Braunstieliger Streifenfarn

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Braunstieliger Streifenfarn

Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes)

Systematik
Farne
Klasse: Echte Farne (Polypodiopsida)
Ordnung: Tüpfelfarnartige (Polypodiales)
Familie: Streifenfarngewächse (Aspleniaceae)
Gattung: Streifenfarne (Asplenium)
Art: Braunstieliger Streifenfarn
Wissenschaftlicher Name
Asplenium trichomanes
L.

Der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes), auch Brauner Streifenfarn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Streifenfarne (Asplenium) in der Familie der Streifenfarngewächse (Aspleniaceae).

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wedelunterseite

Der Braunstielige Streifenfarn ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 30 Zentimetern erreicht. Das Rhizom ist mit bis 5 Millimeter langen lanzettlichen oder borstenförmigen Spreuschuppen besetzt.[1] Die Blätter sind in Stiel und Spreite gegliedert. Der Blattstiel ist höchstens ein Viertel so lang wie die Spreite.[1] Sowohl Blattstiel als auch Blattspindel sind schmal geflügelt und bis fast zur Spitze glänzend rot- bis schwarz-braun. Die Spreite ist einfach gefiedert. Die Fiedern sind bei einer Länge von 2 bis 12 Millimetern rundlich oder oval, etwas ungleichseitig, am Rand stumpf gezähnt oder fast ganzrandig und stehen in einer Ebene.[1] Jedes Blatt hat 15 bis 40 Fiedern; sie stehen abwechselnd oder paarweise genähert und sind kurz aber deutlich gestielt.[1] Die Fiedern fallen erst im nächsten Frühjahr ab, die Blattspindel bleibt bestehen.[1] Die Sori sind klein, länglich und stehen auf den unteren Gabelästen der Adern und reichen von der Mittelrippe fast bis zum Rand.[1]

Die Sporen reifen im Juli und August.

Asplenium trichomanes subsp. coriaceifolium
Asplenium trichomanes subsp. densum
Asplenium trichomanes subsp. inexpectans auf Mallorca
Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens auf Mallorca

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Braunstielige Streifenfarn im weiten Sinne kommt im warmen bis kühlen Europa und Nordamerika, in Südafrika, im Himalaya, in Neuguinea, im südöstlichen Australien und in Neuseeland vor. Er kommt in Europa in allen Ländern vor.[2] Er ist pflanzensoziologisch eine Charakterart der Klasse Asplenietea trichomanis.[3] Er steigt in den Alpen bis in Höhenlagen von 2200 Metern auf.[1] Er gedeiht an Felsen und Mauern auf kalkreichen und kalkarmen Gesteinen vor allem in frischer, etwas beschatteter Standortslage.[3]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[4]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung von Asplenium trichomanes erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 1080.[5]

Botanische Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Art Asplenium trichomanes wurden mehrere Unterarten beschrieben.[2] Diese werden je nach Autor als Arten geführt[5]:

  • Asplenium trichomanes subsp. coriaceifolium Rasbach, K.Rasbach, Reichst. & Bennert (Syn.: Asplenium azomanes Rosselló, Cubas & Rebassa): Sie wurde 1990 erstbeschrieben und kommt nur im südlichen Spanien und auf Mallorca vor.[2]
  • Asplenium trichomanes subsp. densum (Brack.) W.H.WagnerAsplenium densum Brack.: Sie kommt auf Maui und auf Hawaii vor.[5]
  • Asplenium trichomanes subsp. hastatum (H.Christ) S.Jess. (Syn.: Asplenium jessenii Hong M.Liu & H.Schneid.)[6]Asplenium hastatum Klotzsch ex Kunze[5]: Sie ist eine Charakterart der Ordnung Potentilletalia caulescentis. Die Chromosomenzahl ist 2n = 144.[3] Sie kommt in Frankreich, Italien, in der Schweiz, in Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen, in der Slowakei, in Ungarn, Kroatien, Bulgarien, Griechenland und Rumänien vor.[2]
  • Asplenium trichomanes subsp. inexpectans LovisAsplenium inexpectans (Lovis) Landolt: Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 72.[3] In Europa gibt es Fundorte in Spanien, auf den Balearen, in Frankreich, auf Sardinien, Sizilien, in Italien, Österreich, Kroatien, Tschechien, in der Slowakei, Ukraine, Moldawien, im europäischen Teil Russlands, auf der Krim, in Griechenland, Kreta, auf Inseln in der Ägäis und in Schweden vor.[2] Außerhalb Europas kommt sie in Afghanistan und Pakistan vor.[5]
  • Asplenium trichomanes subsp. maderense Gibby & Lovis: Sie kommt nur auf Madeira und auf La Palma vor.[2]
  • Asplenium trichomanes subsp. pachyrachis (H.Christ) Lovis & Reichst.Asplenium csikii Kümmerle & András.[5]: Sie ist pflanzensoziologisch eine Charakterart der Ordnung Potentilletalia caulescentis. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 144.[3] Sie kommt vor in Spanien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Deutschland, in der Schweiz, Österreich, Italien, Sizilien, Korsika, Slowenien, Serbien, Tschechien, Kroatien, Albanien, Griechenland und Kreta vor.[2]
  • Asplenium trichomanes subsp. quadrivalens D.E.Mey.Asplenium quadrivalens (D.E.Mey.) Landolt: Diese Art ist die in Europa häufigste der ehemaligen Unterarten. Sie kommt aber auch in Afrika, auf der Arabischen Halbinsel, in Asien und Nordamerika vor. In Neuseeland aber ist sie extrem selten; nachdem man sie dort seit den 1950er-Jahren für verschollen gehalten hatte, wurden 2008 in der Hawke’s Bay neun Exemplare dieser Unterart/Art wiederentdeckt.[7] Sie gedeiht auf den Unterlagen Silikat, Gneis, Serpentinit und Kalk und ist eine Asplenietea-Klassencharakterart.[3] In den Allgäuer Alpen steigt sie am Grünhorn in Vorarlberg bis zu in einer Höhenlage 2000 Meter auf.[8]
  • Asplenium trichomanes L. subsp. trichomanes: Diese Unterart kommt nur auf kalkfreier Unterlage vor. Sie ist pflanzensoziologisch eine Charakterart der Ordnung Androsacetalia vandellii. Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 72.[3] Sie kommt in Eurasien, Afrika und Nordamerika vor.[5]

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Braunstielige Streifenfarn wird selten als Zierpflanze in Steingärten genutzt. Es gibt von ihm nur wenige Sorten.

Trivialnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im deutschsprachigen Raum werden oder wurden für diese (im Lateinischen früher auch politricum[9] und im Griechischen polytrichon[10] genannte) Pflanzenart, zum Teil nur regional, auch die folgenden weiteren Trivialnamen verwandt: Aberthon, Abthon (Erzgebirge), Federhar, Frauenhaar (Elsass), Jungfrauenhaar, Roter Steinbrech, Steinfarlin, Steinfarn, Steinfeder, Steinwurz, Stenvarn, Widerstoss, Widerthon, Schwarzer Widerthon (Schlesien) und Widertod.[11]

Geschichte, Analogiezauber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Roter Steinbrech“ – Asplenium trichomanes. Hieronymus Bock 1546. Weitere historische Abbildungen: [12][13][14]

Dioskurides und Plinius (1. Jahrhundert) unterschieden ein helles und ein schwarzes adianton. Beide wurden polytrichon („Vielhaar“), kallitrichon („Schönhaar“), trichomanes („Feinhaar“) und capillus veneris („Venushaar“) genannt. Sie sollten giftwidrig wirken, Harn und Harnwegssteine treiben, den Haarwuchs befördern, Erkrankungen der Brust, Gelbsucht, Milzerkrankungen und Hauterkrankungen heilen.[15][16][17] Galen beurteilte das «adiantum» aus der Sicht der Säftelehre als ausgeglichen in Hitze und Kälte.[18]

Den nordeuropäischen Ärzten des 15. und 16. Jahrhunderts bereitete es Mühe, dem adianton, dessen Habitus von den Alten ungenügend und uneinheitlich beschrieben wurde, Pflanzen aus ihrer Umgebung zuzuordnen. So deutete z. B. Hieronymus Brunschwig in seinem Kleinen Destillierbuch (1500) das adianton als muer rute (Asplenium ruta-muraria), aber auch als wider tod krut (Asplenium trichomanes). Dem wider tod krut schrieb er die von Dioskurides und Plinius für das adianton angegebenen Indikationen zu.[19][20]

Den Namen wider tod krut leitete Brunschwig aus dem Analogiezauber der Volksmedizin ab: „Gegloubt würt von einfeltigen menſchen das ſie verzoubert werden ſo bald ſie das gehenck an dem halß tragen ſind in wyder bracht gethon vnd geholffen werd […] ouch das ſie das […] an dem hals tragen ſind […] dz ſie nit wund werden vnd ir find überwynden ſint.“ Das Polytrichum commune nannte er güldin wyddon.[21][22][23][24][25][26]

Auch Hieronymus Bock beschrieb in seinem Kräuterbuch die Verwendung dieser Pflanzen im Analogiezauber:

„Es haben die alten weiber vil fantaſei mit diſen kreüttern / vnd ſprechen alſo / das rot ſteynbrechlin[27] mit den lynſen bletlin ſol man nennen abthon / vnd das nacket Jungfraw hor[28] / ſol man nennen widdertthon / dann mit diſen kreüttern können ſie beide ſachen / nemlich abthon vnd widderthon jrs gefallen / wer geſicht aber nit täglich der gleichen werck vnd Philtra[29] / darbei wöllen wirs auch laſſen vnd fürter ſchreiben.“

Hieronymus Bock: Kräuterbuch 1539, I / 182.[30][31][32][33]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Tadeus Reichstein: Asplenium. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1984, ISBN 3-489-50020-2. S. 213–218.
  2. a b c d e f g M. Christenhusz, E. von Raab-Straube, 2013+: Polypodiopsida. Datenblatt Asplenium trichomanes In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2013.
  3. a b c d e f g Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5. S. 76–77.
  4. Asplenium trichomanes L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 7. April 2024.
  5. a b c d e f g Michael Hassler: Taxon in Suchmaske eintragen bei World Ferns. - Synonymic Checklist and Distribution of Ferns and Lycophytes of the World. Version 19.2 vom März 2024.
  6. Marcus Lubienski, Stefan Jessen: Asplenium trichomanes und nothosubsp. lovisianum (Aspleniaceae) in Hagen (Nordrhein-Westfalen). In: Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins. Band 6, S. 54–62 (PDF-Datei; 4 MB).
  7. Rare Native Fern Rediscovered In Hawke’s Bay.
  8. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6.
  9. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 255.
  10. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 152.
  11. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 49 eingescannt.
  12. «Adianton» - Asplenium trichomanes. Wiener Dioskurides 6. Jh. Blatt 41v (Bildlink)
  13. Saxifraga Steinbrech - Asplenium trichomanes. Gart der Gesundheit 1485 (Bildlink)
  14. Leonhart Fuchs 1543. Widertodt - Asplenium trichomanes (Bildlink)
  15. Julius Berendes: Des Pedanius Dioskurides Arzneimittellehre in 5 Büchern. Enke, Stuttgart 1902, Buch IV, Cap. 134, Adianton (Digitalisat)
  16. Plinius. Naturalis historia. Buch XXII, § 62-65 (Kapitel XXX): Adianton (Digitalisat Latein) (Digitalisat Ausgabe Külb 1840-1864 Deutsch)
  17. Plinius. Naturalis historia. Buch XXVII, § 138 (Kapitel CXI) (Digitalisat Latein) (Digitalisat Ausgabe Külb 1840-1864 Deutsch)
  18. Galen. De simplicium medicamentorum temperamentis ac facultatibus, lib. VI, Cap. I/7 (Ausgabe Kühn, Bd. XI, S. 814) (Digitalisat)
  19. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 78r, Muer ruten (Digitalisat)
  20. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 120r, Wider tod krut (Digitalisat)
  21. Hieronymus Brunschwig. Kleines Destillierbuch. Straßburg 1500, Blatt 120r, Wider tod krut (Digitalisat)
  22. Paul Sartori. Abdontag. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. I / 21.
  23. Hanns Bächtold-Stäubli. Abtun. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. I / 123.
  24. Heinrich Marzell. Moos. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. VI /565.
  25. Heinrich Marzell. Widerton. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. IX / 559.
  26. Philipp Lorenz Geiger: Handbuch der Pharmacie zum Gebrauche bei Vorlesungen & zum Selbstunterrichte für Ärzte, Apotheker & Droguisten. Wolters, Stuttgart, 2. Band, 2. Hälfte 1830, S. 1622–1623: Asplenium trichomanes (Digitalisat)
  27. Asplenium trichomanes
  28. Goldenes Frauenhaarmoos
  29. Liebeszauber
  30. Hieronymus Bock. New Kreütter Buch. Straßburg 1539, Buch I, Cap. 181, Harnkraut Widdertod und Jungfraw haar (Digitalisat)
  31. Gart der Gesundheit. (Mainz 1485). Ausgabe Augsburg (Schönsperger) 1485, Cap. 88, Capillus veneris muerruten (Digitalisat)
  32. Gart der Gesundheit. (Mainz 1485). Ausgabe Augsburg (Schönsperger) 1485, Cap. 354, Saxifraga stein brech (Digitalisat)
  33. Leonhart Fuchs. New Kreütterbuch. Straßburg 1543, Cap. 310, Widertodt (Digitalisat)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Braunstieliger Streifenfarn (Asplenium trichomanes) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien