Brahmi-Schrift

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. August 2016 um 17:26 Uhr durch ArnoldBetten (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Buchstaben der Brahmi-Schrift
Vergleich

Die altindische Brahmi-Schrift ist die Vorläuferin der mehr als hundert indischen Schriften, eine Kombination aus Silbenschrift und Buchstabenschrift, nach neuerer Bezeichnung eine Abugida. Sie wurde in den 1830er Jahren von dem englischen Indologen James Prinsep entziffert.

Besonderheiten

Neben selbständigen Vokalzeichen für den Wortanfang werden die übrigen Vokale durch Modifikationen der vorangehenden Konsonantenzeichen dargestellt. Dabei ist a ein inhärenter Vokal. Der Anordnung der Zeichen im Alphabet liegt eine genau durchdachte Einteilung nach Artikulationsstelle und Artikulationsart zugrunde.

Geschichte

Die ältesten Belege der Brahmi-Schrift befinden sich in ganz Indien auf Inschriften des Kaisers Ashoka (3. Jh. v. Chr.), die teilweise in aramäischer, magadhischer und griechischer Sprache abgefasst sind. Diese Felsenedikte verkünden den buddhistischen Glauben und dokumentieren durch ihre Platzierung die Vergrößerung des Mauryareiches. Man geht davon aus, dass die Schrift erst in der mittelindischen Sprachperiode erfunden wurde. Vermutlich war die Brahmi sogar ein Auftragswerk Ashokas. Ältere Texte wurden jahrhundertelang mündlich überliefert und erst später niedergeschrieben.

Zur gleichen Zeit wurde ebenfalls in Inschriften Kaiser Ashokas die Kharoshthi-Schrift verwendet, die auf ein aramäisches Vorbild (8. bis 6. Jh. v. Chr.) zurückgeht und wie diese linksläufig ist, aber nur im Nordwesten Indiens vorkommt.

Hypothesen

Eine geringe Anzahl von Forschern will die Brahmi-Schrift auf die ins 3. Jahrtausend v. Chr. datierte Indus-Schrift zurückführen, zu welcher allerdings keine Zwischenstufen gefunden wurden. Eine andere in der Forschung als viel wahrscheinlicher vertretene Meinung ist, dass die Schöpfer der Brahmi-Schrift Ideen der semitischen Schriften, am wahrscheinlichsten der aramäischen Schrift (aber auch das griechische Alphabet wird genannt) übernommen haben und auf Grundlage dieses Prinzips eine eigene Schrift entwickelten.[1][2]

In Abhängigkeit von verschiedenen Schreibmaterialien entwickelte sich schon in den folgenden Jahrhunderten die Schrift weiter. Obwohl sich die Formen beträchtlich veränderten, wurde das Grundprinzip beibehalten.

Hypothetische Herleitung der Brāhmī vom phönizischen Alphabet
Griechisch Α Β Γ Δ Ε Υ Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ϻ Ϙ Ρ Σ Τ
Phönizisch Aleph Beth Gimel Daleth He Waw Zayin Heth Teth Yodh Kaph Lamedh Mem Nun Samekh Ayin Pe Sadek Qoph Res Sin Taw
Aramäisch ,
Brahmi ? ? ?
Bengali
Devanagari
Tamil
Kannada
Telugu
IAST a ba ga dha ḍha va da? ḍa? tha ṭha ya ka ca la ma na ṇa śa pa pha sa kha cha ra ṣa ta ṭa

Unicode

In Unicode sind Zeichen im Unicodeblock Brahmi (U+11000 bis U+1107F) kodiert.

Literatur

  • Metzler Lexikon Sprache (Indische Schriften), Verlag J. B. Metzler: Stuttgart und Weimar 1993
  • Kenneth R. Norman: The Development of Writing in India and its Effect upon the Pâli Canon, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens (36), 1993 (englisch)
  • Oscar von Hinüber: Der Beginn der Schrift und frühe Schriftlichkeit in Indien, Franz Steiner Verlag: Stuttgart 1990.
  • Harry Falk: Schrift im alten Indien: Ein Forschungsbericht mit Anmerkungen, Gunter Narr Verlag: Tübingen 1993.
  • Gérard Fussman: Les premiers systèmes d'écriture en Inde, in: Annuaire du Collège de France 1988–1989 (französisch)

Weblinks

Commons: Brahmi-Schrift – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Asko Parpola: The Indus Script. In: Peter T. Daniels, William Bright (Hrsg.): The Worlds Writing Systems. Oxford University Press, New York, Oxford 1996, ISBN 0-19-507993-0 (S. 165 2. Abs).
  2. Richard G. Salomon: South Indian writing systems. In: Peter T. Daniels, William Bright (Hrsg.): The Worlds Writing Systems. Oxford University Press, New York, Oxford 1996, ISBN 0-19-507993-0 (S. 372, 2. Abs).