3 nach 9

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Fernsehsendung
Titel 3nach9
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Genre Talkshow
Erscheinungsjahre seit 1974
Länge 120 Minuten
Episoden 595
Ausstrahlungs­turnus freitags, monatlich
Produktions­unternehmen Bremedia Produktion
Premiere 19. Nov. 1974 auf III. Fernsehprogramm der Nordkette
Moderation
Giovanni di Lorenzo
Judith Rakers

Die Sendung 3 nach 9 (Eigenschreibweise 3nach9[1]) ist die älteste laufende bundesdeutsche Fernseh-Talkshow. Die Sendung wird im Auftrag von Radio Bremen produziert und läuft alle vier Wochen freitags von 22:00 bis 24:00 Uhr bei Radio Bremen TV. Das NDR Fernsehen, das hr-fernsehen und das rbb Fernsehen übertragen ebenfalls die Live-Sendung, 3sat wiederholt die Sendung zehn Tage nach der Erstausstrahlung. Von Oktober 2019 bis Oktober 2021 lief die Sendung unter dem Begriff TALK am Dienstag auch alle vier Wochen im Ersten im Wechsel mit Kölner Treff, NDR Talk Show, Club 1, Nachtcafé und der Sendung Hier spricht Berlin.[2]

Die Sendung wird seit 1989 von Giovanni di Lorenzo moderiert, seit 3. September 2010 gemeinsam mit Judith Rakers.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3 nach 9 wird aus Bremen gesendet, zum ersten Mal am 19. November 1974. Der Start von III nach 9, denn der Name wurde erst Jahre später ebenso wie die Konzeption abgeändert, lief im gemeinsamen Dritten Fernsehprogramm von NDR und Radio Bremen und (damals noch) SFB. Die „III“ stand außerdem dafür, dass drei Moderatoren zugleich anwesend waren, sodass sich die Akteure, Eingeladene wie Saalpublikum, den ihnen genehmsten aussuchen konnten und umgekehrt. Der Name 3 nach 9 war von der zwischen 1970 und 1974 ausgestrahlten ZDF-Sendung Drei mal Neun mit Wim Thoelke inspiriert.[4]

Die Frankfurter Rundschau schrieb anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Sendung: „In den ersten Jahren wurde von Fall zu Fall entschieden, wann der Abspann einsetzte – in unmittelbarer Nähe zu den Moderatoren und zum Saalpublikum, denn Regisseur und Redakteure saßen direkt im Studio und waren immer mal wieder auch im Bild zu sehen.“[5] Der FR-Autor schreibt weiter: „Die Produktionsbedingungen wurden sichtbar gemacht, und diese Transparenz allein war in einem Medium, das zumindest im Unterhaltungssektor die Illusion zu perfektionieren suchte“ von außergewöhnlicher Art – die Sendung wurde als unkonventionell, unschematisch und spontan empfunden.

Dieses neuartige Format beruhte vollständig auf einer Idee des damals neubestellten RB-Programmdirektors Dieter Ertel. Dieser, als Pionier des Fernsehdokumentarfilms beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart journalistisch zu Ehren gekommen, wollte ein „Anti-Magazin“, live und unmittelbar, von Überraschungen und von der Geistesgegenwart der Beteiligten lebend. Keineswegs wurde das damals frisch aus den USA importierte Fernsehformat der „Talkshow“ übernommen. Diese Redaktion verfolgte ihre ureigenen Ideen – andere nannten das Ergebnis eine „Talkshow“.

Die journalistische Fernsehkritik war einstimmig davon begeistert. Die Juroren des Grimme-Preises vergaben dafür 1976 ihre Auszeichnung mit Bronze an Alfred Mensack und Michael Leckebusch. Harald Keller bewertete 2004 das Erscheinungsbild völlig anders: „… ist 3 nach 9 eine belanglose Personality-Talkshow unter vielen. Bahnen sich zwischen den Gästen Kontroversen an, werden diese von den Moderatoren Amelie Fried und Giovanni di Lorenzo oft eines harmonischen Geplauders zuliebe im Ansatz erstickt.“[6]

Moderatoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stamm-Moderatoren im Verlauf von 30 Jahren waren:

Ab 26. Februar 2010 moderierte di Lorenzo die folgenden sechs Sendungen mit wechselnden Co-Moderatorinnen. Dies waren Sandra Maischberger, Annette Dasch, Maria Furtwängler, Katrin Bauerfeind, Judith Rakers und Sarah Wiener.[8] Am 13. Mai 2011 ersetzte Margot Käßmann die für den Eurovision Song Contest benötigte Judith Rakers in der Sendung.[9] Zum 40-jährigen Jubiläum am 14. November 2014 führte Maria Furtwängler neben Rakers und di Lorenzo durch die Sendung.[10]

Der Pianist Gottfried Böttger begleitete 3 nach 9 von der ersten Sendung an mit Improvisationen am Klavier. In den letzten Jahren verbrachte er die Pausen dazwischen damit, mit den Fernsehzuschauern zu chatten. Nach 40 Jahren nahm Böttger in der Jubiläumsausgabe seinen Abschied aus der Sendung.[11]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Am 19. Februar 1982 war das ehemalige Führungsmitglied der Bewegung 2. Juni Fritz Teufel und der damalige Bundesminister für Finanzen Hans Matthöfer (SPD) in der Sendung zu Gast. Während einer Diskussion mit dem Moderator über gutes Benehmen zog Teufel eine Wasserpistole und spritzte den Minister mit Zaubertinte nass. Matthöfer reagierte, indem er Teufel mit einem Glas Wein übergoss.
  • Am 9. März 1984 war der Bordellchef Karl-Heinz Germersdorf aus Hannover zusammen mit seiner dritten thailändischen Ehefrau und seinem Rechtsanwalt in der Talkshow zu Gast. Er lieferte sich eine verbale Schlacht mit der Politikerin Herta Däubler-Gmelin und der Feministin und Autorin Gerlinde Schilcher. Schilcher kippte Germersdorf im Verlauf der Sendung ein Glas Wein in den Nacken. Die Talksendung wurde als „Thaimädchen-Eklat“ bekannt.
  • In der Sendung am 22. Juni 1990 war unter anderem Franz Schönhuber zu Gast, der kurz zuvor vom Parteivorsitz der Republikaner zurückgetreten war. Vor dem gläsernen Studio versuchten Demonstranten, den Auftritt Schönhubers zu verhindern, wobei zeitweise Steine gegen die Scheiben des Studios geworfen wurden (wodurch eine Scheibe zu Bruch ging) und die Sendung unterbrochen wurde. Währenddessen hielten friedliche Demonstranten Schilder mit Kritik an Schönhuber an die Scheiben. Das Studio selbst wurde durch Polizeieinheiten abgeschirmt. Zeitweise wurde wegen dieser Umstände innerhalb der Sendung mit Gästen und teilweise auch Zuschauern diskutiert, ob und inwiefern man in dieser Lage die laufende Sendung fortsetzen könne. Dabei kamen kurz auch einige der Demonstranten zu Wort. Die Opernsängerin Anja Silja, ebenfalls zu Gast, verließ wegen der unklaren Situation die Sendung vorzeitig.
  • Der Schriftsteller Moritz von Uslar veröffentlichte 2001 die Erzählung Drei nach neun über einen gemeinsamen Auftritt mit der damaligen CDU-Vorsitzenden Angela Merkel.[12]
  • Im Jahre 2009 prallten Nahost-Experte und Journalist Peter Scholl-Latour sowie die israelische Public-Relation-Managerin Melody Sucharewicz in einer heftig geführten Diskussion aufeinander. Streitpunkt war der israelische Gaza-Krieg, der kurz zuvor entflammt war. Scholl-Latour fühlte sich, so wörtlich, „in eine Falle gelockt“ und zu Unrecht in eine antiisraelische Ecke gedrängt, die er so nicht vertreten würde. Er hatte zuvor Israels Palästinapolitik kritisiert; Sucharewicz widersprach energisch. Die Moderatoren di Lorenzo und Fried wurden später für ihre Passivität und ihr Verhalten gegenüber Scholl-Latour öffentlich scharf kritisiert.[13]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: 3 nach 9 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 3nach9 – Die Mutter aller Talkshows – Radio Bremen. Abgerufen am 23. Juli 2021.
  2. "TALK am Dienstag", ab dem 24. September 2019 um 22:45 Uhr im Ersten. In: presseportal.de. 4. Oktober 2019, abgerufen am 13. August 2019.
  3. „3 nach 9“. Judith Rakers wird neue Kollegin von Giovanni di Lorenzo in focus.de vom 9. August 2010, abgerufen am 6. November 2010.
  4. Thoelke!!!!!!!!!!!!!!! Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. Juni 2010; abgerufen am 2. Dezember 2020.
  5. Harald Keller: Mit Schwung auf den Irrweg. In: Frankfurter Rundschau, 6. November 2004, S. 22
  6. Vgl. auch Katrin Wilkens: Der Anti-Pilawa-Entwurf. Ein Abend bei Radio Bremen. In: Journalist, 12/2007, S. 24–28
  7. Stern Online:Charlotte Roche verlässt Talkshow (abgerufen am 18. Januar 2010)
  8. Freundinnen von 3nach9 Wechselnde Partnerinnen für Giovanni di Lorenzo, radiobremen.de vom 22. Februar 2010 (abgerufen am 23. Februar 2010) (Memento vom 24. Februar 2010 im Internet Archive)
  9. Käßmann predigt – egal ob in der Kirche oder im TV vom 14. Mai 2011 (abgerufen am 14. Mai 2011)
  10. derwesten.de: "3nach9": Maria Furtwängler wird zur Gastmoderatorin Artikel vom 11. November 2014
  11. shz.de: Gottfried Böttgers Abschied von „3 nach 9“ Artikel vom 13. November 2014
  12. Moritz von Uslar: „Drei nach neun“, in: Jochen Bonz (Hrsg.): Sound Signatures. Pop-Splitter. Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-12197-9, S. 85–93.
  13. Georg Altrogge: Scholl-Latour: „Ich wurde in die Falle gelockt“. In: meedia.de. 19. Januar 2009, abgerufen am 28. April 2015.