Beschwichtigungssignal (Hund)

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Ein Beispiel für das Beschwichtigungssignal „Züngeln“

Beschwichtigungssignale (im Englischen Appeasement Signals) sind körpersprachliche Signale bei Hunden. Es wird angenommen, dass diese während sozialer Interaktionen zur Kommunikation mit anderen Hunden, aber auch in der Interaktion mit Menschen[1] genutzt werden, um freundliche Gesinntheit zu signalisieren, in angespannten Situation zu deeskalieren und aggressivem Verhalten vorzubeugen.[2][3]

Die norwegische Hundetrainerin Turid Rugaas beschreibt in ihrem Buch „Calming Signals“ anekdotisch Beobachtungen zu diesen beschwichtigenden Verhaltensweisen und ihrem Einsatz zur Vorbeugung gegen Konflikte.[4] Ein achtsamer Umgang mit Hunden und genaues Beobachten und Erkennen von Beschwichtigungsignalen führt zum frühzeitigen Erkennen von Stress und Unwohlsein bei Hunden und kann somit bereits der erste und wichtigste Schritt sein, um Aggressionsverhalten und Beißvorfällen vorzubeugen.[5][6]

Stresssignale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für einige der Verhaltensweisen, die auch als Beschwichtigungssignale beschrieben werden, gibt es Studien, die einen Zusammenhang dieser Verhaltensweisen mit einem erhöhten Stresslevel der Hunde aufzeigen.[6][7][8][9]

Nicht immer sind die Signale direkt an ein Gegenüber gerichtet. Es wird also angenommen, dass diese Verhaltensweisen neben dem Ziel, Eskalation eines Konfliktes zu verhindern auch dazu dient, Stress und Spannung abzubauen.[4]

Die Fähigkeit, Konflikte mit Beschwichtigungssignalen abzubauen, ist genetisch festgelegt. Durch Erfahrungen können Hunde allerdings lernen, auf welche Signale ein Gegenüber reagiert. Werden Beschwichtigungssignale vom menschlichen Gegenüber beispielsweise regelmäßig übersehen oder übergangen, können Hunde lernen, dass es notwendig ist, ihr Anliegen deutlicher zu kommunizieren, indem sie beispielsweise knurren oder ihre Zähne zeigen.

Manche Hunde werden auch durch ihren Phänotyp in der Kommunikation eingeschränkt. Körperbau, Fellfärbung und -länge können starken Einfluss auf die Kommunikation von Hunden haben. Ein Hund, dessen Augen zum Beispiel durch lange Haare verdeckt sind, wird das Beschwichtigungssignal „Augen zusammenkneifen“ nicht erfolgreich nutzen können.

Augen zusammenkneifen

Einige Beispiele für Beschwichtigungssignale sind:[4]

  • Blick abwenden
  • blinzeln (kein starrer Blick)
  • den Kopf abwenden
  • sich abwenden (ganzer Körper)
  • züngeln, also sich über die Nase lecken
  • auf dem Boden schnüffeln (ohne erkennbaren Grund), der Blick ist dabei meistens dem Gegenüber zugewandt
  • im Bogen gehen
  • Pfote heben
  • gähnen
  • erstarren/einfrieren
  • langsame Bewegungen
  • Vorderkörper tiefstellen (sich strecken)
  • sich hinsetzen oder hinlegen

Alle diese Signale sind nicht nur Beschwichtigungssignale, schließlich gähnen Hunde auch aus Müdigkeit, lecken sich die Nase nach der Nahrungsaufnahme oder kratzen sich bei Juckreiz. Es handelt sich hier um sogenannte doppelt belegte Signale, die situationsabhängig unterschiedliche Bedeutungen haben können.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Angelika Firnkes, Angela Bartels, Emilie Bidoli, Michael Erhard: Appeasement signals used by dogs during dog–human communication. In: Journal of Veterinary Behavior. Band 19, 1. Mai 2017, ISSN 1558-7878, S. 35–44, doi:10.1016/j.jveb.2016.12.012 (sciencedirect.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  2. Gazzano, A., Zilocchi, M., Ricci, E., Falaschi, C., Bedini, M., Guardini, G., & Mariti, C.: Calming signals in dogs: from myth to scientific reality? Hrsg.: Journal of Veterinary Behavior. 2014, doi:10.1016/j.jveb.2014.09.008 (cabdirect.org).
  3. Angelika Bublak: Ausdrucksverhalten von Hunden (Canis familiaris) gegenüber dem Menschen in einem Verhaltenstest und Beschwichtigungssignale in der Hund-Mensch-Kommunikation München 2013
  4. a b c Rugaas: Calming Signals. 2001
  5. Franziska Kuhne, Johanna C. Hößler, Rainer Struwe: Effectsofhuman–dogfamiliarityondogs’behaviouralresponsestopetting. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 2012.
  6. a b Beerda, B., Schilder, M. B., Van Hooff, J. A., De Vries, H. W., & Mol, J. A: Chronic stress in dogs subjected to social and spatial restriction. Hrsg.: Physiology & behavior,. Nr. 66(2), 233-242, 1999.
  7. Beerda, B., Schilder, M. B., van Hooff, J. A., de Vries, H. W., & Mol, J. A.: Behavioural, saliva cortisol and heart rate responses to different types of stimuli in dogs. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 1997.
  8. Beerda, B., Schilder, M.B.H., van Hoof, J.A.R.A.M., de Vries, H.W.,Mol, J.A.: Behavioural, saliva cortisol and heart rate responses to different types of stimuli in dogs. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 1998.
  9. Schilder, M. B., & van der Borg, J. A.: Training dogs with help of the shock collar: short and long term behavioural effects. Hrsg.: Applied Animal Behaviour Science. 2004.