Andreas Kemper

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Andreas Kemper (2016)

Andreas Kemper (* 11. April 1963 in Nordhorn) ist ein deutscher Publizist und Soziologe. Er arbeitet zum Begriff des Klassismus und ist Autor kritischer Publikationen zu antidemokratischen Tendenzen in der AfD.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kemper wuchs in Nordhorn auf, wo beide Eltern in der Textilindustrie arbeiteten. Er studierte Philosophie, Soziologie und Pädagogik an der Universität Münster und der FU Berlin. 2005 legte er das Magister-Examen ab. Titel der in Münster eingereichten Magisterarbeit ist Möglichkeiten der Bildungspolitik für Arbeiterkinder.

Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2003 initiierte Kemper an der Universität Münster die erste Vollversammlung studierender Arbeiterkinder. Er gründete dort das bundesweit erste AStA-Referat für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende (fikuS-Referat), das sich mit der Selbstorganisation von Arbeiterkindern im Bildungsbereich beschäftigt.[1]

Gemeinsam mit Heike Weinbach publizierte er 2009 das Buch Einführung in den Klassismus, der als Begriff im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt war.[2] In den Folgejahren veröffentlichte er zwei Monographien zur Männerrechtsbewegung.

Zwischen 2014 und 2016 kam Kemper in verschiedenen Veröffentlichungen zum Ergebnis, dass der AfD-Politiker Björn Höcke unter dem Pseudonym Landolf Ladig in NPD-nahen Medien Texte publiziert hatte, die „unverblümt NS-verherrlichend“[3] gewesen seien. Ein im Februar 2017 eingeleitetes (und später aufgehobenes) Parteiausschlussverfahren gegen Höcke begründet der AfD-Bundesvorstand unter anderem mit der mutmaßlichen Identität Höckes mit jenem Pseudonym und verwies dabei auch auf die entsprechenden Veröffentlichungen Kempers.[4] 2018 verlas der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen, Stephan J. Kramer, zur Begründung der ersten offen angekündigten Überprüfung der AfD große Teile eines Kemper-Artikels[5] aus der Zeitschrift graswurzelrevolution.[6] Das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD vom Januar 2019[7] folgte Kempers Recherchen und hält es für „nahezu unbestreitbar“, dass Höcke mit Landolf Ladig identisch ist,[8] und verortet ihn offiziell als dem Rechtsextremismus nahe.[9]

Ab Juli 2017 war Kemper einer der Initiatoren des Online-Projekts Agent*In, das vom Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt und nach Kritik Anfang August 2017 wieder vom Netz genommen wurde.[10] Im März 2018 startete er als presserechtlich Verantwortlicher das Wiki Diskursatlas Antifeminismus, das als Relaunch von Agent*in gilt. Dieses finanziere er „aus eigener Tasche“.[11]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monographien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelbeiträge und Herausgeberschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Utopien eines nicht-ausgrenzenden Bildungssystems. In: Ingolf Erler (Hrsg.): Keine Chance für Lisa Simpson? Soziale Ungleichheit im Bildungssystem, Mandelbaum Verlag, Wien 2007, ISBN 978-3-85476-220-1, S. 291–304
  • Die deutschsprachigen Quellen Sarrazins. In: Michael Haller, Martin Niggeschmidt (Hrsg.): Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz. Von Galton zu Sarrazin. Die Denkmuster und Denkfehler der Eugenik. Wiesbaden 2012, S. 49 ff.
  • als Herausgeber: Die Maskulisten. Organisierter Antifeminismus im deutschsprachigen Raum. Unrast, Münster 2012, ISBN 978-3-89771-523-3. (Darin als Autor: Männerbewegung versus Männerrechtsbewegung. S. 28–45 und Maskulinismus als Virtualität – Breiviks Antifeminismus. S. 101–121.)
  • Reproduktion männlicher Machtverhältnisse in der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Mit Charlott Schönwetter. In: Andreas Heilmann et al. (Hrsg.): Männlichkeit und Reproduktion. Zum gesellschaftlichen Ort historischer und aktueller Männlichkeitsproduktionen, Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-03983-7, S. 271–290
  • Klassismus im Bildungssystem: Zur virtùellen Gewalt des sich senkenden Blicks. In: Alexander Fleischmann, Doris Guth (Hrsg.): Kunst. Theorie. Aktivismus. Emanzipatorische Perspektiven auf Ungleichheit und Diskriminierung, Transcript Verlag, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-8376-2620-9, S. 199–230. doi:10.14361/9783839426203-008
  • »… Die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit siebzig Jahren befinden«. Zur Differenz von Konservativismus und Faschismus am Beispiel der »historischen Mission« Björn Höckes (AfD). Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen, 2016 (PDF, überarbeitete und erweiterte Version der ursprünglichen Online-Publikation der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen).
  • Klassismus. Eine Bestandsaufnahme. Hrsg. Landesbüro Thüringen Friedrich-Ebert-Stiftung, Erfurt 2016, ISBN 978-3-95861-524-3 (pdf)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Andreas Kemper – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Yvonne Globert: Diskriminierung. Arbeiterkind muss draußen bleiben. In: fr.de. 23. Januar 2010, abgerufen am 10. Januar 2020.
    Bernd Kramer: Förderung von Bildungsaufsteigern – Uni Münster erkennt keine Arbeiterkinder. In: taz. 4. Oktober 2012, abgerufen am 1. Mai 2019.
  2. Gudrun Perko: Rezension – „Klassismus. Eine Einführung“. In: derstandard.at. 29. Januar 2010, abgerufen am 14. Dezember 2019.
  3. Andreas Kemper: ZPS und Höcke – Kunst als 5. Gewalt. In: freitag.de. 12. Januar 2017, abgerufen am 17. Januar 2020.
  4. Maria Fiedler, Matthias Meisner: AfD – Ist Björn Höcke Landolf Ladig? In: Zeit Online. 13. April 2017, abgerufen am 11. Mai 2021.
  5. Andreas Kemper: Björn Höckes faschistischer Fluss – Der völkische Machiavellismus des AfD-Politikers. In: Graswurzelrevolution. Nr. 423, September 2018 (linksnet.de [abgerufen am 18. Mai 2020]).
  6. Tilman Steffen: AfD – Wer hat Angst vorm Verfassungsschutz? In: Zeit Online. 16. September 2018, abgerufen am 27. September 2021.
    Peter Nowak: Wirbel um die »Anarcho-Postille«. In: neues-deutschland.de. 26. September 2018, abgerufen am 14. Januar 2022.
  7. Andre Meister, Anna Biselli, Markus Reuter: Wir veröffentlichen das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD. In: netzpolitik.org. 28. Januar 2019, abgerufen am 22. Oktober 2019.
  8. Ronen Steinke: Verfassungsschützer nutzten für AfD-Gutachten auch Antifa-Recherchen. In: Süddeutsche Zeitung, 21. Januar 2019, abgerufen am 26. Februar 2020.
  9. Melanie Amann, Jörg Diehl, Martin Knobbe, Andreas Ulrich: Was der Verfassungsschutz der AfD-Spitze vorwirft. In: Der Spiegel. Nr. 4, 2019 (spiegel.de [abgerufen am 2. September 2019] kostenpflichtig).
    Jan Sternberg: Höcke fordert Verfassungsschützer zu Solidarität gegenüber der AfD auf. In: haz.de. 30. Januar 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. September 2019; abgerufen am 11. September 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.haz.de
  10. Christian Meier: Antifeminismus-Pranger vom Netz genommen – vorübergehend. In: Die Welt Online, 7. August 2017.
    Stellungnahme des Vorstands der Heinrich-Böll-Stiftung vom 7. August 2017 auf der Webseite boell.de, abgerufen am 11. Mai 2021.
  11. Patricia Hecht: Aufklärung über Menschenfeindlichkeit – Die Agent*in ist reaktiviert. In: taz.de. 26. April 2018, abgerufen am 30. September 2019.
    Katja Thorwarth: Antifeministische Netzwerke und „Demo für alle“ – Wo sich „linksversifft“ und „Homolobby“ treffen. Interview mit Andreas Kemper. In: Frankfurter Rundschau. 4. Mai 2018, abgerufen am 26. August 2019.