Atropintest

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verpackte Ampulle mit Atropin

Der Atropintest (auch: Atropin-Test) besteht in der, in der Regel intravenösen, Gabe von Atropin bei einem Menschen oder anderen Säugetieren und der Beobachtung eines daraufhin eintretenden, beim Gesunden zu erwartenden, Anstiegs der Herzfrequenz, der eine der wesentlichen Wirkungen des Parasympatholytikums ist und bei krankhaften Zuständen auch ausbleiben kann.

Anwendung bei Bradykardie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Differentialdiagnostik von Bradykardien werden beim Hund 0,02 bis 0,04 mg Atropin pro kg Körpergewicht subcutan gespritzt. Anschließend wird für 45 bis 60 Minuten die Herzfrequenz überwacht. Die zu erwartende Herzfrequenz liegt bei 140 bis 200 Schlägen pro Minute. Fehlt dieser Anstieg oder fällt er mit 70 bis 130 Schlägen pro Minute nur moderat aus, kann auf das Bestehen eines Sick-Sinus-Syndroms geschlossen werden.[1] Beim Menschen erhöht sich die Herzfrequenz nach einer intravenösen Gabe von 0,5 bis 2 mg im Regelfall um mehr als 50 %. Nimmt sie um weniger als 25 % zu oder steigt nicht über 90 Schläge pro Minute, wird dies als Hinweis auf eine Störung der Funktion des Sinusknotens gewertet.[2]

Anwendung in der Hirntoddiagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Atropintest ist ein fakultatives, also nicht unbedingt nötiges, weder hinreichendes, noch notwendiges, ergänzendes Hilfsmittel bei der Diagnostik des Hirntodes.[2] Im Protokoll zur Feststellung des Hirntodes ist er nicht enthalten.[3] Bei Verdacht auf Hirntodsyndrom werden 0,5 bis 2 mg Atropin intravenös verabreicht. Ein fehlender Herzfrequenzanstieg spricht für eine Denervierung des Herzens[2] und eine Zerstörung der parasympathischen Vaguskerne im unteren Hirnstamm.[4] Damit ist der Hirntod nicht bewiesen, ein Anstieg der Herzfrequenz schließt ihn jedoch aus.[5]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ernst-Günther Grünbaum (Hrsg.): Klinik der Hundekrankheiten: 257 Tabellen. Georg Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8304-1021-8, S. 434 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b c Holger Thiel, Norbert Roewer: Anästhesiologische Pharmakotherapie: von den Grundlagen der Pharmakologie zur Medikamentenpraxis. Georg Thieme, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-13-159283-5, S. 283 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer, 1997, PDF (Memento des Originals vom 16. Juli 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundesaerztekammer.de
  4. Fuat Oduncu: Hirntod und Organtransplantation: medizinische, juristische und ethische Fragen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998, ISBN 3-525-45822-3, S. 58 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Hilmar Prange (Hrsg.): Neurologische Intensivmedizin: Praxisleitfaden für neurologische Intensivstationen und Stroke Units. Georg Thieme, Stuttgart 2004, ISBN 3-13-129821-9, S. 321 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).