Andreas Schulte (Forstwissenschaftler)

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Andreas Schulte
Andreas Schulte (2020)

Andreas Schulte (* 18. Dezember 1958 in Hamm) ist ein deutscher Waldökologe und Forstwissenschaftler.

Bekannt ist er unter anderem für die unter seiner Leitung entstandenen Cluster-Studien zur volkswirtschaftlichen Bedeutung der Forstwirtschaft und Holzwirtschaft sowie Gründungen von Start-Ups zum Thema Waldinvestment.[1][2][3][4][5][6]

Seit Oktober 2003 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und zugleich geschäftsführender Gesellschafter des 2004 gegründeten Start-Ups Wald-Consult Ltd., das seit dem 1. Januar 2019 unter neuer Rechtsform im Zuge des Brexits als SilvaVest GmbH mit Sitz in Münster weitergeführt wird. Von der Gründung 2003 bis zur Verlegung des Sitzes nach Kanada 2017 war er zudem Vorstandsvorsitzender des Internationalen Instituts für Wald und Holz e. V., das als An-Institut an der Universität Münster u. a. Forschungsvorhaben im Auftrag verschiedener deutscher Bundes- und Landesministerien und der EU sowie von Stiftungen, Banken und Unternehmen durchführte.[7]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Andreas Schulte studierte Forstwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Von 1985 bis 1988 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Göttinger Forschungszentrum Waldökosysteme tätig und promovierte 1988 bei Bernhard Ulrich mit der bodenkundlichen Dissertationsschrift Adsorption von Schwermetallen in repräsentativen Böden Israels und Nordwestdeutschlands in Abhängigkeit von der spezifischen Oberfläche zum Doktor der Forstwissenschaften (Dr. forest.).

Anschließend ging Schulte nach Bolivien, wo er von 1988 bis 1992 als Entwicklungshelfer des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) in der Provinz Ayopaya sowie für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) als Dozent für Waldökologie an der Universidad Mayor de San Simón in Cochabamba tätig war. Von 1993 bis 1996 war er für die GTZ dann Projektleiter des deutsch-indonesischen Forstprojektes „Aufbau der forst- und holzwirtschaftlichen Fakultät an der Mulawarman University“. Danach kehrte er nach Europa zurück und habilitierte sich 1996 mit Schwermetalle in Waldökosystemen an der Universität für Bodenkultur Wien. Zeitgleich 1996 wurde auf eine C3-Professur für Waldökologie und Klimakunde am Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung an der Universität-GH Paderborn berufen, die er von 1996 bis 2003 innehatte.[7]

Im August 2003 nahm er den Ruf auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft im Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster an. Mit der C4-Professur verbunden war das Amt des Vorstandsvorsitzenden des Internationalen Instituts für Wald und Holz NRW e.V. an der Westfälischen Wilhelms-Universität, das Schulte als Gründungsmitglied des Vereins bis zur Verlegung des Vereinssitzes nach Kanada im Jahre 2017 innehatte.[7][8]

Schulte ist Verfasser und Herausgeber mehrerer Buchpublikationen zu waldökologischen, forst- und holzwirtschaftlichen Themen und veröffentlicht regelmäßig in den verschiedensten nationalen und internationalen forstlichen und forstwissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Leistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben seinen bodenkundlichen und waldökologischen Untersuchungen, die in den 1980er und 1990er Jahren noch ganz im Zeichen der Debatte um das „Waldsterben“ standen, beschäftigte sich Andreas Schulte auch früh mit Fragen der Weltforstwirtschaft und ihrer künftigen Entwicklung angesichts des Klimawandels. Hierzu legte er bereits im Jahr 2001 gemeinsam mit Klaus Böswald und Rainer Joosten das Buch Weltforstwirtschaft nach Kyoto. Wald und Holz als Kohlenstoffspeicher und regenerativer Energieträger vor.[9]

Während bzw. nach seiner Tätigkeit für die staatliche Entwicklungshilfe in Südamerika und Südostasien publizierte er mehrere Bücher zum Schutz und nachhaltigen Bewirtschaftung bzw. zur Rehabilitation von Waldökosystemen in den Tropen / Subtropen: So entstanden unter anderem die Bücher Dipterocarp Forest Ecosystems – Towards Sustainable Management[10] sowie Soils of Tropical Forest Ecosystems: Characteristics, Ecology and Management[11]

Einer breiteren Öffentlichkeit machte ihn jedoch seine Arbeit in Nordrhein-Westfalen bekannt, zunächst vor allem die umfassende zweibändige Landesmonografie Wald in Nordrhein-Westfalen, die 2003 erschien. Diese entstand aus einem von 1999 bis 2001 gelaufenen Projekt des Landes NRW. Es hatte zum Ziel, ein auf aktuellen Forschungsergebnissen beruhendes Nachfolgewerk für die 1958 von Herbert Hesmer herausgegebene Forstmonografie Wald und Forstwirtschaft in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Umgesetzt wurde es unter Schultes Leitung von der Universität-Gesamthochschule Paderborn in Zusammenarbeit mit dem Landesverband NRW der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. An dem interdisziplinär angelegten Buchprojekt wirkten mehr als 70 Autoren aus Wissenschaft und Politik, Forst- und Jagdverwaltung, Forst-, Naturschutz- und Umweltverbänden sowie der Holzindustrie mit.[12][13]

Für bundesweites Aufsehen sorgten die unter Schultes Leitung erarbeiteten Cluster-Studien zu dem Sektor Forstwirtschaft und Holzwirtschaft, die für diesen Cluster jeweils erheblich größere arbeitsmarktpolitische und wirtschaftliche Bedeutung ergaben, als bis dato stets vermutet.

Für das Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte die damalige rot-grüne Landesregierung ein Forschungsteam unter Leitung von Andreas Schulte mit der Erarbeitung einer grundlegenden Struktur- und Marktanalyse der Forstwirtschaft und der Holz verbrauchenden Industrie, kurz Cluster-Studie Forst & Holz NRW genannt, beauftragt. Dafür wurde fast 1 Million Euro bereitgestellt.[14] Die Ergebnisse wurden 2003 veröffentlicht. Demnach ergab sich für das Cluster Forst und Holz in NRW ein Umsatz von mehr als 36 Milliarden Euro im Jahr 2001. In der Branche arbeiteten zudem rund 260.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Studie zeigte somit die ganz erhebliche arbeitsmarktpolitische und wirtschaftliche Bedeutung der Forst- und Holzbranche im Industrieland NRW auf.[15] Aufgrund der besonderen ökologischen und volkswirtschaftlichen Bedeutung des Clusters Forst & Holz in NRW entschloss sich die Landesregierung daraufhin zum Aufbau eines Kompetenzzentrums Wald & Holz an der Universität Münster (kurz: Wald-Zentrum).

2005 legte das Wald-Zentrum in Münster zudem die Clusterstudie Forst und Holz Deutschland 2005 als erste Phase des unter Schultes Leitung bis 2007 laufenden Projekts Clusterstudie Forst- und Holzwirtschaft Bundesrepublik Deutschland vor. Die entsprechende Definition der Europäischen Union zugrunde gelegt, umfasst die deutsche Forst- und Holzwirtschaft demnach rund 2 Millionen Waldbesitzer[16], etwa 185.000 Betriebe, mehr als 1,3 Millionen Beschäftigte und einen Umsatz von ungefähr 181 Milliarden Euro. Im Cluster Forst und Holz finden sich somit mehr Beschäftigte und ein größerer Umsatz als in vielen, landläufig als wichtig erachteten Wirtschaftsbereichen, wie etwa Maschinenbau, Elektroindustrie oder Chemische Industrie. Sie nimmt demnach eine deutlich größere volkswirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung ein als bisher auch von der eigenen Branche angenommen.[17]

Daneben forscht Andreas Schulte zum Kohlenstoffhaushalt von Waldökosystemen und sucht nach Wegen, Holz unter Wahrung des forstlichen Nachhaltigkeitsprinzips noch stärker in seiner Eigenschaft als regenerativer und klimaneutraler Energieträger zu erzeugen und zu mobilisieren, etwa durch verstärkte Aufforstungen oder Energiewälder.[18][19]

Schulte koordinierte wissenschaftlich verantwortlich mehrere, durch die Europäische Union geförderte Forschungsvorhaben zu diesem Themenrahmen, u. a. das Projekt SecureChain – Nachhaltige Bioenergieketten (Grant Agreement 646457 der Europäischen Kommission, Dezember 2014) mit 11 Projektpartnern aus 8 EU-Staaten.[20]

Aktuell liegt der Schwerpunkt der Tätigkeiten von Schulte als geschäftsführender Gesellschafter der SilvaVest GmbH mit Sitz in Münster auf der wissenschaftlichen Beratung von institutionellen und privaten Anlegern rund um Investitionen in die umfassend verstandene nachhaltige Landnutzung und Berücksichtigung von Klima, Natur- und Umweltschutz weltweit.[21]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Schulte, A. (1988): Adsorption von Schwermetallen in repräsentativen Böden Israels und Nordwestdeutschlands in Abhängigkeit von der spezifischen Oberfläche, Dissertationsschrift, Universität Göttingen 1988 (im Druck als Berichte des Forschungszentrums Waldökosysteme, Reihe A, Band 46, Göttingen 1988)
  • Schulte, A. (1995): Schwermetalle in Waldökosystemen, Habilitationsschrift, Universität für Bodenkultur Wien, Wien 1995
  • Schulte A. und Schöne D. [Hrsg.] (1996): ·       Dipterocarp Forest Ecosystems. Towards Sustainable Management. World Scientific, Singapore, New Jersey, London und Hong Kong ISBN 981-02-2729-9
  • Schulte, A. und Ruhiyat, D. [Hrsg.] (1998): Soils of Tropical Forest Ecosystems. Characteristics, Ecology and Management. Springer, Berlin, Heidelberg, Singapore, Tokyo und New York ISBN 3-540-63607-2
  • Schulte, A., Böswald, K. und Joosten R. (2001): Weltforstwirtschaft nach Kyoto. Wald und Holz als Kohlenstoffspeicher und regenerativer Energieträger. Shaker Verlag, Aachen ISBN 3-8265-8641-7
  • Schulte, A. (2002): Rainforestation Farming. Option for Rural Development and Biodiversity Conservation in the Humid Tropics of Southeast Asia. A Review of Major Issues on Community Based Rehabilitation Silviculture and Guide to Recommended Native Tree Species for the Visayas/Philippines. Shaker Verlag, Aachen ISBN 978-3-8265-9676-6
  • Schulte, A. [Hrsg.] (2003): Wald in Nordrhein-Westfalen, 2 Bände, 1.087 Seiten, Aschendorff, Münster ISBN 3-402-06481-2
  • Schulte, A. (2023): Waldinvestment. 2 Bände, 286 und 270 Seiten. SilvaVest, Münster, ISBN 978-3-9825241-1-5

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. SCHULTE, A. (2003): Nordrhein-Westfalen zieht Bilanz für Forst und Holz – Cluster-Studie weist unerwartete volkswirtschaftliche Größe der Forst- und Holzwirtschaft aus. Holz-Zentralblatt 74: 16. Sept. 2003
  2. MROSEK, T.; KIES, U.; SCHULTE, A. (2005): Clusterstudie Forst und Holz Deutschland 2005. Forst- und Holzwirtschaft hat sehr große volkswirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung. Holz-Zentralblatt 84: 1113-1117
  3. KIES, U.; MROSEK, T.; SCHULTE, A. (2009). Spatial analysis of regional industrial clusters in the German forest sector. International Forestry Review 11: 38-51
  4. Hier rentiert sich ein Wald-Investment, WELT.DE Interview mit Prof. Dr. Andreas Schulte von Lilly Extra und Julia Fiedler vom 18. Mai 2020; zuletzt aufgerufen am 26. März 2023
  5. SCHULTE, A. (2023): Waldinvestment, 2. Bände, 286 und 270 Seiten. SilvaVest, Münster, ISBN 978-3-9825241-1-5
  6. private banking magazin: Der Wettbewerb um gute Waldgrundstücke nimmt zu, Interview von Tobias Bürger vom 16. April 2019
  7. a b c Vita Prof. Dr. Andreas Schulte auf der eigenen Webseite (zuletzt aufgerufen am 26. März 2023)
  8. ANONYMUS (2003): Kompetenzzentrum für Wald, Forst- und Holzwirtschaft an der Uni Münster. AFZ-DerWald 58 (24): 1273
  9. A. Schulte, K. Böswald, R. Joosten: Weltforstwirtschaft nach Kyoto. Wald und Holz als Kohlenstoffspeicher und regenerativer Energieträger. Berichte aus der Holz- und Forstwirtschaft, Shaker, Aachen, 2001, ISBN 3-8265-8641-7
  10. SCHULTE, A.; SCHÖNE, D. [eds.] (1996): Dipterocarp Forest Ecosystems – Towards Sustainable Management. World Scientific Publ., Singapore, New Jersey, London pp. 667, https://doi.org/10.1142/3160
  11. SCHULTE, A.; RUHIYAT, D. [eds.] (1998): Soils of Tropical Forest Ecosystems: Characteristics, Ecology and Management, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York etc., pp. 208, ISBN 978-3-662-03649-5
  12. Informationen zur Landesmonographie „Wald in NRW“ (Memento vom 23. August 2007 im Internet Archive)
  13. SCHULTE, A. [Hrsg.] (2003): Wald in Nordrhein-Westfalen. 2 Bände, 1.087 Seiten, ISBN 978-3-402-06481-8
  14. SCHULTE, A. (2003): Nordrhein-Westfalen zieht Bilanz für Forst und Holz – Cluster-Studie weist unerwartete volkswirtschaftliche Größe der Forst- und Holzwirtschaft aus. Holz-Zentralblatt 74: 16. Sept. 2003
  15. A. Schulte: Nordrhein-Westfalen zieht Bilanz für Forst und Holz – Cluster-Studie weist unerwartete volkswirtschaftliche Größe der Forst- und Holzwirtschaft aus. In: Holz-Zentralblatt. 74, 16. Sept. 2003
  16. T. Mrosek, U. Kies, A. Schulte: Privatwaldbesitz in Deutschland. Neue Erkenntnisse im Rahmen der Clusterstudie Forst und Holz Deutschland. In: AFZ – Der Wald 22, 2005, S. 1211–1213
  17. T. Mrosek, U. Kies, A. Schulte: Clusterstudie Forst und Holz Deutschland 2005. Forst- und Holzwirtschaft hat sehr große volkswirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung. In: Holz-Zentralblatt. 84, 2005, S. 1113–1117.
  18. A. Schulte: Das neue Holzmaß ist ein Barrel-Äquivalent – Politikempfehlungen aus der Pilotstudie des Wald-Zentrums in NRW. In: Holz-Zentralblatt 41, 2006, S. 1194
  19. A. Schulte: Dendromasse – Trends und Interdependenzen. In: Forstarchiv. 78, 2007, S. 59–64.
  20. Website des Secure Chain-Projektes (zuletzt aufgerufen am 26. Juni 2020)
  21. Website der SilvaVest GmbH (zuletzt aufgerufen am 26. März 2023)