Akira Kurosawa

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1953

Akira Kurosawa (jap. 黒澤 明 Kurosawa Akira, * 23. März 1910 in Ōmori (heute: Ōta), Tokio; † 6. September 1998 in Setagaya, ebenda) war ein japanischer Filmregisseur. Er schuf eine Reihe von Filmklassikern und gilt als einer der international einflussreichsten Regisseure überhaupt. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören Die sieben Samurai, Rashomon – Das Lustwäldchen und Ran.

Biografie[1]

Akira Kurosawa kam 1910 in Tokio als jüngstes von sieben Kindern zur Welt. Er hatte jeweils drei Schwestern und Brüder. Kurosawa beschreibt seine Mutter als eine sehr sanfte Person, seinen Vater hingegen, einen Absolventen einer Offiziersschule, der später als Lehrer an der Kaiserlichen Militärakademie arbeitete, als sehr streng. Er legte bei der Erziehung der Söhne weniger Wert auf eine künstlerische denn auf eine traditionelle, spartanisch-militärisch-sportliche Ausbildung. Der junge Akira interessierte sich für Kunst und Malerei, wobei vor allem ein Lehrer in der Grundschule dieses Interesse erkannt und gefördert haben soll. Die sportlich-militärische Komponente seiner schulischen Ausbildung blieb ihm fremd, er mochte sie nicht. Der Vater, „obgleich ein unflexibler Militär“, unterstützte diese künstlerische Ader, da er trotz allem die Zeichen der neuen Zeit wohl verstanden hat.

Nach der Mittelschule ging Kurosawa 1927 an die Doshusha-Schule für westliche Malerei. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit Illustrationen und Malerei aller Art. In dieser Zeit wurde er künstlerisch stark von seinem älteren Bruder Heigo beeinflusst, der zum Ende der Stummfilmzeit erfolgreich als Benshi (Stummfilmerzähler) hauptsächlich für ausländische Filme arbeitete. Da Heigos unabhängiger Lebensstil vom Vater nicht toleriert wurde – als der Bruder mit einer Frau zusammenleben wollte, warf ihn der Vater aus dem Haus – fanden die häufigen Treffen ohne das Wissen des Vaters statt. Heigo zeigte ihm unter anderem Yose, eine Art traditionelles japanisches Varieté, Kodan, eine Unterhaltungsform, bei der überlieferte Samuraigeschichten erzählt wurden, und natürlich Filme; denn durch die beruflichen Verbindungen des Bruders konnte Akira Kurosawa diese im Kino kostenlos anschauen. Außerdem habe der Ältere den Jüngeren auch einiges über Literatur gelehrt. Den Suizid seines Bruders im Juli 1933, über dessen Art und Ursachen es Gerüchte und Spekulationen, jedoch wenig belastbare Fakten gibt,[2] konnte Akira Kurosawa nach eigenen Angaben nie ganz überwinden. Nachdem er ungefähr 50 Drehbücher geschrieben hatte, führte er 1943 zum ersten Mal selbst Regie. 1959 gründete er seine eigene Produktionsfirma.

Das Grab von Akira Kurosawa auf dem Friedhof des Tempels An’yō-in

Neben anderen verband ihn eine tiefe Freundschaft mit Francis Ford Coppola und George Lucas.

Akira Kurosawa starb am 6. September 1998 im Alter von 88 Jahren an den Folgen eines Hirnschlags.[3] Seine Ruhestätte befindet sich auf dem Friedhof des buddhistischen Tempels An’yō-in in Kamakura.[4]

Werk

Mit seinem ersten Farbfilm Dodeskaden fiel Kurosawa in eine tiefe Krise, da er sich vom Publikum missverstanden fühlte, das diesen Film als zu pessimistisch und fast surreal ablehnte. Diese Krise führte zu einem Selbstmordversuch (22. Dezember 1971).

Mit dem in der UdSSR produzierten und gedrehten Film Dersu Uzala kehrte er ins internationale Rampenlicht zurück – die Produktion wurde 1975 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Kagemusha – Der Schatten des Kriegers wurde 1980 mit der Goldenen Palme von Cannes prämiert. Kurosawa erhielt 1990 einen Oscar für sein Lebenswerk und im Laufe seines Lebens zahlreiche weitere Filmpreise von Rang.[5] 1994 erhielt er den Kyoto-Preis.

Für Kurosawa spielte das Drehbuch stets eine zentrale Rolle. Besondere Merkmale seines Stils sind der simultane Einsatz mehrerer Kameras, die Kontrastierung verschiedener Strukturen und der Wechsel zwischen langen Einstellungen und schneller Montage. Bei vielen seiner Filme zeichnete er auch für den Schnitt verantwortlich. Kurosawa arbeitete immer wieder über längere Zeit eng mit bestimmten Leuten zusammen. Am bekanntesten ist wohl die Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Toshirō Mifune, die zugleich die erfolgreichste Phase der beiden Akteure markierte.

In Japan gilt Kurosawa als „westlicher“ Regisseur. Er verfilmte unter anderem Dostojewskis Roman Der Idiot, Maxim Gorkis Nachtasyl und Shakespeares Macbeth und wurde als erster japanischer Regisseur für Europa „entdeckt“.

Seine anhaltende Popularität in Europa und den USA beruht vor allem auf seinen Samurai-Filmen mit den Schwertkampfduellen, die in den Augen vieler Hollywoodfilm-Konsumenten eine gewisse Verwandtschaft mit dem gleichfalls zweikampforientierten Western hatten.

Viele seiner frühen Filme zeigten einen starken Einfluss durch den in der Nachkriegszeit auch in Europa vorherrschenden Pazifismus, den Realismus, die Dialektik[6] und den Materialismus. Die materielle Bedingtheit subjektiv-idealistischer Schilderung oder subjektiv erinnerter Realität führt so z.B. in seinem Film Rashomon – Das Lustwäldchen gleich zu vier verschiedenen, einander widersprechenden filmischen Darstellungen eines Überfalls. Im Ergebnis zeigt sich die dialektische Einheit und Auflösung der Widersprüche auf höherer Ebene, insofern interessenbetonte Wahrnehmung und auch Manipulation als Ursache aufgezeigt werden. Auch in seinem Film Zwischen Himmel und Hölle ist der dialektische Titel mit ebensolchem Inhalt geradezu idealtypisch angefüllt.

Kurosawas Samurai-Epen beschwören aber nicht den Glanz und die Bedeutung einer elitären Kaste herauf, sondern sie zeigen durch die zunehmende Einführung von Schusswaffen arbeitslos und zu Landstreichern gewordene Proletarier,[7] die frei von Lohnarbeit, Besitz und Produktionsmitteln trotz ihrer immensen Fähigkeiten als Klasse untergehen. Die Schwertkämpfe finden in verfallenden Städten oder im Schlamm armer Provinzdörfer statt.

Kurosawa drehte auch mehrere zeitgenössische Problemfilme, die sich meist mit sozialer Ungerechtigkeit auseinandersetzten.

Zumindest in Dersu Uzala und dem späten Akira Kurosawas Träume ist seine Naturverbundenheit unübersehbar. Des Weiteren steht vor allem die Frage nach der persönlichen Verantwortung des Einzelnen im Vordergrund. Das Vermächtnis Madadayo wurde zu einem humorvollen, optimistischen Zeugnis reinster Lebensfreude und humanistischer Ideale.

Laut Nicola Glaubitz verdichten sich im Werk und in der Person Kurosawas das Spannungsverhältnis zwischen Japan und dem Westen und das zwischen Tradition und Moderne.[8]

Filmografie

Auszeichnungen

Filme in den Top 250 der IMDb[9]
Platz Film
19 Die sieben Samurai
99 Rashomon – Das Lustwäldchen
109 Yojimbo – Der Leibwächter
128 Einmal wirklich leben
129 Ran

1965 wurde Kurosawa in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Am 18. Februar 2011 wurde ein Asteroid nach Akira Kurosawa benannt: (254749) Kurosawa.

Im Juni 2013 wurde Kurosawas Film Einmal wirklich leben in die Top 250 der Internet Movie Database aufgenommen. Damit hatte Kurosawa neben zehn weiteren Regisseuren mehr als vier Filme in den Top 250 der IMDb. Er zählt damit zu den höchstbewerteten Regisseuren der IMDb. Im Juni 2015 kam dann noch Das Schloss im Spinnwebwald dazu, so dass es seitdem nur noch vier Regisseure gibt, die mehr Titel in den Top 250 unterbringen konnten: Alfred Hitchcock, Christopher Nolan, Martin Scorsese und Stanley Kubrick.

Schriften

  • Akira Kurosawa: So etwas wie eine Autobiographie. Diogenes, Zürich 1991.

Literatur

  • Peter W. Jansen, Wolfram Schütte (Hrsg.): Akira Kurosawa. Hanser, München 1988.
  • Donald Richie, with additional Material by Joan Mellen: The Films of Akira Kurosawa. 3rd edition expanded and updated with a new epilogue. University of California Press, 1998.
  • Stuart Galbraith IV: The Emperor and the Wolf. The Lives and Films of Akira Kurosawa and Toshirō Mifune. Faber and Faber, London 2001.
  • Nicola Glaubitz, Andreas Käuser, Hyunseon Lee (Hrsg.): Akira Kurosawa und seine Zeit. Transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-341-0.
  • Thomas Koebner: [Artikel] Akira Kurosawa. In: Ders. (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 403–411 [mit Literaturhinweisen].
  • Marcus Stiglegger: Kurosawa. Die Ästhetik des langen Abschieds. Edition Text + Kritik, München 2014, ISBN 978-3-86916-335-2.

Weblinks

Commons: Akira Kurosawa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. soweit nicht anders belegt: Richie: 1998, S. 10–13
  2. Galbraith: 2001, S. 19
  3. spiegel.de: Gestorben: Akira Kurosawa Artikel vom 14. September 1998
  4. knerger.de: Das Grab von Akira Kurosawa
  5. Internet Movie Database, Online-Ressource
  6. Stephen Prince: The Warrior's Camera: The Cinema of Akira Kurosawa. S. xvii u. S. 27, nach David Desser
  7. Siehe Peggy Chiao: Kurosawa's Early Influences. Essay bei der Criterion Collection zu Shichinin no Samurai Dokument, abgerufen am 23. Februar 2008
  8. Dokument, abgerufen am 19. Januar 2008. Aus MEDIENwissenschaft, 04/2005, Schüren Verlag Marburg
  9. Die Top 250 der IMDb (Stand: 9. Oktober 2016)