Berengar von Tours

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Berengar von Tours (* Anfang des 11. Jahrhunderts in Tours; † 6. Januar 1088 auf der Insel St. Cosmas bei Tours) war ein französischer Dialektiker der frühen Scholastik.

Leben

Er war ein Schüler des Bischofs Fulbert in Chartres, wurde um 1030 Kanonikus an der Basilika Saint-Martin de Tours, später Leiter der dortigen Domschule. Seit 1040 war er zugleich Archidiakonus an der Kathedrale Saint-Maurice zu Angers.

Er wandte die dialektische Methode auf die traditionelle Theologie an und geriet in Widerspruch zur vorherrschenden Eucharistischen Lehre. Entsprechend der Wandlungslehre werden in der Feier der Eucharistie Brot und Wein ihrer „Substanz“ nach in Leib und Blut Christi verwandelt. Mit dem Ausdruck „Substanz“ verband sich dabei ein dingliches Verständnis. So jedenfalls beurteilte es Berengar und meinte, dies stehe im Widerspruch zur Vernunft, zur älteren Kirchenlehre und auch zur Heiligen Schrift. Er vertrat dagegen eine symbolisch-spiritualistische eucharistische Lehre. Danach bleiben Brot und Wein der Substanz nach, was sie waren und nur eine geistige Bedeutung tritt hinzu, so dass Christus realpräsent ist, aber nicht physisch-dinglich präsent.

Mehrfach wurde Berengar durch verschiedene Synoden der Irrlehre bezichtigt und zur Rücknahme seiner Ansichten gezwungen, die er jedoch ebenso oft widerrief. Im Verlaufe dieses zweiten Lehrstreits verfasste er die Abhandlung Rescriptum contra Lanfrancum (früher: De sacra coena), in der er seine Lehre der Eucharistie ausführlich darlegte. Das einzige überlieferte Manuskript liegt in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, wo es 1770 von Gotthold Ephraim Lessing entdeckt wurde. Nach darauf folgenden weiteren Demütigungen gab Berengar den Streit schließlich auf, ohne jedoch seine Anschauungen aufzugeben. Gegner Berengars prägten später Formulierungen, die zum Begriff der Transsubstantiation führten, wie er auf dem 4. Laterankonzil 1215 als verbindlich festgehalten wurde.

Literatur

Weblinks