Bischofferode (Am Ohmberg)

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Bischofferode
Landgemeinde Am Ohmberg
Wappen von Bischofferode
Koordinaten: 51° 30′ N, 10° 27′ OKoordinaten: 51° 29′ 47″ N, 10° 26′ 36″ O
Höhe: 298 m ü. NN
Fläche: 12,21 km²
Einwohner: 1913 (31. Dez. 2009)
Bevölkerungsdichte: 157 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Dezember 2010
Postleitzahl: 37345
Vorwahl: 036077
Karte
Lage des Ortsteils in der Landgemeinde Am Ohmberg
Blick vom Hühnerberg
Kirche „Maria Geburt“
Trinitatiskirche Hauröden
Die Bode in Bischofferode Richtung Holungen
Die Ortschaft Holungen und die Ortschaft Bischofferode (links im Hintergrund die Kali-Abraumhalde).

Bischofferode ist ein Ortsteil der Landgemeinde Am Ohmberg im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Bis 1993 war der Ort ein Zentrum des Kalibergbaus.

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bischofferode liegt an der Bode, im nördlichen Teil des Eichsfeldes nahe der Grenze zu Niedersachsen. Der Ort befindet sich etwa 25 Kilometer (Luftlinie) nordöstlich der Kreisstadt Heilbad Heiligenstadt am Nordrand des Ohmgebirges. Umgeben von Bergen verfügt der Ort Bischofferode selbst nur über einen geringen Waldanteil.

Höchste Erhebungen sind der Ohmberg (528,7 m ü. NN), dessen bewaldete Gipfelregion gehört jedoch zum Nachbarort Haynrode. Der Hühnerberg (349,9 m ü. NN), der Hasenberg (343,4 m ü. NN) und der Große Heuberg (mit dem südlichen Ausläufer des Häuserberges) (389 m ü. NN) sind ebenfalls bemerkenswert. Der Fluss Bode fließt durch den Ort.[1]

Ortsgliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu Bischofferode gehören die Ortsteile Bischofferode, Hauröden und die aus einer Werkssiedlung des Kalibetriebs hervorgegangene Thomas-Müntzer-Siedlung. Früher gab es in der Gemarkung Bischofferode die Wüstungen Wenigenbischofferode, Husen und Popperode.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste urkundliche Erwähnung von Bischofferode stammt aus dem Jahr 1186. 1238 wurde das Rittergut Husen durch Bernhard von Worbis an das Kloster Gerode verkauft, 1293 verkaufte die Kirche in Dietenborn ihre Besitzungen in Bischofferode ebenfalls an das Kloster, der Ort bleibt dann bis 1803 im Besitz des Klosters.[2] Die Bischofferöder Bauern erhielten Land in Erbpacht. 1572 wurde eine Gemeindeschenke gebaut. 1608 folgte die Grundsteinlegung der Marienkirche, der Kirchenbau konnte jedoch erst 1699, nach 90 Jahren Bauzeit, endgültig fertiggestellt werden. Bereits 1678 wurde die noch im Bau befindliche Marienkirche durch den Erfurter Bischof Kulusius geweiht. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Bischofferode von der Pest heimgesucht (1625) und wurde mehrfach von schwedischen Truppen geplündert. In den Jahren 1670 bis 1672 entstanden in Bischofferode der Fachwerkbau der Mühle und die Bäckerei Redemann. Im Siebenjährigen Krieg wurde das Dorf von den Kriegsparteien besetzt und erneut ausgeplündert. 1771 prozessierten Einwohner von Bischofferode und Holungen erfolglos gegen den Abt des Klosters Gerode um Befreiung von ihren ererbten Diensten und Lasten.

Im 18. Jahrhundert hatte sich Bischofferode auf 118 Häuser und 636 Einwohner vergrößert. Am 3. August 1802 besetzten erneut preußische Truppen die Gegend. Damit endete die Herrschaft der Abtei Gerode über den Ort. 1803 wurde Bischofferode Amtsdorf. Zu dieser Zeit hatte es 134 Häuser und 851 Einwohner.

Bischofferode wurde 1815 Teil der preußischen Provinz Sachsen, Kreis Worbis zugeteilt. Bis zum Jahre 1816 ging die Einwohnerzahl auf 744 zurück. 1871 hatte der Ort aber nach einer Volkszählung bereits wieder 987 Einwohner, darunter 19 Analphabeten.

Am 1. Juli 1886 wurde die erste Poststelle der Gemeinde im Haus von Josef Wand eingerichtet. In den Jahren 1886 und 1887 wurde das Schulhaus erbaut. Bereits 1889 besuchten 237 Schüler diese Schule. 1900 hatte die Gemeinde 190 Häuser und fast 1000 Einwohner. Bei der geologischen Prospektion durch Probebohrungen wurden in der Region reiche Kalisalzlagerstätten nachgewiesen. Unverzüglich wurde mit dem Aufbau erster Schachtanlagen und der erforderlichen Infrastruktur begonnen. Hierzu zählte auch die bereits im Oktober 1908 in Betrieb genommene Grubenbahnanlage zum Schacht Neubleicherode bei Hauröden. Zwei Jahre später, am 1. Oktober 1910 wurde der Streckenabschnitt Großbodungen–Bischofferode der Bahnstrecke Bleicherode Ost–Herzberg in Betrieb genommen (Verkehrseinstellung 1998).

Bischofferode wurde am 7. September 1926 von einer Gewitterfront heimgesucht; die durch Starkregen ausgelösten Überschwemmungen richteten große Schäden in der Ortschaft an.

1939 mussten erstmals polnische Zwangsarbeiter bei Bauern im Ort arbeiten, später kamen auch Ukrainer hinzu. 1940 trafen im Kaliwerk Bismarckshall die ersten von etwa 200 Zwangsarbeitern aus der Ukraine, Polen und Frankreich ein, die während des Zweiten Weltkrieges Zwangsarbeit leisten mussten. 1944 wurde im Bereich der Wintershall AG ein Lager für die Errichtung eines Außenkommandos des KZ Mittelbau-Dora bereitgestellt, in dem KZ-Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Verlade- und Reparaturarbeiten an V2-Raketen leisten mussten. Die Gefangenen des Kommandos wurden 1945 in Richtung des KZ Bergen-Belsenevakuiert“.

Am 10. April 1945 wurde Bischofferode durch US-amerikanische Truppen besetzt. Diese übergaben am 4. Juli 1945 den Ort an die Rote Armee.

Überregional bekannt wurde die Gemeinde Bischofferode vor allem durch den Hungerstreik der Bergarbeiter des Kalibergwerks „Thomas Müntzer“ gegen dessen beabsichtigte Schließung, die gleichwohl zum 31. Dezember 1993 vollzogen wurde (siehe hierzu auch Holungen). Am 22. Mai 1998 verlor der Ort nach Aufgabe der Bahnstrecke schließlich auch seinen Bahnanschluss.

Am 1. Dezember 2010 wurde Bischofferode mit den Gemeinden Großbodungen und Neustadt zur Gemeinde Am Ohmberg zusammengeschlossen und verlor damit seine Eigenständigkeit.[3]

Aufnahmen aus dem Jahr 1986[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entwicklung der Einwohnerzahl (31. Dezember):

Jahr Einwohner
1933 1139
1939 1181
1946 1405
1950 1664
1956 1685
1961 1711
Jahr Einwohner
1964 1910
1971 2600
1980 2810
1983 2779
1985 2830
1990 2770
Jahr Einwohner
1992 2665
1993 2671
1994 2693
1995 2626
1996 2573
1997 2495
Jahr Einwohner
1998 2312
1999 2263
2000 2168
2001 2206
2002 2182
2003 2133
Jahr Einwohner
2004 2110
2005 2063
2006 1991
2007 1953
2008 1917
2009 1913
Datenquelle (ab 1994): Thüringer Landesamt für Statistik[4]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Blasonierung: „Zweigeteilt, unten in Gold eine Rodehacke, oben auf Blau ein Bischofsstab.“ Das Wappen von Bischofferode ist ein farblich zweigeteilter Schild. Im oberen Bereich ist ein goldener Bischofsstab auf blauem Grund und im unteren Bereich eine Rodehacke auf gelbem Grund zu sehen. Es zeigt die Entstehung des Ortsnamens. Die Abgaben des Dorfes erhielt der Bischof und um Fläche für den Ort zu schaffen, musste der Wald mit der Rodehacke gerodet werden.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bergbaumuseum Bischofferode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bergbaumuseum wurde von Mitgliedern des Thomas-Müntzer-Kalivereins Bischofferode im ehemaligen Betriebsambulatorium des Kaliwerkes Bischofferode in den Jahren 1996–1999 aufgebaut. Das Museum zeigt Exponate, Geräte und Ausstellungsstücke aus der Geschichte des Bergwerkes und zu den Arbeitsbedingungen Untertage. Weiterhin werden eine Mineraliensammlung und historische Bergmanmuniformen ausgestellt. Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung ist die Dokumentation des Arbeitskampfes der Kumpel bis zur Schließung des Bergwerkes im Jahr 1993. Wegen finanzieller Probleme ist ein dauerhafter Erhalt des Museums nicht gesichert.

Weitere Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Katholische Kirche „Maria Geburt“: 1930 erfolgte der Abbruch des alten Kirchenschiffes und die Einrichtung einer Notkirche. 1932 wurde der Neubau der heutigen Kirche beendet.
  • Natursteingrotte neben der Kirche
  • Bildstöcke in der Ortslage und in der Flur
  • Felsbildungen bei der „Wilden Kirche“ am Ohmberg.
Kalibergwerk Bischofferode, rechts Holungen (1942)

Bergbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1909 wurde in den Gemarkungen von Bischofferode und Holungen die Kaligewerkschaft Bismarckshall eröffnet. Ab 1927 unter der Wintershall AG und ab 1953 als volkseigenes Kaliwerk Thomas Müntzer wurde bis zum 31. Dezember 1993 Kalisalz gefördert und verarbeitet. Die Proteste der Kalikumpel im Vorfeld der Schließung des Werkes zu Beginn der 1990er Jahre erregten kurzzeitig bundesweite Aufmerksamkeit.[5] Der Schriftsteller Volker Braun hat die Schließung der Grube in Bischofferode in seiner 2011 erschienenen Erzählung Die hellen Haufen literarisch verarbeitet.[6]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Josef Averesch CSsR (1902 – 1949), Römisch-katholischer Ordensgeistlicher und Opfer des Nationalsozialismus. Er leistete im Januar 1941 im Anschluss an eine dreitägige Gemeindemission in der Pfarrei St. Marien eine vierwöchige Vertretung des damaligen Pfarrers und wurde im Zusammenhang mit dieser seelsorgerischen Tätigkeit denunziert.[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heinrich Bebling: 800 Jahre Bischofferode. Hrsg.: Rat der Gemeinde Bischofferode. o. O. 1986, S. 62.
  • Topographische Karte 4528-NO Bischofferode – Thüringer Landesamt für Vermessung und Geoinformation – ISBN 3-86140-464-8
  • Bergmannstaten – Bergmannsglück. Zur Geschichte des Kaliwerkes „Thomas Müntzer“ Bischofferode – von Burghoff, Ingrid und Lothar
  • Christine Ostrowski, Tagebuch eines Hungerstreiks. Bischofferode, Dingsda-Verlag, Querfurt 1993, ISBN 3-928498-23-1

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Bischofferode – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Thüringer Landesvermessungsamt TK10 – Blatt 21-B-d-4 Steinrode, Erfurt 1988.
  2. Hrsg. Ulrich Harteisen, Ansgar Hoppe et al.: Das Eichsfeld. Band 79 der Reihe Landschaften in Deutschland. Verlag Böhlau, Wien/ Köln/ Weimar 2018, S. 254
  3. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2010
  4. Thüringer Landesamt für Statistik (ab 1994)
  5. Claus Peter Müller von der Grün. Unter einem Dach. Die wiedervereinigte Kaliindustrie im geeinten Deutschland. In Ulrich Eisenbach, Akoš Paulinyi (Hrsg.) Die Kaliindustrie an der Werra und Fulda. Geschichte eines landschaftsprägenden Industriezweigs. Hessisches Wirtschaftsarchiv, Darmstadt 1998, 232–233.
  6. Volker Braun: Die hellen Haufen. Suhrkamp, Frankfurt 2011, ISBN 978-3-518-42239-7.
  7. Bernhard Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. Religiöse Lebensbilder. Cordier, Heiligenstadt / Sankt-Benno-Verlag, Leipzig 1968, S. 142.