Dammbruchargument

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Eine 1895 in New York veröffentlichte Zeichnung stellt dar, wie eine Hochzeit im Jahre 2001 aussehen könnte, wenn Frauen das Wahlrecht zugesprochen würde.

Als Dammbruchargument, genannt auch Slippery-Slope-Argument bzw. Argument der schiefen Ebene, bezeichnet man eine Argumentationsweise (bzw. rhetorische Technik), die darin besteht, dass der Opponent den Proponenten vor dem Vollzug eines bestimmten Schritts bzw. einer bestimmten Handlung warnt und dabei geltend macht, dass diese Handlung „den Damm bricht“ bzw. der Beginn einer schiefen Ebene sei und damit Stück für Stück (als Ereigniskette/Dominoeffekt) weitere negative Konsequenzen zwangsläufig zur Folge habe (daher auch „Argument der schiefen Ebene“ oder „Slippery-Slope-Argument“).[1][2]

Das Argumentationsmuster ist nicht streng deduktiv, sondern ein eher praktisch-anwendungsorientiertes Element der ethischen Diskussion.[3]

Damit das Argument als Gegenargument wirkt, muss die Prognose plausibel sein und die prognostizierte Endhandlung als moralisch ablehnenswert gelten.[4]

Andere Bezeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezeichnungen im deutschsprachigen Raum sind:[3]

  • Dominoeffekt
  • Lawineneffekt
  • ähnliche Bedeutung haben Redewendungen wie:

Weitere Bezeichnungen im angelsächsischen Raum sind:[3]

  • wedge-argument (Keilargument), the thin end of the wedge (Das dünne Ende eines Keils)
  • the foot in the door (Der Fuß in der Tür)
  • the genie in the bottle (Der Geist in der Flasche)
  • the snowball argument (Der Schneeballeffekt)
  • the camels' nose in/under the tent (Die Kamelnase im/unter dem Zelt)

Charakteristika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Douglas Walton gibt es sechs typische Merkmale:[5]

  1. Gebrauch in konkreten Entscheidungssituationen
  2. Nutzung in einem Dialog mit Überzeugungscharakter
  3. Hinweis auf schlimme Folgen
  4. Die Argumente sind auf Vermutungen und Hypothesen gestützt und daher widerlegbar.
  5. Ihre Überzeugungskraft variiert, sie stellen aber nur selten Trug- oder Fehlschlüsse dar.
  6. Ihre Anwendung führt häufig dazu, die Beweislast auf das Gegenüber umzukehren.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Diskussion um neue medizinische Verfahren wird das Dammbruchargument von Gegnern benutzt, um diese einzuschränken, so etwa bei der Präimplantationsdiagnostik (PID).[2]

Ebenfalls ein Beispiel für das Dammbruchargument ist die Diskussion zur Erlaubnis der sogenannten „Rettungsfolter“, die in Deutschland vor allem im Zuge der Entführung des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler aufkam und in der Öffentlichkeit zur kontroversen Debatte gestellt wurde. Gegenstand der Diskussion war die mögliche Erlaubnis in absoluten Notstandssituationen einen Straftäter von einer Amtsperson unter Folter oder folterähnlichen Methoden zur Aussage zu zwingen, wenn dadurch ein in Lebensgefahr schwebendes Opfer gerettet werden könnte. Ein großer Teil der Rechtslehre führte dieser Überlegung das Dammbruchargument entgegen, da nicht abzuschätzen sei, wo die Folter dann begänne und wo aufhöre, welche Maßnahmen wann eingesetzt werden dürften, wie man mit einem relativ schmerzunempfindlichen Täter umzugehen hätte, wann definitiv keine anderweitige – „rechtmäßige“ – Maßnahme mehr zur gewünschten Information führte etc. Es wurde die Befürchtung angeführt, dass man – betritt man dieses Territorium einmal – den „Damm durchbricht“ und ungewollt im Laufe der Zeit, da man einen Point of no Return überschreitet, das Prinzip des Folterverbots Schritt für Schritt aufgäbe.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Markus Zimmermann-Acklin: Euthanasie: eine theologisch-ethische Untersuchung (= Études d'éthique chrétienne. Band 79; = Studien zur theologischen Ethik. Band 79). 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. Universitäts-Verlag, Freiburg Schweiz 2002, ISBN 3-7278-1401-2, S. 346 ff.
  2. a b Georg Pfleiderer: Zeithorizonte des Ethischen: Zur Bedeutung der Temporalität in der Fundamental- und Bioethik. W. Kohlhammer Verlag, 2006, ISBN 3170191128, Seite 226.
  3. a b c Markus Zimmermann-Acklin: Euthanasie: eine theologisch-ethische Untersuchung (= Études d'éthique chrétienne. Band 79; = Studien zur theologischen Ethik. Band 79). 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. Universitäts-Verlag, Freiburg Schweiz 2002, ISBN 3-7278-1401-2, S. 346.
  4. Tobias Krohmer: Klonen oder nicht klonen? Analyse und Bewertung der bioethischen Argumente zum Thema Klonen. LIT Verlag, Münster 2007, ISBN 3825802868, Seite 340.
  5. Zitiert nach: Markus Zimmermann-Acklin: Euthanasie: eine theologisch-ethische Untersuchung (= Études d'éthique chrétienne. Band 79; = Studien zur theologischen Ethik. Band 79). 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. Universitäts-Verlag, Freiburg Schweiz 2002, ISBN 3-7278-1401-2, S. 346.