Albatros-Klasse

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Albatros-Klasse
Die Habicht im Oktober 1985
Die Habicht im Oktober 1985
Schiffsdaten
Land Deutschland Deutschland
Schiffsart Schnellboot
Bauwerft Lürssen, Vegesack
Kröger-Werft, Schacht-Audorf
Bauzeitraum 1972 bis 1977
Stapellauf des Typschiffes 22. Oktober 1973
Gebaute Einheiten 10
Dienstzeit 1976 bis 2005
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 57,6 m (Lüa)
Breite 7,8 m
Tiefgang (max.) 2,6 m
Verdrängung 390 t
 
Besatzung 40 Mann
Maschinenanlage
Maschine 4 MTU-Dieselmotoren
Maschinen­leistung 18.000 PS (13.239 kW)
Höchst­geschwindigkeit 42 kn (78 km/h)
Propeller 4 dreiflügelig ø 1,3 m
Bewaffnung
Sensoren
  • Seeraumüberwachungsradar
  • Navigationsradar
Sonstiges
EloKa-Anlage Octopus
Täuschkörperwurfanlage „Hot Dog“
Düppelausstoßgerät DAG 2200 „Wolke“

Die Albatros-Klasse (Klasse 143) ist eine Klasse von zehn Flugkörperschnellbooten der Deutschen Marine.

Mit der Gepard-Klasse (143A) stellten sie den Endpunkt der Entwicklung im deutschen Schnellbootbau dar. Wie ihre Vorgänger bei der Bundesmarine waren sie als hochseetaugliche Verdrängerboote mit vier leistungsstarken Dieselmotoren angetrieben. Im Gegensatz zu den in Zusammenarbeit mit Frankreich beschafften Booten der Tiger-Klasse waren sie wieder mit einem Holzrumpf auf Leichtmetallspanten gebaut. Sie basierten auf dem von Lürssen entwickelten Mehrzweckbootskörper, der für die Klasse 143 verlängert wurde[1].

Im Vergleich zu den Booten der Klassen 140 bis 142 waren sie jedoch erheblich größer, um als Plattform für Seezielflugkörper und eine leistungsfähigere Artillerie dienen zu können und zusätzlichen Raum für die erheblich gestiegenen Ansprüche an elektronische Aufklärung und Kampfführung bieten zu können. Die Boote waren mit dem automatisierten Gefechts- und Informationssystem für Schnellboote (AGIS) ausgerüstet und konnten radargesteuert bis zu fünf Ziele gleichzeitig bekämpfen. Neben den vier Seezielflugkörpern waren sie mit zwei 76-mm-Schnellfeuerkanonen ausgestattet. Die beiden heckwärts gerichteten Torpedorohre für drahtgelenkte Torpedos wurden in den letzten Jahren nicht mehr benutzt.

Die Boote der Albatros-Klasse ersetzten die der Seeadler-Klasse des 2. Schnellbootgeschwaders und waren zum Schluss in Warnemünde stationiert. Entsprechend der NATO-Doktrin des Kalten Krieges waren sie ursprünglich zur Küstenverteidigung und Sperrung der Ostseezugänge vorgesehen und für den Einsatz in Nord- und Ostsee optimiert. Mit der konzeptionellen Neuorientierung der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee hin zu einer weltweit einsetzbaren Interventionstruppe entsprachen die Schnellboote nicht mehr den Anforderungen.

Am 13. Dezember 2005 wurden die letzten beiden Boote dieser Klasse außer Dienst gestellt. Sechs Boote wurden an Tunesien verkauft, vier dienten als Ersatzteilträger für die noch im Dienst befindlichen Boote der Gepard-Klasse, von diesen vier wurden zwei 2010 an Ghana verkauft.

Planung und Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Konstruktion und der Entwurf der Boote der Albatros-Klasse wurden von der Lürssen-Werft (Bremen-Vegesack) in Zusammenarbeit mit MTG Hamburg ausgeführt. Diese Konzeption erfolgte aufgrund militärischer Forderung vom 25. Oktober 1966 und wurde vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages am 3. Juni 1969 zur Kenntnis genommen und am 18. Juni 1969 gebilligt, desgleichen vom Haushaltsausschuss. So konnte am 7. Juli 1972 der Bauauftrag zwischen dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung und AEG-Telefunken als Generalunternehmer unterzeichnet werden. Er ging schließlich am 13. Juli 1972 an die Werften Lürssen und Kröger. Die Baukosten des Waffensystems Klasse 143 betrugen rund 469 Mio. Euro. Als Baumaterial fanden (Komposit-)Holz für die Rumpfbeplankung und Leichtmetall für das Deck, die Spanten und die Aufbauten Verwendung. Die Verbindung zwischen Spanten und Beplankung wurde in einem Klebeverfahren hergestellt, das den Werften anfangs Probleme bereitete, weil der ursprünglich verwendete Kleber das Holz an der Klebestelle zersetzte. Auch war in den Booten noch Asbest für die feuerfeste Beschichtung der Holz- und Leichtmetallteile verbaut worden, das in den 1990er-Jahren in aufwendigen Sanierungen entfernt werden musste.

Maschinenanlage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Drei Boote der Klasse 143 und eines der Klasse 143 A im Stützpunkt Hohe Düne

Der Antrieb bestand aus vier schnelllaufenden Viertakt-16-Zylinder-Antriebs-Dieselmotoren mit Zylinderreihenabschaltung und Abgasturboaufladung (MTU 16 V 956 TB 91) mit einer Motordauerleistung von je 4000 PS bei 1515/min und Höchstleistung je 4500 PS bei 1575/min und jeweils einem Wende-Untersetzungsgetriebe KSS 60 der Firma MTU. Die Boote waren mit vier dreiflügeligen Schrauben mit Durchmessern von jeweils 1,30 m und zwei Rudern ausgestattet. Die E-Anlage bestand aus vier E-Dieselmotoren mit je 177 PS / je Generator 135 kVA.

Bewaffnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rohrbewaffnung der Albatros-Klasse bestand aus zwei radargesteuerten Geschützen 76 mm Oto Melara L/62 Typ CS 1 in Einzeltürmen. Die Boote verfügten ferner über vier Starter für das Seezielflugköprersystem MM.38 Exocet in zwei Doppelgruppen, fest eingebaut und um 55° Backbord bzw. 65° Steuerbord zur Bootslängsachse divergierend. Auf dem Achterschiff waren zudem zwei 533-mm-Torpedorohre für drahtgelenkte Torpedos in Schussrichtung achteraus eingerüstet. Zum Selbstschutz befanden sich die Düppelausstoßvorrichtung „Wolke“ und die Täuschkörperwurfanlage „Hot Dog“ an Bord.

Führungsmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Navigation erfolgte mit GPS und Radar 3 RM/20; für die Feuerleitung standen ein HSA WM 27/52 DU und ein OGR 7/3 (optische Richtsäule) zur Verfügung. Zur elektronischen Kampfführung war das System „Oktopus“ an Bord. Als Führungs- und Waffeneinsatzsystem verwendeten die Boote das „Automatisiertes Gefechts- und Informationssystem für Schnellboote“ (AGIS) mit Link 11 (Lagebildaustausch). Die Boote waren ferner mit drei Rettungsinseln, einem Schlauchboot, einem Buganker in Steuerbordseitenklüse sowie magnetischem Eigenschutz (MES) ausgerüstet.

Übersicht der Schnellboote Klasse 143[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezeichnung Indienststellung Außerdienststellung Verbleib
S61 Albatros 1. November 1976 24. März 2005 Marinearsenal Wilhelmshaven, zunächst Ersatzteilträger, 2012 als Naa Gbewaa (P 39) an Ghana
S62 Falke 13. April 1976 16. Dezember 2004 Marinearsenal Wilhelmshaven, Ersatzteilträger
S63 Geier 2. Juni 1976 29. September 2005 tunesische Marine (507 Himilcon)
S64 Bussard 14. August 1976 24. März 2005 Marinearsenal Wilhelmshaven, zunächst Ersatzteilträger, 2012 als Yaa Asantewaa (P 38) an Ghana
S65 Sperber 27. September 1976 30. Juni 2005 tunesische Marine (506 Hamilcar)
S66 Greif 25. November 1976 30. Juni 2005 tunesische Marine (505 Hannon)
S67 Kondor 17. Dezember 1976 16. Dezember 2004 Marinearsenal Wilhelmshaven, Ersatzteilträger
S68 Seeadler 28. März 1977 29. September 2005 tunesische Marine (508 Hannibal)
S69 Habicht 23. Dezember 1977 13. Dezember 2005 tunesische Marine (509 Hasdrubal)
S70 Kormoran 29. Juli 1977 13. Dezember 2005 tunesische Marine (510 Giscon)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Albatros-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hugh und David Lyon: Kriegsschiffe von 1900 bis heute Technik und Einsatz. Buch und Zeit Verlagsgesellschaft mbH, Köln 1978, DNB 790212293, S. 133.