Alpen-Greiskraut

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Alpen-Greiskraut

Alpen-Greiskraut (Jacobaea alpina)

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Senecioneae
Gattung: Jacobaea
Art: Alpen-Greiskraut
Wissenschaftlicher Name
Senecio alpinus
(L.) Moench

Das Alpen-Greiskraut[1][2] (Jacobaea alpina (L.) Moench, Syn.: Senecio alpinus (L.) Scop.), auch Alpen-Kreuzkraut genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Jacobaea[3] innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae).[4][5] Sie kommt in den Alpen und im Alpenvorland vor.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration
Einfaches Laubblatt
Habitus, Laubblätter und Blütenstände
Blütenkorb mit Strahlen- und Scheibenblüten
Üppiger Bestand am Formarinsee (Vorarlberg)

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Alpen-Greiskraut handelt es sich um eine immergrüne, ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 100 Zentimetern erreicht.[1][2] Als Speicherorgane werden Rhizome gebildet.[1] Der aufrechte Stängel ist im oberen Bereich verzweigt.[2]

Die gleichmäßig wechselständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und -spreite gegliedert.[2] Das charakteristischste Merkmal innerhalb der Gattung Jacobaea sind die breiten einfachen, höchstens 1,5-mal so langen wie breiten deutlich herzförmigen bis dreieckigen Blattspreiten.[2] Im Gegensatz zum ähnlichen Berg-Greiskraut (Jacobaea subalpina (W.D.J.Koch) Pelser & Veldkamp) sind die Blattstiele der oberen Laubblätter bei Jacobaea alpina nicht geflügelt, höchstens am Grund mit kleinen Öhrchen. Der Blattrand ist unregelmäßig grob gezähnt.[2] Die Blattoberseite ist dunkelgrün. Die graugrüne Blattunterseite ist oft spinnwebartig wollig behaart und verkahlen später.[1][2] Die Grundblätter sind relativ lang und ungeflügelt gestielt.

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht von Juli bis September.[1] Mindestens fünf bis zu zwanzig Blütenkörbe stehen in schirmrispigen Gesamtblütenständen.[2] Die Blütenkörbe weisen einen Durchmesser von 3 bis 4[1] oder 2 bis 3,5[2] Zentimetern auf. Die Blütenkörbe besitzt eine becherförmige bis zylindrische Hülle, deren Hüllblätter in einer Reihe angeordnet sind, und eine kürzere Außenhülle. In einem Blütenkorbe sind 13 bis 16 Zungenblüten (= Strahlenblüten) und zahlreiche Röhrenblüten (= Scheibenblüten) vorhanden.[2] Die Blütenkronen sind goldgelb.[1]

Die Achäne ist 2 bis 3 Millimeter lang. Der gelbliche Pappus ist etwa 5 Millimeter lange.[2]

Chromosomensatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 10; es liegt meist Diploidie mit einer Chromosomenzahl 2n = 20,[1][2] seltener wurde 2n = 40 gefunden.[6]

Ökologie und Inhaltsstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Alpen-Greiskraut handelt es sich um einen hygromorphen bis mesomorphen Hemikryptophyten.[1] Die Vermehrung erfolgt generativ und vegetativ.[1]

Das Alpen-Greiskraut ist ein Intensivwurzler und ein Stickstoff- und Beweidungszeiger. An Stellen mit intensivem Weidebetrieb kann das Alpen-Greiskraut zu einem lästigen und schnell wachsenden „Unkraut“ werden. Das Vieh vermeidet das Alpen-Greiskraut, da die darin enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide bitter schmecken.[7] Diese Alkaloide sind für Wirbeltiere lebertoxisch und dienen der Abwehr von Herbivoren. Allerdings können diese Inhaltsstoffe auch zur Ortung des Alpen-Greiskrautes beitragen, denn sie werden vom spezialisierten Fressfeind, dem Jakobskrautbär (Tyria jacobaeae), gewittert, um die vegetativen Pflanzenteile für die Eiablage aufzufinden.[8] Für den Jakobskrautbär wirken sich die meisten Pyrrolizidinalkaloide nicht als giftig aus.[9]

Die Bestäubung erfolgt durch Fliegen, Hummeln[10] und Falter.[6]

Die Diasporen, es sind die Achänen mit Pappus werden durch den Wind ausgebreitet (Anemochorie).[1]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Alpen-Greiskraut kommt von den Zentralalpen nach Osten bis Kärnten und nach Westen bis Savoie vor. Vom Alpen-Greiskraut gibt es Fundortangaben für Frankreich,[11] Süddeutschland, die Schweiz, Italien (in den Alpen sowie im Appennin)[12] und Österreich.[3][5] In Deutschland gedeiht es verbreitet in den bayrischen Alpen und Alpenvorland; es kommt zerstreut in Oberschwaben, an der Iller nördlich bis fast zur Donau vor.

Das Alpen-Greiskraut gedeiht in alpinen Hochstaudenfluren, Erlen-Gebüschen oder auf Almen in den Alpen in Höhenlagen bis zu etwa 2000 Metern. Das Alpen-Greiskraut kommt in den Allgäuer Alpen in Gipfelnähe der Kanzelwand in Bayern in einer Höhenlage von 2030 Metern vor.[13] Auch in höher gelegenen Gebieten des Alpenvorlands kann man es ab und zu finden. Sie wächst meist auf nährstoffreichen und kalkhaltigen Böden.[6] Diese kalkliebende Art gedeiht in Deutschland in der montanen bis alpinen Höhenstufe in frischen bis nassen Hochstaudenfluren. In der Schweiz gedeiht das Alpen-Greiskraut auf Weiden, besonders um Alphütten und Bachufer in der subalpin-alpinen Höhenstufe;[2] hier steigt es in Graubünden bis zu einer Höhenlage von 2150 Meter auf.[10]

Sie ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbandes Rumicion alpini, kommt aber auch in Pflanzengesellschaften der Verbände Adenostylion, Alno-Ulmion oder Agropyro-Rumicion vor.[6] Nach Delarze et al. 2015 ist das Alpen-Greiskraut in der Schweiz eine Charakterart der Alpinen Lägerflur (Alpenblackenflur) (Rumicion alpini).[2]

Das Alpen-Greiskraut kann auch zur invasiven Pflanzenart werden, z. B. in Norwegen.[14]

Die Zeigerwerte nach Ellenberg sind: Lichtzahl 7 = Halblichtpflanze; Temperaturzahl 3 = Kühlezeiger; Kontinentalitätszahl 4 = gemäßigtes Seeklima zeigend; Feuchtezahl 6 = Frische- bis Nässezeiger; Feuchtewechsel: keinen Wechsel der Feuchte zeigend; Reaktionszahl 8 = Schwachbasen- bis Basen-/Kalkzeiger; Stickstoffzahl 9 = übermäßigen Stickstoffreichtum zeigend; Salzzahl 0 = nicht salzertragend; Schwermetallresistenz: nicht schwermetallresistent.[1]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 4w+ (sehr feucht aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 2+ (unter-subalpin und ober-montan), Nährstoffzahl N = 5 (sehr nährstoffreich bis überdüngt), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch).[2]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Solidago alpina durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 880.[3] Das Artepitheton alpinus bedeutet „aus den Alpen“. Die Neukombination zu Jacobaea alpina (L.) Moench wurde 1794 durch Conrad Moench in Methodus, 587 veröffentlicht.[5] Weitere Synonyme für Jacobaea alpina (L.) Moench sind: Cineraria alpina (L.) L., Senecio alpinus (L.) Scop., Cineraria cordifolia Gouan, Senecio cordifolius (Gouan) Clairv. non L. f., Senecio cordatus W.D.J.Koch,[3] Cineraria cordata Jacq., Cineraria difformis Rochel, Cineraria lyratifolia Bluff & Fing., Cineraria samnitum Huet ex Nyman, Cineraria senecifolia Poir., Senecio alpinus (L.) L. f.[4]

Giftigkeit und Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Alpen-Greiskraut gilt als „sehr stark giftig +++“. Alle Pflanzenteile sind giftig. Vor allem die Jungpflanzen können auf der Weide gefressen werden. Am giftigsten sind junge Pflanzenexemplare. Die Blüten weisen die höchsten Alkaloid-Konzentrationen auf. Auch in Dürrfutter und in der Silage sind die Alkaloide wirksam.[15]

Bergbauern verwenden einen Absud der vegetativen Pflanzenteile des Alpen-Greiskraut zum Reinigen von Wunden beim Vieh.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k l Senecio alpinus (L.) Scop., Alpen-Greiskraut. auf FloraWeb.de
  2. a b c d e f g h i j k l m n o Senecio alpinus (L.) Scop. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 5. April 2021.
  3. a b c d Werner Greuter (2006+): Compositae (pro parte majore). In: Werner Greuter, E. von Raab-Straube (Hrsg.): Compositae. Datenblatt Jacobaea alpina In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  4. a b Datenblatt bei Compositae Working Group (CWG) (2021). Global Compositae Database = GCD.
  5. a b c Jacobaea alpina im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 23. August 2021.
  6. a b c d Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 953.
  7. W. H. Gera Hol, Mirka Marcel, Johannes Avan Veen, Ed van der Meijden: Root damage and aboveground herbivory change concentration and composition of pyrrolizidine alkaloids of Senecio jacobaea. In: Basic and Applied Ecology, Volume 5, Issue 3, 2004, S. 253–260, doi:10.1016/j.baae.2003.12.002.
  8. Mirka Macel, Klaas Vrieling:: Pyrrolizidine alkaloids as oviposition stimulants for the cinnabar moth, Tyria jacobaeae. In: Journal of Chemical Ecology, Volume 29, Issue 6, 2003, S. 1435–1446 (PDF).
  9. Mirka Macel, Peter G. Klinkhamer, Klaas Vrieling, Ed van der Meijden: Diversity of pyrrolizidine alkaloids in Senecio species does not affect the specialist herbivore Tyria jacobaeae. In: Oecologia, Volume 133, Issue 4, 2002, S. 541–550 (PDF).
  10. a b c Gerhard Wagenitz et al.: Familie Compositae II. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage Band VI, Teil 3, Seite 747–749. Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1987. ISBN 3-489-86020-9
  11. Datenblatt mit Fotos und Verbreitung in Frankreich bei Tela Botanica.
  12. Datenblatt mit Fotos und Verbreitung in Italien bei Acta Plantarum - Flora delle regioni italiane.
  13. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW-Verlag, Eching bei München, 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 622.
  14. T. Alm, A. M. Deschamps, A. Often: The invasive taxon Jacobaea alpina× subalpina in Norway-origin and status. In: Blyttia, Band 4, Nr. 2, 2016, S. 109–117.
  15. Datenblatt vetpharm - CliniPharm - CliniTox beim Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie, Zürich.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Alpen-Greiskraut (Jacobaea alpina) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien