Carl Neuberg

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Carl Neuberg (Zweiter von links, im Hintergrund) bei der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für experimentelle Therapie in Berlin Dahlem, 1913. Außerdem von rechts: Adolf von Harnack, Generalarzt Friedrich von Ilberg, Wilhelm II., August von Trott zu Solz.

Carl Neuberg (* 29. Juli 1877 in Hannover; † 30. Mai 1956 in New York) war ein deutscher Biochemiker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carl Neuberg studierte Chemie an der Universität Berlin, wo er 1900 als akademischer Schüler von Alfred Wohl[1] promoviert wurde. 1903 wurde er Privatdozent und 1906 Titularprofessor am Pathologischen Institut. Von 1909 bis 1913 leitete er das Tierphysiologische Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Ab 1916 war er Professor, ab 1919 ordentlicher Professor an der Universität Berlin, wo er am 30. September 1934 aufgrund des Berufsbeamtengesetzes zwangsweise in den Ruhestand versetzt wurde.[2]

Ab 1913 leitete Neuberg die Abteilung für Biochemie des Kaiser-Wilhelm-Instituts für experimentelle Therapie. Dieses Institut wurde 1925 in Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie umbenannt. Er blieb deren Direktor bis zu seiner Entlassung aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1934. Sein Nachfolger wurde Adolf Butenandt. Er gründete daraufhin mit Theodor Sabalitschka in Berlin-Steglitz das „Biologisch-chemische Forschungsinstitut“. 1939 emigrierte er über Frankreich, die Niederlande und Palästina in die USA, wo er an verschiedenen Instituten in New York weiterforschte.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuberg arbeitete über Gärung und über die Wirkung von Enzymen. Er entdeckte die Carboxylase. 1906 begründete er die "Biochemische Zeitschrift", die er bis 1935 herausgab. Er genoss "großes wissenschaftliches Ansehen als einer der Begründer – und Namengeber – der modernen Biochemie".[3]

Weiterhin entwickelte er im Ersten Weltkrieg eine Methode, das für das Militär wichtige Glycerin (zum Beispiel für Dynamit) aus einem Abfangverfahren zu gewinnen, bei dem bestimmte Chemikalien die alkoholische Zuckergärung stoppten. Dadurch wurde die Gewinnung aus für die Ernährung wichtigen Fetten vermieden. Diese Glyceringärung (damals geheim gehalten) wurde von Wilhelm Connstein und Karl Lüdecke bei den Vereinigte Chemische Werke AG in Berlin-Charlottenburg (siehe Benno Jaffé) technisch umgesetzt (sie erhielten dafür die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze).[4]

Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Albert Albu: Physiologie und Pathologie des Mineralstoffwechsels. Nebst Tabellen über die Mineralstoffzusammensetzung der menschlichen Nahrungs- und Genussmittel, sowie der Mineralbrunnen und -Bäder. Springer, Berlin 1906.
  • als Herausgeber: Der Harn sowie die übrigen Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten von Mensch und Tier. Ihre Untersuchung und Zusammensetzung in normalen und pathologischen Zustande. Ein Handbuch für Ärzte, Chemiker und Pharmazeuten. 2 Bände. Springer, Berlin 1911.
  • mit Bruno Rewald: Die einfachen Zuckerarten. In: Emil Abderhalden (Hrsg.): Biochemisches Handlexikon. Band 2: Gummisubstanzen. Hemicellulosen. Pflanzenschleime. Pektinstoffe. Huminsubstanzen. Stärke. Dextrine. Inuline. Cellulosen. Glykogen. Die Einfachen Zuckerarten. Stickstoffhaltige Kohlenhydrate. Cyklosen. Glucoside. Springer, Berlin 1911, S. 265–526.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ekkehard Hieronimus: Carl Neuberg, in: Leben und Schicksal. Zur Einweihung der Synagoge in Hannover, mit Fotos von Hermann Friedrich u. a., Hrsg.: Landeshauptstadt Hannover, Presseamt, in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Hannover e.V., Hannover: [Beeck in Kommission], [1963], S. 176–181
  • Hinderk Conrads, Brigitte Lohff: Carl Neuberg – Biochemie, Politik und Geschichte. Lebenswege und Werk eines fast verdrängten Forschers (= Geschichte und Philosophie der Medizin. 4). Steiner, Wiesbaden 2006, ISBN 3-515-08894-6.
  • Michael EngelNeuberg, Carl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 102 f. (Digitalisat).
  • Lothar Jaenicke: „Bevor ick mir so wund’re, jloob ick’s nich“. Carl Neuberg 1877–1956. In: Biospectrum. Bd. 7, Nr. 2, 2001, ISSN 0947-0867, S. 133–136.
  • Carl Neuberg. In: Karin Orth: Vertreibung aus dem Wissenschaftssystem. Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus vertriebenen Gremienmitglieder der DFG. Steiner, Stuttgart 2018 (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft; 7), S. 310–324, ISBN 978-3-515-11953-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Louis Fieser, Mary Fieser: Organische Chemie, Verlag Chemie Weinheim, 2. Auflage, 1972, S. 1335, ISBN 3-527-25075-1.
  2. Karin Orth: Vertreibung aus dem Wissenschaftssystem. Gedenkbuch für die im Nationalsozialismus vertriebenen Gremienmitglieder der DFG. In: Rüdiger von Bruch; Ulrich Herbert (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Band 7. Stuttgart 2018, ISBN 978-3-515-11955-9, S. 316.
  3. Reinhard Rürup, unter Mitwirkung von Michael Schüring: Schicksale und Karrieren: Gedenkbuch für die von den Nationalsozialisten aus der Kaiser Wilhelm Gesellschaft vertriebenen Forscherinnen und Forscher. Wallstein 2008, S. 276.
  4. Hinderk Conrads, Brigitte Lohff: Carl Neuberg – Biochemie, Politik und Geschichte. 2006, S. 73.
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 177.
  6. Mitgliedseintrag von Carl Neuberg bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 12. Februar 2016.
  7. Korrespondierende Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Нейберг, Карл (Neuberg, Carl). Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 17. November 2021 (russisch).
  8. Mitgliedseintrag von Carl Neuberg bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 12. Februar 2016.