Howrah Bridge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Haora-Brücke)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Howrah Bridge
Howrah Bridge
Howrah Bridge
Offizieller Name Rabindra Setu
Überführt Straßenverkehr
Unterführt Hugli
Ort Kalkutta, Howrah
Konstruktion Auslegerbrücke mit Gerberträger
Gesamtlänge 670,5 m
Längste Stützweite 457 m
Höhe 85 m
Lichte Höhe 8,8 m
Eröffnung 1943
Planer Rendel Palmer & Tritton
Lage
Koordinaten 22° 35′ 6″ N, 88° 20′ 48″ OKoordinaten: 22° 35′ 6″ N, 88° 20′ 48″ O
Howrah Bridge (Westbengalen)
Howrah Bridge (Westbengalen)
Aufriss
p1

Die Howrah Bridge (bengalisch হাওড়া সেতু Hāoṛā Setu; offiziell: Rabindra Setu, bengalisch রবীন্দ্র সেতু Rabīndra Setu; deutsch: Rabindra-Brücke) ist die wichtigste Straßenbrücke, welche die beiden indischen Städte Kalkutta (Kolkata) und Howrah über den Hugli (Hooghly) verbindet. Die am Ende der britischen Kolonialzeit in Indien gebaute und 1943 eröffnete Brücke gehört zu den letzten großen Auslegerbrücken außerhalb Nordamerikas, die in Stahlfachwerk gebaut wurden. Sie wurde am 14. Juni 1965 nach dem bengalischen Nationaldichter Rabindranath Tagore benannt, ist aber in der Öffentlichkeit immer noch besser bekannt unter der Bezeichnung Howrah Bridge. In der Fachliteratur wird sie durchweg als Howrah Bridge oder als Hooghly River Bridge bezeichnet.[1][2][3]

Lage und Funktion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Auf der Howrah Bridge

Die Howrah Bridge ist nicht nur eine wichtige Verbindung der beiden Städte,[4] sondern vor allem die Verbindung zwischen dem Zentrum Kalkuttas auf dem östlichen Ufer des Ganges-Armes Hugli und der Howrah Railway Station, dem Kopfbahnhof auf der anderen Seite des Stroms, dem ersten Bahnhof Kalkuttas und heute einem der größten und verkehrsreichsten Bahnhöfe Indiens.

Die Brücke darf nur von leichten Kfz, vor allem Taxis und kleinen Bussen, sowie von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden, nachts auch von kleinen Lieferfahrzeugen. Die Angaben über die Verkehrsdichte reichen von 63.754 Fahrzeugen pro Tag[5] über 90.000[6] bis zu 120.000 Fahrzeugen und 500.000 Fußgängern.[7]

Die nächste Brücke ist die mehr als 3 km flussabwärts stehende, 1992 eröffnete Vidyasagar Setu (Second Hooghly Bridge), die wegen ihrer Entfernung und Mautpflicht wenig zur Entlastung der Howrah Bridge beiträgt. Flussaufwärts sind die Vivekananda Setu und die benachbarte Nivedita Setu 8 km entfernt.

Fußgänger auf der Howrah bridge

Die Howrah Bridge ist eine stählerne Fachwerkkonstruktion, die von den beiden auf mächtigen Betonsockeln am Ufer stehenden, 85 m hohen Pfeilerpaaren getragen wird. Die Straße und ihre Gehwege werden, anders als üblich, nicht über die gesamte Länge der Brücke geführt, sondern jenseits der Pfeiler seitlich zu den Uferbereichen geleitet. Die Fahrbahn befindet sich daher nicht im Inneren des Tragwerks, sondern auf einem eigenen Fahrbahndeck, das unterhalb der tragenden Brückenkonstruktion mit 39 Hängerpaaren an den Untergurten angehängt ist. Dadurch entsteht zwischen den Pfeilern ein 21,6 m (71 ft) breiter und rund 5,8 m hoher Raum für den Verkehr, der dann ungehindert durch irgendwelche Fachwerkstreben seitlich abfließen kann. Die beiden je 4,6 m (15 ft) breiten Gehwege sind außen an das Fahrbahndeck montiert. In Längsrichtung hat das Fahrbahndeck (nicht jedoch die horizontalen Untergurte) von der Mitte aus ein leichtes Gefälle (1 : 40) zu den Enden der Brücke. Unter dem Fahrbahndeck verbleibt eine lichte Höhe von 8,8 m für die Schifffahrt.[8] Seit 2006 wird die Brücke nachts erleuchtet.

Aus konstruktiver Sicht ist die Howrah Bridge eine Gerberträgerbrücke aus genieteten Fachwerkträgern. Die beiden äußeren, 99,1 m (325 ft) langen Arme dienen zur Verankerung und als Gegengewicht zu den jeweils 142,6 m (468 ft) langen Kragarmen, die von den Pfeilern aus über den Fluss ragen und den 172 m (564 ft) langen Einhängeträger tragen. Daraus ergibt sich eine Spannweite über dem Strom von 142,6 + 172 + 142,6 = 457,2 m (1500 ft). Die Stahlkonstruktion ist insgesamt 655,3 m (2150 ft) lang; einschließlich der äußeren auch als Ankerblöcke dienenden Widerlager beträgt die gesamte Länge 670,5 m (2200 ft).[8] Insgesamt wurden 27.000 t (26.500 tons) Stahl verbaut, davon wurden 23.500 t von Tata Steel geliefert.[6]

Das äußere Erscheinungsbild traf auf unterschiedliche Reaktionen. Für die einen gilt die Brücke als Wunderwerk der Technik (marvel of bridge engineering),[6] andere sind weniger angetan.[9]

Die frühere Pontonbrücke

Pontonbrücke (1874)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1871 wurde die gesetzliche Grundlage[10] für eine Pontonbrücke gelegt, die 1874 fertiggestellt wurde. Sie war 466 m (1528 ft) lang und 19 m (62 ft) breit, wovon 14,6 m (48 ft) auf die Straße und beidseits gut 2 m (7 ft) auf die Gehwege entfielen. Zwei parallele eiserne Fachwerkbögen bildeten eine Öffnung für kleinere Boote, für die größeren Schiffe wurde die Brücke regelmäßig geöffnet. Ab August 1879 soll die Brücke sogar elektrisch beleuchtet worden sein.[11]

Auslegerbrücke (1943)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen des zunehmenden Verkehrs begann man schon Anfang des 20. Jahrhunderts eine neue Flussquerung zu planen, wobei neben einer festen Brücke auch ein Tunnel oder eine neue Schwimmbrücke in Betracht gezogen wurden. Wegen des Ersten Weltkriegs konnten die Pläne nicht weiter verfolgt werden. Stattdessen wurde die Pontonbrücke in den Jahren 1917 und 1927 teilweise erneuert.[11]

Nachdem zwei Komitees verschiedene Vorschläge begutachtet hatten, entschied man sich Anfang der 1930er Jahre für eine Auslegerbrücke. Mit der Planung wurde das Ingenieurbüro Rendel, Palmer & Tritton beauftragt.[12] Den Bauauftrag erhielt Cleveland Bridge & Engineering Co.,[11] die das indische Stahlbauunternehmen The Braithwaite Burn & Jessop Construction Company Limited mit der Montage beauftragten.[13] Die Bauarbeiten begannen 1936. Nur ein kleiner Teil des benötigten Stahls wurde aus England geliefert, die meisten Träger kamen aus indischen Fabriken. Der Überbau wurde im Freivorbau errichtet, beginnend mit den äußeren Ankerträgern, von denen aus die Ausleger mit Hilfe beweglicher Krane über dem Fluss Stück für Stück zusammengenietet wurden.[14] Trotz aller kriegsbedingten Störungen wurde die Brücke fertiggestellt und im Februar 1943 – der Zeit entsprechend – ohne besondere Feierlichkeiten in Betrieb genommen.

Die Howrah Bridge war damals nach der Québec-Brücke in Kanada und der Forth Bridge in Schottland die drittgrößte Gerberträgerbrücke weltweit. Heute befindet sie sich auf der Liste der größten Auslegerbrücken auf Platz 6.

Drei Jahre nach der Inbetriebnahme kam eine Verkehrszählung zu dem Ergebnis, dass die Brücke täglich von 121.000 Fußgängern, 27.400 Fahrzeugen aller Art und ca. 3.000 Kühen überquert würde. Sie war damit eine der meist frequentierten Brücken der Welt. Bis 1992 fuhr auch eine Straßenbahn über die Howrah Bridge.[15]

Commons: Howrah Bridge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Fritz Leonhardt: Brücken: Ästhetik und Gestaltung. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1982, ISBN 3-421-02590-8, S. 173: Hooghly-River-Brücke
  2. Marcel Prade: Les grands ponts du monde. Deuxième partie, Hors d'Europe. Brissaud à Poitiers, ISBN 2-902170-68-8, S. 236: Le New Howrah Bridge, à Calcutta, sur l'Hooghly
  3. Leonardo Fernández Troyano: Tierra sobre el Agua. Vision Histórica Universal de los Puentes. Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puentes, Madrid 1999, ISBN 84-380-0148-3, S. 402: Puente Howrah sobre el río Hooghly
  4. Rabindra Setu (Howrah Bridge) (Memento des Originals vom 29. August 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.howrahbridgekolkata.nic.in Offizielle Webseite der Rabindra Setu (Howrah Bridge) (englisch)
  5. Angaben für 1999 (Memento des Originals vom 18. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.howrahbridgekolkata.gov.in auf der offiziellen Website der Howrah Bridge
  6. a b c Arnab Chakraborty, Ritaja Ray: Howrah Bridge and Second Hooghly Bridge: A Comprehensive Comparative Study. In: International Journal of Scientific & Engineering Research, Volume 4, Issue 9, September 2013, ISSN 2229-5518 (Digitalisat (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ijser.org)
  7. Howrah Bridge pillars get protective cover against gutka sputum. The Hindu, 2. Mai 2013, abgerufen am 9. Mai 2013 (englisch).
  8. a b Bridge Details (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.howrahbridgekolkata.gov.in auf der offiziellen Website
  9. Fritz Leonhardt: Brücken: Ästhetik und Gestaltung. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1982, ISBN 3-421-02590-8, S. 173: "So ist die erste Hooghly-River-Brücke in Kalkutta in meinen Augen eine der häßlichsten Brücken, die täglich von tausenden Menschen und Fahrzeugen benutzt werden muß." Zum Bild 11.63: "Das abschreckend wirre Fachwerk der Hooghly River Brücke."
  10. The Howrah Bridge Act, 1871
  11. a b c History of the Howrah Bridge (Memento des Originals vom 13. April 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.howrahbridgekolkata.gov.in
  12. Das Ingenieurbüro Rendel Palmer & Tritton geht auf James Meadows Rendel (1799–1856) zurück und ist heute tätig als hpr – High-Point Rendel Limited, London
  13. Rabindra Setu / Howrah Bridge - Kolkata, West Bengal auf der Website von BBJ - The Braithwaite Burn & Jessop Construction Company Limited
  14. David J. Brown: Brücken. Callwey, München 2005, ISBN 3-7667-1645-X
  15. Hosanna to Howrah Bridge! (Memento des Originals vom 17. November 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.howrahbridgekolkata.gov.in