Carl Fischer (Arbeiter)

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Carl Fischer in Osnabrück (um 1885)

Carl Fischer (* 6. Juni 1841 in Grünberg in Schlesien; † 22. Juni 1906 in Halle (Saale)) war ein deutscher Arbeiter. Seine Lebenserinnerungen, die Paul Göhre in zwei starken Bänden in Jena und Leipzig publiziert hat, sind ein Kulturdokument der Zeit des wirtschaftlichen Aufstiegs Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Fischer stammte aus einer im Mansfelder Land ansässigen Handwerkerfamilie. Sein Vater, der in Eisleben lernte wurde Bäckermeister in Grünberg. Carl Fischer, der früh unter der Tyrannei des Vaters litt, erlernte ebenso das Bäckerhandwerk. Seine Walz führte ihn in den Westen.

1864 begann er als Erdarbeiter bei der Bahn. 1867 zog er nach Hinsbeck und arbeitete dort bei Erdarbeiten zum Bau der Bahnstrecke Kempen–Kaldenkirchen–Venlo.[1] Die Wanderarbeiter wohnten in selbstgebauten Baracken und hatten wenig oder keinen Kontakt zur Dorfbevölkerung.

1869 bis 1885 war er als Stahlwerker im Stahlwerk Osnabrück tätig. Weitere 15 Jahre arbeitete er dort in der Haupteisenbahnwerkstätte. 1900 kehrte er in seine Heimat zurück. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er bei Verwandten in Jeßnitz (Anhalt) und bei Wansleben am See.

Fischer schrieb seine Lebenserinnerungen im Alter von 60 Jahren als Invalide nieder. Zuvor hatte er sich noch nie schriftstellerisch betätigt. Sein Stil war demgemäß schlicht und einfach, stellenweise recht unbeholfen, doch blieb er offensichtlich bei der Wahrheit und schrieb schonungslos mit offener Kritik.

Er war zeitlebens unverheiratet und wurde auf dem Südfriedhof in Halle (Saale) beerdigt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Göhre (Hrsg.): Denkwürdigkeiten und Erinnerungen eines Arbeiters (Zwei Bände nebst Nachtrag), Jena und Leipzig 1903–1905
  • Marianne Leber: Fischer, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 196 (Digitalisat).
  • Waldemar Mühlner: Karl Fischer. In: Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt (Hrsg.): Mitteldeutsche Lebensbilder. 3. Band Lebensbilder des 18. und 19. Jahrhunderts. Selbstverlag, Magdeburg 1928, S. 539–547
  • Fischer, Carl. In: Lexikon sozialistischer deutscher Literatur. Leipzig 1964, S. 164–165
  • Frank Woesthoff: Prolet, Pietist, Prophet – Die Denkwürdigkeiten und Erinnerungen eines Arbeiters von Carl Fischer (1841–1906), Wallstein Verlag Göttingen 1995, ISBN 3-89244-186-3
  • Tilman Westphalen und Frank Woesthoff: Carl Fischer. Ein Arbeiter in Osnabrück. Univ. Fachber. Sprache Literatur Medien, Osnabrück 1982, ISBN 3-92288-804-6
  • Tilman Westphalen und Frank Woesthoff: Die Moritat vom braven Arbeiter Carl Fischer oder Aber was einmal zum Heller geschlagen ist, da wird sein Lebtag kein Pfennig daraus! Erarbeitet auf der Grundlage von Denkwürdigkeiten und Erinnerungen eines Arbeiters (1903 - 05). Univ. Fachber. Sprache Literatur Medien, Osnabrück 1982, ISBN 3-92288-803-8
  • Ralf Hendrix: Durchbruch am Schlibecker Berg – Bau der Eisenbahnstrecke Venlo-Kempen. Erinnerungen des Wanderarbeiters Carl Fischer. In: Heimatbuch Kreis Viersen 2020. Viersen 2019, ISSN 0948-6631

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinz Koch: Ich war beim Bau der Eisenbahn dabei. In: Rheinische Post, 18. Mai 2013, Seite C3 („Blickpunkt Nettetal“).