Bärenhüter

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Bärentreiber)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sternbild
Bärenhüter
Legende
Astronomischer Name Bootes
Genitiv Bootis
Kürzel Boo
Rektaszension 13354913h 35m 49s bis 15492815h 49m 28s
Deklination 2072138+7° 21′ 38″ bis 2550242+55° 02′ 42″
Fläche 906,831 deg²
Rang 13
Voll­stän­dig sicht­bar 90° N bis 35,3° S
Beob­achtungs­zeit für Mittel­europa November – September
Anzahl der Sterne heller als 3 mag 3
Hellster Stern (Größe) Arktur (-0,04 mag)
Meteorströme
Nachbarsternbilder
(von Norden im
Uhrzeigersinn)
Quellen IAU
Stich aus dem Sternatlas von Johann Elert Bode
Stich aus dem Sternatlas von Johann Elert Bode

Der Bärenhüter, auch Bootes (von altgriechisch βοώτης boōtēs „der mit Stieren pflügt“[1]) genannt, ist ein helles Sternbild nördlich des Himmelsäquators nahe beim Großen Bären.

Der Name Bootes (englisch mit Trema: Boötes) wird „Bo-otes“ [boˈoːteːs] ausgesprochen (mit Diärese). Die Übersetzung Rinderhirte wird gelegentlich auch verwendet, um das Sternbild zu bezeichnen.[2][3]

Der Bärenhüter ist ungewöhnlich reich an Doppelsternen, von denen einige (z. B. δ, ι und µ Bootis) auch mit dem Feldstecher gut trennbar sind. Sternhaufen und -nebel enthält das Sternbild hingegen kaum.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Sternbild Bärenhüter, wie es mit bloßem Auge gesehen werden kann.

Der Bärenhüter oder Bootes ist ein auffälliges und großes Sternbild am Frühlingshimmel und Sommerhimmel. Es grenzt an acht andere Sternbilder und liegt zwischen Herkules und Jungfrau. Der nördliche Teil des Bärenhüters ist in den mittleren Breiten zirkumpolar.

Im Sternzug des Bärenhüters kann eine Mannesfigur gesehen werden; die Konstellation der Hauptsterne 1. bis 3. Größe erinnert an einen Kinderdrachen oder eine Eistüte. Arktur oder alpha Bootis ist nicht nur der hellste Stern des Bärenhüters, sondern des gesamten Nordhimmels. Um ihn aufzufinden, kann man vom Großen Wagen (Großer Bär) ausgehend den Bogen, den dessen Deichselsterne bilden, als Hilfslinie verlängern.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bärenhüter gehört zu den 48 Sternbildern der antiken griechischen Astronomie, die bereits von Ptolemäus beschrieben wurden.

Der Name „Bärenhüter“ (griechisch: Ἀρκτοφύλαξ Arktophýlax)[4] bezieht sich auf die Nähe zu den Sternbildern des Großen und Kleinen Bären und steht auch in Verbindung mit dem Sternbild Jagdhunde als mythologische Verkörperung der Begleithunde des Ochsentreibers oder Bärenhüters. Der Hauptstern des Sternbildes, Arcturus, scheint dabei am Himmel dem „Schwanz“ des Großen Bären zu folgen. Der Stern β Bootis (Falschübernahme aus dem Arabischen als „Nekkar“ statt richtig „baqqār“) trägt ebenfalls den Namen „Ochsentreiber“.

Antike und mittelalterliche Autoren verwenden u. a. die Namen altgriechisch Βοώτης, Boōtēs / lat. Bootes (siehe z. B. Homer, Od. e, 272; Arat, 91/93 / fr. 16, 1–2 = Cicero, De natura deorum 2, 42, 109: Arctophylax, vulgo qui dicitur esse Bootes, / quod quasi temone adiunctam prae se quatit Arctum. Ovid, Met. 10, 450; Ovid, Fasti 2, 1, 152–192 (153: Custodem protinus Ursae / Adspicies geminos exscruisse pedes (denn das Sternbild geht „liegend“ dergestalt auf, dass die Beine schnell hinterhereinander aufscheinen), bes. 191; 3, 403–406 (… sive est Arctophylax, sive est piger ille Bootes...); 5, 733 (Auferat ex oculis veniens aurora Booten); 6, 235f. Ovid, Phaenomena 91–95, 579–585, 721–723.)), weil als Führer des großen Wagens vorgestellt (gr. βοῦς bous, lat. bos = Ochse), er treibe die sieben Ziehochsen (die Sterne unseres Großen Wagens, nach Varro „septem triones“) alle 24 Stunden um den Himmelspol; gr. Ἀρκτοφύλαξ Arktophýlax / lat. Arctophylax, weil als Führer (φύλαξ phylax: Wächter) des großen Bären (gr. ἄρκτος = Bär; gr. Ἄρκτος / lat. Arctos, Arctus = (großer) Bär) vorgestellt, daher auch Custos (Ursae) (siehe z. B. Ovid, Trist. 1, 10, 15: Custos Ursae; Vitruv 9, 4: Custos; Seneca, Thy. 874: custos sui tardus plaustri.) Gelegentlich wurde auch lat. Arcturus (von gr. Ἀρκτοῦρος, von οὖρος ouros = Wächter) für das Sternbild gebraucht.[Anm 1]

Bei der Einführung der offiziellen Grenzen moderner Sternbilder durch die Internationale Astronomische Union (IAU) wurden zwei alte Sternbilder zu Gunsten des Bärenhüters aufgelöst. Im Nordteil des Sternbildes, an der Grenze zum Drachen, befand sich das Sternbild Mauerquadrant, nach dem auch der Meteorstrom der Quadrantiden benannt ist, und im Süden, an der Grenze zur Jungfrau, befand sich das Sternbild Berg Mänalus.

Meteorströme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bärenhüter liegt der Radiant der Quadrantiden, eines Meteorstroms, der am 3. Januar eines jeden Jahres sein Maximum erreicht, zu dem stündlich 40 bis 200 Meteore beobachtet werden können.

Mythologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum mythologischen Ursprung des Sternbildes gibt es mehrere Versionen.

Ein antiker Mythos sieht im Bärenhüter den Arkas (Ἀρκάς), den Sohn des Zeus und der Nymphe Kallisto. Um diese vor der Rache Heras zu retten, verwandelte er sie in eine Bärin. Als Arkas sie unwissend auf der Jagd erlegen wollte, versetzte Zeus beide an den Himmel.

Einer anderen Überlieferung nach ist der Bärenhüter Philomelos, der Sohn des Iasion und der Demeter, der den Wagen und den von Ochsen gezogenen Pflug erfand. Nach Catherine Tennant stellt der Ochsentreiber den Übergang vom Nomadentum zum sesshaften antiken Landbau dar.[5]

Eine dritte Version sieht im Bärenhüter Ikarios, den der Weingott Dionysos in die Kunst des Weinbaus einweihte. Ikarios zog eines Tages los, um den Rebensaft zu verkaufen. Als er einer Gruppe von Hirten das bisher unbekannte Getränk einschenkte, glaubten sie, Ikarios wolle sie vergiften, und erschlugen ihn. Erigone, die Tochter des Ikarios, erhängte sich daraufhin vor Trauer. Dionysus verewigte Ikarios und seine Tochter am Himmel, die als Jungfrau in der Nähe ihres Vaters zu sehen ist.

In der mesopotamischen Mythologie ist der Bärenhüter das Sternzeichen des Gottes Enlil[6].

Himmelsobjekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sterne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

B F Namen o. andere Bezeichnungen Scheinbare Helligkeit (mag) Absolute Helligkeit (Mag) Lj Spektralklasse
101α 16 Arktur, Arcturus, Haris el sema −0,04 −0,31 36,7 K2 III
105ε 36 Izar, Mirak, Pulcherrima 2,35 −1,69 210 K0 II + A2 V
107η 8 Mufrid 2,68 2,41 37 G0 IV
103γ 27 Seginus, Ceginus, Haris 3,03 0,96 85 A7 III
104δ 49 Delta Bootis 3,46 0,69 117 G8 III
102β 42 Nekkar, Nakkar, Meres 3,49 −0,64 148 G8 III
117ρ 25 3,57 0,27 149 K3 III
106ζ 30 3,78
108θ 23 Asellus Primus 4,04 47 F7 V
120υ 4 4,05
111λ 19 4,18 97 A0p
112μ 51 Alkalurops, Inkalunis, Clava, Venabulum 4,31 120
118σ 28 4,47
116π1 29 4,49
119τ 49 Tau Bootis A 4,50 3,53 50,8 F6 IV
123ψ 43 4,52
110κ1 17 Asellus Tertius 4,51 155 A8 IV + A5
114ξ 37 Xi Bootis 4,59 22 G7 Ve + K5 Ve
115ο 35 4,60
109ι 21 Asellus Secundus 4,75 97 A9 V + A2
124ω 41 4,80
200aA HR 5361 4,80 234 K0III
200dd 12 4,82
200ii 44 4,83
200ee 6 4,92
200cc 45 4,93
113ν2 53 4,98
113ν1 53 5,04
121φ 54 Ceginus 5,25
122χ 48 Chi Bootes 5,27 250 A2V
200ff 22 5,39 320 F0m
200kk 47 47 Bootis 5,58 130 A0Vs C
200gg 24 5,59 315 G3IV
200bb 46 5,67 480 gK2
200hh 38 Merga, Marrha, Falx Italica 5,7 160 F6 IVs

Arktur (α Bootis) ist der hellste Stern des Nordhimmels und überhaupt der dritthellste Stern am Himmel. Er ist ein Roter Riese der Spektralklasse K2 mit dem 30-fachen Durchmesser unserer Sonne. Mit einer Entfernung von 36,7 Lichtjahren ist er der nächstgelegene Riesenstern. Seine hohe Eigenbewegung von 2,28 Bogensekunden pro Jahr wurde von Edmond Halley entdeckt.

Der Name Arktur leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet so viel wie „Jäger, der die Bärin im Auge behält“. Der arabische Name Haris el sema bedeutet „Herrscher des Himmels“.

Die Sterne θ ι und κ Bootis tragen die lateinischen Namen Asellus Primus, Secundus und Tertius, was erster, zweiter bzw. dritter Esel heißt.

λ Bootis (Lambda Bootis, HR 5351) ist der Prototyp einer Klasse von Sternen, den Lambda-Bootis-Sternen, mit einer speziellen chemischen Zusammensetzung ihrer Oberfläche, und wurde bereits 1943 von William W. Morgan, Philip C. Keenan und Edith Kellman in ihrem „Atlas of Stellar Spectra“ beschrieben. Diese ist sehr arm an manchen Metallen und weist die gleiche Elementhäufigkeit auf wie das sie umgebende interstellare Gas. Als Grund dafür wird angesehen, dass der Stern beim Durchqueren staubreicher Gebiete durch seinen Strahlungsdruck interstellaren Staub vor sich herschiebt und interstellares Gas aufsammelt.[7]

Doppelsterne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

System Scheinbare Helligkeit (mag) Abstand
105ε 2,5 / 4,9 2,8"
104δ 3,5 / 7,8 105"
107η 4,3 / 7,1 / 7,8 108"
106ζ 4,5 / 4,6 0,15"
110κ2 4,5 / 6,7 13,6"
119τ 4,5 / 11,0 14,4"
114ξ 4,7 / 7,0 6,0"
109ι 4,8 / 7,7 38,5"
116π 4,9 / 5,8 5,5"
114ξ 4,8 / 6,9 6,6"
113ν 4,98 / 5,04 14’
4004444 5,1 / 7,0 2,2"
4003939 6,2 / 6,8 2,8"

Im Bärenhüter findet sich eine ganze Reihe von Mehrfachsternen.

Epsilon Bootis ist ein Doppelstern in 150 Lichtjahren Entfernung. Im Teleskop lässt sich ein tiefgelber, heller Stern erkennen, der von einem bläulichen Stern begleitet wird. Dieses Doppelsternsystem wird oft als eines der schönsten bezeichnet. Der arabische Name Izar bedeutet „Gürtel“, der lateinische Name Pulcherrima die „Wunderschöne“.

Eta Bootis ist ein Dreifachsystem in 55 Lichtjahren Entfernung. Zwei der Sterne lassen sich bereits mit einem Prismenfernglas trennen. Im Teleskop erkennt man bei der lichtschwächeren Komponente noch einen weiteren Begleiter. Die Herkunft des Namens Muphrid ist nicht geklärt.

Iota Bootis ist ein Dreifachsystem in einer Entfernung von 100 Lichtjahren. Die beiden hellsten Sterne können ebenfalls mit einem Fernglas in Einzelsterne aufgelöst werden. Der lichtschwächere Begleiter ist dabei zudem ein veränderlicher Stern (s. u.).

Die Sterne ν1 und ν2 Bootis stehen mit 14 Winkelminuten so weit auseinander, dass sie bereits mit bloßem Auge getrennt werden können.

Zeta Bootis ist ein Doppelsternsystem mit sehr exzentrischer Umlaufbahn.[8] Im Jahr 2024 erreichen die beiden Komponenten mit nur 0,04" Abstand ihren geringsten Abstand, der dann im Jahr 2031 wieder auf 0,5" anwachsen wird.[9]

Veränderliche Sterne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Objekt Scheinbare Helligkeit (mag) Periode Typ
W 4,7 bis 5,4 30 bis 450 Tage halbregelmäßig
ι 6,5 bis 7,1 0,2678 Tage Bedeckungsveränderlicher

W Bootis ist ein halbregelmäßig veränderlicher Stern in 400 Lichtjahren Entfernung. Seine Helligkeit schwankt in einem Zeitraum von 30 bis 450 Tagen zwischen 4,7 und 5,4m.

Iota Bootis ist ein bedeckungsveränderlicher Stern vom Typ Beta Lyrae. Dies sind enge Doppelsternsysteme in einer Frühphase ihrer Entwicklung, bei denen das Gas eines aufgeblähten Hauptsterns auf die Akkretionsscheibe eines Begleitsterns strömt und diesen periodisch verdunkelt.

NGC-Objekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

NGC Scheinbare Helligkeit (mag) Typ
5248 10,1 Galaxie
5466 8,0 Kugelsternhaufen
5966 12,2 Galaxie

Obwohl das Sternbild Bärenhüter sehr ausgedehnt ist, enthält es nur wenige auffällige Sternhaufen und Gasnebel. Auch Galaxien sind nur wenige zu sehen. Von der Erde aus gesehen liegt einer der größten galaxiearmen Räume (Voids) in dieser Himmelsregion, der Bootes Void.

NGC 5466 ist ein Kugelsternhaufen in 50.000 Lichtjahren Entfernung. Zum Zwecke seiner Beobachtung ist ein lichtstarkes Fernglas oder Teleskop vonnöten.

Planetensysteme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bislang wurden in diesem Sternbild vier Planetensysteme identifiziert:

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Sternbild Bärenhüter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 3. Januar 2018.
  2. Drehbare Sternenkarte, KOSMOS
  3. Artikel im DLF http://www.deutschlandfunk.de/bootes-der-rinderhirte.732.de.html?dram:article_id=106606
  4. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 3. Januar 2018.
  5. Catherine Tennant: Sternstunden [ein praktischer Führer durch den Nachthimmel und seine Mythen und Legenden]. 1. Auflage. [Reinbek] : Wunderlich, 1994, ISBN 978-3-8052-0565-8.
  6. Michael v. Streck (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Band 2, S. 382 ff.
  7. Sterne und Weltraum, April 2006: Lambda-Bootis-Sterne - Staubsauger des interstellaren Mediums
  8. Zeta Bootis. In: VdS-Fachgruppe Deep Sky, Doppelsterne. Vereinigung der Sternfreunde e. V., abgerufen am 15. April 2022.
  9. Zeta Bootis-Orbit. In: Zeta Bootis (Orbit). Vereinigung der Sternfreunde e. V., abgerufen am 15. April 2022 (englisch).

Anmerkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gebräuchlicher, insb. später, ist die Verwendung (nur) für den Namen des hellsten Sterns (im linken „Knie“ des Sternbilds). Bei Hesiod, Erg. 566, 610 ist die Referenz (Stern oder Sternbild) unklar.