Jüdische Allgemeine

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Jüdische Allgemeine

Logo der jüdischen Allgemeine
Beschreibung deutsche Wochenzeitung
Verlag Jüdische Presse
Hauptsitz Berlin
Erstausgabe 1946
Erscheinungsweise wöchentlich
Verkaufte Auflage 5047[1] Exemplare
(IVW Q4/2020)
Verbreitete Auflage 6869[1] Exemplare
(IVW Q4/2020)
Chefredakteur Philipp Peyman Engel
Herausgeber Zentralrat der Juden in Deutschland
Weblink juedische-allgemeine.de
Artikelarchiv Printarchiv (ab 2006)
ISSN (Print)
ISSN (online)

Die Jüdische Allgemeine ist das auflagenstärkste Periodikum des deutschen Judentums. Als „Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und jüdisches Leben“ – so ihr Untertitel – sieht sich die Jüdische Allgemeine in der publizistischen Tradition der großen liberalen Blätter des 19. und 20. Jahrhunderts und insbesondere der Allgemeinen Zeitung des Judenthums, die 1837 gegründet wurde, 1922 in der Publikation CV-Zeitung des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens aufging und am 3. November 1938 eingestellt werden musste.[2][3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegründet wurde die Zeitung 1946 als Jüdisches Gemeindeblatt für die Nord-Rheinprovinz und Westfalen mit Sitz in Düsseldorf und erhielt noch im selben Jahr den geänderten Titel Jüdisches Gemeindeblatt für die britische Zone. Nach einigen weiteren Namenswechseln hieß die Zeitung ab 1973 Allgemeine Jüdische Wochenzeitung, ab 2002 Jüdische Allgemeine. Gründungsherausgeber und erster Chefredakteur war der Journalist Karl Marx, er starb 1966.

Die Redaktion zog 1985 nach Bonn, im Jahr 1999 nach Berlin. Dort befinden sich Verlag und Redaktion in unmittelbarer Nachbarschaft zum Leo-Baeck-Haus, dem Sitz des Zentralrats der Juden in Deutschland.[4]

Die Jüdische Allgemeine erhielt einen European Newspaper Award im März 2003 für die Typografie der Zeitung und im November 2009 in der Kategorie „Titelseite Wochenzeitung“.[3] Nach den antisemitischen Ausschreitungen während des Krieges in Israel und Gaza 2023 versendet die Redaktion auf Bitte der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern die Zeitung aus Sicherheitsgründen nur noch in neutralem Umschlag.[5]

Herausgeber und Redaktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herausgeber der Jüdischen Allgemeinen ist der Zentralrat der Juden in Deutschland. Er finanziert sie etwa zu einem Drittel, je ein weiteres Drittel tragen Anzeigen und Abonnements bei.[6] Der Rückgang der Anzeigenerlöse in den vergangenen Jahren führte dabei zu einer immer stärkeren Rolle des Zentralrats.[7] Von 2000 bis 2003 war Michel Friedman stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland und übernahm in dieser Zeit die Rolle des Herausgebers der Wochenzeitung.

Die Redaktion der Jüdischen Allgemeinen in Deutschland umfasste 2010 sieben Redakteure und zwei Pauschalisten, dazu Korrespondenten in Israel, den USA sowie freie Mitarbeiter in vielen anderen Ländern.[6]

Zum 30. September 2011 trennte sich Christian Böhme, Chefredakteur seit 2005, einvernehmlich von der Zeitung. Als Grund nannte der Zentralrat in einer Pressemitteilung unterschiedliche Meinungen über die Eingliederung der jüdischen Wochenzeitung in die Strukturen des Zentralrats. Mitarbeiter befürchteten, die Jüdische Allgemeine könnte durch die geplante konzeptionelle Neuausrichtung zur „Verbandspostille“ werden.[7] Nachfolger wurde Detlef David Kauschke, 2023 löste ihn Philipp Peyman Engel ab.

Auflage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Jüdische Allgemeine wird über Kioske und Abonnements vertrieben. Konkurrenz hatte die Wochenzeitung in den Jahren von 2002 bis 2014 sowohl von dem explizit Zentralrats-kritischen Monatsblatt Jüdische Zeitung als auch von dessen russischsprachiger Schwesterpublikation Jewreiskaja gaseta (russisch Еврейская газета).[8] Dadurch hat sie von 2002 bis 2006 erheblich an Auflage eingebüßt. Seit April 2021 wird die Auflage nicht mehr gemeldet.

Online-Angebot[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit Herbst 2003 betreibt die Zeitung eine Website. Nach einem Neustart der Druck-Ausgabe und der Website im Frühjahr 2010 sind auf der Website zusätzlich zur gedruckten wöchentlichen Ausgabe tagesaktuelle Texte zu lesen. Für die Nutzer von Smartphones steht auch eine mobile Version der Website zur Verfügung.[9] Die Online-Angebote der Jüdischen Allgemeine nutzen etwa 310.000 Unique User pro Monat bzw. die Website erzielt rund 634.000 Seitenaufrufe monatlich (Durchschnitt Dezember 2019).[10] Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 berichtete die Jüdische Allgemeine zum ersten Mal am Schabbat,[11] die Auflage erhöhte sich um zehn Prozent, die Online-Reichweite verdreifachte sich.[12]

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während des Israel-Gaza-Krieges 2023–2024 veröffentlichte der Journalist Tobias Huch in der Jüdischen Allgemeine einen Meinungsbeitrag, wo er der Zivilbevölkerung im Gazastreifen eine kollektive Mitverantwortung für die Taten der militant-islamistischen Hamas und des Massakers vom 7. Oktober 2023 attestierte; die Zivilisten im Gazastreifen seien daher „nicht unschuldig“.[13] Der Journalist Ronen Steinke (Süddeutsche Zeitung) zeigte sich am 21. Januar 2024 in einer ebenfalls in der Jüdischen Allgemeine erschienenen Erwiderung irritiert, „wie die Jüdische Allgemeine dazu kommt, eine derart menschenverachtende Polemik ins Blatt zu heben“, mit der unausgesprochen die „ganze Bevölkerung von mehr als zwei Millionen Menschen“ zum legitimen Kriegsziel erklärt und damit ihre physische Auslöschung gerechtfertigt werde.[14] Die Jüdische Allgemeine änderte den Artikeltitel daraufhin und entfernte den Halbsatz „(die Zivilisten,) die für die Verbrechen der Terroristen zu Unrecht büßen müssen und Israels Bomben ebenso ohnmächtig ausgeliefert seien wie der Willkür ihrer Hamas-Herrscher.“[15] Die Jüdische Allgemeine erklärte, man habe die Passage entfernt, da sie „bei manchen Leserinnen und Lesern den Eindruck erweckte, der Kommentar befürworte das Leid der Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen.“[15] Auch kürzte die Zeitung den Untertitel des Artikels weg, nachdem Tobias Huch darauf hinwies, dass er das darin enthaltene Wort „unschuldig“ nicht selbst gewählt hatte und für problematisch erachtet. Dadurch werde nämlich der falsche Eindruck erweckt, als ginge es um eine „Schuld“ der Zivilisten in Gaza an den Terrorakten des 7. Oktobers 2023 sowie an den darauffolgenden israelischen Angriffen. Die Passage über eine kollektive Inhaftnahme der Zivilbevölkerung in Gaza für die Taten der Hamas blieb in der Neufassung enthalten.[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ralph Giordano (Hrsg.): Narben, Spuren, Zeugen. 15 Jahre Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland. Verlag der Allgemeinen Wochenzeitung der Juden in Deutschland, Düsseldorf 1961, DNB 453533655.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Titelanzeige. Jüdische Allgemeine Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und Jüdisches Leben (woe). 4/2020. In: ivw.eu, abgerufen am 13. Januar 2021.
  2. Hartmut Walravens (Hrsg.) mit Marieluise Schillig: Newspapers in Central and Eastern Europe. Papers presented at an IFLA conference held in Berlin, August 2003. = Zeitungen in Mittel- und Osteuropa (= IFLA Publications. Nr. 110). K. G. Sauer Verlag, München 2005, ISBN 3-598-21841-9 (Beiträge teilweise deutsch, teilweise englisch).
  3. a b Jüdische Allgemeine, Mediadaten Website der Jüdischen Allgemeinen, abgerufen am 12. Juni 2017.
  4. Verlag. In: Jüdische Allgemeine. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Juni 2018; abgerufen am 23. Oktober 2019.
  5. Jüdische Gemeinde in München will "Jüdische Allgemeine" nur noch in neutralem Umschlag erhalten. 8. November 2023, abgerufen am 11. November 2023.
  6. a b Alexia Weiss: Jüdische Medien im deutschsprachigen Raum: Zeitungen und Magazine, nicht nur für Juden geschrieben. Die andere Israel-Berichterstattung. In: Wiener Zeitung. 7. Oktober 2010, abgerufen am 12. Juni 2017.
  7. a b Chef der „Jüdischen Allgemeinen“ geht. In: Der Tagesspiegel. 1. Juli 2011, abgerufen am 12. Juni 2017.
  8. Igal Avidan: Neue jüdische Zeitung hofft auf junge Leser. In: Deutsche Welle. 10. Oktober 2005, abgerufen am 12. Juni 2017.
  9. Die Jüdische Allgemeine. Der jüdische Blick auf die Welt. In: zentralratdjuden.de. Abgerufen am 24. Juni 2018.
  10. Jüdische Allgemeine. Mediadaten/Anzeigenpreisliste 2020. Online & Mobile Nr. 40. (PDF; 7,8 MB) Reichweiten. In: juedische-allgemeine.de. 29. Juli 2020, S. 10, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. Januar 2021 (keine Mementos).@1@2Vorlage:Toter Link/www.juedische-allgemeine.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. Moritz Baumstieger: „Jüdische Allgemeine“: Eine Redaktion im Ausnahmezustand. 12. Oktober 2023, abgerufen am 14. Oktober 2023.
  12. Miguel de la Riva: Chef der Jüdischen Allgemeinen: Wir lassen uns nicht vertreiben. In: FAZ.NET. 17. November 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 17. November 2023]).
  13. Die Zivilisten in Gaza sind nicht unschuldig, Jüdische Allgemeine (juedische-allgemeine.de), Ursprungsfassung des Artikels, WebArchive.org, 18. Januar 2024, abgerufen am 23. Januar 2024.
  14. Zivilisten sind Zivilisten, auch in Gaza | Jüdische Allgemeine (juedische-allgemeine.de), 21. Januar 2024, abgerufen am 21. Januar 2024.
  15. a b c Ursprungsfassung: Die Zivilisten in Gaza sind nicht unschuldig, Jüdische Allgemeine (juedische-allgemeine.de), WebArchive.org, 18. Januar 2024, abgerufen am 23. Januar 2024. Geänderte Fassung: Die Menschen in Gaza | Jüdische Allgemeine (juedische-allgemeine.de), abgerufen am 23. Januar 2024.