Ökumenisches Hainich-Klinikum Mühlhausen

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Ökumenisches Hainich-Klinikum Mühlhausen
Trägerschaft Ökumenische Hainich Klinikum gGmbH
Ort Mühlhausen/Thüringen
Bundesland Thüringen
Koordinaten 51° 12′ 30″ N, 10° 24′ 11″ OKoordinaten: 51° 12′ 30″ N, 10° 24′ 11″ O
Ärztliches Direktorat Fritz Handerer[1] und Katharina Schoett
Betten 718
Mitarbeiter ca. 1.400
davon Ärzte 59 Vollkräfte
Fachgebiete Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- & Jugendpsychiatrie, Neurologie und Psychosomatik
Gründung 1912
Website oehk.de
Lage
Ökumenisches Hainich-Klinikum Mühlhausen (Thüringen)
Ökumenisches Hainich-Klinikum Mühlhausen (Thüringen)
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Das Ökumenische Hainich Klinikum (ÖHK) gGmbH ist ein Fachkrankenhaus in freigemeinnütziger Trägerschaft für Neurologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie im Ortsteil Pfafferode von Mühlhausen/Thüringen. Die Klinik wurde 1912 als preußische Landesheil- und Pflegeanstalt gegründet und ist heute die größte psychiatrische Einrichtung in Thüringen.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang des 20. Jahrhunderts suchte man in der preußischen Provinz Sachsen nach einem Standort für eine dritte „Irrenanstalt“. Die Wahl fiel auf das Dorf Pfafferode nahe Mühlhausen, das damals zur Provinz Sachsen gehörte. Auf dem Gelände des Gutes Pfafferode wurde eine Anstalt mit 800 Plätzen im Pavillonstil errichtet. Am 2. Dezember 1912 wurde die Anstalt mit der Aufnahme der ersten 20 Patienten eröffnet. Sie wurde nach und nach erweitert. Zugunsten der Seelsorge erbaute man 1914–17[3] die Anstaltskirche im Pflegerdorf.[4] Zum Ende des Ersten Weltkrieges sank die Zahl der Patienten auf 378. Danach stieg sie wieder an, bis es 1929 1.200 Betten gab.

Zwischen 1911 und 1965 gab es eine Zweigstrecke der Straßenbahn Mühlhausen, die neben dem Personentransport auch dem Transport von Kohle und anderen Gütern zur Pflegeanstalt diente.

Zeit des Nationalsozialismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Januar 1934 trat das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Kraft, mit dem psychisch erkrankte Menschen diskriminiert wurden. Ab 1939 wurde die Klinik in die Durchführung der nationalsozialistischen Aktion T4 einbezogen. Am 25. Juli 1940 erschien der erste der „grauen Busse“ der Gekrat, mit dem vermutlich 27 Patienten zur Zwischenanstalt Altscherbitz gebracht wurden, um von dort weiter zur Tötungsanstalt Brandenburg gefahren wurden. Später wurden die Patienten aus Pfafferode zur Landesheil- und Pflegeanstalt Bernburg verbracht, wo sie in einer Gaskammer ermordet wurden. Insgesamt wurden mindestens 313 Insassen der Anstalt in Pfafferode im Zuge der Aktion T4 ermordet.[5]

Vom 1. April 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs leitete Theodor Steinmeyer die Anstalt. Unter seiner Leitung war die Sterblichkeitsrate in Pfafferode so hoch wie nie zuvor. Von Steinmeyer auf die „Todesliste“ gesetzte Patienten wurden in die Sterbehäuser 17 und 18 verlegt, wo sie hohe Dosen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln erhielten. Viele Patienten starben bereits kurz nach ihrer Umquartierung. Unter anderem injizierte Steinmeyer selbst den Patienten eine hohe Dosis des Schmerzmittels Veronal. Zwischen 1939 und 1945 starben 2.841 Patienten in Pfafferode, die Sterberate stieg in diesem Zeitraum von 13,5 % auf 49,3 %. Von den Toten werden 1.976 als NS-Opfer gezählt.[6]

Nachkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. August 1946 wurde die Landesheil- und Pflegeanstalt Pfafferode in Staatliches Landeskrankenhaus Pfafferode umbenannt. Es wurden nunmehr auch Patienten mit anderen als psychiatrischen Krankheitsbildern behandelt. Ab 1963 hieß die Einrichtung Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Mühlhausen. Nach der Wende wurde daraus das Thüringische Landesfachkrankenhaus. Ab 1999 wurde das Krankenhaus privatisiert und 2002 verkauft, so dass daraus das Ökumenische Hainich-Klinikum wurde.

Seit 2000 erinnert ein Gedenkstein im Verwaltungsgebäude an die Mühlhäuser Euthanasie-Opfer.[7]

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptgebäude des Klinikums, Klinikpark mit Kirschbäumen

Träger des Klinikums sind die Caritas und die Diakonie. Das Klinikum wird in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH geführt. Das ÖHK fungiert als Akademisches Lehrkrankenhaus der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Jahr 2010 wurden 7.132 Patienten stationär und 11.190 Patienten ambulant behandelt.[8] Im 6. Thüringischen Krankenhausplan 2013 wurde das Hainich Klinikum mit 366 Planbetten im Bereich Psychiatrie und mit 71 Planbetten im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen.[9]

Das Ökumenische Hainich Klinikum betreut folgende Fachgebiete:

  • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie und -psychosomatik
  • Klinik für Neurologie
  • Klinik Psychosomatik und Psychotherapie

Tageskliniken befinden sich in:

  • Heilbad Heiligenstadt
  • Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie Eisenach
  • Tageskliniken und Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie Bad Salzungen
  • Tageskliniken und Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie Gotha
  • Tagesklinik und Ambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie Bad Frankenhausen
  • Tagesklinik und Ambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie Bad Langensalza
  • Tagesklinik und Ambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie Sömmerda
  • Tagesklinik und Ambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie Arnstadt

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Lothar Adler, Kathleen Dützmann, Elisabeth Goethe (Hrsg.): 100 Jahre Pfafferode 1912–2012, Von der preußischen Landesheil- und Pflegeanstalt zum Ökumenischen Hainich Klinikum gGmbH. Rene Burkhardt Verlag, Erfurt 2012. (online)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Klaus Wuggazer: Norbert Dahmen ist nicht mehr Geschäftsführer des Hainich-Klinikums. In: Thüringer Allgemeine. 21. November 2018 (thueringer-allgemeine.de [abgerufen am 3. Dezember 2018]).
  2. Geschichte des ÖHKs (Memento des Originals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oehk.de Website des Ökumenischen Hainich Klinikums, abgerufen am 27. Mai 2013.
  3. Gerhard Günther, Winfried Korf: Mühlhausen. Thomas-Müntzer-Stadt. 1. Auflage. E. A. Seemann, Leipzig 1986, ISBN 3-363-00018-9, S. 155.
  4. Lothar Adler, Kathleen Dützmann, Elisabeth Goethe (Hrsg.): 100 Jahre Pfafferode 1912–2012. Von der Preußischen Landesheil- und Pflegeanstalt bis zum Ökumenischen Hainich Klinikum gGmbH. René Burkhardt Verlag, Erfurt 2012, ISBN 978-3-937981-56-7, S. 43 (Volltext oehk.de [abgerufen am 9. Dezember 2021]).
  5. 100 Jahre Pfafferode 1912–2012. S. 66 f.
  6. 100 Jahre Pfafferode 1912–2012. S. 70. (Volltext oehk.de, abgerufen am 9. Dezember 2021)
  7. Hanno Müller: Euthanasie – Geschichte, die weh tut. In: Thüringer Allgemeine. 25. März 2014 (thueringer-allgemeine.de).
  8. Strukturierter Qualitätsbericht 2010, S. 13.
  9. 7. Thüringischer Krankenhausplan 2018, S. 28. (PDF; 2,9 MB)