1,2-Butandiol

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Strukturformel
Strukturformel von (RS)-1,2-Butandiol
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie
Allgemeines
Name 1,2-Butandiol
Andere Namen
  • Butan-1,2-diol (IUPAC)
  • 1,2-Butylenglykol
  • 1,2-BUTANDIOL (INCI)[1]
Summenformel C4H10O2
Kurzbeschreibung

farblose, viskose Flüssigkeit[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 209-527-2
ECHA-InfoCard 100.008.663
PubChem 11429
ChemSpider 10948
Wikidata Q161457
Eigenschaften
Molare Masse 90,12 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,01 g·cm−3 (20 °C)[2]

Schmelzpunkt

−114 °C[2]

Siedepunkt

192 °C[2]

Dampfdruck

0,1 hPa (20 °C)[2]

Löslichkeit
  • mischbar mit Wasser[2]
  • leicht löslich in Alkohol[3]
Brechungsindex

1,438 (20 °C)[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 319
P: 264​‐​280​‐​305+351+338​‐​337+313[2]
Toxikologische Daten

16000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

1,2-Butandiol (nach IUPAC-Nomenklatur: Butan-1,2-diol, gelegentlich auch als 1,2-Butylenglykol bezeichnet) ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der zweiwertigen Alkohole, genauer gesagt der gesättigten Diole. Er findet meist als Lösungsmittel oder Zwischenprodukt bei organischen Synthesen Anwendung.

Isomere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1,2-Butandiol hat ein Chiralitätszentrum, es existieren zwei Enantiomere: (R)-1,2-Butandiol und (S)-1,2-Butandiol. Ohne näher spezifizierenden Zusatz ist meist ein Gemisch der beiden Substanzen gemeint.

Isomere von 1,2-Butandiol
Name (R)-1,2-Butandiol (S)-1,2-Butandiol
Strukturformel (R)-1,2-Butandiol (S)-1,2-Butandiol
CAS-Nummer 40348-66-1 73522-17-5
584-03-2 (unspez.)
EG-Nummer 805-781-9 805-782-4
209-527-2 (unspez.)
ECHA-Infocard 100.232.775 100.232.776
100.008.663 (unspez.)
PubChem 641012 6993189
11429 (unspez.)
Wikidata Q27123549 Q27123550
Q161457 (unspez.)

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1,2-Butandiol wird technisch durch Hydratisierung von 1,2-Epoxybutan bei Temperaturen von 160–220 °C und Drücken von 10–30 bar katalysatorfrei hergestellt.[6]

Hydratisierung von 1,2-Epoxybutan zu 1,2-Butandiol ohne Katalysator
Hydratisierung von 1,2-Epoxybutan zu 1,2-Butandiol ohne Katalysator

Dabei wird ein 10- bis 20-facher molarer Überschuss an Wasser eingesetzt, um die Bildung von Polyethern zu reduzieren. Die Selektivitäten zu 1,2-Butandiol liegen je nach Wasserüberschuss bei 72–92 %.[6]

Die Umsetzung kann auch in Anwesenheit eines stark sauren Ionenaustauscherharzes oder kleinere Mengen an Schwefelsäure schon unter 160 °C und bei geringem Überdruck durchgeführt werden.[6]

Des Weiteren kann es durch OsO4-Oxidation von But-1-en im Rahmen einer Dihydroxylierung gewonnen werden.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Physikalische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Butan-1,2-diol hat eine relative Gasdichte von 3,1 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei gleicher Temperatur und gleichem Druck) und eine relative Dichte des Dampf-Luft-Gemisches von 1,00 (Dichteverhältnis zu trockener Luft bei 20 °C und Normaldruck). Außerdem weist 1,2-Butandiol einen Dampfdruck von 0,1 hPa bei 20 °C auf. Die dynamische Viskosität beträgt 73 mPa·s bei 20 °C.[2]

Chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1,2-Butandiol ist eine brennbare, schwer entzündbare Flüssigkeit aus der Stoffgruppe der Alkohole. Der Stoff ist in jeden Verhältnis mit Wasser mischbar, in Alkoholen leicht sowie in Estern und Ethern schwer löslich. In Kohlenwasserstoffen ist 1,2-Butandiol unlöslich.[6] Des Weiteren gilt er als schwer bzw. sehr schwer flüchtig. Durch Hitzeeinwirkung zersetzt sich der Stoff in Formaldehyd. 1,2-Butandiol kann in gefährlicher Weise mit Oxidationsmitteln, Reduktionsmitteln, Säuren, Säureanhydriden, Säurechloriden und Chlorformiaten reagieren.[2]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1,2-Butandiol wird als Lösungs- und Feuchthaltemittel sowie zur Herstellung von Epoxidharzen, Polyamiden, und Polyurethanen verwendet. Die Ester und Ether von 1,2-Butandiol werden auch als Weichmacher eingesetzt.[3]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1,2-Butandiol ist ein brennbarer, jedoch schwer entzündbarer Stoff. Hauptsächlich wird der Stoff über den Atemtrakt aufgenommen. Des Weiteren wird eine sehr effektive Resorption über die Haut und den Verdauungstrakt vermutet. Bei Aufnahme oder Exposition kommt es akut zu Reizungen der Augen. Chronisch sind für den Menschen keine Angaben verfügbar. Eine Reproduktionstoxizität sowie eine mutagene Wirkung konnte durch Tests ausgeschlossen werden. Zur Kanzerogenität liegen keine ausreichenden Angaben vor. Die Zündtemperatur beträgt 390 °C. Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2 und in die Explosionsgruppe IIA. Der untere Explosionspunkt beträgt 92 °C. Mit einem Flammpunkt von 102 °C gilt 1,2-Butandiol als schwer entflammbar.[2]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: 1,2-Butandiol – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu 1,2-BUTANDIOL in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 25. Februar 2020.
  2. a b c d e f g h i j k l Eintrag zu 1,2-Butandiol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  3. a b Eintrag zu Butandiole. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. August 2019.
  4. Datenblatt 1,2-Butanediol bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 7. August 2019 (PDF).
  5. Eintrag zu Butane-1,2-diol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 7. August 2019. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. a b c d Heinz Gräfje, Wolfgang Körnig, Hans‐Martin Weitz, Wolfgang Reiß, Guido Steffan, Herbert Diehl, Horst Bosche, Kurt Schneider, Heinz Kieczka, Rolf Pinkos: Butanediols, Butenediol, and Butynediol. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley‐VCH Verlag GmbH & Co. KGaA., 23. Juli 2019, S. 11, doi:10.1002/14356007.a04_455.pub2 (Abschnitt „1,2-Butanediol“).