Croccos Wirbelsatz

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Der Wirbelsatz von Crocco oder die Crocco-Gleichung[1]:157ff ist ein 1922 von A. Friedmann[2] und 1937 von Luigi Crocco[3] aufgestellter physikalischen Satz aus der Strömungsmechanik. Er besagt, dass im konservativen Kraftfeld, wie dem Schwerefeld auf der Erde, eine wirbelfreie stationäre Strömung homentrop ist. Auf der anderen Seite folgt, dass nicht homentrope aber homenergetische stationäre Strömungen (mit homogener Energieverteilung) wirbelbehaftet sind.[4]:152 Er stellt den Zusammenhang zwischen Verwirbelung und Entropie und somit zwischen Kinematik und Thermodynamik in einem Strömungsfeld her.

Aussage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einer stationären Strömung eines viskositätsfreien, und damit nicht-wärmeleitenden Gases[5] gilt:

Hierin bezeichnen

  • das Geschwindigkeitsfeld der Strömung und dessen Rotation
  • die Ruheenthalpie des Gases und deren Gradient
  • T die Temperatur
  • s die Entropie,

wobei und s als Enthalpie und Entropie pro Masseneinheit eingehen (spezifische Größen).

Interpretation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oft kann man eine isoenergetische oder homenergetische Strömung mit annehmen. Ist die Strömung außerdem noch homentrop, so ist auch , und nach Croccos Wirbelsatz folgt

.

Im Allgemeinen folgt daraus

womit die Strömung rotations- bzw. wirbelfrei ist, was in einer Potentialströmung mit Geschwindigkeitspotential und

.

der Fall ist.

Croccos Wirbelsatz besagt also, dass rotationsfreie Strömungen homentrop sind und umgekehrt, wobei vorausgesetzt wird, dass sie stationär sind und Viskosität sowie Wärmeleitung vernachlässigbar sind.

Herleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Formel für die Temperatur- und Druckabhängigkeit der Enthalpie wird umgestellt und das spezifische Volumen durch den Kehrwert der Dichte ersetzt:[4]:78

Ableitung nach einer kartesischen Koordinate , Multiplikation mit einem Vektor êi der Standardbasis und Summation der Ergebnisse liefert[4]:151

oder koordinatenunabhängig mit dem Nabla-Operator 𝜵

In die substantielle Ableitung der Geschwindigkeit wird die Grassmann-Entwicklung eingearbeitet:

Die Euler-Gleichungen der Strömungsmechanik lauten mit diesen Ergebnissen

Darin ist ψ das Potential des konservativen Kraftfeldes mit Gradient , wo das Minuszeichen Konvention ist. In einer stationären Strömung entfällt der erste Term auf der linken Seite und Umstellung sowie Zusammenfassung liefert:

In stationärer und viskositätsfreier Strömung mit vernachlässigbarer Wärmeleitung ist die Summe in der großen Klammer im ganzen Strömungsfeld konstant[6] womit ihr Gradient verschwindet, was in den croccoschen Wirbelsatz mündet:

In wirbelfreien Strömungen ist das Geschwindigkeitsfeld rotationsfrei () und somit das Strömungsfeld zugleich homentrop (). Umgekehrt ist eine stationäre homenergetische Strömung, die nicht homentrop ist, zwangsläufig wirbelbehaftet.[4]:152[1]:159

Gekrümmter Stoß in einer Hyperschallströmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Durchgang durch einen gekrümmten Stoß, wie er in Hyperschallströmungen auftreten kann, wird die Entropie auf den einzelnen Stromlinien unterschiedlich erhöht. Hinter der Stoßfläche ist daher die Entropie nicht mehr homogen, und infolge des Croccoschen Wirbelsatzes kann die Strömung dort nicht mehr wirbelfrei sein.[4]:152

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b F. Durst: Grundlagen der Strömungsmechanik. Springer, 2006, ISBN 3-540-31323-0.
  2. A. Friedmann: Ein Aufsatz über die Hydrodynamik komprimierbarer Flüssigkeiten. Petrograd 1922, S. 198 (russisch, e-heritage.ru [abgerufen am 22. August 2023] Originaltitel: Опыт гидромеханики сжимаемой жидкости. Nachdruck 1934 unter Schriftleitung von Nikolai Kochin, erste Formel mit ).
  3. Luigi Crocco (Sohn von Gaetano Crocco): Eine neue Stromfunktion für die Erforschung der Bewegung der Gase mit Rotation. In: Z. Angew. Math. Mech. Band 17, Nr. 1, 1937, S. 1–7, doi:10.1002/zamm.19370170103.
  4. a b c d e J. H. Spurk: Strömungslehre. Einführung in die Theorie der Strömungen. 8. überarbeitete Auflage. Springer Verlag, Heidelberg, Dordrecht, London, New York 2010, ISBN 978-3-642-13142-4, doi:10.1007/978-3-642-13143-1.
  5. Die Vernachlässigung der Reibungsspannungen zieht die Vernachlässigung der Wärmeleitung nach sich. Spurk, Strömungslehre (2010), S. 86
  6. siehe Spurk, Strömungslehre (2010), S. 150, und vergleiche Bernoulli-Gleichung#Erweiterte bernoullische Druckgleichung viskositätsfreier, idealer Gase

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]