Ambrose Bierce

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Ambrose Bierce – Gemälde von J. H. E. Partington († 1899)

Ambrose Gwinnett Bierce (* 24. Juni 1842 im Meigs County, Ohio; † 1914 in Chihuahua, Mexiko) war ein amerikanischer Schriftsteller und Journalist.

Leben

Ambrose Bierce, der Sohn eines Farmers im US-Bundesstaat Ohio, lief mit 15 Jahren von daheim fort. Als Freiwilliger in einer Aufklärungseinheit der Unionsarmee (Scout) im ausbrechenden Bürgerkrieg (1861 bis 1865) wurde er mehrfach verwundet und für Tapferkeit ausgezeichnet, geriet in Gefangenschaft, konnte sich aber selbst befreien. Die Kriegserlebnisse bildeten später eine wichtige Inspiration für sein literarisches Werk.

An einer Expedition durch Indianer-Territorium nahm er 1866 als Landvermesser teil. Er wurde danach Journalist beim San Francisco Examiner und stieg im Hearst-Pressekonzern bald zum national einflussreichen Hauptstadt-Korrespondenten zunächst in London (GB), dann in Washington, D.C. auf. Als Siebzigjähriger unternahm Bierce eine Reise nach Mexiko, mitten in die Mexikanische Revolution, wo sich seine Spur im Gefolge des Revolutionärs Pancho Villa um die Jahreswende 1913/14 verlor. Sein letzter erhaltener Brief lässt vermuten, dass Bierce zu diesem Zeitpunkt mit seiner standrechtlichen Erschießung rechnete.

Als Mensch war Bierce umstritten. Manche Zeitgenossen schalten ihn einen Menschenfeind („the wickedest man of San Francisco“), andere rühmten seine Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft. Sein privates Leben im reifen Alter war überschattet von schwerem Asthma, dem Tod beider Söhne, einer gescheiterten Ehe und Alkoholproblemen.

Einordnung

Als exzellenter Kenner der politischen Usancen hatte Bierce eine denkbar schlechte Meinung vom Berufsstand des Politikers und wurde zu einem pointiert-geistreichen Zyniker und Beobachter. Zu Lebzeiten blieb er als Schriftsteller allerdings weitgehend unbeachtet. Das änderte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute sind vor allem seine mustergültigen Kurzgeschichten gängige Schulbuchlektüre. Neben der literarischen Verarbeitung historischer Stoffe ist er vor allem durch seine aphoristischen Begriffsdefinitionen in The Devil's Dictionary bekannt geworden, die zwischen 1881 und 1906 entstanden und durch humorvoll-sarkastischen Wirklichkeitssinn geprägt sind, vergleichbar mit Lichtenbergs Sudelbüchern oder dem Sarkasmus eines Oscar Wilde.

Gemeinsam mit Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft gilt Bierce als Erfinder der modernen Horrorliteratur. Schreibstil, Weltsicht, Themenwahl und Herangehensweise des Autors sind stark vom amerikanischen Bürgerkrieg beeinflusst.

Bierce über sein eigenes Leben

„Mein Ruf als unbekannter Autor ist weltweit.“

Ambrose Bierce

„Der Journalismus ist so minderwertig, dass er mit der Literatur nicht in einem Atemzug genannt werden kann, doch mag er als Mittel zur Reform genutzt werden.“

Ambrose Bierce

Thema in Film, Theater oder Musik

Der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes schrieb ein Buch über ihn, „Gringo Viejo“ (Der alte Fremdling), eine romanhafte Schilderung über sein spurloses Verschwinden. Dieses wurde später mit Gregory Peck in der Titelrolle verfilmt (Old Gringo, 1989). Die Rolle des Schriftstellers im dritten Teil von From Dusk Till Dawn ist ebenfalls Bierce nachempfunden.

Die Kurzgeschichte Ein Vorfall an der Owl-Creek-Brücke scheint Filme wie Tanz der toten Seelen (Carnival of Souls) (1962), Jacob’s Ladder (1989), The Sixth Sense (1999) und Yella (2007) inspiriert zu haben. Die Kurzgeschichte ist ein Extrembeispiel für das Auseinanderklaffen von erzählter Zeit und Erzählzeit, da sie die wenigen Sekunden eines Erhängten zwischen dem Fall und dem Genickbruch abdeckt.

In Ray Bradburys Kurzgeschichte Die Verbannten hat Bierce zusammen mit Edgar Allan Poe einen Auftritt als Verbannter auf dem Mars.

Werke

  • An Occurrence at Owl Creek Bridge (1891) (deutsch: Zwischenfall auf der Eulenfluß-Brücke von Anneliese Dangel 1965)
  • The Cynic's Word Book (1906), The Devil’s Dictionary (1911); deutsch: Des Teufels Wörterbuch 1964, aktuelle NA: Manesse, Zürich 2013, ISBN 978-3-7175-2304-8.
  • Tales of Soldiers and Civilians (1891)
  • The Monk and the Hangman's Daughter (1892) – eine Novelle (dt. Der Mönch und die Henkerstochter)
  • Can Such Things Be? (1893)
  • Fantastic Fables, 1899 (dt. Phantastische Fabeln 1963) – 1911 als Devil’s Dictionary
  • Physiognomien des Todes. Novellen von Ambrose Bierce. Mit einer Einführung von Hermann Georg Scheffauer. (München: G. Hirth's Verlag, 1920)
  • Der Mann und die Schlange: Phantastische Erzählungen von Ambrose Bierce. Mit e. Einführung von Herman George Scheffauer. (München: Hirth, 1922)
  • Twilight Stories Langenscheidt ISBN 3-468-44014-6
  • One of the Missing AirPlay-Entertainment Vlg. ISBN 3-935168-02-0
  • Mein Lieblingsmord. Suhrkamp, Frankfurt am Main, ISBN 3-518-22205-8
  • Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen. Claassen, Hildesheim ISBN 3-546-00042-0
  • Ein Mann mit zwei Leben. btb / Goldmann, München, ISBN 3-442-72403-1
Gesamtausgabe
  • Werke in vier Bänden, hg. von Gisbert Haefs, Haffmans, Zürich 1986–1989, ISBN 3-251-20077-1.
  • Grasshopper And Ant/ Grille und Ameise/ Cigarra y Hormiga, dreisprachige Ausgabe Englisch/Deutsch/Spanisch, 2013, Calambac Verlag, Saarbrücken, ISBN 978-3-943117-76-9.
  • Man And Goose/ Mann und Gans/ Hombre y Oca, dreisprachige Ausgabe Englisch/Deutsch/Spanisch, 2013, Calambac Verlag, Saarbrücken, ISBN 978-3-943117-78-3.
  • Gesammelte Werke. Anaconda, Köln 2014, ISBN 978-3-7306-0099-3.

Literatur

  • Lawrence I. Berkove: A prescription for adversity. The moral art of Ambrose Bierce. Columbus: Ohio State Univ. Press 2002, ISBN 0-8142-0894-0
  • Cathy Notari Davidson: The experimental fictions of Ambrose Bierce. Structuring the ineffable. Lincoln: University of Nebraska Press 1984, ISBN 0-8032-1666-1
  • Robert L. Gale: An Ambrose Bierce companion. Westport, Conn. u. a.: Greenwood Press 2001, ISBN 0-313-31130-7
  • Hans Gerhold: Medientransfer. Kurzgeschichten in Kurzfilmen. Der civil war und seine künstlerische Verarbeitung dargestellt an den Short stories von Ambrose Bierce und ihren filmischen Adaptionen von Robert Enrico. Münster: Lit-Verlag 1983, ISBN 3-88660-062-9
  • Mary Elizabeth Grenander: Ambrose Bierce. New York: Twayne 1971. (= Twayne's United States authors series; 180)
  • Roy Morris: Ambrose Bierce. Allein in schlechter Gesellschaft. Biographie. Zürich: Haffmans Verlag 1999, ISBN 3-251-20286-3
  • Joe Nickell: Ambrose Bierce is missing and other historical mysteries. Lexington: The Univ. Press of Kentucky 1992, ISBN 0-8131-1766-6
  • Richard O'Connor: Ambrose Bierce. A biography. London: Gollancz 1968
  • Michael Schulte: Allein in schlechter Gesellschaft. Das Leben des Ambrose Bierce. Frankfurt am Main: Schöffling 1998, ISBN 3-89561-603-6
  • Vincent Starrett: Ambrose Bierce. Repr. of 1. ed. Chicago 1920. Port Washington u. a.: Kennikat Press 1969

Weblinks

Wikisource: Ambrose Bierce – Quellen und Volltexte (englisch)
Commons: Ambrose Bierce – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien