Benutzer:Bibhistor/Überlieferungsgeschichte der Wissenschaften

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Dies ist kein Wikipedia Artikel. Denn diese Seite wird nur von einem Autor und seinem Assistenten gepflegt. Wer immer es will kann hieraus einen Wp Artikel machen oder es sonstwie verwerten.

Überlieferungsgeschichte der Wissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissenschaft,[1] vor allem die Naturwissenschaft, ist weniger das Produkt herausragender Denker, als vielmehr ein Ergebnis der Kultur einer Zeit. Sie ist auch kein Weg kontinuierlicher Verbesserung, sondern kann, zusammen mit einer Kultur, auch extreme Rückschritte erleiden.

Der Inhalt der Bibliotheken der letzten 2000 Jahre. Mit der christlichen Machtübernahme kam ein extremer Bruch in Interesse und Fähigkeit der westlichen Kultur. Erst 1000 Jahre später war wieder genügend Wissen angesammelt um die Überreste der Antike überhaupt nutzen zu können. Nun begann der Wiederaufbau der Wissenschaften. Anteil sekularer...

Die Wissenschaft des Westens begann vor 2500 Jahren, verschwand fast völlig vor 1500 Jahren und wurde erst vor 500 Jahren wieder erweckt. Entscheidend für den Wiederaufstieg der modernen Wissenschaft war die Arbeit von Künstlern und Philologen. Und auch einer Familie, die selten damit in Verbindung gebracht wird. Die berühmtesten Denker der Neuzeit bauten alle darauf auf.

Die Entstehung der Wissenschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Begin jeder kulturellen Entwicklung stand ein religiöses Weltbild. Es bildet sich in vorgeschichtlicher Zeit (die Zeit vor der Erfindung der Schrift), noch vor dem Ackerbau. Es besteht aus tradierten Verhaltensregeln, die evolutionär entstanden und durch Mythen begründet werden.[2] Erst durch das Aufkommen der Schrift kann eine Wissensbasis geschaffen werden, die es ermöglicht, auf Erfahrung basierende Erkenntnisse über die Natur und den Menschen zu erhalten. So entstand die Wissenschaft im 6. Jh. v. Chr. in Griechenland.[3]

Basis dieser Entwicklung waren die direkte Beobachtung, etwa in der Astronomie, das auf Technologie basierende physikalische Experiment und die kritische Diskussion.[4] In der Antike berühmt dafür wurde die "ionische Schule".[5] Aufgrund des Bruchs in der Überlieferung war gerade dieser naturwisschenschaftliche Teil der antiken Wissenschaftsgeschichte für die moderne Forschung nur schwer zu erkennen.[6]

Das Hauptergebnis dieser antiken Entwicklung, der ionischen Schule, war die Welttheorie der Atomisten. Sie wurde von Leucippus entwickelt und von Demokrit um 420 v.C. in sehr umfangreichen Schriften verbreitet. Sie erklärte alle Prozesse der Natur (und auch des Menschen) durch sich wandelnde Verbindungen zwischen Atomen. Dies entspricht in etwa auch der heutigen Weltsicht. Götter waren damit nicht mehr nötig. Diese wissenschaftliche Weltanschauung war aber eine direkte Konkurrenz zu den religiösen Verkündern der Wahrheit. Sie fürchteten um die Stabilität der Gesellschaft, wenn sich die Natur ohne den von ihnen verkündeten Willen der Götter erklären lässt.[7]

Dies führte zu einem Konflikt, der die Entwicklung der antiken Wissenschaft bis zu ihrem Untergang in der Spätantike prägte. Den Atomisten wurde bald von Plato (427-347) ein scheinbar auf Wissenschaft basierendes religiöses Weltbild entgegen gestellt: eine "Astral-Theologie" (Farrington).[8] Waren vor Plato sogar einige Bücher zur Astronomie verboten,[9] wurde nun die Bewegung der Planeten verwendet um ein göttlich geordnetes Universum zu beweisen. Die Bücher des führenden Atomisten Demokrit wollte Platon am liebsten verbrennen lassen.[10] Er begnügte sich dann damit, ihn in seinen Dialogen zu wiederlegen. Aber schon in der Antike fiel einem Autoren auf, dass Platon sorgsam vermied, Demokrits Namen zu verwenden.[11]

Antikes Theater: Platon und die Akademie von Athen (Mosaik, Pompeji, um 50 AD). Wahrscheinlich Platon...

Mit dem "Zauberstab" der pythagoreischen Mathematik (des mathematischen Gleichnisses) hat Platon die ionische Naturphilosophie in Theologie verwandelt.[12] Platons System gab unsichtbaren Dingen die Atribute des göttlichen, setzte den göttlichen Geist über den menschlichen und Geist über Materie. Platon argumentierte gegen die Beobachtung der Natur[13]und sah die Beschäftigung mit Technologie als eine Aufgabe für Sklaven. Ein Erfinder hat seine Idee nur von Gott bekommen und ist nicht selbst der Urheber. Nach Platon habe auch nicht der Erfinder eines Dinges die wahre wissenschaftliche Erkenntnis darüber, sondern nur sein Benutzer.[14] Platos Beitrag zur antiken Wissenschaft war insgesammt eher, dass er "das Licht der Erkenntnis ausblies, statt es anzufachen."[15]

Platons Weltanschauung war zu extrem, zu unvereinbar mit den Naturwissenschaften um diese dauerhaft zu stoppen. Bedeutender war dabei Platons Schüler Aristoteles (384-322). Im Gegensatz zu Platon hielt Aristoteles materielle Dinge als das wirklich existierende und Ideen als nicht getrennt davon existierend.[16] Damit war Beobachtung wieder statthaft und er akzeptierte auch das Grundprinzip der Naturwissenschaft, wonach die Beobachtung über der Theorie stand.[17]

Da Aristoteles die Gedanken der Atomisten ablehnte, erlaubte seine Weltanschaung nur eine Beschreibung bekannter Dinge. Seine darauf beruhende Naturwissenschaft konnte aber keine möglichen Veränderungen dieser Dinge voraussagen. So lieferte er damit exzellente Beschreibungen und Klassifikationen von Tieren für die Biologie. Aber für Neuerungen, etwa in der praktischen Chemie, wäre mit seinem Denkansatz nichts zu erreichen gewesen.[18] Eine angewandte Forschung, etwa chemisch physikalische Technologie, war für Aristoteles wie für Platon keine freie Wissenschaft. Eine Beschäftigung damit sah auch Aristoteles eher dem Niveau des Sklaven angemessen.[19]

Die Akademie von Athen (Zeichnung, um 1700) Diese moderne...

Farrington sieht das Defizit und das Rückwärtsgewandte von Platons und Aristoteles’ Weltbild in dem Wunsch begründet, die herrschende soziale Ordung zu legitimieren. Bei Aristoteles fiel ihm noch auf, dass dieser offenbar dachte, die angewandten Wissenschaften hätten ihre Aufgabe bereits erfüllt.[20] Die Werke Platons und Aristoteles’ scheinen daher unmittelbar für die technische Stagnation der hellenistischen Welt verantwortlich.[21]

Der bedeutenste Vertreter der Atomistisch-Naturwissenschaftlichen Weltanschauung wurde der griechische Philosoph Epikur (341-270). Seine Schule hatte Ähnlichkeit mit der Bewegung der Aufklärung im 18. Jahrhundert.[22] Atomismus, in der von Epikur geprägten Form, "wurde die Grundlage des Epikureisch-Philosophischen Systems und seiner Lebensweise, welche, zusammen mit dem Stoizismus, das Leben und die Kultur der Hellenistischen und Römischen Welt wesentlich dominierte." (Taylor: The Atomists)[23].

Die Epikureer propagierten die Abwesenheit göttlicher Einflüsse in der Natur und in der Geschichte der Menschen. Sie sahen weder Mensch noch Tiere als erschaffen sondern als entstanden durch natürliche Evolution. Das Weltall sei unendlich und enthalte auch andere bewohnte Welten. Die Epikureer waren gegen alle Formen von Religion und Aberglauben, was Menschen nur in Angst versetze. Um den Menschen von diesen Ängsten und Einengungen zu befreien sei Bildung über die wahre Natur der Dinge das beste Heilmittel für alle Übel der Menscheit und des Individuums. [24]

Wegen ihres Eintretens für Volksbildung und ihrer Ablehnung von Religion wurden die Epikureer 173 v.C. vom Senat aus Rom verbannt.[25] Gegen Ende der Republik scheinen aber führende Personen Roms zumindest unter dem Einfluss Epikureischer Aufklärung zu stehen. Von Albrecht verweist unter anderem auf Varro, Cicero und Caesar. [26]

Auch wenn Cicero in seinen Schriften die naturwissenschaftliche Weltanschaung Epikurs vertritt und Götter für Einbildung hält, hindert es ihn doch nicht, als einer der Führer des Adels (der Optimaten) im Senat, auch offiziell als Priester religiöse Zeremonien zu vollziehen. Er hällt Religion zur Kontrolle des Volkes für unverzichtbar.[27]

Anders sein Gegner Caesar, Führer der Popularen im Senat. Nach seiner Machtübernahme ist er der erste, der Epikurs Wunsch nach Volksbildung in die Tat umsetzt. Er beauftragt Varro mit der Gründung der ersten öffentlichen Bibliothek Roms. Etwa 400 Jahre später, um 350, zu Beginn der christlichen Machtübernahme, verfügte Rom dann über 28 öffentliche Bibliotheken. Die meisten antike Hinweise auf hohe Alphabetisierung und Bildung bis in untere Volksschichten stammen aus dem frühen Kaiserreich. Dies könnte auf eine kulturelle Veränderung hindeuten, wonach die Kaiser sich ein gebildetes Volk als Machtbasis gegen den Senat und zur Rekrutierung der Armee aufbauten. Als erster Kaiser hat Vespasian (69-79) öffentliche Schulen für Rhetorik finanziert.[28] Daraus lässt sich auf eine breitere Volksbildung schliessen, und auf den Wunsch der Kaiser, diese zu fördern.[29] Epikurs Gedankengut wäre dann ein Vorteil für die Kaiser gewesen, nahm es doch dem Adel seinen traditionellen Einfluss über die Religion auf das Volk.

Der bedeutendste Vertreter Epikurs in der römischen Welt war Lukrez (96-53) mit seinem Buch "Von der Natur der Dinge". In Versform, ähnlich Vergil, enthält es eine auf Epikur beruhende naturwissenschaftliche Weltbeschreibung. Tacitus (dial. 23) macht eine Bemerkung, wonach manche seiner Zeitgenossen Lukrez als Schullektüre über Vergil stellen wollen. Da Vergil der verbreitetste lateinsche Autor war, lässt dies auch auf eine erhebliche Verbreitung des Lukrez schliessen. "Lukrez’s Programm der Volksaufklärung" (Farrington) könnte nach neuerer Forschung im heidnischen Kaiserreich mehr Wirkung gehabt haben als man bisher annahm.[30]

Der Untergang in der Spätantike[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bürgerkriege am Ende der Römischen Republik hatten ihre Ursache in der immer extremeren Ungleichverteilung des Wohlstands. Das Census-System garantierte besonders wohlhabenden Bürgern über den Senat auch die politische Macht. Mit dem Sieg Caesars und der Errichtung des Kaiserreichs wurde die Macht des Senats geschwächt. Der Kaiser konnte relativ frei über die Verwendung der Steuereinnahmen entscheiden ohne den Reichtum der Senatoren fördern zu müssen. Großen Reichtums- und Machtkonzentrationen im Senat konnte im Prinzip auch mit drastischen Mitteln begegnet werden.[31] So begann im frühen Kaiserreich eine Phase staatlich zentralistischer Kontrolle grosser Wirtschaftsprojekte.[32]

Im Gegensatz zum offen autoritären System der Reichsverwaltung überlebten auf kommunaler Ebene die Errungenschaften der Republik in Form einer geradezu modern anmutenden Demokratie.[33] Als Folge blieb die Konzentration des Reichtums auf dieser unteren Ebene nahezu völlig unkontrolliert. In Einzeluntersuchungen zeigte sich schon früher eine deutliche Zunahme der Landkonzentration vom frühen zum späten Kaiserreich.[34]

Zunahme der Ungleichverteilung und die Folgen. Beispiel antikes Ägypten und USA 1850...

Inzwischen liegen Papyrusfunde vor die diese Entwicklung sogar statistisch dokumentieren. Ein Maß für die Ungleichverteilung von Besitz oder Einkommen ist der Gini Index. Ein hoher Gini Wert deutet auf eine Konzentration des Reichtums bei wenigen und verbreitete Armut. Papyrusfunde von antiken Steuerlisten zeigen einen Anstieg des Gini auf Landbesitz. In der Spätantike wurden dann Gini Werte erreicht die in der Moderne mit Unruhen oder Bürgerkriegen einhergehen. Am Beispiel der USA um 1850 zeigen diese Gini Werte auch eine Tendenz zu mehr Sklaverei und weniger Ausgaben für Bildung.

Diese in der Moderne erkennbare Tendenz ist auch in der Antike sichtbar, die zugrundeliegenden Mechanismen sind hinreichend dokumentiert. Großgrundbesitzer waren die reichsten Personen der Antike und über das Steuerrecht, den Census, direkt verpflichtet kommunale Einrichtungen zu unterhalten. Dies waren Straßen, Wasserversorgung, öffentliche Gebäude. Aber auch öffentliche Bibliotheken, Schulen[35] und Hochschulen.[36]


Damit blieb das Bildungswesen, der wichtigste Teil der antiken Kultur, unter direkter Kontrolle des (Geld-) Adels.[37] Der Verzicht auf ein staatliches Bildungssystem erschien schon früh als ein wesentlicher Geburtsfehler des Kaiserreichs.[38]

Dies deutet auf eine Schwäche der frühen Kaiser, die offenbar ein Wiederaufflammen des Bürgerkriegs vermeiden wollten. Als Folge scheinen anti-kaiserliche Publikationen bereits im frühen Kaiserreich eine erhebliche, vielleicht sogar dominante Verbreitung erreicht haben.[39] Die Massenmedien des Kaiserreichs, Redner und Schriftsteller, könnten daher schon früh durch den Adel beherrscht worden sein.

Im Verlaufe der Spätantike lässt sich ein Niedergang der Bildung deutlich ausmachen. Er ging bis zu einer Alphabetisierungsrate nahe Null im Frühmittelalter um 600. Die Machtübernahme des bildungsfeindlichen Christentums mit seiner Ablehnung der Alphabetisierung kann sicher dafür verantwortlich gemacht werden.[40]

Jedoch auch hier deuten die Papyrifunde und ihre Auswertung in den letzten 100 Jahren auf ein etwas genaueres Bild. Demnach fiel die Zahl der literarischen Papyri aus Oxyrhynchus besonders drastisch im 3. Jahrhundert, also gut 100 Jahre vor der christlichen Machtübernahme. Die prozentuale Dominanz der christlichen Literatur kam kaum durch deren Anstieg sondern vielmehr durch den rapiden Niedergang der weltlichen.[41] Es muss also bereits vor dem Aufstieg des Christentums einen Rückgang der Bildung gegeben haben.

Die Verantwortung dafür kann nur bei den Stadträten und damit beim Geldadel gelegen haben. Durch eine Reduzierung der allgemein zugänglichen Bildung konnten sie ihrem eigenen Nachwuchs ein Monopol in der Bildung garantieren. Damit auch ein Monopol an der Macht, denn nur Gebildete konnten Funktionen in Verwaltung, Juristik und Schulen einnehmen.

Polarisierung in der Politik verläuft proportional zum Gini - Beispiel USA...

Aus der Moderne wissen wir, dass zunehmende Armut und Anstieg des Gini zu sozialen Spannungen führen. Diese zeigen sich in einer Polarisierung der Politik und Kultur. Es gibt eine deutlichere Blockbildung, radikale Ansichten haben mehr Chancen gehört zu werden. Es ist naheliegend, dass dieser Adel auch eine extreme Religion wie das spätantike Christentum förderte.[42]

War doch dessen Obrigkeitshörigkeit, Irrationalität und Bildungsfeindlichkeit ein ideales Instrument zur geistigen Herrschaft über das zunehmend verarmende Volk. Wie schon zur Zeit Paltons, konnte auch im Kaiserreich der Adel kein wirkliches Interesse an technisch wissenschaftlichem Fortschrit haben. Es gab im Kaisereich bereits Ansätze einer Industrialisierung oder Technisierung der Landwirtschaft.[43] Ein Fortschreiten dieser Entwicklung zu Dampfmaschinen und Eisenbahn hätte zwar dem Volk und dem Staat genützt, nicht aber dem Senatorischen Großgrundbesitz. Denn dieser verkaufte nicht nur Lebensmittel, sondern auch die tierischen "Kraftmaschinen" und deren "Treibstoff". Ein Fortschreiten der Technisierung hätte daher den Anteil des Großgrundbesitzes am Bruttosozialprodukt verringert und damit auch die Macht des Adels, die darauf bassierte.[44] Verringerung der Bildung und Zurückdrängung der Naturwissenschaften war daher eine Strategie zum Machterhalt des Senats. Diesen ökonomisch-kulturellen Hintergrund sollte man bedenken, wenn man im folgenden liest was aus der Wissenschaft in der Antike wurde.


Das Ende der Philosophie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Philosophie der Spätantike war dominiert vom Neuplatonismus. Dieser entstand im 3. Jh. in der Schule des Ammonius Sakkas (ca. 170-242) in Alexandria. Er war eine Mischung traditioneller Philosophie, vor allem einiger ausgewählter Texte Platons. Seit Jamblichus (ca. 280-330) ist dann noch die Praxis von Mysterien- und Offenbarungskulten im Neuplatonismus nachweisbar. Ein Student sollte bereits Literatur und Rhetorikkenntnise habe ehe er an einer Neuplatonischen Philosophenschule eine Art von Hochschulausbildung beginnen konnte. Er lernte zunächst Mathematik, in einer Form die moderne Beobachter als "Zahlenmystik" beschreiben, und Astrologie. Dann kam Philosophie, zuerst von Aristoteles und dann Platon.[45]

Am Ende folgte dann für einen inneren Kreis von Studenten die von Jamblichus geprägte Theurgie. Proklus (412-485), der bedeutensten Neuplatoniker dieser Zeit, hielt Theurgie für "mächtiger als alle menschliche Weisheit und Wissenschaft"[46] Es ermöglichte ihm das Wetter zu kontrollieren und einen Regensturm zu erzeugen oder Kranke zu heilen denen kein Arzt mehr helfen konnte. Man war damit in der Lage Naturkatastrophen zu verhindern oder auch eine Statue zum lächeln zu bringen. Nach Gerüchten von Studenten soll Jamblichus beim beten einen goldenen Glanz angenommen und geschwebt haben.[47] Jamblichus erklärte auch den Unterschied zur Magie. Demnach helfen Götter freiwilig bei theurgischen Handlungen, im Gegensatz zur Praxis der Magie, wo sie dazu gezwungen werden.[48]

Wie konnte es soweit kommen? Im 1. Jh., verlachte Seneca die Idee von Wetterzauber als "Albernheit einer längst zu Grabe gegangenen Zeit".[49] Im 2. Jh. sah dann Plutarch von Chäronea den "Nachweis der Dämonenwelt, die zwischen Göttern und Menschen stehe und beide miteinander verbinde, als das bedeutenste Ergebnis der philosophischen Forschung."[50] Im 3. Jh. erfolgte dann unter "Neuplatonismus" die Ausbildung dieser Okkultlehre.

Gelehrte des 19. Jh. machten den Einfluss des Christentum für diese Entwicklung verantwortlich.[51] Tatsächlich bestand eine enge Verwandschaft mit der Dämonenlehre des Christentums und Christen waren von Anfang an am Neuplatonismus beteiligt. Der Kirchenvater Origenes (185-254) lernte wie Plotinus (205-270) bei Ammonius Sakkas (ca. 170-242) und benutzte diese Philosophie zur christlichen Bekehrung.[52] Ammonius Sakkas war Christ[53], gilt als der "Begründer der religiösen Richtung im Neuplatonismus"[54] und als "die mysteriöseste Figur in der Geschichte der antiken Philosophie"[55]

Zu Sakkas innerem Kreis gehörten auch christliche Studenten die später Ämter in der Kirche einnahmen.[56] Da von Sakkas selbst keine philosophischen Schriften überliefert sind, wird die Entstehung des Neuplatonismus üblicherweise seinem Schüler Plotinus zugeschrieben, dessen Schriften erhalten sind. Sakkas Schule war in Alexandria, gehörte aber nicht zu den bedeutenden Schulen der Stadt und unterschied sich deutlich von ihnen und der Wissenschaft am Museum.[57]

Watts sieht Hinweise, dass die Schule Sakkas’ zweigeteilt war. Für einen inneren Kreis von fortgeschrittenen Studenten gab es eine geheim zu haltende Lehre. So ist von Plotinus bekannt, dass er mit anderen schwor niemals über Sakkas Lehre zu schreiben oder zu sprechen.[58] Da er beides dennoch tat kann sich der Schwur nur auf eine Geheimlehre bezogen haben. Wahrscheinlich war es die Theurgie, welche erst durch Jamblichus offen bekannt wurde.

Für das Christentum und den Islam war der von Plotinus präsentierte Platonismus die Philosophie am nächsten zu ihrer Theologie,[59] Umgekehrt schrieb 289 der Neuplatonist Alexander von Lycopolis ein Traktat das so voll mit christlichen Lehren war, dass viele moderne Forscher ihn für einen Christen hielten, was er aber nicht war.[60] "Entkoppelt" (Watts) wurde die Verbindung zwischen Neuplatonismus und Christentum im Jahre 325. Mit der Verdammung der Schriften des Priesters Arius (250-336) wurde damals die Verwendung von Philosophie in der christlichen Theologie überhaupt untersagt.[61] Begründung der Verdammung der Philosophie: "menschliches Wissen habe kaum Beziehung zu wahrem christlichem Wissen"[62]

Die neue Linie wurde um 356 durch Athanasius’ Schrift "Das Leben des Antonius" bestimmt. Der wahre Gläubige solle nicht lesen lernen und statt dessen den Inhalt der heiligen Schriften durch zuhören aufnehmen. Statt durch Diskussion wird der Geist durch Askese geschult; indem man sich in die Einsamkeit an den Stadtrand oder in die Wüste zurückzieht. Dort, durch in sich gehen und Gebete gestärkt, werde man die Hilfe Gottes erlangen. Dann werde man bei der Rückkehr in jeder Diskussion mit heidnischen Philosophen überlegen sein und selbst Studenten um sich sammeln.[63]

Watts nannte dieses Konzept "revolutionär" und die Encyclopedia Britannica attestierte der Schrift eine weite Verbreitung mit "kraftvollem Impuls für das Klosterleben, besonders im Westen." Offenbar ist den Autoren völlig unbekannt, dass sie hier den nahezu kompletten Analphabetismus der kommenden Jahrhunderte beschreiben. Um 600 war die Bildung so gesunken, dass selbst einige Bischöfe weder lesen noch schreiben konnten. Selbst der bedeutenste "Wissenschaftler" dieser Zeit, der Encyklopädist und Bischof Isidor von Sevilla, war ein funktionaler Analphabet. Einen klassischen Text über die Form der Erde verstand er nicht, da er sie für eine Scheibe hielt und offenbar nie etwas anderes gehört hatte.

Mit der Ermordung Hypatias 415 AD förderte Cyril auch den theurgisch orientierten Neuplatonismus. Es folgte ein Exodus von Studenten nach Athen, das im Verwaltungsbereich des Westens lag und offenbar mehr Freiheiten genoss. Um 420 galt Athen als "Zentrum der Lehre des religiösen Neuplatonisms" (Watts) das den "reinen und wahren Platonismus nach Jamblichus’ Tradition" vertritt.[64]

Geprägt wurde die Athener Schule vor allem durch den hochintelligenten Proklus, der bereits mit 28 Jahren ihre Leitung übernahm. Neben Unterricht und geheimen Beschwörungen (Theurgie) widmete er sich noch dem verfassen wissenschaftlicher Werke der Neuplatonik. Er kam beim Schreiben auf bis zu 700 Zeilen pro Tag [65] und konnte sich dabei seitenlang über die philosophische Bedeutung des Punktes auslassen.[66]

Proklus gilt heute als der letzte bedeutende Wissenschaftler der Antike. Bei näherer Betrachtung findet man bei ihm aber nur noch Andeutungen der früheren Wissenschaft. Er selbst hielt sich zwar für einen Wissenschaftler, war aber letztlich nur der Vertreter einer theologischen Lehre. Deren Inhalt ist heute wohl am ehesten mit dem Hollywoodfilm "Ghostbusters" zu erfassen. Proklus als Scharlatan oder Verückten zu beschreiben wäre aber nicht fair. Denn er lebte in einer christlich fundamentalistischen Umgebung in der solche Dinge - Geister, Dämonen, Exorzismen und alle Arten von Wundern - als normaler Teil der Realität betrachtet wurden.

Proklus war die erste Generation von Philosophen die nach der Vernichtung der antiken Literatur (zwischen 370 und 400) geboren wurde. Er hatte kaum mehr antike Titel zur Verfügung als wir heute, wahrscheinlich sogar deutlich weniger. Zu seiner Zeit waren die klassischen Wissenschaften, die Weltsicht eines Epikur oder Seneca, nur ein inzwischen überwundener Irrweg. Darin war man auch mit dem Christentum einig. Proklus wurde in seiner Anfangszeit für ein Jahr vertrieben, praktizierte seine Lehre dann aber diskret genug um kein Aufsehen zu erregen. Seine Nachfolger waren weniger vorsichtig. Zwischen 500 und 520 wurde der Leiter Hegias öffentlich gezüchtigt und verbannt.[67]

Der letzte Leiter der Schule war Damascius. Er scheint Beten und andere Rieten noch weiter intensiviert zu haben. "Damascius hatte einen erstaunlich produktiven Verstand" und "eine Vorliebe für paranormale Darstellungen" (Watts). Seine nicht überlieferten Bücher behandeln Wunder verbunden mit Göttern, das Erscheinen von Seelen verstorbener und "verschiedenste übernatürliche Phänomene." Photius, ein späterer Schreiber dem sie noch vorlagen, schrieb darüber: "In all seinem Werk gibt es nur unmögliche, unglaubhafte, schlecht ausgedachte Wunder und Narrheiten..."[68]

Damascius’ Lehre "half den Ruf der Schule wieder herzustellen" (Watts) und neue Studenten zu gewinnen. Einer von diesen letzten war Simplicius, der darüber berichtete. Als Kaiser Justinian die Akademie 529 schloss war von antiker Wissenschaft dort offenbar schon länger nichts mehr vorhanden.

Anders das Ende in Alexandria. Im Jahre 486 beschuldigte ein Student seine Kommilitonen und Lehrer an einem Isis-Schrein rituelle Handlungen zu vollziehen. Daraufhin wurde der Schrein (wahrscheinlich erneut) zerstört und eine Untersuchungskommission kam in die Stadt. Lehrer wurden gefoltert und man "veränderte die Dinge in der Schule durch weite Verbreitung von Furcht aber nur ausgewählter Bestrafung." (Watts)[69]

Viele Studenten und Lehrer flohen, andere blieben zurück als "gebrochener Mann" (Watts). Theurgische Handlungen gab es von da an in Alexandria wahrscheinlich nur noch von Christen. Olympiodurus betonte Anfang des 6. Jh. die Ähnlichkeit zwischen klassischer und christlicher Theologie.[70]

Unterschiede waren die Fragen wie die Endlichkeit oder Unendlichkeit des Kosmos oder ob Seelen im Höllenfeuer für immer oder nur begrenzte Zeit bestraft werden.[71] Olympiodorus übersteht auch die Heidenverfolgungen von 546 und 562 und einer seiner Nachfolger, der Christ Stephanus, lehrte das gleiche wie Olympiodorus noch bis 610. Da er Christ war störte dies niemanden mehr.[72]

Platons Lehre und der Neuplatonismus existierten als Randphänomen, mehr oder weniger geduldet, das ganze Mittelalter hindurch. Es war die einzige Lehre der Antike die nahezu komplett überliefert wurde. Jüngere Autoren wie Watts sehen darin eine Behauptung der antiken Wissenschaft des 4. Jh. vor Christus gegenüber christlichem Glaubenseifer der Spätantike. Bei Betrachtung der Inhalte sieht dies aber ganz anders aus. Platonismus in jeder Form ist nur eine Lehre und hat mit Wissenschaft so wenig gemeinsam wie jede andere Theologie. Die gemeinsame Dämonenlehre macht Neuplatonismus und Christentum zu eng verwandten Theologien.

Das eigentlich neue im 4. Jh. v. Chr. war die säkular geprägte naturwissenschaftliche Philosophie von Vertretern des Atomismus wie Epikur. Die von Watts wahrscheinlich gemeinten Platon und Aristoteles waren eher eine theologisch geprägte Gegenbewegung. Watts[73] ist dies offenbar nicht bekannt. Vermutlich weil es in spätantiken Texten kaum je erwähnt wurde.

Das Ende der Naturwissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wissenschaftler der Antike wurden immer Philosophen genannt. Um darunter Naturwissenschaftler zu identifizieren muss man ihre Themenschwerpunkte genauer betrachten. Theon von Alexandria war der letzte "Mann des Museums" (Suda) und damit wohl der letzte Vorsteher der großen Bibliothek von Alexandria. Nach der Suda schrieb er Werke über Mathematik und Arithmetik, Beobachtungen von Vögeln und die Laute von Raben, über den Aufgang des Sirius (der hellste Stern am Himmel und eine Kalendermarke) sowie die jährlichen Überschwemmungen des Nils. Ausserdem noch einen Kommentar zu den astronomischen Handtabellen des Ptolemaeos und über das kleine Astrolabium.

Theons Tochter Hypatia soll bereits in jungen Jahren an der Arbeit ihres Vaters beteiligt gewesen sein. Nach der Suda schrieb sie des weiteren Kommentare zu Diophantos, dem Astronomischen Kanon und zu Apollonios Werk über Kegelschnitte. Nach den Briefen ihres Schülers Synesius von Cyrene beschäftigte sie sich noch mit dem Bau von Astrolabien und Hydroskopen.[74]

Im Gegensatz zu Athen war Alexandria eher bekannt für experimentelle beobachtende Naturwissenschaft.[75] Hypatia dürfte damit die letzte Repräsentantin dieses Wissenschaftszweiges, der Physik, gewesen sein. Sie dürfte sicher Kenntnisse der Neuplatonischen Philiosophie gehabt haben. Es gibt aber keine Hinweise, dass sie diese je vertreten hat. Die späteren Gelehrten des 5. und 6. Jh. hielten sie ausdrücklich für eine messende Mathematikerin ("Geometer") und nicht vergleichbar mit den (Neuplatonischen) Philosophen ihrer Zeit:

"Isidorus überstrahlte Hypatia bei weitem. Nicht nur weil er ein Mann war und sie eine Frau, sondern in der Weise wie ein wirklicher Philosoph über einem Geometer steht." (Damascius, Leben des Isidor)

Hypatias Vater Theon wurde von Damascius ebenfalls als Geometer bezeichnet. In Hypatia haben wir daher den Endpunkt der Traditionslinie des Museums und der rationalen Wissenschaften der Antike. Hypatias Geschichte wurde bereits im 18. und 19. Jh. von Vertretern der Aufklärung popularisiert. Heute ist sie nahezu vergessen. Zu unrecht. Denn seit den 1970er Jahren hat man, erstmals seit ihrer Ermordung, Hinweise auf das Mordmotiv. Dieses zeigt, dass die Bedeutung von Hypatia in den letzten 300 Jahren nicht über- sondern deutlich unterschätzt wurde. Im folgenden wird daher die historische Faktenlage auf neuestem Stand etwas näher präsentiert.


Ein Jahrtausend-Mord[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Identifizierung von Hypatia als Mathematikerin unterstützt die traditionelle Datierung[76] ihrer Geburt auf die 370er Jahre.[77] Als neuplatonische Philosophin hätte sie älter sein müssen.[78] Nun könnte ihre Geburt sogar gegen Ende der 370er datieren.[79] Zu Hypatias Zeit war das Museum und die Bibliothek wahrscheinlich schon zerstört oder zumindest nicht mehr benutzbar. Denn sie unterrichtete nur noch in ihren Privaträumen oder an öffentlichen Versammlungsorten. Von der Bevölkerung Alexandrias wurde sie geliebt und mit Ehrungen überhäuft.[80] Eines Tages, im März 415:

Unter ihrem Anführer, einem Vorleser Namens Peter, lauerten sie ihr auf dem Heimweg auf. Überwältigt von grimmigem, blind ergebenen Eifer. Sie rissen sie von ihrem Wagen und brachten sie zur Kirche mit dem Namen Caesareum. Dort entkleideten sie sie völlig und ermordeten sie mit Muschelschalen. Nach dem sie ihren Körper in Stücke zerrissen hatten brachten sie die zerfleischten Gliedmassen zu einem Ort genannt Cinaron, und dort verbrannten sie sie. (Socrates Scholasticus, Historia Ecclesiastica)
Das Ende der Wissenschaft - Hypatias Ermordung in einer Kirche 415 AD. Gemälde von C. W. Mitchell (1885)

Dieser Bericht des christlichen Chronisten Socrates Scholasticus (ca. 380-440) enthällt ein wichtiges Detail das jüngere Arbeiten, etwa Watts und Haas, verschweigen. Die Tötung erfolgte durch zerstückeln mit Muschelschalen, im Original steht das griechische Wort für Austernmuscheln.[81]

Dies mag zunächst befremdlich erscheinen, hat aber einen konkreten Hintergrund. Nach dem Gesetz zur Hinrichtung von Hexen waren diese zu töten in dem man ihnen mit Hacken (oder glühenden Zangen) das Fleisch von den Knochen riss.[82] Aus Ermangelung des Werkzeugs verwendete man offenbar Muschelschalen, bei entsprechender Bearbeitung scharf wie Rasierklingen. Damit bestätigt Socrates eine spätere Darstellung von Hypatias Ermordung als Hexe:

Und in diesen Tagen erschien in Alexandria eine weibliche Philosophin, eine Heide namens Hypatia. Sie widmete all ihre Zeit der Magie, Astrolabien und Musik-Instrumenten. Und sie täuschte viele Leute durch ihre satanischen Tricks. (...) Und danach erhob sich eine Vielzahl von Gläubigen in Gott unter der Führung des Stadtrates Peter. Dieser Peter war ein Gläubiger, in allem voll ergeben Jesus Christus. Und sie zogen los auf der Suche nach der Heiden-Frau die die Leute der Stadt und den Präfekten durch ihre Zauberei getäuscht hat.
Als sie hörten wo sie sich aufhielt gingen sie dahin und fanden sie sitzend auf einem hohen Sessel. Nach dem sie sie herunter holten schleiften sie sie mit sich bis sie an eine grosse Krirche, genannt Caesarion, kamen. Dies war in den Tagen des Fastens. Und sie rissen ihr die Kleider herunter und schleiften sie durch die Strassen der Stadt bis sie starb. Und sie brachten sie zu einem Ort genannt Cinaron und verbrannten ihren Körper mit Feuer. Und alle Leute umringten den Pariarchen Cyril und nannten ihn "der neue Theophilus" - weil er die letzten Überreste des Götzendienstes in der Stadt vernichtet hat. (Bischof Johannes von Nikiu, Chronologie 84.87-103)

So starb die grösste Mathematikerin der Antike, unerreicht bis ins 18. Jahrhundert,[83]in einer Blutorgie ohne Beispiel. Was sich da an Grauen und Bestialität in einer spätantiken Kirche ereignete ist eines der extremsten Ereignisse dieser Zeit. Vom 18. bis Mitte des 20. Jh. war Hypatias Geschichte Gegenstand berühmter Autoren. Dennoch ist sie heute kaum bekannt.[84]

Dass der heilige Cyril für ihre Ermordung verantwortlich war ist gut belegt. Nicht nur Bischof Johannes, auch Socrates deutete es an. Frühere Autoren sahen es als Beleg für die Wissenschaftsfeindlichkeit der Kirche. Jüngere, mehr christlich geprägte Autoren (Dzielska, Haas, Watts), konzentrieren sich auf die christlichen Quellen und sehen die Tat als Nebenprodukt eines Machtkampfes zwischen dem Patriarchen und dem Präfekten von Alexandria: Cyril habe Hypatia ermorden lassen um die Position des Präfekten zu schwächen - einfach in dem er dessen Verbündete tötete. Damit wird Hypatias Tod von einem Epochen-Bruch zu einem Ereignis der lokalen Stadtpolitik. Bei näherer Betrachtung der Quellen erscheint diese Interpretation aber kaum haltbar.

Der Präfekt von Alexandria, Orests, war nahezu völlig machtlos gegen Bischof Cyril. Cyril hatte unter seinem Kommando eine 500 Mann starke Truppe von "Krankenpflegern" (Parabalani) über deren "Terror" sich Stadträte beim Kaiser beschwerten.[85] Haas nennt diese Truppe direkt "kirchliche Braunhemden", eine Gleichsetzung mit der SA der Nazi Zeit.[86]

Nach einem von Cyril ausgelösten Pogrom gegen die Juden Alexandrias bleibt dem Präfekten nur ein Beschwerdebrief an den Kaiser. Der Präfekt hatte nicht einmal eine relevante Leibgarde: Als eine Horde von Mönchen ein Attentat auf ihn versucht, konnte nur das Einschreiten von Passanten sein Leben retten. Nach der Ermordung Hypatias wird der Präfekt Orestes nicht mehr erwähnt, er verschwindet aus der Geschichte. Man vermutet, er habe die Stadt verlassen oder wurde abberufen. Dabei hätte er nach dieser empörenden Tat selbst Teile der christlichen Bevölkerung hinter sich gehabt, wäre er gegen Cyril vorgegangen. Dies zeigt, dass der christlichen Erklärung für den Mord die innere Logik fehlt.

Auch übersieht die bisherige Interpretation einige bedeutende Details. Das Attentat auf den Präfekten, dieser ist immerhin der direkte Repräsentant des Kaisers, wurde verübt von einer Gruppe Mönche aus dem Kloster dem Cyril angehörte ehe er Bischof wurde. Cyril bekannte sich sogar zur Tat in dem er den Haupttäter zum Märtyrer erklären wollte.[87] Obwohl dies ein direkter Angriff der kirchlichen auf die kaiserliche Macht war, wurden weder er noch die Mönche bestraft oder getadelt.

Ein ebenso ungeheuerlicher Vorgang ist vom Verlauf des Attentats berichtet. Als die Mönche den Präfekten angriffen floh seine Leibgarde, nur umstehende Passanten konnten ihn vor den Mördern schützen. Eine Leibgarde, die einen kaiserlichen Präfekten im Stich lässt, hätte noch großes Glück wenn sie zum Endkampf in der Arena begnadigt würde. Auch die Mönche wären unter normalen Umständen dort gelandet, und ihr Kloster dem Erdboden gleichgemacht worden. Nichts von all dem ist berichtet, selbst die Mörder Hypatias gingen völlig strafffrei aus.[88]

Heute, in Kenntnis des Motivs der Täter, werden diese Details verständlich. Hypatia sollte wahrscheinlich offiziell als Hexe angeklagt und hingerichtet werden. Eine solche Anklage hätte vom Präfekten genehmigt werden müssen. Damit wäre auch die Schuld von der Kirche auf die weltliche Instanz abschiebbar gewesen. Der Präfekt war aber, wie die Quellen darlegen, mit ihr befreundet und dazu nicht bereit. Das Ziel war daher zunächst die Ermordung des Präfekten um Platz für einen willigeren Nachfolger zu schaffen. Denn Orestes war durch Hypatia selbst wahrscheinlich schon Mitwisser ihres Geheimnisses - eine einfache Abberufung hätte daher nur neue Probleme geschaffen. Nur diese Interpretation der Ereignisse erklärt alle Details.


Die Fälschung des Claudius Ptolemaios[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aber was war nun Hypatias Geheimnis? In den antiken Quellen gibt es klare Hinweise. So schreibt die Suda, Hypatia wäre wegen ihres außergewöhnlichen Wissens, speziell in Astronomie, ermordet worden. Dies ähnelt Johannes von Nikiu, der sie wegen der Beschäftigung mit Astrolabien als Magierin bezeichnet.

Hypatia und ihr Vater verfassten beide Kommentare zu den astronomischen Schriften des Claudius Ptolemaios. Dessen Schrift "Syntaxis", heute besser bekannt als "Almagest" war die Grundlage der Astronomie des Mittelalters von 400 bis zu Kopernikus 1543. Ptolemaios propagierte darin nicht nur ein geozentrisches Weltbild sondern auch ein Weltall gefüllt mit Sphären und ohne Vakuum irgendwo im Kosmos. Im Almagest wird ein geometrisches System zur Erklärung der Sonnen- und Plantenbahnen präsentiert. Mit Zahlenwerten zur exakten Berechnung und Angaben von sehr exakten Beobachtungen die Ptolemaios ausdrücklich selbst gemacht haben will.

Im Rahmen des Apollo-Projekts zur Mondlandung kam man Ende der 1960er darauf, dass wahrscheinlich alle diese Beobachtungen gefälscht sind.[89] Der Astronom Robert R. Newton veröffentlichte dieses Ergebnis längerer Untersuchungen 1977 in seinem Buch "The Crime of Claudius Ptolemy" bei der Johns Hopkins University Press.[90] Newtons Untersuchungen wurden durch andere Astronomen bestätigt.[91]

Die Fälschung des C. Ptolemaios. Die von ihm behaupteten eigenen Messwerte, die wirklichen Werte, die Werte nach seiner Theorie und die typischen Messfehler der Antike.

Seine Beobachtungen kann Ptolemaios so nicht gemacht haben. Die Fehler seiner Angaben zu den tatsächlichen Positionen zu seiner Zeit sind um ein vielfaches größer als die typischen Messfehler der Antike. Ausserdem entsprechen seine "Beobachtungen" exakt der von ihm vorgestellten Theorie. Seine Beobachtungen sind in Wirklichkeit berechnet und daher eine ungewöhnlich dreiste und primitive Fälschung zum "Beweis" seiner Theorie.

Im Verlauf seiner Untersuchung stieß Newton durch Zufall in einem Buch von J.B.J. Delambre von 1819 auf einen ähnlichen Nachweis von Ptolemaios’ Fälschung.[92]

Sowohl Newton als auch Thurston waren erstaunt, dass diese Feststellung des berühmten französischen Astronomen Delambre in allen historischen Darstellungen zur Astronomie des Mittelalters oder der Antike verschwiegen wurde. Konstant wurde dagegen Ptolemaios als Höhepunkt der antiken Astonomie gefeiert. Dies obwohl bereits Kopernikus Zweifel äusserte[93], Longomontanus, der Assistent von Kepler und Tycho in Prag, den Nachweis der Fälschung erbrachte[94], und Tycho Brahe feststellte, dass sein angeblich selbst gemessener Sternkatalog auch eine Fälschung ist.[95]

An dieser Ignoranz der professionellen Historiker hat sich in den letzten 30 Jahren nichts geändert. Dies führte dazu, dass die eher rechnenden Astronomie-Historiker eine eigene Schriftenreihe, "DIO" [1], zum Thema unterhalten. Im Editorial Board als Reviewer von DIO sind aktive Astronomen wie E. Myles Standish, Leiter der Planetenbahnen-Berechnung der NASA am JPL. [2] Letztere verfügen über die genaueste Bestimmung und Berechnung von Planetenpositionen die die moderne Zivilisation hervorgebracht haben.

Die nun genauere Betrachtung von Ptolemaios’ Schriften führte in den letzten Jahren zur Feststellung, dass "die heliozentrische Lehre des Aristarchos von Samos in der wissenschaftlichen Astronomie der Griechen eine viel größere Rolle gespielt hat, als bisher angenommen wurde." (van der Waerden). Ptolemaios hatte offenbar eine heliozentrische Theorie vorgefunden, die darin enthaltenen Daten verwendet, die Theorie zu seiner geozentrischen umgebaut und seine Quelle verschwiegen.[96]

Das heliozentrische System wurde durch Aristarchus von Samos (ca. 310 - 230) propagiert. In dieser Zeit fand van der Waerden Hinweise auf ein Beobachtungsprogramm mehrerer Astronomen, das sehr wahrscheinlich das Ziel hatte die Konstanten einer heliozentrischen Theorie zu ermitteln.[97] Um 100 AD schrieb Plutarch über Aristarchus’ Theorie, erwähnte "ihre Anhänger" und bemerkte noch Seleukos von Seleucia (um 150 v. Chr.) habe das heliozentrische System bewiesen.[98]

Inzwischen fand man in anderer Überlieferung mehrere mathematisch versteckte Hinweise auf ein in der Antike offenbar verbreitetes heliozentrisches Tafelwerk zur Berechnung der Positionen der Himmelskörper.[99]

Hypatias Vater Theon war der bedeutendste Astronom im 4. Jahrhundert. Er und damit auch seine Tochter, mussten dieses heliozentrische System gekannt haben. Es könnte sogar schon einen Entwicklungsstand wie um 1687 (Isaac Newton) erreicht haben.[100]

Ein heliozentrisches System mit Ellipsenbahnen eröffnet nicht nur ein andereres, offeneres Weltbild. Es enthält mit der Beschreibung eines reibungsfreien Bewegungssystems eine Bestätigung des Atomismus sowie die Grundlagen der Kinematik und der modernen Physik. Kenntnisse die ab 1700 zu Dampfmaschinen und der Industrialisierung führten.

Nicht nur der Kirche, mit ihrer Abscheu vor einer "gottlosen" epikureeischen Physik, dürfte vor dieser Entwicklung geschaudert haben. Auch der das Reich beherrschende Großgrundbesitz, dessen Söhne sich für Neuplatonische Zauberer hielten, mussten dies als Bedrohung empfunden haben. Nach der Vernichtung der antiken Literatur kurz vor 400 AD war Hypatia eine der letzten Personen mit Kenntnis dieses antiken Wissens. Sie wollte dies offenbar erhalten. Sie unterrichtete ihre Schüler in astronomischer Beobachtung, lehrte den Bau von Astrolabien[101] und weihte zumindest einige auch in ein Geheimnis ein.[102]

Mit ein wenig Bildung und einem einfachen Astrolabium konnte damals jeder feststellen, dass Ptolemaios’ Almagest ein Betrug war. Die Abweichung der Planetenpositionen von einem Grad von den Angaben des Almagest waren ein Beweis. Die Behauptung von Ptolemaios, seine Positionen so unmöglich exakt gemessen zu haben war ein weiterer Beweis für jeden der auch nur etwas praktische Erfahrung mit Astrolabien hatte - keine Messung konnte so exakt sein wie er sie angab. Mit dieser Bildungsarbeit wurde Hypatia zur letzten Wiedersacherin der neuen, bald das ganze Mittelalter prägenden Weltsicht.

Möglicherweisse, und hier in Fairness zu Claudius Ptolemaios erwähnt, hatte Hypatia sogar ein noch dunkleres Geheimnis offenbart.[103] Die Briefe des Synesius machen es sehr wahrscheinlich, dass er und einige andere Studenten in Hypatias Geheimnis eingeweiht waren. So schrieb Synesius in Brief 143 an einen anderen Studenten über das von Hypatia erhaltene Geheimnis: "For my part I am, and I advise you also to be, a more careful guard over the mysteries of philosophy."[104] Sie versprachen sich gegenseitig geheim zu halten was sie bei Hypatia "mit den eigenen Augen" sahen und "mit den eigenen Ohren" hörten.[105]


Wahrscheinlich war sich Hypatia eher der Gefahr bewusst, welche aus einer Überwachung des Briefwechsel für sie erwuchs. Denn in seinen letzten Briefen beklagte sich Synesius länger keine Antwort mehr von ihr bekommen zu haben.[106] Synesius starb etwa 413 oder 414, so ein bis zwei Jahre vor Hypatias Ermordung. Es liegt nahe, dass in seinem Nachlass, er war Bischof in Cyrene, von der Kirche belastendes Material gegen Hypatia gefunden wurde. Bis die Entscheidung über ihre Hinrichtung am Kaiserhof gefallen war und Alexandria erreichte dürften einige Monate vergangen sein.

Da die Briefe auf eine deutliche Zahl von Mitwissern hinwiesen, war es nötig auch diese zum schweigen zu bringen. Da man unmöglich alle ermitteln konnte - dies hätte auch einige weitere Mitwisser erzeugt und das Geheimnis eher verbreitet - entschied man sich zu einer Einschüchterung über ein extrem schockierendes Ereignis. Aus diesem Grund wurde Hypatia nicht heimlich erdolcht oder vergiftet, sondern in beispielosem Blutrausch in der Öffentlichkeit zerstückelt. Darstellungen der Tat wurden offenbar absichtlich verbreitet. Noch über 100 Jahre später wusste der Philosoph Damascius grauslige Details zu schildern.[107]

Christliche Gewalttaten wurden in der Spätantike immer als Antwort auf vorangegangene Gewalt der Gegenseite begründet. Bei der Ermordung Hypatias fehlte diese Ausrede. Um dieses Imageproblem zu beheben wurde die Legende der heiligen Katharina von Alexandria verbreitet. Dies muss auf die Spätantike zurückgehen, ist aber erst ab etwa 700 nachweisbar. Eine junge schöne Jungfrau, die schon als Kind Platon las, die Gelehrte war in Geometrie, Mathematik und Astronomie. Sie widmete sich der Weisheit der antiken Griechen und bestand gegen die besten Rhetoren und Philosophen des Reichs. Eindeutig Hypatia. Aber Katharina war heimlich zum Christentum konvertiert und versuchte die Menschen zu bekehren. Darum wurde sie vom heidnischen Kaiser zu grausamer Folter und Tod verurteilt.[108]

Hypatia - St. Katharina: "Folter unter den Rädern" (Tintoretto, Venedig 1588)

Diese Folter geschah mit Zahnrädern, die ihr das Fleisch von den Knochen reißen sollten.[109]Eine Erinnerung an Zahnräder die in wertvollen antiken Astrolabien verwendet wurden? Oder an die verzahnten himmlischen Sphären des Ptolemaios? Offenbar wurde im Mittelalter mancherorts die heilige Katherina sogar "Hypatia Katherina" genannt.[110]

Während Hypatia so als christliche Märtyrerin fortlebte gelang es das Wissen um die Fälschung des Ptolemaios völlig zum Verschwinden zu bringen. Nach dem Schicksal Hypatias hat sich offenbar kaum noch ein Eingeweihter getraut sein Wissen weiter zu geben.

Der Almagest legte aber den kommenden Generationen Fesseln an. Als die arabischen Astronomen als erste wieder mit systematischen Himmelsbeobachtungen begannen, sahen sie zwar die Abweichungen von den Vorhersagen des Almagest. Sie erklärten dies aber alle mit einer im Laufe der Jahrhunderte angewachsenen Ungenauigkeit der Parameter und versuchten diese zu verbessern. Keiner kam auf den Gedanken die Beobachtungen des Ptolemaios könnten Fälschungen sein. Im Gegenteil. Weil keine vergleichbaren Texte überliefert wurden hielt man Ptolemaios für den Höhepunkt der antiken Astronomie. In Erfurcht vor der Antike traute man ihm geradezu unmögliche Genauigkeit zu. Vor allem aber war man auf seine Werte angewiesen, man hatte keine anderen Langzeitdaten.[111] Selbst noch Kopernikus baute Ptolemaios’ Beobachtungsdaten in sein System ein. Aus diesem Grund schrieb auch Robert R. Newton, der Almagest habe mehr Schaden als Nutzen gebracht.[112]

Nebenbei, und das war wohl das ursprüngliche Ziel der Fälschung, glaubte man nun an einen Kosmos gefüllt mit festen Sphären ohne Vakuum, ähnlich Platon und Aristoteles. Damit wurde dem Atomismus das einzige reale Anschauungsobjekt entzogen ohne den Atomismus selbst überhaupt erwähnen zu müssen.

Dies ging bis Tycho Brahe die Fälschung einiger Daten vermutete. Erst seine Beobachtungen und die völlig Trennung vom Almagest ermöglichten Kepler 1609 das Problem zu lösen und die größte Fälschung in der Geschichte der Wissenschaft zu überwinden. Kepler könnte den Almagest als Fälschung erkannt haben, ein Beleg dazu steht aber noch aus.[113]

Warum aber Delambre`s Entlarvung des Almagest 1819 so unbekannt blieb, eine Verbindung mit Hypatia nie öffentlich hergestellt wurde, und warum Ptolemaios noch heute vielfach in den höchsten Tönen gepriesen wird, dieses Problem der Geschichtshistorie harrt noch der Aufklärung.


Als Beginn der klassischen Wissenschaft gilt allgemein das Jahr 585 v.C., als Thales die Vorhersage einer Sonnenfinsternis gelang. Hypatias Ermordung im Jahre 415 AD gilt allgemein auch als das Ende der klassischen Wissenschaft. Sie dauerte damit ziemlich genau 1000 Jahre. Das Mittelalter, bis zum Begin der Renaissance, dauerte dann auch etwa 1000 Jahre.

Die überlieferte Auswahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der obige Konflikt zwischen religiöser und wissenschaftlicher Kultur zeigt sich in extremster Weise in der Überlieferung der antiken Wissenschaft. Von Plato und seinem theologischen Weltbild sind alle Schriften "dick wie eine Bibel" (Farrington) überliefert. Von Aristoteles’ insgesamt 156 Titeln in 400 Rollen verblieben uns nur 25 %,[114] und zwar nur von fremder Hand editierte Vorlesungsnotizen. Die vielen von Aristoteles zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Schriften sind alle verloren. Von den Ionischen Wissenschaftlern, den Atomisten vor Plato, ist nicht von einem einzigen Autor auch nur ein Werk überliefert.[115] Weder von den 70 Titeln von Demokrit[116] noch von den 300 Rollen Epikurs wurde auch nur eine einzige überliefert[117] - obwohl man ihn in der Kaiserzeit für einen der bedeutensten Philosophen hielt. Diogenes Laertius, in seiner Sammlung der berühmtesten Philosophen, widmete Epikur um 230 AD mehr Text als allen anderen, sogar mehr als Platon.

Die Überreste der griechischen Klassiker und das Interesse der Renaissance...

Die grundlegenden Aussagen der griechischen Atomisten sind nur durch ihre Kritiker überliefert. Vor allem durch Aristoteles, der versucht, die Atomisten zu widerlegen. Dass unter den eher wenigen überlieferten Schriften von Aristoteles sich gerade welche gegen die Atomisten befinden, ist sicher kein Zufall. Die Auswahl erfolgte in der Spätantike durch Christen, die extremsten Gegner der Atomisten und Epikureer. Die zur Erhaltung ausgewählten heidnischen Schriften sollten Christen helfen, Heiden zu widerlegen, nicht deren Gedankengut erhalten.[118]

In jüngster Zeit beschreibt der Historiker Charles Freeman die christliche Spätantike mit dem Titel seines Buches: "The closing of the Western mind: the rise of faith and the fall of reason." (Etwa: "Das Verschliessen des Denkens im Westen: Der Aufstieg des Glaubens und der Niedergang der Vernunft") Darin: "Glaube, in seinem eigenlichen Sinne, schaffte es im 4. und 5. Jahrhundert, sich über die Erkenntnis zu erheben. Die Prinzipien empirischer Beobachtung oder Logik wurden verworfen in der Überzeugung alles Wissen komme von Gott. Sogar Augustinus hält in seinen Schriften den menschlichen Verstand, beladen mit Adams Ursünde, für beschränkt in der Fähigkeit für sich selbst zu denken. Für Jahrhunderte wurde jede Form unabhängigen wissenschaftlichen Denkes unterdrückt." Und: "Was nicht bezweifelt werden kann, ist wie effektiv die Rationale Tradition im 4. und 5. Jahrhundert ausgerottet wurde."[119]

Das einzige überlieferte Buch der Atomisten ist der unvollständige Lukrez aus römischer Zeit. "Die Überlieferung des Lukrez hängt an einem seidenen Faden" so von Albrecht. Sein Buch wurde nur durch einen einzigen, möglicherweise fränkischen, Codex aus dem 4./5. Jh. ins 9. Jh. überliefert und erst dort mehrfach kopiert und erwähnt. Bis zum Ende des Mittelalters wurde es dann kaum noch erwähnt und war in nur sehr wenigen Exemplaren vorhanden.[120]

Die Wiederverbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platons Werke waren die Grundlage heidnischer und christlicher Neuplatonisten von der Spätantike bis ins Mittelalter. Da ab dem 5. Jh. keine lateinische Version von Platon mehr vorhanden war, blieb seine Rezeption im Westen auf die sehr wenigen Personen mit Griechisch-Kenntnis beschränkt. Selbst in großen Bibliotheken war diese aber so gering, dass Texte von Platon über Jahrhunderte unter falschem Titel im Katalog standen. Eine wesentliche Ausnahme war im 9. Jh. der irische Mönch Erigena, der eine neuplatonische Interpretation der Natur vorschlug und dafür im 13. Jh. mit all seinen Schriften zum Häretiker erklärt wurde.[121]

Um 1170 entstanden in Europa die ersten grossen Universitäten, Paris und Oxford. Wie alle Universitäten bis in die Neuzeit waren sie in allen Fächern von der Theologie dominiert, in Oxford noch bis ins 19. Jahrhundert. Dennoch begann man bald Schriften des Aristoteles, die man über jüdische Gelehrte aus dem arabischen Spanien erhielt, zusammen mit arabischen Kommentaren ins Lateinische zu übersetzen.

Damit war in der vom Glauben dominierten Welt des Mittelalters erstmals wieder Argumentation auf Basis von Beobachtung, Logik und Vernunft möglich. Aber nicht für lange. Im Jahre 1215 wurde an der Universität Paris die Verwendung von Aristoteles bei Diskussionen verboten.

Erst Thomas von Aquin erreichte mit seinen theologischen Schriften eine "Christianisierung" des heidnischen Philosophen Aristoteles. Durch Aquin wurde für Christen eine theologische Basis zum Umgang mit dem neuen Gedankengut geschaffen. Zwar wurden die meisten Thesen Aquins im Jahre 1277, drei Jahre nach seinem Tod, in Paris und Oxford verdammt. Aber schon 1323 wurde er von Papst Johannes XXII. heilig gesprochen und auch seine Schriften wieder anerkannt. Erst damit war es für einen Christen wieder erlaubt Wissenschaft auf Basis von Naturbeobachtung, Logik und Vernunft zu betreiben. Wissenschaft wurde also nun als mit dem Glauben vereinbar betrachtet. Bald darauf schrieb noch Petrarca, mit Blick auf die überlieferten römischen Bücher, er lebe in einer finsteren Zeit. Nun war aber die Grundlage gelegt für eine langsame Wiedergeburt des antiken Geistes, einer "Wiederherstellung der Vernunft" (Freeman).[122]

Auch wenn Wissenschaft wieder erlaubt war, war man jedoch nicht bereit jede neue Erkenntnis daraus zu erlauben. Der erste bedeutende Vertreter des Atomismus wurde Nicolaus von Autrecourt (ca. 1297 - 1369). Er hatte seine Ideen von Aristoteles, der die Atomisten diskutierte. Die Verdammung von Autrecourts Schriften 1347 war eines der herausragenden philosophischen Ereignisse im Paris des 14. Jahrhunderts. Er bekam ein Lehrverbot und musste seine Schriften öffentlich verbrennen.[123]

Autrecourt`s Schriften waren letztlich nur für einen sehr kleinen Kreis Hochgebildeter verständlich. War Literatur bisher auf Klöster beschränkt, so hätte sich das Wiedererwachen der Wissenschaft nun auf einige Personen an Universitäten beschränkt. Bei der Dominanz der Theologie an Universitäten hätte diese Entwicklung leicht gestoppt werden können. Dass dem nicht so war ist der Verdienst einer völlig neuen Bewegung, des Humanismus. Die Humanisten waren eine Gruppe sehr einflussreicher Intellektueller die es schafften die Wertmaßstäbe des Mittelalters in breiten Kreisen der Bevölkerung völlig umzukehren. Erst durch sie wurde die Wiederauferstehung der antiken Kultur, die Renaissance, ermöglicht.


Die Humanisten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am Begin der Humanistischen Bewegung stand der Gelehrte und Poet Francesco Petrarca (1304-1374), der ihr auch den Namen gab.[124] Wie viele der Humanisten lebte Petrarca an der "Grenze zwischen Geistlichkeit und Laienstand... der die Tonsur und die niederen Weihen empfing, um im Genuß kirchlicher Pfründen seinen literarischen Neigungen ungestört leben zu können."[125] Vor seiner Zeit galt die heidnische Antike als Zeit der Finsternis, in die erst Christus das wahre Licht brachte.[126]


Bereits als Kind war Petrarca fasziniert von den Schriften Ciceros.[127] Das darin präsentierte Weltgeschehen ist ohne Götter und Wunder. Der Mensch selbst ist bei Cicero verantwortlich für sein Handeln und sein Schicksal. Eine Moral ergibt sich aus dem Handeln für die Gesellschaft, nicht aus göttlichen Geboten. Damit wird das Wissen über die Welt und den Menschen wieder zur Basis des Denkens, nicht die Religion und ihre Lehre.[128]

Ob Cicero selbst an die Existenz von Göttern glaubte war dabei wenig relevant. Bedeutend war die Vielzahl an logischen Argumenten die er für unterschiedlichste Probleme präsentierte. Diese Bedeutung Ciceros ging von Petrarca bis tief in die Aufklärung. Voltaire bekannte sich zu Ideen von Cicero und hat ihn sein ganzes Leben lang "geradezu schwärmerisch verehrt."[129]

Der Erkenntnistheoretiker David Hume (1711 - 1776), "The most important philosopher ever to write in English" (Stanford Encyclopedia of Philosophy), schrieb: "Alles in allem: Ich will meinen Katalog der Tugenden aus Ciceros 'Officien' nehmen ... Ich hatte in der Tat das erstere Werk bei all meinem Denken im Auge."[130]

Eine solche säkulare Weltsicht galt in der Spätantike als Ketzerei. Ihre deutlichste Ausprägung, die Anhänger Epikurs, galten für Christen als "Schweinephilosophen" (Isidor von Sevilla). Wenn Heiden in Stil und Inhalt noch dazu die schönen Seiten weltlichen Lebens priesen war dies ein Grund, warum die Gelehrten des Mittelalters heidnische Texte sogar als Bedrohung empfanden. So interpretierte etwa im 19. Jahrhundert der berühmte Historiker Georg Voigt (1827-1891) die Antipathie des Mittelalters für die klassische Literatur.[131] Aber auch im neuen Jahrtausend sieht Friedrich Prinz es in einem Vortrag vor der Katholischen Akademie in Bayern recht ähnlich.[132]

Es war jedoch nicht primär Angst vor den Inhalten was zur Abneigung gegen heidnische Literatur führte. Vielmehr waren die Gelehrten des Mittelalters überzeugt, aufbauend auf die Kirchenväter, eine im Sinne Gottes optimale Welt zur menschlichen Prüfung geschaffen zu haben. Alles Neue konnte dann nur als Bedrohung dieser Welt gelten.[133]

Ursächlich für diese Weltsicht ist die absolute Dominanz theologischer Schriften in den Bibliotheken und Köpfen des Mittelalters. Der Besitz säkularer Klassiker, wie etwa von Cicero, blieb über Jahrhunderte auf einen extrem kleinen Kreis beschränkt. Fast nur auf Personen im Umfeld der Kirche die bereits eine intensive christlich theologische Schulung hinter sich hatten.

Aus dieser Sicht des Mittelalters bezeichnete auch Petrarca zunächst Ciceros Antike als die Zeit des Irrtums. Später, in einem Brief von 1341 beschreibt er allerdings direkte, fassbare und unwiederlegbare Beweise für die Größe des heidnischen Rom. Nach einer Wanderung durch Rom bestieg er mit einem Freund die Ruinen der Diokletians-Thermen und diskutierte über Geschichte beim Anblick der vielen antiken Ruinen. Diese Überreste der Antike waren damals die größten Gebäude Roms. Petrarca: "Von kleinen Dingen gibt es keine großen Ruinen... aus großer Höhe kann man nicht mehr fallen, wenn man bereits im Abgrund liegt."

Thermen des Diokletian, 350 und 1750 AD - etwa wie Petrarca und Gibbon sie sahen.

Petrarcas Absicht war Rom wieder zu alter Größe zu erwecken. Kenntnis der Geschichte sah er als Voraussetzung dazu. Gerade beim Blick von den Diokletians-Thermen verwendet er erstmals die Unterteilung der Geschichtsepochen in eine Antike und die "moderne" Zeit danach. Wobei er letztere 1359 als Zeit der Finsteris, "tenebrae", bezeichnet.[134]

Für ihn war die Zeit nach der Antike finster, da sie nichts vergleichbares von geistigem Wert hervorgebracht hat. Noch schlimmer gar sieht er die Mönche und Gelehrten des Mittelalters:

"Doch denke ich an die berühmten Schriftsteller der Antike, so kommen mir die schandbaren Verfehlungen ihrer Nachfahren ins Gedächtnis. Gerade als hätten sie noch nicht genug an der Schmach ihrer eigenen Unfruchtbarkeit, haben es diese Nachfahren mit unerträglicher Gleichgültigkeit hingenommen, daß fremdes Geistesgut und die Werke der Ahnen, die mit unendlichem Fleiß geschaffen worden waren, einfach zugrunde gingen. Und während sie selbst den künftigen Generationen aus eigenem Vermögen überhaupt nichts hinterlassen haben, verschleuderten sie das Erbe der Ahnen." (Petraca, Rer. mem. I, 19)

Petraca sieht sich selbst noch immer in dieser finsteren Zeit leben, hofft aber, es werde eine bessere Epoche kommen:

Mir ist es auferlegt, mein Leben zu führen in einer Welt inmitten eines wechselhaften verstörenden Sturms. Aber auf dich warten vielleicht bessere Jahrhunderte, falls du mich lange überlebst - dies erhoffe und wünsche ich mir. Nicht alle Jahre wird dieser Schlaf des Vergessens anhalten. Vielleicht zerstreut sich das Dunkel, und unsere Enkel können zum reinen Licht von einst zurückkehren.[135]


Vielleicht war Petrarca tatsächlich "der grösste Gelehrte seiner Zeit" (Encyclopedia Britannica 2003), sicher war er aber der Einflussreichste. Durch seine Belletristik, seine poetischen Schriften, fand auch sein revolutionäres Gedankengut weiteste Verbreitung und prägte die nächsten Generationen. Dies wurde ermöglicht durch den höchsten Grad an Alphabetisierung den Italien vor allen anderen Ländern Europas um 1400 wieder erreichte.[136]

Nicht die Wissenschaft, sondern diese Unterhaltungsliteratur hat die Renaissance (ca. 1350-1550) ermöglicht. Die heute so genannte (italienische) Renaissance war auch kein Wiedererwachen der Naturwissenschaften sondern nur der Literatur und Kunst. Die Naturwissenschaften begannen ihren Aufstieg erst nach 1600. In den oft behaupteten "Renaissancen" des Mittelalters wurden die antiken heidnischen Schreiber hingegen nur benützt um allegorische Klischees zu füllen, als Produkte schöpferischer Einbildungskraft wurden sie nicht erkannt.[137]

Zwei wesentliche Ereignisse unterstützten indirekt die Entsthehung des Humanismus. Zum einen die Schwächung der katholischen Kirche durch das Exil von Avignon (1309-77 bzw. bis 1408). Damit stand die dominierende geistige Macht des Mittelalters erstmals für längere Zeit unter der direkten Kontrolle eines Staates. Zum anderen der Aufstieg der Städte und Händler als Folge der wirtschaftlichen Verschiebungen durch die Pest nach 1350. Dies führte paralell zum Niedergang des Ritteradels (Grossgrundbesitzes), der noch 100 Jahre zuvor im Kreuzzug nach Südfrankreich die Glaubensvorstellungen der Kirche mit Gewalt durchsetzte. Damit war nicht nur die Kirche selbst, sondern auch noch ihr wichtigstes Machtinstrument geschwächt.

Die Renaissance der Geisteswissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Humanisten sahen allgemeine Bildung am Massstab und Inhalt der Antike als ihr Ideal. Dies führte zu einem "Wiedererwachen"[138] von Teilen der antiken Kultur, was heute als Renaissance bezeichnet wird. Zunächst waren davon nur die Bereiche betroffen, die heute zu den Geisteswissenschaften gezählt werden - Kunst und Literatur. Zu Anfang vor allem die klassische Philologie, die Lehre der lateinischen (und bald auch griechischen) Sprache und Literatur. Petrarca gilt als Initiator der Renaissance der Philologie.[139] Man sah die klassischen Texte nun wieder wie in der Antike und nicht mehr als Allegorie aus der Sicht christlichen Glaubens. Vor diesem Hintergrund war Petrarca auch der erste Geschichtsforscher der Moderne und prägte diese Wissenschaft für die nächsten Jahrhunderte.[140]

Um ihre antike säkulare Weltanschauung zu fundieren machten es sich die Humanisten zur wichtigsten Aufgabe alle noch vorhandene antike Literatur zu sammeln und zu verbreiten. Bereits Petrarca hatte damit begonnen alle antiken Texte, egal welchen Inhalts, zu sammeln. Stolz besaß er auch zwei Texte antiker Landvermesser, obwohl er mit diesem Inhalt sicher nicht viel anfangen konnte.

Die humanistischen Büchersucher bestanden Anfangs aus zwei Gruppen. Zum einen die "Bürgerhumanisten" - von Petrarcas Schriften beeinflusste Kinder von Eltern die ihrem Nachwuchs etwas Bildung leisten konnten. Meist aus städtischen Kreisen, sahen sie das Leben mittelalterlicher Mönche als "schmarotzerhafte Untätigkeit".[141]

Die meisten dieser Humanisten waren in Verbindung mit der einflussreichen Bankiersfamilie der Medici aus Florenz.[142] Die Medici sind heute vor allem bekannt als Förderer berühmter Künstler wie Michelangelo und Leonardo da Vinci. Aber keine andere Familie war für das Gelingen der Renaissance überhaupt wichtiger als diese. Auf der anderen Seite waren Männer wie Petrarca, die im Verwaltungsaparat der Kirche selbst arbeiteten. Am bedeutensten vieleicht Poggio Bracciolini (1380-1459), "der Heros unter den Entdeckern der antiken Kodizes." Dieses Interesse Poggios war sicher kein Zufall, wurde er doch in seiner sehr armen Jugend von dem Medici Agenten und Büchersammler Niccoli unterstützt.[143] In dieser Jugendzeit schrieb Poggio einen interessanten "scharfsinnigen" Brief, worin er Glaubenswahrheiten, auch die christliche, als rational unbeweisbar darstellt.[144]

Im Früh- oder sogar Hochmittelalter wäre bereits Petrarca für seine Ansichten verfolgt worden. Aber Poggio war nicht nur in seinen Ansichten sondern auch im Lebenswandel das perfekte Feindbild der Kirchenväter, ein wirklicher Renaissance-Mensch.[145]

Das Konstanzer Konzil (1414-18) gilt als der Höhepunkt der Handschriftenentdeckungen, da die meisten gesuchte Texte sich in deutschen Klöstern befanden. Poggio, damals Sekretär der Kurie, war "mit offiziellen Dokumenten der höchsten Kirchenbehörden ausgerüstet" - wahrscheinlich hatte er sie sich selbst ausgestellt. Auf diese Weise konnte er den Widerstand der Äbte brechen und die Übergabe der Codizes an ihn selbst durchsetzen. Poggio über einen seiner bedeutensten Funde: "Den Ammianus Marcellinus habe ich den lateinischen Musen zurückgewonnen, nachdem ich ihn in den Bibliotheken, um nicht zu sagen: in den Kerkern der Deutschen aufgestöbert hatte."[146]

Die Codizes wurden sofort abgeschrieben und an andere Humanisten, besonders in Italien gesandt. Die Legalität des Vorgehens kann in den meisten Fällen bezweifelt werden, mitunter wurden die Bücher auch schlicht geraubt. Spätestens als ein Medici Papst wurde waren die weltliche mit der kirchlichen Gruppe der Humanisten vereinigt und bildeten eine Macht der sich kein Kloster mehr wiedersetzen konnte.


Diese Sammelarbeit wurde die Basis der modernen Wissenschaft. Sie "dauerte rund zwei Jahrhunderte, von etwa 1330 bis 1530; dann waren die Vorräte im wesentlichen erschöpft." Dies war eine "in der europäischen Geistesgeschichte einmalige Erscheinung."[147]

Ein Ergebnis der Renaissance: Moderne Übersetzungen der Klassiker...

Am Ende dieser Epoche des Sammelns waren Editionen der Klassiker erstellt die noch heute als Masstäbe philologischer Arbeit gelten. Letztlich war es diese Vorarbeit von Philologen, die es den Naturwissenschaftlern der Moderne erst möglich machte das antike Gedankengut zu erschliessen.

Mit Petrarca begann die wissenschaftliche Zitierpraxis und Textkritik[148] und damit die moderne Philologie. Dies hatte zunächst auch eine unerwartete Wirkung. Lorenzo Valla gelang darauf aufbauend 1440 durch philologische Analyse der Nachweiss, dass das bedeutenste Dokument des Papsttums eine Fälschung ist.[149] Valla entkam darauf hin nur knapp der Inquisition.[150]

Das Erbe der Antike - Kunst und Architektur Roms entzünden die Renaissance...

Die philologische Tätigkeit der Humanisten erstreckte sich nicht nur auf antike Büchertexte. Bereits Poggio fing damit an systematisch antike Inschriften an den Ruinen Roms zu sammeln. Sein Freund und ebenfalls päpstlicher Sekretär Flavio Biondo (1392-1463) führte dies fort zu seinem dreibändigen Werk "De Roma instaurata" (1446), der topographischen Beschreibung der antiken Bauwerke Roms. Dies gilt als der Beginn der modernen Archäologie.

Noch bedeutender war Biondos 32 bändiges Werk "Historiarum ab Inclinatione Romanorum Imperii", geschrieben 1439 bis 1453. Es ist die Schilderung des Niedergangs des römischen Weltreichs von 410 bis zur Gegenwart, in welcher Rom "fast bis zu dem Stande der Dinge herabgebracht worden, den es in seinem Beginn, als es klein von Hirten begründet wurde, gehabt haben soll." (Biondo).

Diese 32 Bücher "sind die erste gelehrte Geschichte des Mittelalters, die er in ähnlicher Weise, wie Petrarca die römische Geschichte aufgriff, möglichst aus den alten und eigentlichen Quellen zu schöpfen und die mittelalterliche Überlieferung bei Seite zu schieben unternahm." (Voigt)[151] Burkhardt vergleicht dieses Werk mit dem Gibbons als "voll von Quellenstudien der Autoren jeden Jahrhunderts", die Biondo sich aus ganz Europa beschaffte. Im Gegensatz dazu sieht Burkhardt die mittelalterliche Geschichtsschreibung bis dahin durchsetzt mit "wüstem Fabelwerk". Davon habe sich nun die oberitalienische Stadtgeschichte befreit, "während die Chroniken des Nordens sich noch lange mit jenen poetisch meist wertlosen, seit dem 13. Jahrhundert ersonnenen Phantasiegespinsten schleppen müssen."[152]

Biondos Geschichtswerk definierte erstmals die Zeit seit 410 als Epoche zwischen der Antike und der Moderne, als das Mittelalter "medium ævum". Wobei er sich selbst im 15. Jh. bereits in einer Zeit geistig näher der Antike und deutlich getrennt vom Mittelalter sah. Das Mittelalter sahen alle Humanisten als finstere und wertlose Zeit. Interessant aber, was man als Ursache dafür annahm. Die italienischen Humanisten, fast alle nahe dem Papsttum, sahen den Kulturverfall Italiens seit dem 5. und 6. Jh. als Folge der Eroberungzüge der Goten. Anders die deutschen Humanisten, wie Beatus Rhenanus (1485-1547). Er sieht die "wachsende Gleichgültigkeit und Dummheit" als Ursache und das Mittelalter, "media antiquitas", als Zeit zwischen Antike und dem Wiedererwachen der Bildung.[153] Damit war Rhenanus schon in der Nähe Gibbons, der 200 Jahre später direkt das Christentum der Spätantike für den Untergang Roms verantwortlich machen wird. Wie Petrarca und Biondo wurde auch Gibbon von den Ruinen Roms dazu angeregt.[154]

Den Humanisten war spätestens seit Mitte des 15. Jahrhunderts klar, dass sie in einer neuen Zeit lebten. Dies war nicht nur die Einbildung weltferner Gelehrter. Man könnte dazu auf die Kunst der Renaissance verweisen. Sie hat mit lebensechter Darstellung und verbreiteter Nacktheit erheblich mehr Ähnlichkeit mit der Antike als dem Mittelalter. Erstmals seit der Antike gibt es nun wieder reine Landschaftsdarstellung.[155] Aber noch klarer wird das veränderte Denken wieder in der Literatur. Jacob Burckhardt verweist hier auf ein zunächst unscheinbares Detail in der italienischen Volksdichtung.[156]

Im Jahr seines Todes vollendete Dante Alighieri (1265-1321) die letzte grosse Dichtung des Mittelalters; "Die Göttliche Komödie". Darin schildert er Gespräche mit Vorfahren bei einer Wanderung durch die Hölle zum Paradies. Geführt wird er durch die Hölle von Vergil, den schon einige Kirchenväter verehrten und der als untadeligster aller Heiden galt. Dante nennt ihn Meister, Vorbild und väterlicher Freund. Trotzdem muss Vergil, weil ungetauft, im ersten Kreis der Hölle zurück bleiben als Dante diese verlässt und zum Paradies hochsteigt. Als im nächsten Jahrhundert, 1464, Cosimo Medici der Ältere stirbt, verfasst Bernardo Pulci (ca. 1430-1488) ein Gedicht auf seinen toten Patron. Darin wird Cosimo beim Eintritt ins Paradies von Cicero empfangen. Cicero, der heidnische Priester, private Atheist, nun im christlichen Paradies der Renaissance. Deutlicher lässt sich der kulturelle Bruch mit dem Mittelalter kaum mehr darstellen.

Die Kopernikanische Wende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Plutarch (46 - 119) gilt als einer der bedeutensten überlieferten Autoren der frühen Kaiserzeit, "dessen Werk starken Einfluss nahm auf die Entwicklung des Essays, der Biographie und der Geschichtsschreibung in Europa vom 16. bis zum 19. Jahrhundert." (Encyclopaedia Britannica 2003) Wie bei Cicero wird dabei auch bei Plutarch übersehen welche Rolle diese beiden Autoren direkt für die Naturwissenschaften hatten.

Wahrscheinlich, weil die berühmteste Wiederentdeckung der Renaissance heute meist nicht als eine Wiederentdeckung verstanden wird: Die Kopernikanische Wende. Die revolutionäre Idee, die Erde könne mit den anderen Planeten um die Sonne kreisen und nicht das Zentrum des Universums sein. Auch in der Antike wurde dies als revolutionär empfunden. Als Aristarchus von Samos (ca. 310 - 230) die Idee propagierte wurde von seinen Zeitgenossen eine Anklage wegen Gottlosigkeit gefordert. Dies schrieb Plutarch um 100 AD und bemerkte noch Seleucus von Seleucia (um 150 v. Chr.) habe das heliozentrische System bewiesen.[157]


Dieses heliozentrische Weltmodell muss einige Bekanntheit in der Antike gehabt haben, da einige Quelle es erwähnen und Plutarch "von den Anhängern des Aristarchus" schrieb. Weder von diesen Anhängern noch von Aristarchus sind aber die Schriften dazu überliefert. Ausser Plutarch sind alle Überlieferungen die sich auf ihn oder das heliozentrische System beziehen dazu immer ablehnend. Allerdings taucht bei dem spätantiken Autor Martianus Capella (um 400 AD) ein Kompromiss zwischen geozentrirschem und heliozentrischem System auf, er lässt Merkur und Venus um die Sonne kreisen. In seinem Buch "De revolutionibus orbium coelestium" (Über die Drehung der Himmlischen Spähren, 1543) erwähnt Nikolaus Kopernikus (1473 - 1543) dieses System von Capella und die Erwähnung des heliozentrischen bei Cicero und Plutarch. Er erwähnt ausdrücklich, dass ihn die letzteren beiden zu seiner Arbeit anregten.[158]

Seleucus wurde von Kopernikus nicht erwähnt. Aristarchus in einer frühen Manuskriptfassung, aber nicht mehr im Buch. Wahrscheinlich weil er von Plutarch im Kontext mit Gotteslästerung erwähnt wurde. Eine Verfolgung durch die Kirche schien auch Kopernikus und mancher seiner Anhänger befürchtet zu haben. Er wartete deshalb Jahrzehnte mit der Veröffentlichung und das Buch erschien erst mit seinem Tode.

Ohne Wissen des Autors bekam es ein relativierendes, den Inhalt herunterspielendes Vorwort seines Herausgebers Osiander. Weil Osiander es nicht unterzeichnete musste es für den Leser als Meinung des Autors, Kopernikus, erscheinen. Rhetikus war darüber empört. Demnach sei der Inhalt nur ein mathematisches Hilfsmittel zur Berechnung und behaupte nicht die Realität darzustellen. Viele Leser hatten daher den Eindruck, Kopernikus hätte eine aufsehenerregende Hypothese vorgestellt, an die er selbst aber nicht wirklich glaube. Diese Meinung wurde von einem französichen Mathematiker und von Tycho Brahe vertreten. Kepler nahm das zum Anlass für Nachforschungen und veröffentlichte 1609 die Wahrheit über diese Täuschung.[159] Dieses Vorwort machten das epochale Werk zunächst wenig relevant, es wurde zum "Buch das keiner las".[160] Fatal war dies vor allem für die Entwicklung der Physik.[161]

Noch Johannes Kepler (1571 - 1630) und Galileo Galilei (1564 - 1642) diskutierten in einem Briefwechsel von 1597 über das Risiko sich zum "kopernikanischen" System zu bekennen.[162] Zu Galieis Zeit wurde es auch öfters "Aristarchus System" genannt.[163]

Ein 1616 katholisch "korregierter" Kopernikus...

Galilei konnte mit seinem Teleskop das ptolemaische System ausschliessen und das heliozentrische System deutlich festigen. In "Astronomia Nova" von 1609 konnte Kepler es mit den Beobachtungsdaten von Tycho Brahe letztlich unwiederlegbar machen. Mit seinen Ellipsenbahnen stellte er es auf eine neue. einzigartige Stufe. Im Jahre 1616 hat dann die Inquisition das heliozentrische System offiziell zum Irrtum erklärt. Ein Buch von Kepler dazu wurde verboten und Kopernikus Buch von 1543 durfte von nun an nur noch in korregierter Fassung vorhanden sein.[164]

Aufgrund dieser Entwicklung hielt Galilei in der Öffentlichkeit daran fest, das heliozentrische System sei nur eine Hypothese. Trotzdem wurde er 1633 von der Inquisition mit Folter und Hinrichtung bedroht. Diese Drohung war sicher ernst, im Jahre 1600 wurde Giordano Bruno in Rom lebendig verbrannt. Ein Grund dafür war Brunos Einstehen für das heliozentrische System.

Man warf Galileo vor, in seinem Buch "Dialogo" von 1632 das heliozentrische System zu positiv dargestellt zu haben. Von der Inquisition war am Ende des Buchs ein Bekenntnis zum geozentrischen System gefordert worden. Galilei tat das, hat den Text aber einer einfältigen Person in den Mund gelegt. Ignoriert wurde, dass Galilei zuvor eine Druckgenehmigung (Imprimatur) von der Zensurstelle der Inquisition in Rom und Florenz eingeholt hatte. Er wurde schliesslich zu lebenslangem bewachten Hausarest, Lehr- und Veröffentlichungsverbot verurteilt. Sein Buch wurde das berühmteste auf der Liste der aus Glaubens- und Moralgründen in katholischen Ländern verbotenen Bücher. Erst 1835 erschien in Rom eine Ausgabe des Index ohne sein Buch aufzuführen.[165] Es dauerte 350 Jahre, bis 1992, ehe der Vatikan einen Fehler im Prozess gegen Galilei einräumte und ihn rehabilitierte.

Galileis Prozess wird heute mitunter durch eine persönliche Angelegenheit zwischen ihm und dem Papst erklärt. Dabei wird übersehen, dass Galilei unter der Protektion der Medici stand. Der Papst drohte dem Medici Ferdinand II, Grossherzog der Toskana, mit Konsequenzen wenn er Galileo vor dem Prozess beschütze. Galileis Verurteilung war ein deutliches Zeichen, dass die kirchliche Macht in Italien wieder über der weltlichen stand. Auch während seines Arrests im Hause der Medici machte man dies deutlich.[166] Bei Galileis Tod 1642 wurde den Medici sogar die Abhaltung einer angemessenen Begräbnisfeier untersagt.


Als 1559 die bis 1962 fortgeführte Liste verbotener Bücher Index Librorum Prohibitorum erschien, mussten Gelehrte Teile ihrer Bibliotheken vernichten um nicht in Lebensgefahr zu geraten. Es war dies eine erste, aber nachhaltige Abkehr vom Geist der literarischen Renaissance Italiens.

Die Austreibung der Renaissance - Michelangelo`s David mit Feigenblatt...

Als nach Michelangelos Tod 1564 auf Befehl des neuen Papstes einige Nacktdarstellungen in der Sixtinischen Kapelle übermalt wurden - diese Übermalungen wurden auch in der Renovierung während der 1990ern nicht entfernt - war auch dies ein Markstein der Abkehr von der künstlerischen Renaissance.[167]

Als Galilei verurteilt wurde waren Statuen in Italien bereits mit Feigenblättern aus Gips "korregiert". Galileis letztes und bedeutenstes Buch, "Discorsi", legte die Grundlagen der Experimentalphysik. Es konnte in Italien nicht mehr erscheinen, und wurde nördlich der Alpen geschmuggelt.[168]


Mit Studenten Galileis und auf seinen letzten Arbeiten zur Experimentalphysik aufbauend gründeten die Medici 1657 in Florenz die "Accademia del Cimento", die erste Naturwissenschaftliche Akademie Europas. Sie war das Vorbild für die Royal Society in London (1660) und Frankreichs Königliche Akademie der Wissenschaften (1666). Im Gegensatz zu letzteren existierte die Akademie der Medici aber nur 10 Jahre, die Kultur Italiens konnte sie nicht mehr tragen. Obwohl nun grosse Bibliotheken bestanden ähnelte das Geistesleben des Landes für die nächsten Jahrhunderte wieder eher dem Mittelalter.[169] Die Medici selbst verschwanden im 18. Jahrhundert.

Eine Renaissance der Naturwissenschaften wurde zwar in Italien angestossen, hat dort aber nie stattgefunden. Dies blieb den Ländern nördlich der Alpen überlassen. Den protestantischen Niederlanden, Deutschland und England. Auch Frankreich im 18. Jahrhundert, nach dem es sich von den geistigen Folgen der Protestantenverfolgung wieder etwas erholt hatte.

Die Renaissance der Naturwissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Farrington über die im 16. Jh. zur Verfügung stehende antike Wissenschaftsliteratur:

"Die moderne Wissenschaft begann im 16. Jh. Anzeichen einer kraftvollen Entwicklung zu geben. Viele der Pioniere fühlten, und fühlten dies zu Recht, dass sie nur an die alte griechische Tradition anknüpften, die für über 1000 Jahre unterbrochen war. Ihre neue Wissenschaft war in ihren Augen nur eine Fortsetzung der griechischen Wissenschaft. Die alten griechischen Bücher, welche die Erfindung des Buchdrucks und die Geburt moderner Gelehrsamkeit ihnen in die Hände gab, waren die besten verfügbaren. Sie waren tatsächlich die besten up-to-date Bücher in vielen Bereichen des Wissens.
Für Vesalius und Stevin im 16. Jh. waren die Werke von Galen und Archimedes keine historischen Kuriositäten. Sie waren die besten Abhandlungen in Anatomie und Mechanik die existierten. Sogar im 18. Jh. war für Ramazzini, den Gründer der industriellen Medizin, Hippokratische Medizin noch immer eine lebendige Tradition. Ebenso wie für Vico, der tiefgründigste und originellste von allen Soziologen vor Marx, Lukrez mit seiner epikureischen Philosophie die Basis für eine neue Gesellschaftswissenschaft bieten konnte. In einem besonders deutlichen Beispiel zeigte sich die Zuverlässigkeit eines griechischen Textbuchs praktisch unerreicht bis in unser 20. Jahrhundert. Noch vor einer Generation, waren Euklid und Geometrie noch immer gleichlautende Begriffe an Englands Schulen." (Benjamin Farrington 1949)[170]


Euklids "Elemente": Schulpapyrus von Oxyrhynchus aus der Römerzeit um 100 AD. Das selbe Kapitel in einem Schulbuch aus London, 1901 AD.


Den bedeutensten Fund der Humanisten machte Poggio um 1414 im Kloster Murbach. Er fand Lukrez "De Rerum Natura" (Von der Natur der Dinge), der Epikureer Buch zur Volksaufklärung und befreite es "aus dem Gefängnis der Barbaren". Der Lukrez gehörte auch 1473 zu den ersten Klassikern die in Druck gingen. Er "verbindet philosophische Präzision und poetische Kraft in einem Ausmass ohne Beispiel in der Literatur des Westens." (Taylor) Die Wiederentdeckung diese Buchs im 15. Jh, führte zur Wiederbelegung des Epikureanismus, besonders durch Pierre Gassendi (1592-1655).[171]

Die damit verbundene Idee der Atome ermöglichte eine Naturbeschreibung die mit einem Minimum an Regeln jedes messbare Phänomen beschreiben kann. Dies ahnte bereits Kopernikus, der in seinem Buch Atome erwähnte[172] und die Erde zu einem Planet unter Planeten machte. Damit war der Weg offen die Naturgesetze von der Erde auch für andere Planeten und damit den Himmel gelten zu lassen. Letztlich war dies Demokrits und Epikurs Konzept eines "gottlosen" Universums - alle Prozesse werden durch Naturgesetze bestimmt.

Ein heute fast vergessener Vordenker dieser Entwicklung war Lucilio Vanini (1585-1619). Er war Epikureer, Pantheist, Anhänger Brunos und teilte dessen Schicksal. Aufgrund seiner beiden Bücher von 1615 und 1616 "kann Vanini als einer der ersten betrachtet werden die begannen die Natur als einen Mechanismus mit Gesetzen zu behandeln."[173]

Vanini wurde von der heiligen Inquisition des Atheismus beschuldigt, was er bestritt. Dennoch wurde er 1619 in Toulouse zum Feuertod verurteilt. Auf dem Marktplatz wurde ihm zunächst die Zunge mit einer Zange herausgerissen. Ein Augenzeuge beschreibt Vaninis Schmerzensschrei als das schrecklichste je von einem Menschen gehörte Geräusch. Danach wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Vanini war jung, intelligent, gebildet, hatte Charm und war eine charismatische Erscheinung. Er hatte ein grosses Talent in Menschen Sympathie zu wecken und "sammelte Mäzene wie Honig die Fliegen" (R.S. Westfall). Seine Mäzene waren einflussreiche lokale Persönlichkeiten, wie die Medici zu Michelangelo und Galilei. Mit der Hinrichtung Vaninis und der Art ihrer Durchführung konnte die Kirche ihren geistigen Machtanspruch gegenüber diesen liberalen Mäzenen deutlich machen. Da diese Leute zu mächtig waren um sie selbst zu bedrohen, beraubte man sie ihrer kulturellen Edelsteine und ihrer Reputation als Schutzherren.

Galilei, sich des Schicksals von Bruno und Vanini bewusst, versuchte mit seiner Experimentalphysik die Grundlagen dieser von Vanini angedachten Naturgesetze zu legen. In seinem Buch "Saggiatore" (1623) kommt er zu Aussagen wie im damals an Universitäten und ausserhalb häufig gelesenen Lukrez. Der Gefahr bewusst versucht er jedoch sie unabhängig von Lukrez herzuleiten.[174] Galilei bekam auch prompt 1625 eine Anzeige bei der Inquisition wegen Atomismus-Tendenzen im "Saggiatore". Das Dokument wurde erst 1982 von Pietro Redondi entdeckt. Redondi meint, Galileis spätere Verurteilung wegen "Kopernikanismus" war von der Kirche auch zur Abwehr des Atomismus gedacht. Eine solche Wirkung lässt sich auch nachweisen.[175]

Geheimprojekt "Vakuum"[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nun kam der Höhepunkt im Kampf um den Atomismus, ohne diesen oder gar Epikur öffentlich zu erwähnen. Es war der wissenschaftliche Nachweis des Vakuums. Nach Aristoteles konnte ein Vakuum nicht existieren. Licht könne es nicht durchdringen und daher könne es auch kein Vakuum zwischen Erde und Sternen geben.[176] Offenbar war es schon Aristoteles wichtig ein Vakuum und damit reibungsfreie Bewegung im Weltall zu bestreiten. Ausserhalb Italiens wurde schon früh über die mögliche Existenz des Vakuums diskutiert.[177]

Middleton, der die Vorgeschichte des Barometers intensiv untersuchte, glaubte ab 1610 war es direkt die kirchliche Angst vor Epikur, die der Forschung im Wege stand.[178] Um 1612 schien sich Galilei sicher ein Vakuum könne existieren[179] und in 1615 erhielt er Bericht von einem Vakuum-Experiment in Murano.[180]

In 1630 bekam Galilei einen Brief von Giovanni Batista Baliani (1582-1666). Dieser hatte beim Bau einer Wasserleitung entdeckt, dass es nicht möglich war Wasser über eine Höhe von mehr als 10 m zu saugen. Die Wassersäule riss. Baliani dachte auch an ein Vakuum und schrieb: "Je höher man geht desto weniger schwer ist die Luft."[181] Innerhalb der nächsten 15 Jahre wurden in Italien offenbar mehrere Experimente dazu unter erheblicher Geheimhaltung durchgeführt. Das aufwendigste um 1641 von Klerikern in Rom.[182]

Die entscheidende Wende brachte 1644 ein Brief von Evangelista Torricelli (1608-1647), ein Nachfolger Galileis als Mathematiker des Medici Großherzogs der Toskana, an seinen Freund, den späteren Kardinal Michelangelo Ricci (1619-1682) in Rom. Ricci zeigte ihn einem Besucher aus Frankreich der dort darüber berichtete. Erst in Frankreich wurde es auch ausserhalb kirchlicher Kreise bekannt. So verbreitete sich die Kunde vom Bau des ersten Barometers in Europa. Die Briefe[183] oder ein Bericht[184] Torricellis wurden aber nie veröffentlicht.[185]

Auch ein weiteres Experiment 1645 blieb lange geheim.[186] Bei der grossen Geheimhaltung dieses "Forschungsprogramms" wäre es durchaus möglich, dass das Torricelli-Experiment bereits zuvor von jemand anderem durchgeführt wurde.[187] Zumal Torricelli nie behauptete es als erster gemacht zu haben und er es sogar noch 1646 verschwieg.[188]

Welche Rolle andere[189] und Galilieo dabei spielten ist unklar.[190] Torricelli scheint in seinem ersten Brief über das Experiment bereits gewusst zu haben, dass der Luftdruck am gleichen Ort über Tage hinweg schwankte. Er bedauerte, dass es ihm (wahrscheinlich wegen Temperaturschwankungen) nicht gelang dies zu messen.[191] Aber woher hatte er dieses Wissen?

In Frankreich wurde dann am 19.9.1648 von Florin Perier (ein Verwandter von Pascal), unter Teilnahme vieler Zeugen, die Veränderung des Luftdrucks mit der Höhe durch die Besteigung des Puy-de-Dome nahe Clermont gemessen. Middelton: "They were witnessing one of the great moments in the history of ideas, and Perier, at least, was aware of it." Dennoch wurde auch in Frankreich noch für die nächsten Jahrzehnte die Existenz des Vakuums von vielen Gelehrten bestritten.[192]

Datei:Barometer5.jpg
Die Wiederentdeckung des Vakuums - von der Beobachtung der Dämmerung zum Barometer

Mit diesem Quecksilber-Barometer ließ sich das von Galilei postulierte Gewicht der Luft und das Vakuum direkt "sehen". Es war auch eine starke Stütze des Lehrsatzes der Epikureer, wonach das Universum nur aus Atomen und Leere besteht. Die Abnahme des Luftdrucks auf Bergen machte auch klar, dass der Raum zwischen den Planeten ein Vakuum sein musste. Was wiederum die reibungsfreie ewige Bewegung der Planeten erklärt.

Noch lange wurde von Jesuiten und kirchennahen Wissenschaftlern ein Beweis des Vakuums durch das Barometer bestritten. Eine Diskussion darüber konnte in Italien nicht mehr stattfinden.[193] Etwas später hat sich dann auf allen Ebenen die Sicht der Jesuiten durchgesetzt: "Von jetzt an gab es keinen harten Kampf mehr zwischen Ideen, der Streit wandelte sich zu einer Chronik von Strafprozessen." (Redondi) Selbst der private Unterricht, "schriftlich oder mündlich", der "demokriteischen Philosophie, also des Atomismus", wird 1691 verboten.[194]

Kurz zuvor hat in England Isaac Newton sein Buch "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica" (1687) veröffentlicht. Es enthielt eine Erklärung des heliozentrischen Systems durch die inzwischen erkannten Naturgesetze. Diese später so genannten Newtonsche Gesetze galten streng genommen nur für Atome. Sein Buch wurde die Grundlage der modernen Physik. Newtons epochales Werk war eine offizelle Publikation der Royal Society. Der Herausgeber und Initiator war der berühmteste Astronom Englands, Edmund Halley. Er schrieb als Vorwort ein lateinisches Gedicht das sehr deutliche Anlehnungen an Lukrez De Rerum Natura enthielt.[195] Ziel dieser Verbindung Newtons mit Epikur war die offene Propagierung eines Kulturbruchs, eines neuen Weltbildes. Dies sollte dann im 18. Jh., in der Zeit der Aufklärung, auch als "Newton-Literatur" sich rapide ausbreiten.[196] Farrington hält Newton für entscheidend, dass diese Aktzptanz des Atomismus im späten 17. Jh. erreicht wurde. Newton, der auch Theologe war, variierte die biblische Schöpfungsgeschichte und schrieb: "Am Anfang schuf Gott die Atome und die Leere." Damit bekam der Atomismus seine christliche Taufe von dem berühmtesten[197] Naturwissenschaftler der Anglikanischen Kirche.[198]

Eine solche christianisierung des Atomismus war im Bereich der katholischen Kirche unmöglich gewesen. Wegen seiner atheistischen Tradition Epikurs, seiner Gottlosigkeit der Physik und seiner unvereinbarkeit mit der Wandlung beim Abendmahl. Als Newtons Werk bereits verbreitet war versuchte ein Schüler Galileis, Vincenzo Viviani, dessen Rehabilitierung. In einem Antwortschreiben aus Rom von 1694 wurde klargestellt, dass man die Anschuldigung gegen Galilei erweitern und das Verbot auf "alle Autoren der modernen Physik" auszudehnen plane.[199]

So kam es, dass in den protestantischen Staaten der Aufstieg der Naturwissenschaft stattfand. Die Länder im Einflussbereich der katholischen Inquisition sollten für lange Zeit dabei nur noch eine deutlich zweitrangige Rolle spielen.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Begriff Wissenschaft kann nur ein Fach für sich in Anspruch nehmen wenn ein klar deffinierbarer Gegenstand mit logischen Methoden quantitativ oder qualitativ bewertet werden kann. Für die Naturwissenschaften mit der Möglichkeit der experimentellen Messung ist dies am einfachsten gegeben. Auch die meisten Geisteswissenschaften haben dieses Potential, sie nützen es jedoch nicht immer. Keine Wissenschaft in diesem Sinne ist die Theologie. Sie ist nur eine Lehre, da die Bewertungsmasstäbe und Ziele von Menschen vorgegeben werden und der Gegenstand nicht hinreichend deffinierbar ist.
  2. Als herausragendes Beispiel für evolutionär entstandene Kulturtradition zeigen sich die verschiedenen Lösungen des Inzucht-Problems. Während Inzest (Fortpflanzung zwischen sehr nah Verwandten) bei höheren Säugetieren meist durch die Inzest-Sperre (Abneigung von Sex ab Pubertät mit Personen mit denen man zuvor Aufgewachsen ist) verhindert wird, ist die Vermeidung von Inzucht ohne Schriftwesen schwierig.
    • Bei der sehr geringen Bevölkerungsdichte in vorgeschichtlicher Zeit bestand immer die Gefahr von Paarungen zwischen genetisch zu nah Verwandten. Bei der geringen Gruppengrösse konnten dadurch entstandene Genschäden nach wenigen Generationen zum Aussterben einer Gruppe führen. Eine evolutionäre Lösung war die traditionelle Feindschaft zu nahe benachbarten Gruppen und traditionelle Freundschaft zu weiter entfernteren. Eine andere Lösung war die Bevorzugung des Verkehrs mit Fremden.
    • Gruppen, die solche Regeln nicht hinreichend einhielten, verschwanden, lösten sich auf. Überreste dieser Traditionen gab es noch in geschichtlicher Zeit. Etwa die "Tempelprostitution" der Nahöstlichen Antike, beschrieben von Herodot. Eine Frau musste demnach im Tempel erst Verkehr mit einem Durchreisenden haben, ehe ihr die Heirat gestattet wurde. Ebenso noch im 20. Jh., wenn Eskimos ihre Frauen fremden Besuchern zur Verfügung stellten. Eine Einführung in diese Hintergründe evolutionärer entstandener Kulturtradition gibt Jost Herbig: "Im Anfang war das Wort. Die Evolution des Menschlichen", München (1984)
  3. Es ist möglich, dass fJahrhunderte zuvor bereits ein solcher Stand erreicht war. Von etwa 1100 bis 800 versank aber der Orient in eine Zeit der Finsternis, Griechenland verlor alle Schriftlichkeit. Nur Ägpyten überlebte als Zivilisation. Dem Griechen Solon wurde diese Vorgeschichte in Ägypten mit der Atlantislegende erzählt. Ägypten war wahrscheinlich immer ein religiös dominierter Staat und blieb es auch. So konnten die Griechen als erste den Sprung zur Wissenschaft machen. Sie übernahmen die Naturerkenntnisse der Ägypter und Babylonier - aber ohne deren religiösen Erklärungen dazu - und entwickelten sie weiter.
  4. "The extant remains of Egyptian and Babylonian medicine, mathematics and astronomy can be combed in vain for a single example of a text where an individual author explicitly distances himself from, and criticises, the received tradition in order to claim originality for himself, whereas our Greek sources repeatedly do that." Lloyd, G. E. R.: "The Revolutions of Wisdom" (Berkeley and London, 1957), p. 57. Lloyd gibt vielfältige Beispiele von medizinischen Abhandlungen wo ein Autor seine Überzeugung erklärt, die Beobachtung auf der die Überzeugung basiert und warum es sich unterscheidet von dem was er zuvor geglaubt hat.
  5. So genannt nach der Küstenregion an der östlichen Ägäis mit Städten wie Ephesos und Milet. Bedeutende Vertreter waren Thales, Anaximander, Anaximenes, Heracleitus, Anaxagoras, Diogenes von Apollonia, Archelaus und Hippon.
  6. Benjamin Farrington ("Die Wissenschaft der Griechen und ihre Bedeutung für uns. Von Thales bis Aristoteles", Wien 1947) bemerkt, dass wegen den grossen Bücherverlusten es schwierig ist, die enge Beziehung der ionischen angewandten Wissenschaften zur Technik mit vielen Beispielen zu dokumentieren. Dennoch fand er Beispiele, dass sowohl Mediziner als auch Astronomen bei ihren Erklärungen von Vorstellungen ausgingen, die von der Technik herkamen (S. 57, S. 100). Technologische Inspiration für Ideen waren etwa das Mischen von Farben beim Malen, die Herstellung von Brot, die Wirkung der Schleuder, Spannungen wie in Leier und Bogen, usw. Am bedeutendsten war die Klepsydra, eine Wasseruhr die auch als Wasserheber verwendet wurde (S. 41). Dies ermöglichte eine antike Vorwegnahme des modernen Experiments der Magdeburger Halbkugeln durch Otto von Guericke (1654). Damit konnte bereits in der Antike nachgewiesen werden, dass das den Sinnen nicht direkt erfassbare Medium Luft vorhanden ist und per Luftdruck erhebliche Kräfte erzeugen kann. Somit war der naturwisschenschaftliche (experimentelle) Nachweis von Kräften und Objekten jenseits der menschlichen Sinne erbracht.
  7. So auch die Erklärung, die noch Strabo in der frühesten Kaiserzeit um 30 v.C. von der Entstehung der Religion gibt. Nach Strabo wurden Mythen nicht von Poeten erfunden sondern von den Gesetzeshütern: "Sie hatten Einsicht in die emotionale Natur des denkenden Tiers. Sie argumentierten, Analphabeten und ungebildete Menschen seien nicht besser als Kinder, und wie diese vernarrt in Geschichten. Durch beschreibende Erzählungen oder andere Formen darstellender Kunst lernen sie wie schlimm göttliche Strafen und Drohungen sind und werden damit von ihren bösen Taten abgeschreckt. Kein Philosoph kann hingegen mit rationaler Ermahnung eine Meute Frauen oder irgend einen zufälligen Mob zu Ehrfurcht, Frömmigkeit und Glauben bringen. Er muss mit ihrem Aberglauben spielen, und dies kann nicht ohne Mythen und Wunder geschehen. So geschah es, dass als Schreckgespenst für die Einfältigen, die Gründer der Staaten ihr Einverständnis zu solchen Dingen gaben. Dies ist die Funktion der Mythologie und entsprechend bekam sie ihren angestammten Platz im historischen Plan einer zivilisierten Gesellschaft und ebenso in der Erklärung von Natur und Wirklichkeit." (Strabo, Geographie, I, 2, 8)
  8. Plato war ihr Urheber oder zumindest Verkünder. Farrington (1947), S. 69
  9. Astronomie in naturwissenschaftlicher Form hatte den Ruch des Atheismus. So schrieb in der frühen Kaiserzeit Plutarch (46 - 119) über die Erforschung der Sonnenfinsternis 700 Jahre zuvor: "Anaxagoras hatte zuerst auf das deutlichste und mit großem Mut über die Beleuchtungen und den Schatten des Mondes geschrieben; aber diese seine Schrift war noch zu neu und fand nicht viel Beifall, sie ging nur insgeheim unter wenigen herum, die sie einander mit Vorsicht und vertraulich mitteilten. Denn man wollte damals die Physiker und die sogenannten "Schwätzer über die Dinge am Himmel" noch nicht dulden, weil sie die den Göttern zugeschriebenen Wirkungen auf vernunftlose Ursachen, auf natürliche Kräfte und notwendige Ereignisse zurückzuführen schienen. So wurde Protagoras verbannt und Anaxagoras ins Gefängnis geworfen, aus welchem ihn Perikles mit knapper Not befreien konnte; auch Sokrates, der sich doch mit solchen Dingen gar nicht abgab, kam bloß durch seine Philosophie ums Leben. Späterhin tilgte der aufglänzende Ruhm des Plato, teils wegen des Lebenswandels dieses Mannes, teils weil er die physischen Notwendigkeiten den göttlichen und höheren Prinzipien unterordnete, die üble Meinung, die man von jenen Lehren hatte, und machte, daß sich das Studium der mathematischen Wissenschaften allgemein verbreitete." Plutarch, "Lebens des Nikias". Übersetzung aus Farrington (1947), S. 70. Ebendort Diskussion von Platos "Gesetze" §820-822 wonach ebenfalls Astronomie als gefährliche und gottlose Wissenschaft galt - vor Plato.
  10. Man sagte Platon, sie seien bereits zu weit verbreitet. Diogenes Laertius: De vitis philosophorum IX, 40
  11. Diogenes Laertius (IX, 40) in der Kaiserzeit um 230 AD: "Und soviel ist klar: Während Platon fast aller älteren Philosophen gedenkt, tut er des Demokrit nirgends Erwähnung, selbst da nicht, wo er irgendwelche Einwendungen gegen ihn anbringen müsste, offenbar weil er sich bewusst war, dass er es mit dem besten aller Philosophen zu tun haben würde, dem auch Timon in folgender Weise sein Lob hat zuteil werden lassen..." Diogenes Laertius: De vitis philosophorum (dt.) Leben und Meinungen berühmter Philosophen. Aus dem Griech. übers. von Otto Apelt, Hamburg 1967
  12. Farrington (1947), S. 84. Gemeint ist, Platon benutzte komplizierte logische Argumentationen vermischt mit mathematischen Beispielen, um scheinbar überzeugend, hoch wissenschaftlich und objekiv zu wirken. Nur hinreichend Gebildete waren in der Lage, dies zu verstehen. Aber selbst wer es verstand, hat meist nicht bemerkt wie Platon durch falsche Grundannahmen und unscharfe Begriffe gezielt manipulierte. Platons Lebenswerk zeigt, was hohe Intelligenz und rhetorische Fähigkeit erreichen können. Letztlich war es eine Auftragsarbeit des griechischen Adels. Man wollte den naturwissenschaftlich - technischen Fortschritt verhindern, da man Machteinbußen durch wirtschaftliche Veränderungen befürchtete. Um dieses kulturelle Ziel zu erreichen, setzte man erfolgreich an der Spitze der Bildungspyramide an. Ohne diesen machtpolitischen Hintergrund wäre Platons Werk bald in Vergessenheit geraten.
  13. "Wir sollten an die Astronomie herangehen wie wir es in der Geometrie machen - über die Diskussion von Problemen. Und wir sollten ignorieren, was am Himmel ist, wenn wir wirkliche Astronomie erlernen wollen." "We shall approach astronomy, as we do geometry, by way of problems, and ignore what's in the sky, if we intend to get a real grasp of astronomy," Platon, Republik, 7.530 B-C
  14. Diskussion von Platon ("Staat" X, 597) bei Farrington (1947) S. 75
  15. *"Wir beschließen unsere Darstellung Platons mit der Zusammenfassung, daß er nicht nur zur positiven Wissenschaft nichts beitrug, sondern in vieler Hinsicht sogar hemmend auf ihre Entwicklung einwirkte. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass er das Denken nicht entscheidend gefördert hätte. Vor allem ging eine mächtige Anregung zum Studium der Mathematik von ihm aus, die ein Wesenselement in dem modernen Wissenschaftsbegriff ist." Farrington (1947), S. 78
    • Allerdings: "...und es ist auch sehr zu bezweifeln, ob die Mathematik ihm eine Förderung verdankt. So urteilt z. B. Heath (a.a.O. S. 294), dass Platon in der Mathematik `über den damaligen Stand kaum hinausgekommen sein dürfte`". Farrington (1947), S. 74 und "A History of Greek Mathematics" by Sir Thomas Little Heath (1861-1940), Oxford, The Clarendon Press, 1921, Vol. I, S. 294
    • Und: "Wenn wir betrachten, wie Plato, der ein so leuchtender Geist war, das Licht der Erkenntnis ausblies, statt es anzufachen, so erblicken wir durch seine persönliche Krise hindurch die Krise der alten Gesellschaft." Farrington (1947), S. 79
  16. Farrington (1947). S. 90
  17. "De Generatione Animalium" 760 b. 27ff., zitiert in G. E. R. Lloyd: Magic, Reason and Experience (Cambridge, 1979), p. 138.
  18. Farrington (1947). S. 91
  19. Farrington nach der Diskussion des ersten Buchs von Aristoteles "Metaphysik": "Die Philosophie verhält sich demnach zu den praktischen Wissenschaften wie ein freier Mann zu seinen Sklaven." (1947) S. 94
  20. Farrington (1947). S. 95
  21. Dazu verweist Farrington auf das Werk von Rostovtzeff und schreibt: "Rostovtzeff bespricht diese Erscheinung in seinem Buche: "Die Hellenistische Welt" (S. 1166f). Er erwähnt, daß man es nicht verstand, Tiere an neue klimatische Verhältnisse zu gewöhnen, und dass man Fragen wie der Ausbeutung der mesopotamischen Ölfelder oder der Verwertung des Erdpechs im Toten Meer hilflos gegenüberstand. Er weist auf das Fehlen jeglichen Fortschritts in der Landwirtschaft hin; dasselbe gilt von der Metallbearbeitung, Man versuchte, die Mineralgewinnung zu steigern, aber man war unfähig, dies durch andere Methoden als stets vermehrte Zwangsarbeit zu bewerkstelligen. Auch die Textilindustrie vermochte sich nicht über die in der vorhellenistischen Zeit erreichte Stufe hinaus zu entwickeln. Es ist ein trauriges Bild, das uns hier entgegentritt, aber es entspricht genau dem, was Plato in seinem "Staat" und in seinen "Gesetzen" und Aristoteles in seiner "Metaphysik" gelehrt hatte. Die Stockung in der griechischen Wissenschaft ist nur ein Aspekt der allgemeinen Stagnation der griechischen Gesellschaft." Farrington (1947) S. 95f. Gemeint ist Michael Ivanovitch Rostovtzeff (1870-1952) und der dritte Band seines Werkes "The social & economic history of the Hellenistic world" Oxford 1941. Deutsch: "Die hellenistische Welt" Teil 3, Stuttgart 1956.
  22. Benjamin Farrington: Science and Politics in the Ancient World, London 1965, p. 94
  23. Taylor, C.C.W.: The Atomists: Leucippus and Democritus Fragments: A Text and Translation with a Commentary. Toronto 1999, p. 160
  24. Farrington, Science and Politics (1965), p. 124
  25. Farrington, Science and Politics (1965), p. 165
  26. Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. 1997, S. 230
  27. Benjamin Farrington: Greek Science, Its Meaning For Us, Nottingham 1980, p.253
  28. "Als erster hat er für die lateinischen und griechischen Redelehrer aus der Staatskasse jährlich 100'000 Sestertien festgesetzt." (Sueton, Vesp. 18). Hieronymus z.J. 2104 über den berühmten Rhetoriklehrer Quintilian im 1. Jh.: "Als erster hat er in Rom eine öffentliche Schule und ein Gehalt aus der Staatskasse gehabt."
  29. Die antike Schulausbildung begann mit dem Literator, dem Erlernen von Lesen und Schreiben. Die nächste Stufe war der Grammaticus, das Erlernen von literarischen Inhalten. Die letzte Stufe erst war der Rhetor, das Erlernen von Redekunst und Argumentation. Eine öffentliche Förderung des Rhetors macht nur Sinn, wenn ein genügender Teil der Bevölkerung die beiden vorangegangenen Stufen schon absolviert hatte. Denn der wohlhabende Senats-Adel war für seine Kinder auf solche Förderung nicht angewiesen und wird auch Rhetoren genommen haben mit anderer politischer Ausrichtung als die des Kaisers.
  30. Zur antiken Verbreitung der Epikureer auf Basis der Überlieferung siehe Taylor. Farrington bezweifelt, dass die Epikureer im Kaiserreich Wesentliches bewirken konnten. Er hält das römische Reich bezüglich technischer Neuerungen für so stagnierend wie die Griechen nach Plato. Grund sei Sklaverei als Basis der Wirtschaft und damit eine Abneigung gegen Erfindungen, die Arbeitskräfte freistellt. Als Beispiel führt er die Arbeiten von Lefebvre des Noettes (1920er) und Lynn White (1960er) an. Deutlichster Hinweis auf mangelnde Innovation in der Antike sei demnach, dass man kein effektives Zuggeschirr für Pferde hervorgebracht habe und daher im Landtransport, im Vergleich zum Mittelalter, stagnierte. Dieses Paradebeispiel gilt inzwischen als wiederlegt. (Spruytte, J.: "Early harness systems: experimental studies: contribution to the study of the history of the horse." London 1983). Ebenso wiederlegt ist die Annahme, die Antike hätte die Wasserkraft im Vergleich zum Mittelalter nur unzulänglich genutzt. (Andrew Wilson: "Machines, Power and the Ancient Economy", in: The Journal of Roman Studies, Vol. 92. (2002), pp. 1-32.). Auch scheint die Grundannahme, Sklaverei sei Hindernis für Innovation, durch Beispiele aus der Moderne wiederlegt. (Kevin Greene: "Technological Innovation and Economic Progress in the Ancient World: M. I. Finley Re-Considered." in: The Economic History Review, New Series, Vol. 53, No. 1. (Feb., 2000), pp. 29-59.)
  31. Cochrane zur Entwicklung des Landbesitzes im frühren Kaiserreich: "The unit of production was the latifundium which, following the great wars of overseas conquest, supplanted peasant farming; and, at least until the end of the Julio-Claudian period, there was probably a tendency towards the accumulation of estates in fewer hands, to which the only effective check was confiscation. This may be inferred from the familiar statement that, among them, six landlords possessed almost the half of Africa till Nero had them executed. Thus the imperial estates (res privata) grew till they became an important department of government." Cochrane, Charles Norris: "Christianity and Classical Culture" London 1944, p. 142
  32. Der Bau von Strassen mit Brücken und Tunneln, Häfen, einer Flotte von Grossfrachtern, Kanälen, Staudämmen, Aquedukten zur Nutzung der Wasserkraft, öffentliche Trink- und Abwasserversorgung, Bäder, Theater, Stadien und erstmals öffentliche Bibliotheken.
  33. Jones über Demokratie in der römischen Zeit: "Democracy had in these ways ceased by the beginning of the second century B.C. to be a living reality, but it remained a popular ideal. No government, however oligarchic, would confess to the hateful title of oligarchy, or even to the more respectable name of aristocracy, and the term democracy came to be watered down so that it meant little more than constitutional republican government. The cities were thus able to welcome the Romans as champions of democracy without any misgivings, despite the tendency of the Romans to favour aristocracy. ... The Roman method of controlling cities was quite frankly to place the power in the hands of the well-to-do. ... Censors enrolled the council at intervals; their choice was limited by various rules - there was for instance a minimum age and ex-magistrates had a right to a seat; and members once enrolled could not be removed from the list except for certain specified causes. ... The policy of giving the power to the upper classes was thus achieved by two principal measures. The one, the property qualification for office, probably did not actually make much difference. It gave legal sanction to what was already the general practice, making illegal for the future what had in the past been theoretically possible - that the people might elect to office radically minded politicians of humble station. Perhaps also it affected the composition of the city councils, since hitherto these would not have been completely dominated by the well-to-do. The second measure was far more revolutionary in its effects. The council was already vested with very wide powers, including a potential veto on the proceedings of the assembly. When it came to be no longer a mere committee of the assembly, renewed at frequent intervals and responsible to the popular courts for its acts, but a permanent and therefore irresponsible body, it inevitably became the governing body of the city." (Jones, 1984, pp. 170f)
  34. * John Day über Athen: "...throughout the period of Roman domination, wealth was gradually being concentrated in the hands of fewer and fewer individuals, with the result that the number of citizens able to meet the hoplite census was much smaller than it had been at the time of the Persian Wars." Day, John: "An economic history of Athens under Roman domination", New York 1942, p. 272
    • Ein Gesamteindruck von Jones, Arnold H. M.: "The Roman economy", Oxford 1974, p. 135f: "If I may venture a generalisation on the economic effects of the Roman Empire I would say that its chief effect was to promote an ever increasing concentration of land in the hands of its governing aristocracy at the expense of the population at large... The profits of Empire went for the most part to a relatively limited circle, who used them to purchase land. And most great fortunes, it may be noted, were made in politics and administration, or in the law, which was closely linked with them... The process of accumulation was gradual and uneven, but it was cumulative and extended over centuries with very little to counteract it."
  35. zu Gymnasien Zusammenfassung des überlieferten Standes bei Jones, Arnold H. M.: "The Greek city from Alexander to Justinian" New York 1984, pp. 220ff
  36. zu Hochschulen (Akademien) und ihrerm Zusammenhang mit dem lokalen Stadtrat siehe Watts, Edward J.: "City and School in Late Antique Athens and Alexandria" London 2006. Der Kaiser konnte zwar einzelne Lehrstühle finanzieren und besetzen. Das überwiegende Hauptteil der akademischen Kräfte wurde aber von Studenten und lokalen Spendern finanziert und damit kontrolliert.
  37. Jones ist überzeugt, dass zumindest die höhere (gymnasiale) Bildung im römischen Ägypten sich auf erbliche Bildungseliten beschränkte. Gymnasien wären demnach über Generationen von den gleichen Familien besucht worden (Jones (1984) p. 224). Dies entspricht auch der Praxis in den meisten modernen Staaten seit der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert. Im Unterschied dazu waren aber in der Spätantike nahezu ausschliesslich diese Stände die Nutzer. Bildung wurde zu einem exklusiven Gut.
  38. Es verhinderte die Entstehung einer grösseren verlässlichen Gruppe von Verwaltungsbeamten und Regierungsberatern. So Frederik H. Cramer: Bookburning and Censorship in Ancient Rome. In: Journal of the History of Ideas, Vol. 6, Issue 2 (April 1945) pp. 157 - 196.
  39. Praktisch alle überlieferten Texte aus dem frühen Kaiserreich sind moderat bis extrem anti- kaiserlich. Häufig werden die Kaiser und ihre Familien als Monster beschrieben. Dies ist sicher eine Folge der Auswahl im 4. Jh.. Jedoch nennt Cramer (s.o.) einige Beispiele und erwähnt Seneca`s Controveriae und Suasoriae, dass solche Pamphlete wohl nicht selten waren: "constantly mentioned flood of opposition literature in this age".
  40. Deutlich im so genannte "Lernen durch Askese", Athanasius Schrift "Das Leben des Antonius" (s.u.)
  41. Siehe Statistik bei Julian Krüger: Oxyrhynchos in der Kaiserzeit (1990), S. 150f
  42. Die Ausbreitung des Christentums begann durch Klöster auf dem Lande, vor allem in Ägypten und dem östlichen Teil des Reichs. Die Finanzierung dieser Einrichtungen kann nur über den lokalen Grossgrundbesitz erfolgt sein. So sind es dann auch kleine Bauern die über Raub und Gewalt durch Gruppen von Mönche klagen (Libanius, Reden XXX). Massnahmen gegen Christen werden fast nur von den Kaisern getroffen, kaum je vom Senat oder lokalem Adel.
  43. Eine einfache Maschine zur Getreideernte ist in der Überlieferung und in einem Steindenkmal dokumentiert. Der nur archäologisch bekannte Mühlenkomplex bei Barbegal hatte schon industrielle Grösse und zeigte einen Entwickungsstand der noch die Existenz ähnlicher Anlagen vermuten lässt.
  44. Man sah diese Entwicklung besonders in den USA und Deutschland von ca. 1850 bis 1900. Besitzer von Stahlwerken, Fabriken und Eisenbahnen hatten danach deutlich mehr Macht als die Großgrundbesitzer. Auch kamen die neuen Aufsteiger nun aus einer anderen gesellschaftlichen Schicht, nämlich aus Handel und Handwerk. Es waren Leute mit einer anderen Wissensbasis, einer mit der Experten in Landwirtschaft nicht konkurieren konnten.
  45. Watts, 2006, p. 99
  46. Theol. Plat. I 25, zitiert nach Horn, 2002, S. 444.
  47. Watts 2006, pp. 89, 124, 211
  48. Watts 2006, p. 88 n. 38
  49. (Seneca: Quaest. nat. IV.7. nach Soldan, 1990, S. 51)
  50. so Soldan, 1990, S. 69
  51. Soldan, 1990, S. 69: Ritter, Zeitz
  52. Watts 2006, p. 161
  53. Ob Sakkas sich in späteren Jahren vom Christentum abwande ist umstritten. Die anti-christlichen Neuplatoniker Porphyrus und Proklus sollen es behauptet haben. Eine solche Behauptung hielten aber bereits die Kirchenväter Eusebius von Caesarea (ca. 260-340) und Hieronymus (347-420) für verleumderisch und beharrten darauf er sei dem Christentum treu geblieben. Proklus lebte später und ist daher weniger relevant als Porphyrus. Dessen Behauptung erscheint aber selbst zweifelhaft. H. Langerbeck schrieb dazu: "Ammonius war von christlicher Abstammung, dafür können wir zweifelsfrei Porphyrus Aussage (Euseb. Hist. Eccl. IV, 19.7) heranziehen. War er ein Abgefallener? Das ist in keiner weise aus Porphyrus Worten zu erschliessen, sondern nur, dass er sich einem philosophischen Leben gewidmet hat." ("Ammonius was of Christian descent; for this, we must undoubtedly take Porphyry's word (Euseb. Hist. Eccl. IV, 19.7). Was he an apostate? This is by no means clearly deducible from Porphyry's words, but only that he devoted himself to a philosophical life.") H. Langerbeck: "The Philosophy of Ammonius Saccas: and the Connection of Aristotelian and Christian Elements Therein", Journal of Hellenic Studies, v 77:1, 1957, pp. 67-74. Die Vermutung, es könne auch einen zweiten, christlichen Gelehrten gleichen Namens etwa zur gleichen Zeit in Alexandria gegeben haben, ist daher unnötig. Gerade aus den Schriften des Origenes ist gut sichtbar, dass einem christlichen Gelehrten im 3. Jh. die platonische Philosophie sehr wohl erlaubt war und auch als brauchbar angesehen wurde.
  54. Bautz, F. W.: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band I (1990) Spalte 149
  55. Encyc. Brit. 2003
  56. Watts 2006, p. 161
  57. Dies wird klar durch das von Porphyrus verfasste "Leben des Plotinus". Demnach besuchte der 28 jährige Plotinus erst die berühmten Gelehrten der Stadt, war aber von ihren Inhalten entäuscht. Erst nach einem Tip von einem Freund fand er zu Sakkas und war sofort beeindruckt. Er blieb 11 Jahre lang sein Schüler. Nach Watts 2006, pp. 155f
  58. Watts 2006, p. 157
  59. Plotinus Eintrag in "Stanford Encyclopedia of Philosophy" vom 30. Juni 2003 http://plato.stanford.edu/entries/plotinus/
  60. Watts 2006, pp.167 und 173 n. 16
  61. Ob Arius als Neuplatonist gelten kann ist umstritten, die Verwendung wesentlicher neuplatonischer Elemente in seinen Schriften aber gesichert. Watts sieht dies als Ergebnis der weiten Verbreitung dieser Lehre um 300. p. 172f)
  62. Watts 2006, p.175
  63. Watts 2006, pp. 177ff
  64. Watts 2006, p. 98
  65. Watts 2006, p. 243
  66. Rüegg, Walter: Antike Geistswelt, Bd. I, Hanau (1986), S. 227ff
  67. Watts 2006, p. 125
  68. alle Zitate von Watts, 2006, p. 127f
  69. Watts 2006, p. 225
  70. Watts 2006, p. 235
  71. Watts 2006, p. 236
  72. Watts, 2006, pp. 257f
  73. Bei ihm findet sich keine Erwähnung des Atomismus oder der Epicureer. Auch nicht bei anderen jüngeren Autoren wie Haas und Dzielska.
  74. Ein Hydroskop ist kein "astrological instrument" wie Watts (City and School, 2006, p. 12) fabulierte. Es ist ein noch heute in Labors gebräuchliches Instrument zur präzisen Messung der Dichte von Flüssigkeiten. Indirekt kann man damit auch die Konzentration von Alkohol oder Salzen messen. Nach Sarton ist dies die erste Erwähnung eines solches Gerätes in der Literatur - obwohl es sicher schon Jahrhunderte früher erfunden wurde. (Sarton, George: Ancient Science and Modern Civilization, New York 1959, p. 83). Synesius bittet in einem Brief zwischen 394 und 413 AD Hypatia ihm eines zu schicken. Wieder ein Hinweis wie extrem gering die Überlieferung technisch - naturwissenschaftlicher Literatur ist.
  75. Herophilus begann dort die systematische Sektion menschlicher und tierischer Körper. Man legte dort die Grundlagen der funktionalen Anatomis auf die später noch Galen aufbaute. Heron von Alexandria ist der bekannteste antike Ingenieurwissenschaftler, er baute die erste kybernetischen Maschinen. Berühmte in Alexandria wirkende Vorgänger in diesem Bereich waren Ctesibius und Philon. Theon war der letzte Astronom der in Alexandria als Vorsteher des Museums astronomische Messwerte erfasste und in dieser Eigenschaft auch über Messgeräte schrieb. Claudius Ptoelamaios behauptete zwar nahe Alexandria seine Beobachtungen gemacht zu haben, er gehörte jedoch mit ziemlicher Sicherheit nicht zu den akademischen Kreisen des Museums.
  76. Diese wurde von einigen jüngeren Autoren in Zweifel gezogen, da die Chronik des John Malalas (ca. 491-578) sie bei ihrem Tode 415 als "ältere Frau" beschreibt. Wohingegen die Suda sie ausdrücklich als "sehr schön" beschrieb. Rist (1965) sah mit Lacombrade (1951) die griechische Wortwahl bei Malalas nicht im Widerspruch zu einer Datierung um 370. Malalas gilt nach der Encyclopedia Britannica 1911 ohnehin als zweifelhafte Quelle: "possesses little historical value... contains astonishing blunders" mit dem Ziel christlicher Propaganda: "written not for the learned but for the instruction of the monks and the common people."
  77. Dies geht auf die Suda zurück. Demnach wurde Hypatia bekannt während der Regierungszeit von Kaiser Arcadius, welche von 395 bis 408 ging. Es gibt keinen Grund seine Regierungszeit mit dem Jahr 383 beginnen zu lassen, wie manche jüngere Autoren es tun. Seine Ernennung zum Augustus im Alter von 5 Jahren in 383 machte ihn nur zum vorbestimmten Thronfolger.
  78. Sie hatte Schüler wie Synesius von Cyrene (ca. 370-414) etwa ab 395 AD. Wie wissen von Proklus, dem herausragenden Neuplatoniker seiner Zeit, dass seine beschleunigte Ausbildung selbst im Alter von 28 noch nicht abgeschlossen war. (Watts 2006, p. 100). Für einen neuplatonischen Lehrer fordert Dzielska (Hypatia of Alexandria, 1995) - sicher zu Recht - ein deutlich höheres Alter als seine Schüler. Dass Hypatia "explained publicly to those who wished to hear either Plato or Aristotle or any other of the philosophers." (Suda), macht sie weder zur neuplatonischen Philosophin noch gar zu einer neuplatonischen Lehrerin. Es ist erstaunlich wie Dzielska 1995 in Hypatia eine Neuplatonikerin sehen konnte obwohl Rist dies schon 1965, sogar unterstützt durch Syensius Zitaten Statistik, überzeugend ausschliesen konnte. (J. M. Rist: "Hypatia", Phoenix, Vol. 19, No. 3. (Autumn, 1965), pp. 214-225.)
  79. Synesius von Cyrene war etwa von 393 bis 397 Schüler in Alexandria. Aus seinen Briefen geht hervor, dass Hypatia seine Lehrerin war. Möglich ist aber, dass zumindest Anfangs ihn noch Theon unterrichtete. Um ab ca. 395 unterrichten zu können musste Hypatia aber noch keine 20 gewesen sein. Sie wurde als Wunderkind beschrieben das schon in frühen Jahren ihrem Vater bei wissenschaftlichen Arbeiten half. Unterrichtet von ihrem Vater könnte sie schon als Teenager das Tutor Niveau erreicht haben. Eine Meldung vom 16.12.08: "16-Jähriger jüngster Uni-Absolvent. Zusätzlich arbeitet er als Tutor für die Fakultät für Informatik. Start der akademischen Karriere mit 13 Jahren..." ist nicht sehr ungewöhnlich im mathematisch naturwissenschaftlichen Bereich. Eine internationale Liste aus jüngster Zeit zeigt noch extremere Beispiele als für Hypatia angenommen. Der Reiz eines Studiums bei Hypatia dürfte auch die Verbindung ihrer Familie mit dem Museon und der legendären (und 393 sicher nicht mehr vorhandenen) Bibliothek von Alexandria gewesen sein.
  80. "Damascius, who knew much more about Hypatia's important position in Alexandria than we do, did not hesitate to elaborate on this point: he states briefly and unequivocally that the whole city "doted on her and worshiped her." She was also showered with civic honors." (Dzielska, 1995, p. 90)
  81. Dzielska (Hypatia of Alexandria, 1995) schrieb "ostrakois aneilon" mit Anmerkung: R. Hoche, "Hypatia die Tochter Theons," Philologus 15 (1860), S. 462, claims (like Gibbon before) that they were seashells, for Caesarion was located close to the shore, near the Great Port (Haas, pp. 215-216).
  82. Nach Gesetz des Constantius sollte in den Provinzen Zauberern und Magiern die leugneten "mit eisernen Haken das Fleisch von den Knochen gerissen werden." Nach Soldan, 1990, S. 82. Dort: Cod. Theod. Lib. IX. tit. 16.1.4.5.6.
  83. "Hypatia and Her Mathematics" by Michael A. B. Deakin, in: The American Mathematical Monthly, March 1994, Volume 101, Number 3, pp. 234-243. und Deakin at ABC Radio, Sunday, 3rd August, 1997: "Hypatia of Alexandria"
  84. "Would we not expect to have heard of all this? Would it not be shouted from the rooftops? Would it not be possible to walk into any bookstore and buy a biography of this woman? Would not her life be common knowledge? You would think so, but such is not the case." Der Mathematiker und Historiker Michael Deakin at ABC Radio, s.o.
  85. Die antike Quelle: "der Terror derer genannt Parabalani", Haas, 1997, p. 315
  86. "Because of these cryptic references, the evolution of the parabalani from a dedicated confraternity of hospital attendants to a band of ecclesiastical Brown Shirts is hidden from our view and has consequently spawned more than a little speculation." Haas, 1997, p. 237
  87. Haas, 1997, p. 305
  88. Es gab eine kaiserliche Untersuchung. Die daraufhin erfolgte Einschränkung der bischöflichen Macht war aber eher symbolisch und nur für kurze Zeit. (Haas, 1997, p. 314f). Das Fehlen einer Bestrafung ist damit gesichert und kann nicht durch Mangel an überlieferten Dokumenten erklärt werden.
  89. Bei den Landungen hinterliesen die Astronauten Spiegel auf dem Mond. Damit konnte man durch Laserstrahlen die Entfernung zum Mond auf Meter (heute cm) genau messen. Dies sollte die Mondbahn so genau vermessen wie keine Himmelsbahn zuvor. Es gelang darüber sogar eine Bestätigung von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Voraussetzung war eine theoretische Beschreibung der Mondbahn nach Newtonscher Physik auch unter Einbeziehung der Reibung. Das Erde - Mond System ist bei hoher Genauigkeit reibungsbehaftet. Ebbe und Flut, die Gezeiten, verändern im Laufe der Zeit die Umlaufbahn des Mondes. Da sich dieser Effekt nur schwer theoretisch berechnen lässt suchte man nach alten Aufzeichnung. Der Physiker R. R. Newton beschäftigte sich daher in den 1960ern mit antiken Zeitangaben von Sonnen- oder Mondfinsternissen oder Sternbedeckungen. Die wichtigsten waren die des Ptolemaios. Damit wurden die Angaben des Ptolemaios mit den modernsten Mittel der Astronomie überprüft.
  90. Es gab bereits einen Vorlauf in Fachzeitschriften und einen Nachlauf in weiteren Büchern Newtons zu Detailfragen.
  91. * "Ptolemaios beschreibt seine Beobachtungsinstrumente und betont, er habe seine Messungen "mit größter Zuverlässigkeit" ausgeführt. Das ist, wie Newton mit Recht sagt, ein absichtlicher Betrug." (van der Waerden, 1988, S. 261)
    • "Newton's thesis, for which the evidence is strong, would largely destroy Ptolemy's reputation as an astronomer..." (Thurston, 1994, p. 171)
    • "Final Remark: To my mind, the most remarkable thing about the whole affair is not Newton’s intemperate language, arising no doubt from frustration at not being able to use data from the Syntaxis in his own researches, coupled with disdainful treatment by the historical (not astronomical) establishment. Nor is opposition to Newton particularly surprising; the establishment often digs in its heels and puts on blinkers when a radical and ingenious proposal is set forth. No: the remarkable thing is that Delambre’s devastating and irrefutable proof that Ptolemy lied about his "observations" of the equinoxes and solstice was ignored for so long." (Thurston, 1998)
  92. To my astonishment, I found that Delambre (Delambre, J.B.J.: Histoire de l'Astronomic du Moyen Age, Chez Mme. Veuve Courcier, Paris, 1819), on p. 1xviii, gave the calculations relating to the solstice and to one of the equinoxes. He used the introduction to his study of medieval astronomy in order to answer comments that had been made about his study of ancient astronomy. For this reason, I did not discover his calculations in my original study of ancient astronomy. So far as I know, Delambre`s was the first publication of any of the calculations, and he was the first person who produced the unanswerable argument that Ptolemy's alleged equinoxes and solstices were fabricated. I do not know of any publication of the argument between Delambre's and mine. (Newton, 1977, p. 93)
  93. Während Kopernikus in seinem eigenen Buch scheinbar voll auf Ptolemaios Messungen aufbaute, hat er vor Rhetikus offenbar den Verdacht von Fälschungen geäussert. Rhetikus erwähnte dies kurz in einem seiner Werke. WP User Claude_J hat hier in einem jüngeren Buch (Martin Carrier "Kopernikus", Beck Verlag, 2001) darauf Hinweise gefunden.
    Als Beleg führt Carrier Zekls Ausgabe der Kopernikus Schriften "Das neue Weltbild", Meiner Verlag 1990, S. LXVIII an. Grund sind teilweise die Fehler bei der Überlieferung der Werke des Ptolemäus, Kopernikus vermutete aber anscheinend auch, das die Beobachtungen teilweise gefälscht waren. Carrier schreibt (S.84), Kopernikus habe eine scharfe Kehrtwendung vollzogen in seinem Hauptwerk und hege "den Verdacht, die Alten selbst hätten bei Bedarf Hand an ihre Aufzeichnungen gelegt".
    Kopernikus sagte, dass die "meisten Beobachtungen der Alten nicht unvoreingenommen seien" sondern manipuliert. Die richtigen Werte müssten mühselig von diesen korrupten Werten gesondert werden. Diese entscheidenden Stellen sind offenbar nach Zekl (Kopernikus "Das neue Weltbild", Meiner, S. LXIX) in der "Vorrede für die Ephemeriden 1551" (Leipzig 1550, Faksimile) von Rheticus, abgedruckt lateinisch in Prowes Kopernikus Biographie, Bd.2, S.387ff. Seine Biografie über Kopernikus, die dies ausführlicher behandelt haben dürfte, ist leider verschollen. Wahrscheinlich galt Ptolemaios noch als so angesehene Autorität, dass Kopernikus ihm zwar eine Fehlannahme aber nicht bewusste Fälschung unterstellen durfte.
  94. Brahe und Kepler arbeiteten um 1600 mit Christian Severin (Christen Sørensen "Longomontanus") zusammen. Dieser scheint es als erster bemerkt zu haben, dass die Messungen von Pt zu exakt mit den Berechnungen zusammenfielen:
    "If we check on the accuracy of Ptolemy's observations we find, to our surprise, that the equinoxes are more than a day out, and the solstice is out by a day and a half. Christian Severin, about A.D. 1600, was the first person to suggest the obvious explanation - that Ptolemy did not observe the equinoxes and the solstices but calculated their times from the times of the three earlier observations, using Hipparchus's value for the length of the year [112]. And if you do just that - start from an autumn equinox at the time cited by Hipparchus, calculate when the autumn equinox 285 years later should occur, taking a year to be 365.25 - 1/300 days, and round the result off to the nearest hour - you will get exactly the time and date cited by Ptolemy. The same applies to the other equinox and the solstice." (Thurston, 1994, p. 140)
  95. "Ptolemy said that he measured the latitudes and longitudes himself. But as long ago as the late-sixteenth century Tycho Brahe suggested that Ptolemy compiled his list by correcting an earlier list (by Hipparchus) for precession," (Thurston, 1994, p. 152)
  96. van der Waerden, 1988, S. 285, S. 304 und Dennis Rawlins (1987): "Ancient Heliocentrists, Ptolemy, and the Equant", in: American Journal of Physics, 55, pp. 235-239
  97. van der Waerden, 1988, S. 146
  98. van der Waerden hat die von Plutarch verwendete Wortwahl genauer analysiert. Er kam zum Ergebnis, dass Seleukos wahrscheinlich die Konstanten des heliozentrischen Systems durch Beobachtungsadaten bestimmt hat. Auch muss er gelehrt haben, wie man aufgrund dieser Theorie die Planetenpositionen berechnen konnte, also wie man damit ein Tafelwerk erstellt. (van der Waerden, 1988, S. 149ff)
  99. van der Waerden, 1988, S. 151ff; Dennis Rawlins (1987) der Nachweis heliozentrischer Datengrundlage bei Plinius für Venus und Mars in p. 238 item c. Und: Dennis Rawlins: "Ancient Planet Tables' Long­Cycle Ancestries" DIO 11.2, Oct. 2003, pp. 34ff.
  100. Das moderne heliozentrische System entstand durch die Beobachtungen von Tycho Brahe und ihre mathematische Analyse durch Kepler innerhalb 40 Jahren. Zur Zeit Hypatias waren sicher deutlich mehr Beobachtungsdaten vorhanden als Kepler sie hatte - was die Ermittlung der Ellipsenbahnen ganz erheblich vereinfacht. Auch hatte Hypatia eher mehr mathematische Kenntnisse als Kepler. Dessen Grundkenntnisse zur Analyse der Ellipsenbahnen bassierten auf einem griechischen Werk des Apollonius von Perga (ca. 262 - 190), von dem bekannt ist, dass sogar Hypatia einen Kommentar dazu schrieb. Zu den Ellipsenbahnen brauchte es nur noch der Entdeckung des Vakuums um Isaac Newtons Schrift "Principia Mathematica" zu ermöglichen. Von Brahe bis Newton in nur 100 Jahren. Das soll die Antike in 600 Jahren nicht auch erreicht haben? Die Bedingungen in der Antike - die Zahl der Beobachtungen, der Stand der Mathematik, die Kenntnis des Vakuums - waren deutlich bessere Voraussetzungen als im Europa des 17. Jahrhunderts. Ein Teleskop war dazu weder in der Antike noch im 17. Jh. nötig.
  101. "We may recall here that as a result of her teaching Synesius was able to construct an astrolabe (De dono 4)." Dzielska, 1995, p. 73
  102. Dies geht aus den Briefen ihres Schülers Synesius hervor. Die heute noch erhaltenen Briefe stammen wahrscheinlich (wie die Schrift des Horapollon über die Bedeutung der Hieroglyphen) aus dem Archiv der "Früh-Inquisition" und sind offenbar das Ergebnis einer nachrichtendienstlichen Überwachung. Da er, obwohl Student einer berühmten Heidin, Bischof wurde, ist ein solches staatliches Interesse auch naheliegend. Synesius scheint diese Überwachung zumindest geahnt zu haben. Denn er erwähnt in Brief 137, er könne über manche philosophischen Dinge nicht schreiben, da die Briefe in Fremde Hände fallen könnten.
  103. In den letzten 30 Jahren wurde zwar über die Fälschung des Ptolemaios diskutiert. Wenig wurde dabei aber der primitiven, geradezu frechen Präsentation der gefälschten Messwerte gedacht. Er beschrieb seine Messgeräte und betonte mehrfach selbst gemessen zu haben obwohl diese Geräte nie die Genauigkeit haben konnten um seine Theorie so exakt zu bestätigen. Dieser Punkt erscheint im Wiederspruch zu den deutlichen mathematischen und astronomischen Kenntnissen die Ptolemaios gehabt haben musste. In der Verdammung des Ptolemaios hat sich noch niemand die Frage gestellt ob er tatsächlich Urheber dieser Fälschung war. Ptolemaios war Astrologe um 140 AD und Horoskope auf Basis seiner geozentrischen Tafelwerke wurden als Papyri gefunden. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass er auch der Verfasser des heute bekannten Almagest ist. So fehlt im Almagest eine deutliche Kritik anderer Systeme, besonders des heliozentrischen. Und wie konnte ein solches Werk mit diesen sich selbst entlarvenden "Beobachtungswerten" mehrere Jahrhunderte der gelehrten Antike überhaupt bestehen? Jeder Student der Astronomie hätte es entlarven können. Eine Erklärung wäre, dass nicht Ptolemaios sondern Hypatias Vater Theon Autor des Almagest war. Er schrieb positive Kommentare zu Ptolemaios Werk etwa um 380 AD. Also zu einer Zeit, als Ammian von der grausamen Verfolgung von angeblichen Zauberern im griechisch sprechenden Teil des Reiches berichtete. Wo Leute aus Angst vor diesem Terror ihre ganzen Bibliotheken verbrannten. Theon hätte damals zu den gefärdetsten Leuten gezählt. Hatte er eine Vereinbarung mit den neuen Herrschern getroffen um sein Leben und das seiner kleinen Tochter zu retten? Er war die fähigste Person um ein Buch über den Kosmos zu schreiben, das mit dem neuen christlichen Weltbild vereinbar war. Was heute in diesem Buch als äusserst dreiste Fälschung erscheint, könnte eine von ihm absichtlich eingebaute Schwachstelle sein. Die religiösen Auftraggeber, ohne Erfahrung in astronomischer Messung, hätten dies nicht bemerken können.
  104. Dzielska, 1995, p. 59
  105. "For this reason, too, everything that Herculianus, Olympius, Synesius, Hesychius, and their close colleagues heard from their "common teacher" on the topic of the mysteries of philosophy, they kept in deep secret... Convinced that their association reflected the cosmic laws and interdependencies, they promised to themselves to preserve in secrecy all they saw at Hypatia's "with their own eyes" and heard "with their own ears."" (Dzielska, 1995, p. 59). Dzielskas Interpretation, ein "Betriebsgeheimnis" sei typisch für Philosophenschulen der Spätantike, ist sicher richtig. Bei Hypatias naturwissenschaftlichem Hintergrund sollte man da aber mehr vermuten als die damals übliche heisse Luft neuplatonischer Spinner. Zumal wohl Übereinstimmung besteht, dass Hypatia mit "Theurgie" und ähnlich okkultem nie zu tun hatte. (Watts 2006, p. 191 + 195)
  106. Dzielska, 1995, p. 95
  107. Damascius: "Und während sie noch nach Luft schnappte schneideten sie ihre Augen heraus; so brachten sie die grösste Befleckung und Schande über die Stadt." Leben des Isidor fr. 105 = Athanassiadi 43E - so zitiert und refferenziert auf Seite 336 von Edward Watts: The Murder of Hypatia: Acceptable or Unacceptable Violence?, in: Drake, H.A. (Ed.): Violence in Late Antiquity - Perception and Practices, Hampshire 2006
  108. "...Catherine, Alexandria's most beloved and best-known saint and martyr.19 Students of the legend of Catherine have noted that her story, which began to take shape around the eighth century, contains motifs derived from Hypatia's biography.20 Catherine appears in her passiones not only as a young, beautiful virgin but also as a scholar proficient in geometry, mathematics, and astronomy, devoted to the wisdom of the Greeks. Her persecutor, the emperor Maxentius (as the author of the Life calls him), invited fifty of the most distinguished rhetoricians and philosophers from throughout the empire, commanding them to prove Catherine's ignorance and the folly of her religious beliefs. In the presence of the emperor, Catherine countered the wise men's arguments and in addition converted them to Christianity. Nevertheless, the emperor sentenced her to torture and death. The legend connects the events with the persecution of Christians during the reign of Diocletian." (Dzielska, 1995, p. 119)
  109. Cynthia Stollhans (1998), beschäftigte sich mit der Darstellung der heiligen Katherina. Nach Symeon Metaphrastes, aus dem 10. Jh., wurde Katherina entkleidet und mit den Nervensehnen eines Bullen grausam zu Tote gepeitscht. Danach ihre Überreste zwei Stunden lang verbrannt. In "The Golden Legend" von Jacobus de Voragine aus dem 13. Jh. las Katherina schon als Kind Platon und war im geheimen zum Christentum konvertiert. Sie wurde auf Befehl des heidnischen Kaisers entkleidet und gefoltert mit Zahnräder die ihr das Fleisch vom Körper reissen sollten. Von solchen grossen zahnbestzten Rädern berichtete auch Pietro Aretino in seiner Geschichte der heiligen Katherina 1540. Das Eingreifen von Engeln verhinderte ihren Tot. Kathrina mit den Zahnrädern wurde eine häufiges Motiv der Renaissance Malerei. Interessant, dass Stollhans in ihrerem Artikel nie Hypatia erwähnt. Dieser historische Zusammenhang war ihr offenbar nicht bekannt.
  110. Dzielska verweist auf B. A. Myrsilides, der Anfang der 1970er in der Nähe von Denizli, am Fluss Pyramos, Ruinen einer Kirche fand die nach einer Inschrift "St. Hypatia Catherine" geweiht war. (Dzielska, 1995, p. 119)
  111. Ein Beispiel wie sich Ptolemaios Fälschung anfänglich auswirkte: "Al-Battani also estimated the length of the year by comparing the time of the autumn equinox in A.D. 880 with the one recorded by Ptolemy in A.D. 139. His result is 2.5 minutes too small (compared with modern estimates of the average length of the year at that date) [143]. Most of the error is due to Ptolemy, who put his equinox a day too late; had he put it on the right day al-Battani's estimate would have been only half a minute too small." (Thurston, 1994, p. 194)
  112. Newton 1977, p. 365
  113. Keplers entscheidender Durchbruch gelang ihm nur da er sich über die Grösse des Fehlers in Tychos Beobachtungen sicher war - deutlich weniger als die 6 Bogenminuten die er als Anomalie in der Marsbahn fand. Kepler hatte sich also mit den Fehlern bei Beobachtungen eingehend beschäftigt. Ihm könnte daher die unmögliche Genauigkeit von Ptolemaios klar gewesen sein. Sollte Kepler dies in seinen Schriften erwähnt haben, so ist dies wahrscheinlich von den Historikern bisher ignoriert worden. Denn den meisten Historikern ist selbst heute die Fälschung des Ptolemaios noch unbekannt.
  114. Diogenes Laertius erstellte in der Antike eine Liste seiner 156 Titel in etwa 400 Rollen mit zusammen 445'270 Zeilen Text. Sowohl über die Anzahl der Titel als auch über das Textvolumen kommt man auf einen Verlust von etwa 75 %. (B. Lukács: A Note to the Lost Books of Aristotle. Budapest 2004)
  115. Die Ionische medizinische Schriftsammlung "Corpus Hippocraticum" ist nicht einem einzelnen Autor zuzuordnen. Sie war wahrscheinlich Teil einer später editierten Fachbibliothek. Pöhlmann: Einfuehrung (1994), S. 20; Farrington: Greek Science, (1980), p. 112
  116. "Of his works, wich according to the list preserved in Diogenes Laertius "Life" [Ethik 8, Physik 25, Mathematik 12, Musik 8, Künste 8, Diverses 9] were many encyclopedic in scope, including astronomy, mathematics, literature, epistemology, and ethics, none survive. Ancient sources preserve almost three hundred purported quotations, the great majority on ethics... Our knowledge of the metaphysical foundations and physical doctrines of atomism relies on the doxographical tradition originating from Aristotle, who discusses atomism extensively." Tayler (1999), p. 158
  117. Farrington: Science and Politics (1965), p. 125
  118. "Aber es ist doch wesentlich, dass man die häretischen und vor allem die heidnischen Bücher - und das war schliesslich die Masse des vorhandenen Literaturbestandes - von allen 'simplices' fernhielt. Wer diese Bücher studieren wollte, musste nicht nur einen langen Vorbereitungsweg beschreiten, sondern sich auch ständig im Sinne der Kirche bewähren, die fast allein imstande war, darüber zu bestimmen, welcher Fortgeschrittene diese oder jene Standardwerke in die Hand bekam. Für den engeren Bereich des Klosters sagt Isidors Regula Monachorum Kap. 8 dies ganz sinnfällig. Die "Synonyma" und die späteren Werke Isidors lassen erkennen, wie man durch ständige Auswahl anf eine ziemlich kleine Elite derer hinzielte, denen das Studium der gefährlichen Literatur - solcher Werke, wie sie später auf dem Index standen - zwar auch nicht nahegelegt, aber doch gestattet wurde. Hauptgrund für diese Toleranz dürfte auch nur die Tatsache gewesen sein, dass man gezwungen war, sich mit gebildeten Heiden und Häretikern auseinanderzusetzen: Man musste deren Werke und die Arbeiten ihrer Vorbilder und Gewährsmänner kennen, um sie erfolgreich widerlegen oder ihnen zumindest standhalten zu können. Wer für eine solche Aufgabe nicht vorgesehen war, hatte keinen Grund, und damit strenggenommen auch keine Berechtigung, sich mit häretischen und heidnischen Büchern zu befassen..." Diesner, Hans-Joachim: Isidor von Sevilla (1977), S. 103
  119. Freeman, Charles: The closing of the Western mind : the rise of faith and the fall of reason, London (2003): "The struggle between religion and science had now entered a new phase, one which is beyond the scope of this book. What cannot be doubted is how effectively the rational tradition had been eradicated in the fourth and fifth centuries. The "closing of the Western mind" has been ignored for all too long. I hope this book rein-vigorates debate on this turning point in European history." (p. XIX). "In the fourth and fifth centuries A.D., however, faith in this last sense achieved prominence over reason. The principles of empirical observation or logic were overruled in the conviction that all knowledge comes from God and even, in the writings of Augustine, that the human mind, burdened with Adam's original sin, is diminished in its ability to think for itself. For centuries any form of independent scientific thinking was suppressed." (p. 5)
  120. Die allein textkritische Ermittlung der Überlieferung des Lukrez machte Karl Lachmann 1850 berühmt und gilt als bedeutendstes Beispiel der Textkritik überhaupt. Hunger (1961). Zu Lachmanns Vorläufer und zur geringen Rezeption des Lukrez im MA: Reynolds, L.D. (Ed.): Texts and Transmission, Oxford 1983
  121. Freeman (2003), p. 326
  122. Freeman (2003), p. 327ff.
  123. Weinberg, Julius Rudolph: "Nicolaus of Autrecourt: A Study in 14th Century Thought" Princeton 1948
  124. Pfeiffer, Rudolf: Die Klassische Philologie von Petrarca bis Mommsen. München 1982, S, 31
  125. Horst Rüdiger (1961): Die Wiederentdeckung der antiken Literatur im Zeitalter der Renaissance, in; Hunger (1961), S. 520
  126. Auch Petrarca verwendete Anfangs noch diese Metapher wenn er von seinem hoch verehrten Cicero schrieb. Wie Petrarca die Metapher später aufnahm und umwandelte untersuchte ausführlich Theodore E. Mommsen in "Petrarch's Conception of the 'Dark Ages'", Speculum, Vol. 17, No. 2 (Apr., 1942), pp. 226-242.
  127. "Seine Begeisterung für Cicero gehe auf den Vater zurück; noch bevor er die Schriften inhaltlich habe verstehen können, sei er durch «verborum dulcedo quaedam et sonoritas», eine gewisse Anmut und die klangliche Schönheit des Stiles, gefesselt worden. Um eine Schrift Ciceros zu erwerben, habe er auf andere Genüsse verzichtet. Doch eines Tages habe der Vater seine Sammlung ins Feuer geworfen, weil sie ihn vom juristischen Studium abgelenkt habe; durch seine Tränen gerührt, habe der Vater aber Vergil und Ciceros Rhetorik aus den Flammen gerettet, den einen für die Erholung, den anderen zum Studium." Horst Rüdiger (1961), S. 530f. Petrarca verlies mit 14 Jahren sein Elternhaus zum Studium der Juristik. Das beschriebene Ereigniss dürfte zuvor geschehen sein.
  128. Walser zum von den Humanisten entwickelten Kritizismus: "Und endlich: als oberster Richter in allen menschlichen Dingen wird keine Bücherautorität mehr, kein philosophus Aristoteles anerkannt, sondern lediglich der gesunde Menschenverstand. Diese letzte und größte Errungenschaft des Kritizismus brauchte am längsten, um sich durchzusetzen: das war eine Art von Individualismus, die jeder bis auf unsere Tage sich mühsam selbst erwerben muß, statt daß er bequemlich am altüberkommenen Strumpfe weiterstrickt." Walser, Ernst: Gesammelte Studien zur Geistesgeschichte der Renaissance. Basel 1932, S. 118f
  129. von Albrecht, S. 446
  130. Th. Zielinski: Cicero im Wandel der Jahrhunderte, 1929, S. 244, nach von Albrecht, S. 446
  131. Voigt über die christliche Kultur des Mittelalters:
    • "Im steten Kampfe mit der heidnischen Welt waren sie gross gewachsen, und wenn auch noch so kümmerlich, glimmte doch zu allen Zeiten der Funke des Heidenthums unter den Trümmern seiner Tempel fort, es blieb, auch besiegt, mit seinen freien, durch Kunst verschönten Lebensanschauungen immer noch ein furchtbarer Feind...
    • Man führt dann wohl den Rigorismus Gregors des Grossen als Beweis an, wie tief und mit welcher Verachtung zu seiner Zeit die heidnischen Dichter unter die Füsse getreten seien, aber gerade dass Gregor sich genöthigt glaubte, energisch gegen ihre Lesung anzukämpfen, zeigt uns doch wieder, dass der Sinn dafür und die verführerische Macht dieser Todten keinesweges dahin war.
    • Alcuin verwies dem Trierer Erzbischof seine Liebe für Virgilius, den Lügendichter, der ihn den Evangelien entfremde, obwohl sein eigener Geist im Umgange mit Virgilius und Cicero und anderen Alten einst seine Reife erlangt. (Epistt. 216. 243 in den Monum. Alcuiniana edd. Wattenbach et Dümmler. Dazu Vita Alchuini § 10.)
    • Der Abt Wibald von Korvey, der von Cicero's Sentenzen und Wortschmuck mächtig angezogen wurde und seine Werke sammelte, verwahrte sich doch ängstlich vor dem Gedanken, mehr als Ciceronianer wie als Christ zu erscheinen, und versicherte, dass er sich bei solchen Studien nur wie einen Späher im feindlichen Lager ansehe. (Schreiben des Propstes Rainald von Hildesheim an Wibald und dessen Antwort in den Monum. Corbeiensia ed, Jaffe No. 207. 208.)
    • Selbst als der Kampf mit den Resten des Heidenthums wirklich in den Hintergrund trat, als das Ringen der römischen Bischöfe mit der Kaisergewalt die Gemüther in Anspruch nahm, als dann im Schisma der kirchlichen Gewalten die Wissenschaft vorzugsweise bemüht war, theologische und kanonistische Waffen zu schmieden, selbst damals konnte man sich eines furchtsamen Grauens noch nicht erwehren gegenüber den bezwungenen Mächten, die wie gefesselt in der Hölle, aber doch noch lebend und Rache sinnend drohten. Die Zeit der Griechen und Römer erschien als eine Nacht, in welcher die Menschen unreine Dämonen angebetet; diese Dämonen aber, mit denen einst der christliche Glaube gebrochen, webten im Aberglauben ihr unheimliches Dasein fort." Voigt, Georg: Die Wiederentdeckung des classischen Alterthums. Berlin 1960, unveränderter Nachdruck von 1895, Bd. I, S. 7)
  132. "Das zeigt exemplarisch der geistige Werdegang des Kirchenvaters Hieronymus, seines Zeitgenossen, der im Laufe seines Lebens deutlich unterscheidbare Positionen zu Wert oder Unwert klassischer antiker Bildung bezog. Anfangs von der Möglichkeit einer Harmonisierung heidnischer Bildung und christlichem Glauben überzeugt, verwarf er in mittleren Jahren radikal die Auffassung, pagane Kulturtradition und Christentum seien vereinbar. In diese Zeit fällt sein berühmter Angsttraum, in dem ihn Gott tadelt, er sei kein Christ, sondern "Ciceronianer", d. h. ein heidnischer Intellektueller. Das hinderte Hieronymus aber nicht, im Alter das antike Erbe, Grammatik und Rhetorik, wieder hochzuschätzen. ... Immerhin - seit diesem Angsttraum wurde das Erbe antik-klassischer Bildung von vielen christlichen Intellektuellen als schwere innere Bedrohung empfunden. Wie ein roter Faden zieht sich diese tiefe Sorge über den Mönchsvater Johannes Cassianus (ca. 360-430/35) und Papst Gregor den Großen, der sich vehement verbat, "das Orakel der Heiligen Schrift den Regeln des Grammatikers Donatus zu unterwerfen", bis zu den Gebildeten des Mittelalters." Friedrich Prinz: "Europas geistige Anfänge", in: Die Zeit, 12. Juni 2002
  133. "... das Mittelalter als ein vorwiegend konservatives Zeitalter war von Mißtrauen gegenüber dem Neuen erfüllt gewesen. Neuerer galt als ein Schimpfwort; nur das Alte war schätzenswert. Diese Gesinnung mag ein Zitat aus einem mittelalterlichen Autor, dem Kanonikus Adelmann von Lüttich, belegen: »Von den Vorfahren ist alles vortrefflich geordnet; nichts Neues kann mehr geschaffen werden; ja Gott haßt die Neuerer.« Daher verstand das Mittelalter jeden Fortschritt nur als eine Wiederherstellung des Alten." August Buck: Das Geschichtsdenken der Renaissance, Schriften und Vorträge des Petrarca-Instituts Köln, Bd. IX, 1957. S. 17
  134. Mommsen (1942)
  135. *Diese Passge ist am Ende von "Africa", Petrarca`s bedeutenstem Epos. Er schildert darin Roms Sieg über Karthago und Aufstieg zur Weltmacht. Erstmals wurde damit die historische Überlieferung einem breiteren Publikum bekannt. Ziel Petrarcas ist jedoch nicht eine Verherrlichung des Krieges, sonderm im Gegenteil eine Lobpreisung der Errungenschaften der Antike. Am deutlichsten wird dies, als er im 8. Buch die karthagische Delegation anlässlich der Friedensverhandlungen durch die Stadt Rom führen lässt. Petrarca erfand diese Episode um die ihm bekannten dunklen Ruinen Roms in ihrem frühren lebendigen Glanz zu beschreiben.
    • Petrarcas Ziel bei der Erschaffung des Epos war die Herbeiführung einer geistigen Wende, eine Wiederkehr des antiken Denkens. Unterstützt wurde er darin von seinem Patron König Robert von Neapel. Dieser lies sich das Epos vortragen und bat Petrarca es ihm zu widmen. Damit machte er sich zum Schutzherrn über den Dichter und sein Werk. Höhepunkt war aber seine Krönung Petrarcas zum Dichterkönig auf dem Kapitol von Rom. Dies erfolgte nach einer überlieferten Schilderung aus dem frühen Kaiserreich und wurde so das erste mal seit über 1000 Jahren wieder vollzogen. Als Zeitpunkt wählte man auch noch demonstrativ das christliche Fest der Wiederauferstehung, Ostern im Jahre 1341. Ermöglicht wurde dies, weil die Führung der Kirche 1309 Rom zwangsweise verlies und seit dem im französischen Avignon residierte.
    • Als Robert von Neapel 1343 starb betrachtete Petrarca sein Projekt einer Renaissance als gescheitert. Er hoffte aber kommenden Generationen würde es gelingen. Bis dahin empfiehlt er seinen Anhängern sich vorsichtig und unauffällig unter dem Volk zu verbergen. Bei Gleichgesinnten solle man in Bescheidenheit den Anbruch einer neuen Zeit abwarten. Tatsächlich kam diese Zeit innerhalb weniger Jahrzehnte nach Petrarcas Tod. Das Schlusswort von "Africa" verfasste Petrarca unmittelbar nach dem Tod seines Patrons:
    Der Gastgeber und Freund der Musen, der als einziger Mensch unserer Zeit den Studien die gebührende Ehre zu verleihen wusste,[445] er ist nicht mehr! Mit ihm ist zugleich auch unsere Hoffnung gewichen. Glücklich die, die vormals in jenen besseren Zeiten [der Antike] gelebt haben! Ach, könnte ich doch ... Nein, vergeblich und nichtig ist mein Wunsch! Es gibt kein Zurück. Wir sind ganz am Ende der Zeit zu spät gekommen, und ein grimmiger Jupiter blickt aus einem feindlichen Himmel auf uns. [450] Wir müssen mit unserem Los zurechtkommen und unseren Sternen folgen, wohin sie uns führen - sonst zwingen sie uns mit sich.
    Mir ist es auferlegt, mein Leben zu führen in einer Welt in mitten eines wechselhaften verstörenden Sturms. Aber auf dich warten vielleicht bessere Jahrhunderte, falls du mich lange überlebst - dies erhoffe [455] und wünsche ich mir! Nicht alle Jahre wird dieser Schlaf des Vergessens anhalten! Vielleicht zerstreut sich das Dunkel, und unsere Enkel können zum reinen Licht von einst zurückkehren.
    Dann wirst du sehen, wie auf dem Helikon ein Stamm neu ergrünt, wie der heilige Lorbeer Laub trägt. Dann werden wieder hohe Begabungen [460] und gelehrige Geister entstehen, in denen die eifrige Bemühung um ehrenvolle Studien die alte Liebe zu den Musen verdoppeln wird. Du sollst eifrig darauf bedacht sein, meinen Namen wiederzuerwecken! Soweit du es vermagst, soll mir nach dem Tod zumindest auf diesem Weg mein Ruhm zuteil und meiner Asche Ehre erwiesen werden.
    Süsser wird mir das Dasein [465] unter jenen Menschen sein, und mein Nachruhm wird meines Grabes spotten. Bis dahin aber gehe bitte mit wachsamem Schritt und unerkannt durch die dumpfe Masse der Völker hindurch und lasse sie hinter dir; sie werden dich gerade einmal von fern aus ihrer Haustür grüssen. Ach, wie wenige Behausungen wirst du im Erdkreis finden, wie selten [470] einmal gastfreundliche Unterkunft! Doch wenn dir dein Schicksal einen Freund der wahren Tugend begegnen lässt, dann bitte ihn unverzagt um einen abgeschiedenen, engen Platz unter seinem ärmlichen Dach. Und dort wirst du ein bejahrtes Antlitz bekommen und altern, lieber allein und stets in der Fremde als von üblen Menschen begleitet, [475] bis du an den Beginn einer anderen Zeit gelangst.
    Dann bitte werde wieder jung, sobald ein gütiges Licht auf die Dichter leuchtet und ein Zeitalter erstanden ist, das den Guten gewogener ist. Wenn es mir als jungem Mann möglich war, dich in deiner Jugend unversehrt aus der Mitte der Flammen zu entreissen und dich über die schwellenden Wogen davonzutragen, [480] so bitte ich dich jetzt als Greis: Hüte dich vor solchen Dingen aus eigener Kraft, wenn ich nicht mehr bin! Trotze der gefrässigen Zeit, die alles ohne Ausnahme verschlingt, trotze den rasch dahinschwindenden Tagen, trotze der Sonne, die die Jahrhunderte vertilgt, und trotze den traurigen Bissen des Neides! [Ende]
    • In Anlehnung an die jüngste Übersetzung von Bernhard Huss und Gerhard Regn, Mainz (2007). Der Kommentarband dieser Ausgabe gibt den Stand der Forschung gut wieder. Besonders das Nachwort "Petrarcas Rom: Die Geschichte der Africa und das Projekt der Renaissance" skizziert die Bedeutung. Ein Epos, das eine Epoche von 1000 Jahren beendete.
  136. Es könnten bis zu 5% der Gesamtbevölkerung Italiens gewesen sein, einzelne Städte wie Florenz bis 30%. Verglichen mit der Antike war dies gering, aber ein bedeutend höherer Grad als noch im 13. Jh. mit nur 1% der Gesamtbevölkerung. Diese Bilddungsbasis war eine wesentliche Vorraussetzung für den Start der Renaissance. Siehe etwa: Cipolla, Carlo Maria: Literacy and development in the West (1969)
  137. "Nicht als Wesen mit ihrem Widerspruch oder gar als brüderlich verwandte Menschen erscheinen die Dichter der Vorwelt dem Mittelalter, wie erst Petrarca sie wieder verstehen wird, vielmehr als Verfasser nützlicher Kollektaneen voll moralistischer, mythologischer oder poetologischer Klischees. Dichtung wird grundsätzlich nicht als Produkt der schöpferischen Einbildungskraft verstanden; ihr Genuß ist an die Filterung durch die Allegorese gebunden. Die Enzyklopädie, das Florilegium, das Lehrbuch jeder Art, auch die romanhafte Unterhaltungsliteratur oder die Kursiositätensammlung in den Nationalsprachen bedienen sich des überlieferten Stoffes, oft ohne Rücksicht auf äußere oder innere Glaubwürdigkeit. Die Aneignungsweise ist unkritisch und unhistorisch; sie unterliegt den höheren Forderungen des Heilszusammenhanges, für dessen Deutung der Stoff benötigt wird (Aristoteles in der Scholastik). Horst Rüdiger (1961): Die Wiederentdeckung der antiken Literatur im Zeitalter der Renaissance, in; Hunger (1961), S. 515.
  138. Albrecht Dürer (1471-1528) schrieb 1523 wörtlich von der "Wiedererwachung" der antiken Kunst und Ästhetik. (Mout (1998), S. 285). Das Wort Renaissance bedeutet Wiedergeburt.
  139. Rudolf Pfeiffer vergleicht Petrarca direkt mit dem Wirken der "frühhellenistischen Dichter, die eine entscheidende Rolle bei der Entstehung der Philologie in Alexandria spielten." Pfeiffer, Rudolf: Die Klassische Philologie von Petrarca bis Mommsen. München 1982, S. 17
  140. "Petrarca war der erste, der sich vom Stil der mittelalterlichen Chroniken, Annalen und Viten lossagte und Auszüge und Paraphrasen der echten antiken Quellen - ohne sie wörtlich zu zitieren - mit gelegentlichen eigenen Ergänzungen und Korrekturen verband. Darin folgten ihm drei Jahrhunderte lang die Autoren, die über römische Geschichte schrieben; denn bis ins späte siebzehnte Jahrhundert bestand kein Bedürfnis, Livius durch ein modernes Geschichtswerk zu ersetzen.27" 27: A. Momigliano, "Contributo alla storia degli studi classici", Storia e Letteratura 47 (1955) 75. In: Pfeiffer, Rudolf: Die Klassische Philologie von Petrarca bis Mommsen. München 1982, S, 22
  141. Rüdiger (1961), S. 518
  142. "Mit dem Sammeln von klassischer Literatur entsteht in der Renaissance der Typus des modernen Privatsammlers, der von nun an aus dem europäischen Kulturleben nicht mehr wegzudenken ist. Sein Urbild ist der Sonderling Niccolo Niccoli (1364-1437), Sohn eines reichen Kaufmannes, der sein Vermögen für Kodizes ausgab, aber auch Bankkredite Cosimos von Medici (reg. 1434-64) in unbeschränkter Höhe in Anspruch nehmen durfte. Niccolis Bibliothek enthielt rund 800 Bände, die er zum Teil selbst kopiert hatte: nicht um die Schreiberlöhne zu sparen, sondern aus philologischer Gewissenhaftigkeit." Rüdiger (1961), S. 519
  143. Voigt, (1960), Bd II, S. 7
  144. Walser, Ernst: Poggius Florentinus, Berlin 1914, S. 36f
  145. "Seinem Charakter nach eine der zweideutigsten Figuren unter den Humanisten, war er beruflich als päpstlicher Schreiber und Sekretär tätig. (Ähnliche Ämter an der Kurie hatten eine Zeitlang Leonardo Bruni und Lorenzo Valla, 1407-57, inne.) Poggio trug ebenfalls Priesterkleidung, ohne auch nur die niederen Weihen empfangen zu haben. Es kostete den für (angeblich) vierzehn außereheliche und einige eheliche Kinder treu sorgenden Familienvater, der mit 56 Jahren seine Konkubine im Stich ließ und ein achtzehnjähriges Mädchen heiratete..." Rüdiger (1961), S. 520.
  146. Rüdiger (1961), S. 547
  147. Horst Rüdiger (1961), S. 517. Voigt (1960) gibt den Zeitraum der Entdeckungen von 1330 bis 1430 an, danach fand man nur noch wenig. Voigt, Georg: Die Wiederentdeckung des classischen Alterthums. Berlin 1960, unveränderter Nachdruck von 1895
  148. Rüdiger (1961), S. 549
  149. In "De falso credita et ementita Constantini donatione declamatio" (1440). "...Vallas Nachweis, daß der angebliche Briefwechsel zwischen Seneca und dem Apostel Paulus unecht ist. In der Declamatio beweist Valla, daß die Schenkungsurkunde, mit der Kaiser Konstantin bei der Verlegung der Reichshauptstadt nach Konstantinopel den römischen Bischöfen das Westreich übergeben, ihnen kaiserliche Insignien verliehen und den Lateranpalast überlassen haben soll, eine durchsichtige Fälschung darstellt. Damit war der weltliche Herrschaftsanspruch der Kirche überhaupt in Frage gestellt. Die geschichtlichen Folgen von Vallas Nachweis wirkten über die Reformation (Huttens Angriff gegen das Papsttum auf Grund von Vallas Schrift, 1518) bis zum Risorgimento fort (Aufgehen des Kirchenstaates im Königreich Italien, 1870)." Rüdiger (1961), S. 554
  150. "Cecco d'Ascoli war nicht der einzige Zeitgenosse, welcher der Inquisition zum Opfer fiel; auch Valla entkam einem Ketzerprozeß um Haaresbreite und nur mit Protektion König Alfonsos F. von Neapel (reg. 1416 bis 1458)." Rüdiger (1961), S. 548
  151. Voigt (1960) Bd. II, S. 493
  152. Burckhardt, Jacob: Die Kultur der Renaissance in Italien. Berlin, 1930 (1. Aufl. 1859), S. 174
  153. Pfeiffer (1982), S. 110f
  154. "Es war in Rom, am 15. Oktober 1764, als ich sinnend zwischen den Ruinen des Kapitols saß und die Barfüßermönche im Tempel des Jupiter die Vesper singen hörte, dass erstmal die Idee in mein Bewusstsein kam über den Verfall und Untergang dieser Stadt zu schreiben." Edward Gibbon: Memoirs of My Life and Writings, (1796). Penguin Edition, London 1984, p. 16
  155. Ohne Menschen das erste seit der Antike war Altdorfers "Regensburger Landschaft" um 1525. (Encyclopedia Britannica 2003)
  156. Burckhardt (1930), S. 402
  157. Der Mathematiker und Astronomiehistoriker B. L. van der Waerden hat die von Plutarch verwendete Wortwahl genauer analysiert. Er kam zum Ergebnis, dass Seleukos wahrscheinlich die Konstanten des heliozentrischen Systems durch Beobachtung bestimmt hat. Auch muss er gelehrt haben, wie man aufgrund dieser Theorie die Planetenpositionen berechnen konnte. ("Die Astronomie der Griechen", Darmstadt 1988, S. 149ff) Neben diesem Hinweis gibt es noch andere Indizien, wonach nach das heliozentrische System in der Antike weiter verbreitet war als es die überlieferten Texte glaubhaft machen wollen. So ist das geozentrische System des Ptolemaios, das die Astronomie das ganze Mittelalter über dominierte, von einem heliozentrischen Berechnungssystem abgeleitet. Dazu van der Waerden S. 151ff und besonders sicher Dennis Rawlins: "Ancient Planet Tables' Long­Cycle Ancestries" DIO 11.2, Oct. 2003, p. 34ff. Auch der Nachweis heliozentrischer Datengrundlage bei Plinius für Venus und Mars in: D. Rawlins "American Journal of Physics" 55 pp.235-239 [1987] p.238 item c.
  158. "Und ich fand tatsächlich in Cicero, dass Hicetas eine Bewegung der Erde vermutete. Später entdeckte ich auch in Plutarch, dass bestimmte andere dieser Ansicht waren ... Daher, nach dem ich die Anregung aus diesen Quellen erhielt, begann auch ich die Bewegbarkeit der Erde zu erwägen." Nikolaus Kopernikus, Widmung an Papst Paul III., Vorwort zu "De Revolutionibus", 1543
  159. "That Osiander and not Copernicus was the author of the strange preface, does not seem to have become generally known for a long time,... but it certainly is to be regretted that Copernicus had until then [1609] in the eyes of many people lain under the imputation of having proposed a startling hypothesis while believing it to be false.2" "2 It was a statement of the French mathematician liiimus (liiimus ist sicher ein Fehler im elektr. Buchtext) in which induced Kepler to defend Copernicus against this accusation, which had also been made by Ursus (Kepleri Opera, i p. 245)." Dreyer, History of the Planetary Systems, 1905, p. 321
  160. Arthur Koestler prägte die Phrase "the book nobody read" in "The Sleepwalkers" (1959; dt.: Die Nachtwandler: das Bild des Universums im Wandel der Zeit, 1959). Diese Einschätzung beruhte auf dem mageren wissenschaftlichen Echo bis Ende des 16. Jahrhunderts. Dies wurde in den 1970er Jahre erhärtet durch die Feststellung, dass der Teil des Buchs, in dem Kopernikus die neue Kosmologie diskutierte, in den überlieferten Exemplaren deutlich weniger Randnotizen hatte als der Rest. (Westman, 1975, p. 181). Diese Ansicht wurde für Owen Gingerich zur Herausforderung eine Überprüfung aller noch vorhandenen Ausgaben des Kopernikus zu machen. Als er das Gros untersucht hatte kam er 1986 zum gleichen Ergebnis: "It is fascinating to discover how rarely the earlier, cosmological portions of the treatise are annotated with any serious degree of perception." (Gingerich, 1986). Nach der Veröffentlichung des Census 2002 schrieb Gingerich dann ein Buch über seine Forschung. Er gab ihm 2004 den Titel "The Book Nobody Read". Er erwähnte darin Koestlers Behauptung und die vielen Randnotizen die er während des Census fand. Gingerich am Ende über Koestler: "He was wrong. Dead wrong." Ein Leser, der mit der Vorgeschichte aus den 1970ern nicht vertraut ist, muss den Eindruck gewinnen, Gingerich habe Koestlers Behauptung wiederlegt. Während er sie tatsächlich bestätigte - allerdings ohne es nach 2000 noch zu erwähnen. Für mich typisch Gingerich. Die meisten seiner Papers führen Laien, wenn überhaupt wo hin, dann in die christliche Irre - ohne es sie auch nur erahnen zu lassen. Er gehört auch zu den führenden Apologeten von Ptolemaios. Obwohl er im privaten Gespräch dessen Fälschung durchaus sieht.
  161. Nämlich, dass man auf einer sich bewegenden Erde die Bewegung nicht wahrnimmt. Und, dass ein sich bewegendes System ohne Reibung seine Bewegung dauerhaft beibehält. Galilei hatte dies schon erkannt. Aber erst Newton gelang auf dieser Basis aufbauend die Gesetze der Physik zu präsentieren. Das Vorwort von Osiander hat mehrere Generationen von Forschern von diesen Gedanken abgehalten.
  162. Mout, Nicolette: Die Kultur des Humanismus, München 1998, S. 281
  163. Beispiele dazu in: White, Andrew Dickson: "A history of the warfare of science with theology in Christendom", New York (1896)
  164. Gelöscht werden musste im Vorwort ein Teil von Kopernikus Widdmung an Papst Paul III. Es war eine Passage in der er den heiligen Lactantius (ca. 250 - 320) und dessen Irrtum einer flachen Erde erwähnte. Lactantius war einer der bekanntesten und am meisten gedruckten Kirchenväter, er galt damals auch als der "christliche Cicero". Es mussten weiter alle Textstellen gelöscht werden in denen Kopernikus seine Ansicht äusserte die Erde wäre in Bewegung. Alle Stellen wurden aufgelistet und auch einzufügende neue Texte bestimmt. Ein Kapitel war komplett zu löschen. Diese Korrekturen waren von den Besitzern der Bücher durch übermalen, überkleben oder ausschneiden selbst zu vollziehen. Das von Galileo selbst korrigierte Exemplar seiner Bibliothek ist noch erhalten. Lediglich bei einer Neuauflage wären keine Spuren der Korrektur mehr sichtbar gewesen.
  165. Gingerich, Owen: "The Book Nobody Read", London 2004, p. 146
  166. Als Galilei schwer erkrankte bat er schriftlich um Erlaubnis einen Arzt in Florenz aufsuchen zu dürfen. Dies wurde ihm verweigert, mit dem Zusatz, bei weiteren Anfragen würde man ihn einkerkern,
  167. Wenn manche Historiker die Renaissance bereits 1527 enden lassen, so würde eines der berühmtesten Werke Michelanglos, "Das Jüngste Gericht" (fertig 1541) nicht mehr zur Renaissance gehören. Gerade dieses Gemälde aber entfachte die grösste Kontroverse die zu den Übermalungen führte. Es war daher eher Höhepunkt und Endpunkt der Renaissace.
  168. *Der Titel war "Discorsi e Dimostrazioni Matematiche intorno a due nuove scienze" und erschien so wie geschrieben in italienisch bei Louis Elzivier 1638 in den Niederlanden. Deutsch: "Unterredung und mathematische Demonstration über zwei neue Wissenschaften", gemeint waren Mechanik (speziell Elastizitätstheorie) und Kinematik (Bewegungstheorie). Die lateinische Fassung erschien bereits 1635 in Strassburg als "Systema cosmicum." Dieser Titel war auch passender. Denn Galilei wiederlegte darin die Idee von Aristoteles fünftem Element. Nach Aristoteles solle sich dies im Weltraum befinden und "von seiner Natur her" alle offenen Fragen erklären. Vor allem die Frage nach der Reibung.
    • Galilei erkannte, dass ohne Reibung eine Bewegung ewig dauert. Und, dass dieser experimentelle Befund auch im Weltraum sowie überall im Kosmos gilt. Diese allgemeine Gültigkeit experimenteller Befunde an jedem Ort zu jeder Zeit war das vom ihm gefundene "Systema Cosmicum", die Grundlage der modernen Physik. Auch hatte er in dem Buch bereits mindestens zwei der später von Isaac Newton so genannten Bewegungsgesetze (heute "Newtonsche Gesetze") vorweggenommen. Zusammen mit den schon zuvor veröffentlichten Gesetzen von Kepler und der Fliehkraftformel von Huygens war Newton damit alles vorgegeben um 1687 sein epochales Werk "Philosophiae Naturalis Principia Mathematica" zu veröffentlichen. Im Gegensatz zu Galilei musste Newton keine Gefahren wegen "Atomismus" befürchten.
  169. Über die Bibliotheken Italiens im 17. und 18 Jh.: "Im Vordergrund steht der Gedanke der Repräsentation: in großen Sälen soll der ganze Bestand wirkungsvoll aufgestellt sein. Die Benutzung spielt eine bescheidene Rolle. Den Leserkreis vermag man sich zahlenmäßig kaum klein genug vorzustellen in einem Lande, wo nur ein schwacher Prozentsatz der Bevölkerung lesen und schreiben kann, geschweige denn Interesse für literarische Fragen zeigt. Die Bildung liegt fast völlig in den Händen der Geistlichkeit, deren Angehörige im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung außerordentlich zahlreich sind. Die Stadt Bologna hat z. B. im Jahre 1784 69700 Einwohner, 38 Männer- und ebenso viel Frauenklöster mit 12059 Religiösen. Der "abate" herrscht auch in den Bibliotheken. (...) In dieser Hinsicht wurde nun auch nicht der geringste Druck durch die Benutzer der Bibliotheken ausgeübt. Es gab keine öffentliche Meinung, welche eine gewisse Kontrolle bewirkte, auch keine Studenten, die für ihre Studien auf die Bibliotheken angewiesen waren. Universitätsbibliotheken existieren in Italien im 18. Jahrhundert noch kaum. Die Universitäten selbst sind im ganzen zu einem Nichts zusammengesunken; für ihren bescheidenen, stark schulmäßigen Betrieb sind Bibliotheken nicht erforderlich - höchstens die Professoren bedienen sich der wenigen vorhandnen Bücherschätze. Dieser Zustand erhält sich bis weit in das 19. Jahrhundert, ja in gewissem Umfang bis in die Gegenwart hinein." Axel von Harnack: Die italienischen Bibliotheken von der Aufklärung bis zur Gegenwart. in: Leyh, Georg (Hg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft, Band 3,2 - Geschichte der Bibliotheken, Bd.2, Wiesbaden 1957, S. 493f
  170. "When modern science began to show signs of vigorous life in the sixteenth century many of the pioneers felt, and rightly felt, that they were but resuming the old Greek tradition which had been interrupted for over a thousand years. Their new science was, in their eyes, a continuation of Greek science. The old Greek books, which the invention of printing and the birth of modern scholarship were putting into their hands, were the best available, were, in fact, the most up-to-date books in various departments of knowledge. For Vesalius and Stevin in the sixteenth century the works of Galen and Archimedes were not historical curiosities. They were the best anatomical and mechanical treatises in existence. Even in the eighteenth century for Ramazzini, the founder of industrial medicine, Hippocratic medicine was still a living tradition, just as for Vico, the most profoundly original of all sociologists before Marx, Lucretius, with his Epicurean philosophy, could supply a basis for the new science of society. In one striking example the validity of a Greek text-book remained virtually unchallenged till our own century. A generation ago Euclid and geometry were still synonymous terms in English schools." Benjamin Farrington: Greek Science, Its Meaning For Us, Nottingham 1980, p. 153. Dies ist eine posthume Auflage mit einem Vorwort des Wissenschafthistorikers Joseph Needham über seinen Kollegen. Die ersten Auflagen waren 1944 und 1949.
  171. Nach Taylor: The Atomists, p. 160
  172. "Wie umgekehrt sehr kleine, unteilbare Körperchen, die sogenannten Atome, wenn man sie zwei- oder mehrmals nimmt, um ihrer Unmerklichkeit willen nicht sofort einen wahrnehmbaren Körper bilden, aber so oft genommen werden können, daß sie endlich ausreichen, um zu einer wahrnehmbaren Größe anzuwachsen." N. Kopernikus: "Über die Umdrehungen der Himmelskörper." Aus seinen Schriften und Briefen, Posen 1923, S. 24
  173. "On the basis of these works Vanini can be seen as one of the first who began to treat nature as a machine governed by laws." Richard S. Westfall, (The Galileo Project).
  174. So Pietro Redondi in seiner Studie zum Atomismus bei Galilei und seiner Zeit. Redondi, Pietro: Galilei - der Ketzer, München 1983, S. 65f
  175. "Nach allem, was geschehen war, konnten Galileis Schüler nicht mehr so einfach in der Öffentlichkeit von der Struktur der Materie, von materiellen oder mathematischen Atomen und auch nicht von der Naturphilosophie, von "Farbe, Geruch, Geschmack" sprechen. Die Anschuldigung gegen Galileis Naturphilosophie zwang sie dazu, die Verstellung ihres Meisters nach der offiziellen Verurteilung zu imitieren: die Kunst der intellektuellen Vorsicht. Veröffentlichen konnten sie nur im Bereich der Mathematik und der Experimente." Redondi (1983), S. 293
  176. "Des weiteren, Licht kann ein Vakuum nicht durchdringen. Man kann also nicht hindurchsehen und daher kann es zwischen der Erde und den Sternen kein Vakuum geben." Nach (Middleton, 1964. p. 2)
  177. Isaac Beeckman (1588-1637), who was born at Middelbourg in Holland. wrote 1614, and in 1618 in thesis for MD at University of Caen, ,,, Beeckman in a letter to Father Marin Mersenne in Paris on October 1, 1629: "You bring forth good arguments about the vacuum. Indeed, if a vacuum is said to exist in the pores of air, water, lead, etc., or if all the space between the outermost bound of our atmosphere and the stars is said to be empty, nothing follows that is absurd. Really, although the philosophers babble about the necessity of all things being united, of the propagation of accidents and visible appearances in the air, of the impossibility of motion in a vacuum, etc., these seem to me to be old wives' tales; for I admit nothing in philosophy, unless it is represented to the imagination as being perceptible to the senses." (Middleton, 1964. p. 7)
  178. "The time was certainly ripe for the revival of the belief in the possibility of a vacuum, but to the clerics the very name of the vacuum was anathema, being associated with the atomistic theories of Epicurus and Lucretius,8 which were felt to be heretical." (Middleton, 1964. p. 5)
  179. (Middleton, 1964. p. 5)
  180. "In a letter to Galileo dated April 11, 1615, Giovanfrancesco Sagredo explains how he had a vase made in the glassworks of Murano, and sealed up while it was very hot, so that when it cooled the "fiery spirit" (lo spirito igneo) escaped, and very little air was left within. This was proved in two ways: (1) he had had a little hawk's bell left inside, and when it was cold and the bell was moved, no sound was made "se non in quanto percoteva nel vetro et, per conseguenza, faceva un suono esterno" (except in so far as it struck inside the glass and, in consequence, made an external sound); (2) the mouth of the cold vase was broken open under water, which entered and nearly filled it. (Galileo, Le Opere, ed. nat, XII [1902], 168.)" (Middleton, 1964. p. 17)
  181. (Middleton, 1964. p. 9)
  182. Es wurde von Caspar Berti in Zusammenarbeit mit bedeutenden Gelehrten wie Pater Athanasius Kircher durchgeführt. Ein 10 m Bleirohr an einer Hauswand, mehrere Glasgefässe. Ventile, Leitungen und Magentkraft zur Schallerzeugung im Vakuum wurden verwendet. Man konnte sich am Ende nicht auf ein Ergebnis einigen. Erst viele Jahre später, nach Torricelli, wurde es von einigen Beteiligten beschrieben. Damals soll Galilei Kenntnis davon gehabt haben und die Verwendung von Quecksilber statt Wasser vorgeschlagen haben. (Middleton, 1964. pp. 10ff, p. 20)
    • Middelton zur Bedeutung dieses Falles: "If an experiment as fundamental as Berti's had been performed three hundred years later, the scientific world would have echoed with it. In the twentieth century medals are awarded for work of less relative importance. In the 1640's it appears to have remained entirely unknown except to the people actually involved, until Magiotti wrote to Mersenne in 1648 and Zucchi published his anonymous pamphlet in the same year." p. 19
  183. "In zwei Briefen aus dem Jahr 1644, die niemals veröffentlicht wurden, deren Inhalt aber dank Pater Mersenne dennoch im ganzen wissenschaftlichen Europa bekannt wurde, teilte Torricelli Ricci mit, er habe erfolgreich mittels eines quecksilbergefüllten Rohres, in dem ein partielles Vakuum erzeugt worden war, den Beweis für die Schwere der Atmosphäre führen können50." (Redondi, 1989, S. 293). Middelton: "Borelli obtained copies of Torricelli's two letters from Ricci in 1658. That it was of interest to do so is further evidence of the way the experiment was hidden." (Middleton, 1964. p. 31)
  184. Middleton bemerkt mit einer Ausnahme: "nothing whatever about the experiment appears, as far as I can determine, in the volumes containing Torricelli's very extensive correspondence - not for all the three years that remained to him." (er starb 1647)
  185. "The second puzzle is why, as far as Italy is concerned, the experiment was kept almost secret; much more nearly secret, certainly, than the subject matter of recent Western military "security." For it was hidden as if it had been a mystic rite." (Middleton, 1964. p. 30)
  186. "The experiment done in February, 1645, by Giovanni Carlo de' Medici had no immediate effect on the intellectual climate, because it was kept secret for several years;" (Middleton, 1964. p. 33)
  187. Redondi: "Öffentlich beansprucht Pater Fabri für sich, das Experiment bereits 1642 durchgeführt zu haben" (Redondi, 1989, S. 295). Fabri behauptete dabei, das Experiment würde ein Vakuum nicht beweisen. Selbst wenn er es durchführte, wäre damit klar, dass ihm die richtige Auswertung und Interpretation nicht gelang.
  188. Middelton verweist auf den Bericht eines wissenschaftlich sehr interessierten Besuchers Ende 1646 bei Torricelli. Es war Balthasar de Monconys (1611-1665) aus Frankreich. Bei mehreren Treffen berichtet ihm Torricelli ausführlich über viele Experimente, erwähnt das Vakuum Experiment aber mit keinem Wort. Auch kein anderer Wissenschaftler in Italien erwähnte es ihm gegenüber. Erst bei einem Besuch 1664 berichtete ihm Viviani davon. (Middleton, 1964. pp. 31f)
  189. Bereits in seinem ersten Brief 1644 erwähnte Torricelli Beobachtungen von ungenannten Forschern während der Dämmerung über die begrenzte Höhe der Atmospäre: "writers have observed regarding the twilight that the vaporous air is visible above us for about fifty or fifty-four miles." (Middleton, 1964. p. 23)
  190. Nur ein Teil des Briefs von Torrilcelli ist als Kopie erhalten. Selbst dieser Brief konnte nur ein Bruchteil der Dokumente zu diesem Experiment darstellen. Nach einer Notiz von Viviani schlug Galileo die Verwendung von Quecksilber 1638 vor. (Mid. p. 20). Galilei, der damals bereits unter Hausarrest und strenger Überwachung durch die Inquisition stand, vermied dabei den Begriff des Vakuums. Er sprach nur von abreisenden Flüssigkeitssäulen. Torricelli verweist in seinem Brief, Galilei habe das Gewicht der Luft zu 1/400 des Wertes von Wasser bestimmt und hielt die bodennahe Luft für schwerer als die in grosser Höhe (Mid. p. 23). Obwohl dies zu Galileis bedeutensten Experimenten gehört is es in den meisten Büchern zu Galilei nicht erwähnt. Galilei führte es durch als er bereits unter Hausarrest der Inquisition stand. Er hatte daher nicht die Möglichkeit etwa das Murano Experiment zu wiederholen. Statt dessen presste er Wasser in ein Glasgefäss mit Luft und mass dann das Gewicht des Gefässes. Er liess dann die unter Überdruck stehende Luft ausströmen und mass erneut. Die Gewichtsdifferenz war das Gewicht der Luft die vorher in dem eingepressten Wasservolumen war. Durch wiegen dieses Wassers erhielt er das Verhältnis der Dichten von Wasser zu Luft. Er schilderte es in seinem letzten Buch, dass nur in den Niederlanden gedruckt werden konnte. Es enthielt auch ein Vorwort, in dem Galilei, wohl aus Angst vor der Inquisition, die Autorschaft des ganzen Buches bestritt. (Walker, 2007, S. 23)
  191. (Middleton, 1964. p. 29)
  192. Middelton: "These die-hards, of whom there were a great many, used gallons of ink during the remainder of the seventeenth century in their vain attempt to maintain the impossibility of a vacuum." (Middleton, 1964. p. 54)
  193. "Indem sie sich der Debatte enthielten, lieferten Torricelli und die anderen Physiker und Galileischüler noch einmal einen Beweis für die große intellektuelle Tugend ihrer Zeit, die Kunst der Vorsicht, der "ehrbaren Verstellung": "Bisweilen muß man der freien Rede Zügel anlegen, wenn schon das freie Leben zerstört ist. Wer das nicht tut, der beschleunigt eine Gewaltmaßnahme und verhindert sie nicht"51, lehrte zu jenem Zeitpunkt ein direkter Zeuge der Anzeige gegen die galileische Physik in Rom, der Graf Virgilio Malvezzi." Redondi (1983), S. 294
  194. Redondi (1983), S. 320
  195. Bernhard Fabian präsentierte dazu eine detaillierte Analyse: "...Nur einmal hatte ein Dichter einen Philosophen verherrlicht, der ein neues Weltbild entworfen hatte: Lukrez. Von Anbeginn sind in Halleys Gedicht die Anklänge an Lukrez nicht zu überhören....Gleichwohl sind die mehrfachen Anspielungen und die Wiederkehr von typisch lukrezischen Satzstellungen31 sicher mehr als Anleihen, die ein Gelegenheitsdichter bei seinem Modell gemacht hat. Im Zusammenhang des ganzen Gedichtes wirken sie wie eine Vorbereitung auf das folgende Newton-Bild, das nach dem Epikur-Bild von Lukrez gezeichnet ist. ... Da sich die epikureische Lehre in Opposition gegen eine herrschende Orthodoxie entwickelte, ist Epikur in der Darstellung von Lukrez ein Kämpfer für die Freiheit des Geistes und für das Recht auf Erkenntnis. Feierlich und beschwörend spricht Lukrez von einem heldenhaften Epikur, der allen Bedrohungen zum Trotz der Natur ihr Geheimnis entriß und seine Erkenntnis im Triumph der Menschheit überbrachte. ...(I,68-79)... Diese Stelle, eine der bezwingendsten Visionen in De Rerum Natura, bot für die Imitation eine vielfältige Thematik. Halley entnahm ihr, mit wörtlichen Anklängen, nur ein Motiv. Aus der weiteren Entfaltung dieses Motivs läßt sich die Heroisierung Newtons verstehen, für die es im achtzehnten Jahrhundert zahlreiche Belege gibt. Wer auf Halleys Quelle zurückging (und fast alle ,newtonischen' Dichter waren mit Lukrez vertraut), konnte dort neue Anregungen finden." (Fabian, 1973)
  196. "Die Auffindung der ,Weltformel' wurde dabei nicht nur als epochale wissenschaftliche Leistung betrachtet: sie wurde zugleich als Anregung und Verpflichtung empfunden, auch in anderen Bereichen die Vielfalt empirischer Gegebenheiten auf eine Grundformel oder ein letztes Prinzip zurückzuführen und mit Hilfe mechanistischer Analogien, fundamentale Gesetzmäßigkeiten zu konstituieren." (Fabian, 1973)
  197. Warum Newton? Sein Buch war wesentlich auf andere Personen aufbauend, auch wenn Newton deren Erwähnung unterdrückte. Wesentlichster Anteil hatte Kepler mit seinen 3 Gesetzen zu Ellipsenbahnen. Dann Robert Hooke, der experimentell Hinweise auf das Gravitationsgesetz fand und dies in Briefen Newton mitteilte. Hooke, mit seinen vielfältigen grundlegenden Entdeckungen, war wahrscheinlich eher der bedeutenste englische Naturwissenschaftler. Mit Hookes Beitrag war die physikalische Erklärung der Ellipsenbahnen der Planeten und der von Galilei gefundenen Parabelbahn von Wurfgeschossen möglich. Halley suchte nun eine Möglichkeit Kometenbahnen mit diesen Gesetzen zu errechnen. Das dafür nötige mathematische Wissen hatte nur Newton, weshalb ihn Halley zur Veröffentlichung drängte. Halley baute dann zusätzlich darauf durch Newton Epikur und den Atomismus zu propagieren. Newton war als Galionsfigur dafür besonders geeignet. Zum einen, da er in seinem Leben mehr theologische als naturwissenschaftliche Texte verfasste und daher sicher theologisch bestens argumentieren konnte. Zum anderen, da er durch seine unterdrückte Homophilie einen enthaltsamen Lebenswandel hatte und damit kaum angreifbar war. Im Gegensatz etwa zu Hooke, über den, eher Epikureer, Damengeschichten kursierten.
  198. Farrington, Greek Science (1980), p. 95
  199. Der Jesuitenpater Antonio Baldigiani, Berater beim Heiligen Offizium, setzte Viviani jedoch in Kenntnis, daß die Anschuldigungen gegen Galilei, die nichts mit dem Kopernikanismus zu tun hatten, inzwischen beim Heiligen Offizium formalisiert worden waren:
    • "Es wurden und werden außerordentliche Kongregationen der Kardinale beim Heiligen Offizium auch unter Anwesenheit des Papstes durchgeführt, und man spricht davon, ein allgemeines Verbot aller Autoren der modernen Physik zu erlassen, es werden lange Listen von ihnen erstellt und an erster Stelle steht Galileo, mit Gassendi und Cartesius, als äußerst verderblich für die literarische Republik und für die Aufrichtigkeit der Religion. Die wichtigsten Ratgeber werden Männer des Glaubens sein, die zu anderen Zeiten sich bemühten, diese Verbote zu bewirken..."
    Redondi (1983), S. 320


Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Albrecht, Michael von: Geschichte der römischen Literatur. 1997
  • Buck, August: Das Geschichtsdenken der Renaissance, Schriften und Vorträge des Petrarca-Instituts Köln, Bd. IX, 1957
  • Burckhardt, Jacob: Die Kultur der Renaissance in Italien. Berlin, 1930 (1. Aufl. 1859)
  • Cochrane, Charles Norris: "Christianity and Classical Culture" London 1944
  • Cramer, Frederik H.: Bookburning and Censorship in Ancient Rome. In: Journal of the History of Ideas, Vol. 6, Issue 2 (April 1945) pp. 157 - 196.
  • Day, John: "An economic history of Athens under Roman domination", New York 1942,
  • Deakin, Michael A. B.: "Hypatia and Her Mathematics" in: The American Mathematical Monthly, March 1994, Volume 101, Number 3, pp. 234-243.
  • Delambre, J. B. J.: Histoire de l'Astronomic du Moyen Age, Chez Mme. Veuve Courcier, Paris, 1819
  • Diesner, Hans-Joachim: Isidor von Sevilla (1977)
  • Dzielska, Maria: Hypatia of Alexandria, London 1995
  • Fabian, Bernhard: Edmond Halleys Encomium auf Isaac Newton. Zur Wirkungsgeschichte von Lukrez. in: Heitmann, K. und Schroeder, E. (Hg.): Renatae Litterae, Studien zum Nachleben der Antike und zur europäischen Renaissance, Frankfurt a. M. 1973
  • Farrington, Benjamin: Die Wissenschaft der Griechen und ihre Bedeutung für uns. Von Thales bis Aristoteles, Wien 1947
  • Farrington, Benjamin: Science and Politics in the Ancient World, London 1965
  • Farrington, Benjamin : Greek Science, Its Meaning For Us. Nottingham 1980
  • Freeman, Charles: The closing of the Western mind : the rise of faith and the fall of reason, London (2003)
  • Gibbon, Edward: Memoirs of My Life and Writings, (1796). Penguin Edition, London 1984
  • Gingerich, Owen: "De revolutionibus: An Example of Renaissance Scientific Printing" in: Tyson, G. P. und Wagonheim, S. S. (Eds.): "Print and Culture in the Renaissance", 1986, pp. 55-73.
  • Gingerich, Owen: The Book Nobody Read, London 2004
  • Haas, Christopher: Alexandria in Late Antiquity, London 1997
  • Horn, Christoph und Rapp, Christof: Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002
  • Hunger, Herbert: Geschichte der Textueberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur, 1. Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen, Zuerich, 1961
  • Jones, Arnold H. M.: "The Roman economy", Oxford 1974
  • Jones, Arnold H. M.: "The Greek city from Alexander to Justinian" New York 1984
  • Kopernikus, Nikolaus: "Über die Umdrehungen der Himmelskörper." Aus seinen Schriften und Briefen, Posen 1923
  • Krüger, Julian: Oxyrhynchos in der Kaiserzeit (1990)
  • Lloyd, G. E. R.: The Revolutions of Wisdom. London 1957
  • Lukács, B.: A Note to the Lost Books of Aristotle. Budapest 2004
  • Middleton, William E.: The history of the barometer. Baltimore 1964
  • Mommsen, Theodore E.: "Petrarch's Conception of the 'Dark Ages'", Speculum, Vol. 17, No. 2 (Apr., 1942), pp. 226-242
  • Mout, Nicolette: Die Kultur des Humanismus, München 1998
  • Newton, Robert R.: The Crime of Claudius Ptolemy, London 1977
  • Pfeiffer, Rudolf: Die Klassische Philologie von Petrarca bis Mommsen. München 1982
  • Pöhlmann, Egert: Einfuehrung in die Ueberlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur, 1994
  • Prinz, Friedrich: "Europas geistige Anfänge", in: Die Zeit, 12. Juni 2002
  • Rawlins, Dennis (1987): "Ancient Heliocentrists, Ptolemy, and the Equant", in: American Journal of Physics, 55 pp. 235-239
  • Redondi, Pietro: Galilei - der Ketzer. München 1989
  • Reynolds, L.D. (Ed.): Texts and Transmission, Oxford 1983
  • Rüdiger, Horst: Die Wiederentdeckung der antiken Literatur im Zeitalter der Renaissance, in: Hunger (1961)
  • Sarton, George: Ancient Science and Modern Civilization, New York 1959
  • Soldan, W. G. und Heppe, H.: Geschichte der Hexenprozesse, Neuausgabe Essen 1990
  • Stollhans, Cynthia: "Michelangelo's Nude Saint Catherine of Alexandria" in: Woman's Art Journal, Vol. 19, No. 1. (Spring - Summer, 1998), pp. 26-30.
  • Taylor, C.C.W.: The Atomists: Leucippus and Democritus Fragments: A Text and Translation with a Commentary. Toronto 1999
  • Thurston, Hugh: Early Astronomy, New York 1994
  • Thurston, Hugh: "R. R. Newton versus Ptolemy" DIO 8.1, (Nov. 1998), pp. 3ff
  • Voigt, Georg: Die Wiederentdeckung des classischen Alterthums. Berlin 1960, unveränderter Nachdruck von 1895
  • Waerden, Bartel Leendert van der: Die Astronomie der Griechen, Darmstadt, 1988
  • Walker, Gabrielle: Ein Meer von Luft, Berlin 2007
  • Walser, Ernst: Poggius Florentinus, Berlin 1914
  • Walser, Ernst: Gesammelte Studien zur Geistesgeschichte der Renaissance. Basel 1932
  • Watts, Edward: City and School - Late Antique Athens and Alexandria, London 2006
  • Weinberg, Julius Rudolph: "Nicolaus of Autrecourt: A Study in 14th Century Thought" Princeton 1948
  • Westman, Robert S.: "The Melanchthon Circle, Rheticus, and the Wittenberg Interpretation of the Copernican Theory" in: Isis, Vol. 66, No. 2. (Jun., 1975), pp. 164-193.