Bell-Zustand
Die vier Bell-Zustände sind die maximal verschränkten Zustände zweier Qubits. Benannt sind sie nach dem Physiker John Bell, der sie im Rahmen der Arbeit zur Bellschen Ungleichung einführte. Die Bell-Zustände spielen eine wichtige Rolle auf dem Gebiet der Quanteninformation, ihre Erzeugung und Messung ist elementarer Bestandteil vieler Algorithmen für Quantencomputer und der Quantenteleportation.
Zustände
Die vier Bell-Zustände sind
Hierbei sind und die beiden Basiszustände der Qubits, die mit den Indizes A und B eindeutig identifiziert werden.
Alle vier Bell-Zustände sind paarweise zueinander orthogonal und bilden eine Orthonormalbasis des Zweiteilchen-Zustandsraums.
Maximale Verschränkung
Die Maximalität der Verschränkung der Bell-Zustände folgt aus der Symmetrie der Zustände (das Maximum liegt „genau in der Mitte zwischen 1 und 2“). Man hat es jedenfalls immer mit reinen und nicht mit gemischten quantenmechanischen Zuständen zu tun. Somit ist die von Neumann-Entropie für eine 2x2-Dichtematrix exakt Null, wenn sie z. B. mit den ersten zwei Zuständen gebildet wird, weil ohne zusätzliche Unordnung, Zufallsprozesse oder Temperatur-Effekte zu einer Projektionsmatrix entartet . Hier ist die Spur der anschließenden 2x2-Produktmatrix, und es gilt bei Projektionsoperatoren und sonst Ferner ist der natürliche Logarithmus der Matrix, genauer: die Summe der Logarithmen der zwei Eigenwerte, multipliziert mit der Einheitsmatrix.
Insbesondere misst die von Neumann-Entropie einer solchen Dichtematrix u. A. die Stärke der Verschränkung[1], weil sie sowohl für verschränkte als auch für die zugehörigen nicht-verschränkten Zustände berechnet werden kann und die Differenz nichttriviale Werte annimmmt. Für die von Neumann-Entropie gilt wobei die zwei Eigenvektoren der Matrix abzählt und die Wahrscheinlichkeit bedeutet, das System in diesem Eigenzustand zu finden, etwa im ersten bzw. zweiten der vier Bell-Zustände. Die Wahrscheinlichkeit, das System anschließend beispielsweise vom zweiten Zustand auf den unverschränkten Zustand zu projizieren, ist einfach mit also etwa , Entsprechendes gilt auch für Projektion vom ersten Zustand bzw. für den dritten und vierten Bell-Vektor.
Bell-Zustände zweier Teilchen mit halbzahligem Spin
Um das Folgende zu begründen, gehen wir zu einer Spin-Interpretation über: Man kann den Zustand auch mit und den Zustand mit identifizieren. Das sind die Eigenzustände der 2x2-Matrix
In dieser Interpretation ist der vierte Bell-Zustand der sog. Zwei-Spin-Singulettzustand, während der dritte dem mittleren Triplett-Zustand eines Zwei-Spin-Systems entspricht. Die beiden ergänzenden äußeren Triplett-Zustände sind nicht verschränkt: Sie entsprechen dem vorderen bzw. hinteren Anteil des ersten oder zweiten Bell-Zustandes. Unverschränkt sind auch die zum Singulett-Zustand gehörigen sog. Néel-Zustände, die der ersten bzw. zweiten Komponente des dritten oder vierten Bell-Zustandes entsprechen.
Aber die Quantenmechanik erlaubt auch, dass Qubits kohärent superponiert werden können. Dem entspricht ein superponierter Zustand, d. h. mit gleicher Wahrscheinlichkeitsamplitude Zustandsfunktion 0 bzw. Zustandsfunktion 1, also eine lineare Kombination der zwei klassischen Zustände, was z. B. zu den Zuständen bzw. führt. Neben der schon erwähnten Singulett-Triplett-Interpretation in der üblichen -Darstellung entspricht dies auch einem Basiswechsel von zu Die sind die Eigenzustände des Operators Wenn Alice () und Bob () diese Basis, die -Basis, und nicht die -Basis, ihrer Messung zugrunde legen um herauszufinden, ob das Qubit oder aber vorliegt, würden sie dieselben Korrelationen finden, weil also für ebenfalls gilt:
Dies ist in der Quantenkryptographie wesentlich, siehe Teil III (Quantenmechanik) in einer aktuellen Referenz.[2]
In seiner berühmten Arbeit von 1964 zeigte John Bell mithilfe einfacher Wahrscheinlichkeitstheorie, dass Korrelationen in einer klassischen Theorie nicht größer sein können als die Zahl 2, während quantentheoretisch der 1,41-fache Wert möglich ist, genauer: .
Quantenmessung der Bell-Zustände
Die projektive Messung in der Bell-Basis (engl. Bell measurement) ist eine wichtige Operation in der Quanteninformatik: Sie wird realisiert durch die Anwendung eines vom ersten Qubit kontrollierten NOT-Gatters auf das zweite Qubit. Anschließend wird auf das erste Qubit das Hadamard-Gatter angewandt und beide Qubits werden in der Standardbasis gemessen.
Die Bell-Zustandsmessung ist auch der wesentliche Schritt bei der Quantenteleportation. Das Ergebnis einer Bell-Zustandsmessung wird vom Partner der Messung dazu benutzt, den Originalzustand des teleportierten Teilchens von seiner „Hälfte“ des verschränkten Zustandes zu restaurieren.
Für Verschränkung bezüglich einer einzigen Qubit-Variablen (n=1) können aus den vier Bell-Zustände nur drei verschiedene Klassen gebildet werden, wenn man sich auf die Techniken der linearen Optik beschränkt. Das bedeutet, dass zwei Bell-Zustände mit diesen Techniken nicht unterschieden werden können. (Z. B. gibt es im Falle der Drehsymmetrie nur die triviale Klasse (Einheitsoperator), die Singulett- und die Triplett-Klasse. Der vierte Bell-Zustand gehört zur Singulett-Klasse, der dritte ist einer der drei Triplett-Zustände, die zwei anderen bleiben unbestimmt.)
Wenn man dagegen Teilchen bezüglich vieler Variablen verschränkt, beispielsweise für photonische Systeme, wird man empfindlich auf Polarizationsphänomene und verschiedene Grundsatzfragen.[3]
Allgemein, für sog. Hyperverschränkung in Variabeln, kann man höchstens verschiedene Klassen aus Bell-Zuständen bilden und mit Techniken der Linearen Optik untersuchen.[4]
In der Fachzeitschrift Physik Journal wird im Februar 2016 auf S. 20 und 21 unter dem Titel Verschränkte Quanten im Wafer berichtet, dass es einer amerikanischen Forschungsgruppe gelungen ist, aus Farbzentren in SiC effektive Elektronenspins S=1 zu erzeugen und diese mit den benachbarten Si-Kernspins J=1/2 zusammenzukoppeln. Es entsteht so ein sehr schwach gekoppeltes System, welches nach den Regeln der Clebsch-Gordan-Koeffizienten bzw. der mathematischen Darstellungstheorie sog. irreduzibler Gruppen entweder den Gesamtspin 1+ 1/2 = 3/2 besitzt (also mit einer Basis aus 4 Zuständen) oder den Gesamtspin 1 - 1/2 = 1/2 (also mit einer Basis aus nur 2 Zuständen): An dem so entstandenen sehr schwach gekoppelten System ist es dieser Forschergruppe gelungen, durch Verschränkung alle vier Bell-Zustände zu erzeugen [5]
Literatur
- Michael Nielsen, Isaac Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, 2000, ISBN 978-0-521-63235-5.
Einzelnachweise
- ↑ Quantum Entanglement in Electron Optics: Generation, Characterization, and Applications, Naresh Chandra, Rama Ghosh, Springer, 2013, ISBN 3642240704, p. 43, Google Books
- ↑ Krey, Owen: Basic Theoretical Physics, Berlin, Springer 2007, speziell Abschnitt III (Quantenmechanik)
- ↑ Kwiat, Weinfurter. Embedded Bell State Analysis
- ↑ Pisenti, Gaebler, Lynn. Distinguishability of Hyper-Entangled Bell States by Linear Evolution and Local Measurement
- ↑ P.V. Klimov et al., Sci. Adv. 1, e1501015 (2015)