Thiophenol

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Strukturformel
Strukturformel von Thiophenol
Allgemeines
Name Thiophenol
Andere Namen
  • Phenylmercaptan
  • Benzolthiol
  • Benzenthiol (IUPAC)
Summenformel C6H6S
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit unangenehmem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 108-98-5
EG-Nummer 203-635-3
ECHA-InfoCard 100.003.306
PubChem 7969
ChemSpider 7681
Wikidata Q338965
Eigenschaften
Molare Masse 110,18 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

1,08 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

−15 °C[1]

Siedepunkt

169 °C[1]

Dampfdruck

1,5 hPa (20 °C)[1]

pKS-Wert

6,62 (25 °C)[2]

Löslichkeit
  • sehr schlecht in Wasser (0,94 g·l−1 bei 20 °C)[1]
  • löslich in Ethanol, Diethylether und Benzol[3]
Brechungsindex

1,5893 (20 °C)[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226​‐​300+310+330​‐​315​‐​319​‐​335​‐​361​‐​372​‐​410
P: 210​‐​273​‐​280​‐​303+361+353​‐​304+340+310​‐​305+351+338[1]
MAK

Schweiz: 0,5 ml·m−3 bzw. 2,3 mg·m−3[5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Thiophenol ist eine organische Schwefelverbindung, eine farblose giftige Flüssigkeit mit üblem Geruch. Es ist ein wichtiger Ausgangsstoff für die organische Synthese. Thiophenole sind eine Stoffgruppe von Verbindungen, die an einem Benzolring eine Thiolgruppe (–SH) aufweisen.

Thiophenol wurde erstmals 1861 vom deutschen Chemiker Carl Friedrich Gustav Vogt (1839–1886), als Benzylmercaptan bezeichnet, hergestellt.[6][7]

Thiophenol kann unter anderem hergestellt werden durch:

Thiophenol hat die Formel C6H5–SH. Es liegt bei Raumtemperatur als mäßig flüchtige, aber extrem übelriechende und giftige Flüssigkeit vor. Thiophenole sind stärker sauer als Phenole, die entsprechenden Sauerstoffverbindungen.

Mit Alkyliodiden ergeben sich Thioether.[9] Eine Oxidation erzeugt Diphenyldisulfid, das mit Natriumborhydrid wieder zu Thiophenol reduziert werden kann. Daher kann Thiophenol bei chemischen Reaktionen als Quelle für Wasserstoff dienen. Mit Chlor entsteht Phenylsulfenylchlorid.[10] Durch Reaktion von Thiophenol mit Alkalihydroxiden (Natriumhydroxid, Kaliumhydroxid) entstehen die entsprechenden Salze (Thiophenolate). Bei der Umsetzung mit Carbonsäurechloriden in Gegenwart von Basen wie Triethylamin entstehen Thiolester.[11]

In der Nacht auf den 16. Februar 2011 wurden aus Unachtsamkeit etwa 30 Liter Thiophenol auf dem Gelände einer Spedition im nordhessischen Homberg (Efze) freigesetzt. Etwa 180 Personen wurden mit den Dämpfen kontaminiert, 101 davon mussten ins Krankenhaus gebracht werden.[12][13]

Thiophenol ist formal das Monomer von Polyphenylensulfid, das aber industriell nicht aus dem Monomer erzeugt wird.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Eintrag zu Thiophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  2. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Dissociation Constants of Organic Acids and Bases, S. 8-45.
  3. Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 1411.
  4. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-36.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 108-98-5 bzw. Thiophenol), abgerufen am 2. November 2015.
  6. C. Vogt: Ueber Benzylmercaptan und Zweifach-Schwefelbenzyl, Ann. Chem. Pharm 119 (1861) 142.
  7. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 157 (PDF).
  8. R. Adams, C. S. Marvel: Thiophenol In: Organic Syntheses. 1, 1921, S. 71, doi:10.15227/orgsyn.001.0071; Coll. Vol. 1, 1941, S. 504 (PDF).
  9. O. Campopiano: Thiophenol. In: L. Paquette (Hrsg.): Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis J. Wiley & Sons, New York 2004.
  10. A. G. M. Barrett, D. Dhanak, G. G. Graboski, S. J. Taylor: (Phenylthio)nitromethane In: Organic Syntheses. 68, 1990, S. 8, doi:10.15227/orgsyn.068.0008; Coll. Vol. 8, 1993, S. 550 (PDF).
  11. Gerd Buchholz, Jürgen Martens, Klaus Praefcke: 2- und 4-Azathioxanthone durch Photoumlagerung von Thionicotinsäure-S-arylestern. In: Angewandte Chemie. Band 86, 1974, S. 562; Angewandte Chemie International Edition English. Band 13, 1974, S. 550.
  12. Großalarm und mehr als 30 Verletzte bei Giftunfall. In: faz.net, 16. Februar 2011. (faz.net)
  13. Gefahrgutunfall: Zahl der Verletzten steigt auf 101. (Memento vom 19. Februar 2011 im Internet Archive) In: nh24.de, abgerufen am 17. Februar 2011.