Samnaun

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Samnaun
Wappen von Samnaun
Wappen von Samnaun
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Graubünden Graubünden (GR)
Region: Innw
BFS-Nr.: 3752i1f3f4
Postleitzahl: 7563
Koordinaten: 821653 / 202140Koordinaten: 46° 56′ 0″ N, 10° 21′ 0″ O; CH1903: 821653 / 202140
Höhe: 1846 m ü. M.
Fläche: 56,18 km²
Einwohner: 791 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 14 Einw. pro km²
Website: www.gemeindesamnaun.ch
Samnaun
Samnaun

Samnaun

Karte
Karte von Samnaun
Karte von Samnaun
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Samnaun (rätoromanisch Samignun) ist eine politische Gemeinde im Kreis Ramosch, Bezirk Inn am Ostrand des Kantons Graubünden in der Schweiz. Die Gemeinde besteht aus den fünf Fraktionen Compatsch, Laret, Plan, Ravaisch und Samnaun. Samnaun ist Zollausschlussgebiet.

Wappen

Blasonierung: In Rot ein durchgehendes silbernes (weißes) Kreuz, oben begleitet von zwei silbernen Muscheln

Die Muscheln als Symbol des Heiligen Jakobus des Älteren, des Patrons der Pfarrkirche von Compatsch, sind verbunden mit dem Kreuz als Hinweis auf die Grenzgemeinde.

Wirtschaft

Das Samnauner Skigebiet

Durch die geographische Lage bedingt, führte bis 1905 die einzige Zufahrtsstrasse über österreichischen Boden. Deshalb wurde Samnaun Schweizer Zollausschlussgebiet. Am Grenzübergang steht nur der österreichische Zoll. Der zollfreie Einkauf in Samnaun lohnt sich vor allem für Benzin, Zigarren, hochwertige Spirituosen, Kosmetikwaren, Schmuck, Butter, Zucker und Parfüm. Das Dorf ist nebst den Winterattraktionen auch deshalb sehr bekannt und zu einer Touristenattraktion geworden. Touristen aus der Schweiz müssen Waren, welche die Freigrenzen überschreiten, beim Grenzübertritt in Martina deklarieren und verzollen.

Die Lieferanten müssen die Ware bei der Einfuhr nach Samnaun nicht verzollen und können diese entsprechend günstiger an die einheimischen Wiederverkäufer weiterverkaufen. Allerdings erhebt die Gemeinde eigene Abgaben, die jedoch wesentlich tiefer liegen als die schweizerischen Zollsätze. Eine Klage gegen diese Abgaben wurde vom Schweizerischen Bundesgericht abgewiesen.

Bei der Einführung der schweizerischen Mehrwertsteuer zum 1. Januar 1995 wurde die Abschaffung des Zollfreistatus von Samnaun diskutiert. Aufgrund eines Gutachtens, das die Gemeinde bei der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich in Auftrag gegeben hatte, und das die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze in dieser strukturschwachen Gegend aufgezeigt hat, und weil der Zollfrei-Tourismus dann vermutlich nach Livigno abgewandert wäre, wurde der Zollfreistatus zwar beibehalten, aber die schweizerische MwSt mit einem Normalsatz von derzeit 7,6% und den ermäßigten Sätzen von 3,6% für Hotels und 2,4% für Lebensmittel, Bücher usw. wurde auch in Samnaun eingeführt. Um nicht Millionen von Franken in den Bau neuer Zollanlagen investieren zu müssen, werden die Erträge in Höhe einstelliger Millionenbeträge geschätzt und von der Gemeinde aus den Erträgen aus den Abgaben auf Zollfrei-Produkte pauschal an die Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern abgeführt. Im Gegensatz dazu wird im nicht weit entfernten italienischen Zollfreigebiet Livigno keine MwSt erhoben.

Tourismus

Samnaun betreibt ein über den Berggrat und die Grenze zusammengeschlossenes Skigebiet mit der Gemeinde Ischgl im Bundesland Tirol, Österreich. Es ist eines der größten Skigebiete der Ostalpen. Samnaun hat dabei die erste doppelstöckige Seilbahn eingesetzt.

Verkehr

Die 1905 ab Vinadi über schweizerischen Boden nach Samnaun führende Strasse ist sehr eng. Schwere Motorwagen können diese Strasse nicht benutzen. Problematisch ist beispielsweise das Zusammentreffen von zwei Gespannen in den einspurigen Tunneln. Der Hauptzufahrtsweg ist die besser ausgebaute Strasse auf Tiroler Boden über Spiss.

Bevölkerung

Sprachen

Die besondere topographische Lage und Beziehung zum benachbarten Tirol führte im 18. und 19. Jahrhundert dazu, dass die Samnauner Bewohner ihre einstige angestammte bündnerromanische Muttersprache Vallader aufgaben und den Oberinntaler Dialekt, eine Mundart Tirols, annahmen. Der Wortschatz des 'Samnauner Dialektes' wird daher im Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich erfasst. Die Anzahl der Bevölkerungsgruppen sind in der folgenden Tabelle von 1980 bis 2000 erfasst:

Sprachen in Samnaun
Sprachgruppe Volkszählung 1980 Volkszählung 1990 Volkszählung 2000
Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil
Deutsch 569 95,31 % 619 97,02 % 695 93,54 %
Rätoromanisch 4 0,67 % 10 1,57 % 6 0,81 %
Italienisch 1 0,17 % 3 0,47 % 6 0,81 %
Einwohner 597 100 % 638 100 % 743 100 %

In Samnaun sind inzwischen auch Portugiesen sowie Serben und Kroaten zugewandert. Ihr Bevölkerungsanteil in Samnaun betrug im Jahr 2000 etwa je 2 %.

Religionen und Konfessionen

Seit 1530 gab es in Samnaun Anhänger der Reformation. Da sich aber nur ein Teil der Bürger dieser Lehre anschloss, war Samnaun mehrere Jahrhunderte lang eine so genannte Paritätische Gemeinde (Reformierte und Katholiken im gleichen Ort). Um 1800 war die reformierte Minderheit durch den Einfluss der Kapuziner und Tirols abgewandert oder katholisch geworden.

Herkunft und Nationalität

Von den Ende 2005 824 Bewohnern waren 675 (= 82 %) Schweizer Staatsangehörige.

Geschichte

Die Geschichte Samnauns ist eng mit derjenigen des Unterengadins verbunden. Die ersten Siedler, die zwischen 800 und 1000 n. Chr. auf der Suche nach neuen Weidegründen ins Samnauntal kamen, stammten aus dem Unterengadin. In den Familien wurde bis gegen 1800 beinahe ausschliesslich romanisch gesprochen. Heute sprechen die Samnauner einen Tiroler Dialekt, der eigentlich aus dem Südbairischen kommt und - mit dieser ganz speziellen Färbung - nur in diesem Tal anzutreffen ist.

Die ersten Siedler, die zwischen 800 und 1000 n. Chr. auf der Suche nach neuen Weidegründen ins Samnauntal kamen, stammten aus dem Unterengadin. Das Samnaun diente als Maiensäss und war später eine Fraktion der Gemeinde Ramosch. Daher ist die Geschichte Samnauns weitgehende identisch mit derjenigen des Unterengadins. Von der alten rätoromanischen Kultur geben vor allem die Orts-, Flur- und Bergnamen Zeugnis.

Die einzigen Verbindungen zur Aussenwelt stellten die Pässe zum Engadin und Paznaun sowie ein Ochsenkarrenweg über Spiss nach Pfunds her. Über diesen Ochsenkarrenweg entwickelte sich ein reger Handel mit dem benachbarten Tirol.

Trotz des kulturellen Einflusses aus dem Tirol blieben aber die sprachlichen Verhältnisse in Samnaun noch Jahrhunderte die gleichen. In den Familien wurde bis gegen 1800 beinahe ausschliesslich romanisch gesprochen. Der letzte Samnauner, der noch mit der romanischen Sprache vertraut war, starb im Jahre 1935.

Die Zentralisation des schweizerischen Zollwesens im Jahre 1848 setzte dem Handel mit dem Tirol schlagartig ein Ende. Damit verloren die Einwohner von Samnaun eine wichtige Einnahmequelle. Sie reichten - erstmals 1888, dann wieder 1892, diesmal unterstützt vom Kreisamt Ramosch und vom Kanton Graubünden - bei den Bundesbehörden einen Antrag ein, Samnaun aus dem Schweizer Zollgebiet auszuschliessen. Im Jahre 1892 entsprach der Bundesrat diesem Begehren und Samnaun wurde zollfrei. Der Bundesrat begründete seinen Beschluss vor allem mit dem Fehlen einer direkten Zufahrtsstrasse über Schweizer Gebiet nach Samnaun und die durch den Zoll eingetretene Verteuerung der Lebensmittel für die Talschaft. Der zollfrei-Status sollte zunächst nur bis zum Bau einer direkten Verbindungsstrasse in die Schweiz gewährt werden. Diese wurde im Jahr 1912 eröffnet. Danach wurde der Status verlängert und sichert heute nicht nur im Samnauntal, sondern auch in den umliegenden Regionen des Unterengadins und des Oberen Gerichts viele Arbeitsplätze.

Kultur

Die Kultur in Samnaun ist geprägt von der Lage im Dreiländereck. Viele Kulturen haben über Jahrhunderte ihre Spuren hinterlassen, die heute noch in verschiedenen Bräuchen oder der Sprache lebendig sind.

Die geografische Abgeschiedenheit Samnauns brachte einen Sprachwechsel von Romanisch ins Deutsche mit sich. Die Samnauner sind in sprachlicher Hinsicht die kleinste Minderheit der Schweiz. Der Tiroler Dialekt der Einheimischen gehört sprachwissenschaftlich zum Südbairischen. Flurnamen erinnern heute noch an die romanischen Vorfahren.

Der gebürtige Samnauner Pater Maurus Carnot war Priester, Dichter und Lehrer. Es gibt eine Pater Maurus Carnot Stiftung, die Werke von ihm sammelt und veröffentlicht.

Bräuche

Früher waren in Samnaun eine Reihe von Bräuchen sehr lebendig. Heute beschränken sich die Bräuche vor allem auf zwei Anlässe, die den Kindern vorbehalten sind.

Am Neujahrstag suchen die Kinder nach der Messe alle Häuser auf, indem sie den Erwachsenen den Spruch "Mir winscha ench a glickseiligs nuis Jour" die Neujahrswünsche entgegenbringen. Die Kinder erhalten als symbolisches Dankeschön ein kleines Geldstück.

Ein anderer Brauch bezieht sich auf den Abend vor dem Nikolaustag. Die Kinder eines jeden Dorfes besuchen - als Kläuse und Schmutzlis gekleidet, mit Kuhglocken ausgerüstet - jede Familie ihres Dorfes. In den Häusern singen sie Lieder und tragen Gedichte vor. Als Dank erhalten sie Geld und Süssigkeiten. Dieser Brauch nennt sich „Clauwau“ und hat in Samnaun eine neue Dimension erhalten. Zum Start in die Wintersaison finden die Clau Wau Santa Claus World Championship statt.

Einige alte Bräuchen werden heute nicht mehr praktiziert. Mehr oder weniger in jedem Haushalt wurden früher im Januar/Februar ein oder mehrere Schweine geschlachtet. Bei dieser Gelegenheit wurden die Nachbarn und Verwandten zum Wurst- oder Speckessen eingeladen. Im Laufe des Abends erhielt die Gesellschaft Besuch von maskierten Burschen und Mädchen aus dem Dorf, den sogenannten "Maschgerern". Mit verstellter Stimme trugen die Jungen Darbietungen vor und foppten diesen oder jenen Gast. Anschliessend an ihre "Vorstellung" erhielten sie von den Hausherren eine Kostprobe der Hausmetzgete. Eine andere Sitte des Samnauntales hing mit der Verlobung zusammen. Diese durfte nach alter Tradition nur am Stephanstag gefeiert werden. Waren sich Braut und Bräutigam einig, so galt für sie die Regel, dass ihr Versprechen geheim gehalten werden musste, bis der Zeitpunkt für die öffentliche Verkündigung gekommen war. Eine Woche vor Weihnachten bestellte die Braut bei einer verlässlichen Verwandten oder beim Bäcker ein großes Birnbrot, das am Abend vor dem Fest in aller Heimlichkeit in ihr Haus getragen wurde. Am Morgen des Stephanstages erschien der Bräutigam in Gesellschaft mehrerer Männer aus seiner Familie mit einigen Flaschen Wein im Hause der Angebeteten. Hier vollzog sich der feierliche Akt der Verlobung. Der Braut stand das Recht zu, das Messer in das Brot zu stechen, während der Bräutigam dasselbe in Schnitten aufteilte und jedem Anwesenden eine davon zusammen mit einem Glas Wein anbot. Dieser Brauch ging als sogenanntes "Birnbrotschneiden" in die Geschichte von Samnaun ein.

Schmuggel

Samnaun war lange Zeit ein beliebtes Ziel für Schmuggler. In Ischgl gibt es deshalb heute noch einen Schmuggelverein, der die Tradition aufrechterhält.

Persönlichkeiten

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023

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