahre 1905 äußerten. Marcellin Boule publizierte 1905 Beobachtungen aus der Schottermühle von Mantes-la-Ville. In solchen „Kreidemühlen“ wurden Feuersteine industriell zermahlen. Im Ergebnis fand er massenhaft Eolithen, die alle Merkmale menschlicher Bearbeitung aufwiesen, bis zu hauchdünnen Klingen, die für das Magdalénien typisch wären. Die besonders im Jahre 1905 intensiv geführte Diskussion wird als „Eolithenstreit“ bezeichnet.[2] Einen Widerhall fand die Diskussion auch in der Dezembersitzung der Deutschen Geologischen Gesellschaft des Jahres 1905, als Hans Hahne die Unterschiede zwischen Geofakten aus Kreidemühlen und Artefakten erläuterte. Die Diskussion wurde angeheizt durch die unterschiedliche Bewertung von Schotterfunden in deutschen Fundplätzen, zum Beispiel in der so genannten „Parkkiesgrube“ von Hundisburg.[3][4] Im Gegensatz dazu unterstützte Fritz Wiegers die Arbeiten von Breuil und Obermaier.[5]

Geofakte als Kunstwerke

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Seit Jacques Boucher de Perthes, dem Entdecker altpaläolithischer Artefakte und verdienten Amateur-Vorgeschichtsforscher, wurden in Geofakten immer wieder figürliche Kleinkunstwerke gesehen (vgl. Altpaläolithische Kleinkunst). Hier regen zufällig entstandene, figürlich wirkende Naturspiele die Fantasie des Betrachters an.

Aktuelle Bewertung

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Unter Umständen ist die Entscheidung, ob es sich um ein Geofakt oder um ein von Menschen hergestelltes Steinartefakt handelt, nicht einfach. In diesem Fall kann der Fundkontext zur Entscheidungsfindung dienen (vgl. Befund). Gibt es in der Nähe weitere Spuren menschlicher Aktivität, zum Beispiel Siedlungen, liegt der Schluss nahe, dass es sich um ein Artefakt handelt. Einen isoliert gefundenen angeschlagenen Stein wird man eher als Geofakt einordnen. Auch Geofakte eignen sich unter Umständen als Werkzeuge und können daher in Einzelfällen von Homininen benutzt worden sein.

Heutige Plädoyers für die Anerkennung der Eolithen als Artefakte erfolgen in der Regel nur noch aus weltanschaulichen Gründen.[6]

Einzelnachweise

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  1. Gabriel de Mortillet: Le préhistorique. Antiquité de l'homme (= Bibliothèque des Sciences Contemporaines. Bd. 8, ZDB-ID 919172-0). C. Reinwald, Paris 1883 (z. B. Seite 22).
  2. S. Hazzledine Warren: On the Origin of Eoliths. – In: Man. Bd. 5, 1905, ISSN 0025-1496, S. 179–183.
  3. Max Blanckenhorn: Zur Frage der Manufakte im Diluvium der Magdeburger und Neuhaldenslebener Gegend. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. 57, 1905, ISSN 0012-0189, S. 220–222.
  4. Paul Favreau: Neue Funde aus dem Diluvium in der Umgebung von Neuhaldensleben, insbesondere der Kiesgrube am Schloßpark von Hundisburg. In: Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 37, H. 2/3, 1905, ISSN 0044-2666, S. 275–284.
  5. Fritz Wiegers: Die natürliche Entstehung der Eolithe im norddeutschen Diluvium. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Bd. 57, 1905, S. 485–514.
  6. Martin Neukamm: Vergessene Archäologie: Steinwerkzeuge so alt wie Dinos? AG EvoBio, 26. Juni 2017, abgerufen am 19. April 2019. (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.ag-evolutionsbiologie.net%2Fpdf%2F2017%2Fvergessene-archaeologie.pdf~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D)