Alfred-Adler-Institut Aachen-Köln

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Alfred-Adler-Institut Aachen-Köln e.V.
Zweck Pflege und Weiterentwicklung der Psychoanalyse
Vorsitz Stefan Nauenheim
Gründungsdatum 1976
Ordentliche Mitglieder 154[1]
Kandidaten in Aus- und Weiterbildung 93[1]
Absolventen seit 2000 >145[1]
Patienten in Behandlung ~350[2]
Lehr- und Ambulanzstandorte 4 (in Köln)[1]
Kooperierende Kliniken und Praxen ~40 (in Köln, Bonn, Aachen, Düsseldorf und Umgebung)[1]

Das Alfred-Adler-Institut Aachen-Köln e.V. (AAI Aachen-Köln) ist ein psychoanalytisches Institut, das zum Psychologischen Psychotherapeuten, ärztlichen Psychoanalytiker, analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie zum Individualpsychologischen Berater aus- und weiterbildet. Psychotherapeuten und Fachärzten bietet es verschiedene Möglichkeiten zur Fortbildung. Zudem verfügt es über eine Institutsambulanz, in der psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt werden. Seinem Selbstverständnis nach begreift sich das Institut dabei als ein Institut, das „sich gemeinsam mit seinen sechs Partnerinstituten in Deutschland der Pflege und Weiterentwicklung der Psychoanalyse und insbesondere der von Alfred Adler begründeten Individualpsychologie [widmet].“[3] Als Aus- und Weiterbildungsstätte ist es sowohl staatlich anerkannt als auch von der Deutschen Gesellschaft für Individualpsychologie e.V. (DGIP), der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie e.V. (DGPT), der Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Deutschland e.V. (VAKJP), der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alfred Adler war Gründungsmitglied der 1902 von Sigmund Freud ins Leben gerufenen Mittwochsgesellschaft, einem Arbeitskreis, in dem ein Austausch über die noch recht junge, von Freud begründete Psychoanalyse stattfand. In den Folgejahren spitzten sich jedoch die inhaltlichen Differenzen zwischen Freud und Adler immer mehr zu, bis es 1911 zum Bruch zwischen beiden kam. Um sich von der Freudschen Psychoanalyse von da an auch äußerlich abzugrenzen, bezeichneten Adler und seine Anhänger ihre fachliche Ausrichtung als Individualpsychologie. Aufgrund von Adlers sozialpolitischem Engagement verbreiteten und etablierten sich individualpsychologische Positionen nicht nur in der Medizin, sondern auch in Kreisen der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus emigrierten viele Individualpsychologen, darunter auch Adler selbst, der, ebenso wie Freud, jüdisch war und dessen Schriften von den Nationalsozialisten als „entartete jüdische Machwerke“ verbrannt wurden. Andere Individualpsychologen kamen in Konzentrationslagern ums Leben.[4]

Ehemalige 1. Vorsitzende des AAI Aachen-Köln
Amtszeit Name
1976–1982 Georg Fromberg
1982–1984 Alwin Huttanus
1984–1986 Markus Jensch
1986–1989 Hans Frings
1989–2000 Gerd Lehmkuhl
2000–2008 Paul Dohmen
2008–2016 Hanna Marx

Dies hatte u. a. zur Folge, dass die Organisationsstrukturen der Individualpsychologen in Deutschland zum Kriegsende hin weitgehend zerstört waren. Erst 1962 wurde – auf Initiative von Oliver Brachfeld und Wolfgang Metzger – wieder eine individualpsychologische Vereinigung gegründet, die die Bezeichnung „Alfred Adler Gesellschaft e.V.“ (AAG) trug und später in „Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie e.V.“ (DGIP) umbenannt wurde. Von 1967 an organisierte die AAG Ausbildungskurse für Berater und Psychotherapeuten in Aachen und Münster. Ab 1970 wurden Regionalkreise gebildet, die diese Aufgabe übernahmen und aus denen später die individualpsychologischen Weiterbildungsinstitute in München, Düsseldorf, Delmenhorst und Aachen hervorgingen.[5]

Mitbegründer des Regionalkreises Aachen war Rainer Schmidt, der diesen Regionalkreis innerhalb der DGIP vertrat und etablierte.[6] 1975 gründete dann der inzwischen unter dem Namen „Regionalgruppe West“ eingetragene Kreis das „Alfred-Adler-Institut Aachen e.V.“, das 1976 schließlich auch offiziell eröffnet wurde. 1984 erfolgte die Anerkennung als Ausbildungsinstitut durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung. 1996 wurde das Institut erneut umbenannt und erhielt seine bis heute gültige Bezeichnung. 1994 wurde in Zusammenarbeit mit dem AAI Düsseldorf die „Kölner Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ gegründet. Im Folgejahr fand erstmals ein Weiterbildungskurs zum analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten statt. Im Jahr 2000 – ein Jahr nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) – erlangte es staatliche Anerkennung.[7]

Aus-, Weiter- und Fortbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es sind folgende Aus-, Weiter- und Fortbildungen möglich:

Ausbildungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • fünfjährige berufsbegleitende Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten mit der Fachkunde „Tiefenpsychologie“ oder kombinierter Fachkunde „Tiefenpsychologie/Psychoanalyse“, optional mit Erwerb der Zusatzqualifikation in analytischer und/oder tiefenpsychologisch fundierter Gruppentherapie
  • fünfjährige berufsbegleitende Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit der Fachkunde „Tiefenpsychologie“ oder kombinierter Fachkunde „Tiefenpsychologie/Psychoanalyse“, optional mit Erwerb der Zusatzqualifikation in analytischer und/oder tiefenpsychologisch fundierter Gruppentherapie

Weiterbildungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • für Fachärzte (und Fachärzte in Ausbildung) zum Erwerb des Zusatztitels „Psychoanalyse“ und „Psychotherapie“
  • für Psychologische Psychotherapeuten zum Erwerb der Fachkunde „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“
  • für tiefenpsychologisch arbeitende Psychologische Psychotherapeuten zum Erwerb der Fachkunde in analytischer Psychotherapie
  • für tiefenpsychologisch arbeitende Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
  • für Fachärzte, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zum Erwerb der Zusatzqualifikation in analytischer und/oder tiefenpsychologisch fundierter Gruppentherapie
  • für Angehörige pädagogischer, sozialer und verwandter Berufe zum „Individualpsychologischen Berater und Supervisor (DGIP)“

Fortbildungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fortbildungsveranstaltungen für Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die von der Ärztekammer Nordrhein und der Landespsychotherapeutenkammer NRW zertifiziert sind
  • Fortbildungsreihen mit aktuellen Themen zu beraterischer, psychotherapeutischer und supervisorischer Theorie und Praxis

Supervision[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Supervision von Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen

Balint-Gruppen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das AAI Aachen-Köln wurde als Aus- und Weiterbildungsinstitut gegründet. Obwohl Forschung für lange Zeit institutionell nicht aktiv betrieben wurde, engagierten sich verschiedene Institutsmitglieder wie z. B. Rainer Schmidt immer wieder im Bereich der individualpsychologischen und psychoanalytischen Forschung. Anfang der 2000er Jahre begann das AAI, v. a. unter Initiative von Gerd Lehmkuhl, sich innerhalb der DGIP und in enger Abstimmung mit der dortigen Fachgruppe Wissenschaft an empirischer Forschung zu beteiligen, wenn auch zunächst noch eher sporadisch.[8][9] Zwischen 2008 und 2014 entwickelten Sabine Tibud und andere Institutsmitglieder ein Konzept der professionsspezifischen Selbsterfahrung für die kinder- und jugendlichenpsychotherapeutische Ausbildung, das am AAI erprobt, extern evaluiert[10][11] und schließlich in die Ausbildung integriert wurde.[12] In der Folge erlangte diese Form der Selbsterfahrung zunehmend auch überregionale Bedeutung.[13] Von 2017 an unterstützt das AAI die Forschungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Köln im Bereich der übertragungsfokussierten Psychotherapie für Jugendliche (TfP-A). Im selben Jahr regte Stefan Nauenheim, zunächst institutsintern, später ausgeweitet auf die DGIP, zudem fallstudienbasierte Forschungen im Bereich der Rechenstörungen an.[14][15] 2018 startete ein Modellprojekt mit dem Ziel, qualitativ-empirische Forschung in die psychotherapeutische Ausbildung des Instituts zu integrieren. Seit 2020 geht das AAI verstärkt Forschungskooperationen mit externen Forschungseinrichtungen wie Universitäten und Fachhochschulen ein, um psychoanalytische Fragestellungen sowie die Wirksamkeit psychoanalytisch begründeter Psychotherapieverfahren zu untersuchen.[16]

Institutsambulanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Organisation verfügt über eine Institutsambulanz, an der psychotherapeutische Behandlungen von Säuglingen, Kleinkindern, Kindern, Jugendlichen, Heranwachsenden sowie Erwachsenen durchgeführt werden. Die Behandlungen werden von angehenden oder sich weiterbildenden Psychotherapeuten durchgeführt, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Aus- bzw. Weiterbildung befinden, und laufend von erfahrenen Psychotherapeuten supervidiert.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Laut Angaben der Geschäftsstelle des AAI Aachen-Köln. Stand vom 30. Januar 2023
  2. Laut Angaben der Abrechnungsstelle des AAI Aachen-Köln. Stand vom 30. Januar 2023
  3. Website des Alfred-Adler-Instituts Aachen-Köln. (Memento vom 15. Februar 2014 im Internet Archive) Abgerufen am 21. Dezember 2013.
  4. Rainer Schmidt: Begegnungen mit Alfred Adlers Individualpsychologie in der Nachkriegszeit. In: AAI Aachen-Köln e.V. (Hrsg.), AAI Aachen-Köln 1976–2010. Erlebte Geschichte. Köln: 2010, S. 6–10.
  5. Über die Anfänge. Interview mit der Arbeitsgruppe Geschichte des Alfred-Adler-Instituts Aachen-Köln e.V. vom 29. Juli 2009 in Düren. Abgedruckt in: AAI Aachen-Köln e.V. (Hrsg.), AAI Aachen-Köln 1976–2010. Erlebte Geschichte. Köln: 2010, S. 11–22.
  6. Interview mit Rainer Schmidt im Sommer 2009. Interviewer: G. Oelmann, H. Recks. In AAI Aachen-Köln e.V. (Hrsg.): AAI Aachen-Köln 1976–2010. Erlebte Geschichte. Köln: 2010, S. 26.
  7. Hildegard Dreßler-Kurz: Biographische Erinnerungen einer Geschäftsführerin. In: AAI Aachen-Köln e.V. (Hrsg.), AAI Aachen-Köln 1976–2010. Erlebte Geschichte. Köln: 2010, S. 23–25.
  8. Gerd Lehmkuhl, Ulla Breuer, Ulrike Lehmkuhl: Individualpsychologische Fallgeschichten - Theoretische und praxeologische Aspekte in Abschlussarbeiten. In: U. Lehmkuhl (Hrsg.): Wie arbeiten Individualpsychologen heute?, Beiträge zur Individualpsychologie 29, Göttingen: 2003, S. 285–310.
  9. Gerd Lehmkuhl, Ulla Breuer, Ulrike Lehmkuhl: Die Individualpsychologie auf der Couch. In: U. Lehmkuhl (Hrsg.): Die Gesellschaft und die Krankheit - Perspektiven und Ansichten der Individualpsychologie, Beiträge zur Individualpsychologie 31, Göttingen: 2005, S. 169–194.
  10. Sabine Tibud: Lehrjahre sind Spieljahre. Selbsterfahrung mit dem Medium Spiel in der Ausbildung zum analytischen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland. Unveröffentlichte Masterthesis, Masterstudiengang Psychologie. International Psychoanalytic University, Berlin: 2013.
  11. Caroline Werbeck: Bedeutung des Spiels in der psychodynamischen Psychotherapie mit Kindern und dessen Relevanz in der Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten. Unveröffentlichte Masterthesis, Masterstudiengang: Psychosoziale Beratung und Mediation. Hochschule Niederrhein, Fachbereich Sozialwesen, Krefeld: 2014.
  12. Bettina Meisel, Sabine Tibud: Lehrjahre sind Spieljahre - Überlegungen zur Notwendigkeit einer professionsspezifischen Selbsterfahrung für Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten. In: B. Traxl (Hrsg.): Psychodynamik im Spiel - Psychoanalytische Überlegungen und klinische Erfahrungen zur Bedeutung des Spiels, Brandes und Apsel, Frankfurt a. M.: 2018, S. 159–184.
  13. Website der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (VAKJP). Abgerufen am 28. September 2021.
  14. Stefan Nauenheim, Wolfgang Baßler: Psychotherapeutische Studien über Dyskalkulie - Zur affektiven Bedeutsamkeit von Zahlen und Rechenvorgängen bei Kindern und Erwachsenen. In: Zeitschrift für Individualpsychologie 43(4), Göttingen: 2018, S. 324–353.
  15. Stefan Nauenheim, Mona Seitz, Marcel Mehlhorn, Wolfgang Baßler: Psychodynamische Aspekte im Bild der Rechenstörung. In: Kinderanalyse 29(2), Stuttgart: 2021, S. 150–175.
  16. Website des Alfred-Adler-Instituts Aachen-Köln. Abgerufen am 28. September 2021.

Koordinaten: 50° 56′ 59,3″ N, 6° 57′ 45,6″ O