Cyanameisensäuremethylester

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Strukturformel
Struktur von Cyanameisensäuremethylester
Allgemeines
Name Cyanameisensäuremethylester
Andere Namen
  • Zyklon A
  • Methyl Cyanoformate (englisch)
  • Methylcyanformiat
  • Manders Reagenz
Summenformel C3H3NO2
Kurzbeschreibung

leicht gelbliche, klare Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 17640-15-2
EG-Nummer 241-626-6
ECHA-InfoCard 100.037.826
PubChem 28660
ChemSpider 26657
Wikidata Q415666
Eigenschaften
Molare Masse 85,06 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,07 g·cm−3 (25 °C)[1]

Siedepunkt

100–101 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226​‐​300​‐​310​‐​315​‐​319​‐​330
P: 260​‐​264​‐​280​‐​284​‐​302+350​‐​305+351+338[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cyanameisensäuremethylester (Trivialname: Zyklon A, Handelsname: Zyklon) ist ein Pestizid aus der Gruppe der Carbonsäureester und Nitrile, das zur Ungeziefer-Vernichtung in Räumen und Effekten Anwendung fand. Es ist das Nitril zum Oxalsäuremonomethylester.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im März 1919 wurde die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch) gegründet, deren Leitung ab 1920 Walter Heerdt innehatte. Ferdinand Flury, der wie Heerdt und Bruno Tesch früherer Mitarbeiter Fritz Habers war, entwickelte Zyklon A und erhielt 1920 das Patent dafür.[2] Bis dato war die Handhabung der relativ schwach riechenden und schnell verdampfenden Blausäure zu gefährlich. Ziel waren Substanzen, deren Giftigkeit vergleichbar war, die aber durch einen stechenden Warn-Geruch eine höhere Handhabungssicherheit gewährleisten konnten. Erste Versuche von Flury mit Cyanameisensäuremethylester zeigten, dass der in rohem Zyklon A enthaltene Chlorameisensäuremethylester, ein Rückstand aus der Synthese, als Warnstoff wirken konnte.

Zyklon A ist der Vorläufer von Zyklon B, bei dem Blausäure von porösen Trägersubstanzen langsam und kontrolliert desorbiert.

Die Herstellung wurde durch den Friedensvertrag von Versailles in Deutschland verboten, da es als chemischer Kampfstoff eingesetzt werden kann. Der Kontakt mit der Substanz, sei es durch Inhalation, Verschlucken oder Aufnahme über die Haut, kann zu schweren Symptomen wie Lähmungen, Atemnot, Ödemen, Cyanose bis hin zum Tod führen.[3]

Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cyanameisensäuremethylester kann durch einfache Umsetzung von Chlorameisensäuremethylester und Alkalicyaniden – wie Kaliumcyanid oder Natriumcyanid – hergestellt werden.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heute wird Cyanameisensäuremethylester hauptsächlich als Reagenz, zum Beispiel zur Acylierung von Enolaten, eingesetzt.[1] In diesem Zusammenhang wird es auch als Manders Reagenz, benannt nach dem neuseeländischen Chemiker Lewis Norman Mander, bezeichnet.[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Datenblatt Methyl cyanoformate bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. März 2011 (PDF).
  2. Patent DE351894: Verfahren zur Schaedlingsbekaempfung mittels giftiger Gase oder Daempfe. Angemeldet am 9. April 1920, veröffentlicht am 18. April 1922., Anmelder: Dr. Ferdinand Flury; Degesch
  3. Die Urteile gegen die Lieferanten des Zyklon-B (Memento vom 16. Juni 2012 im Internet Archive)
  4. Simon R. Crabtree, W. L. Alex Chu, Lewis N. Mander: C-Acylation of Enolates by Methyl Cyanoformate: An Examination of Site- and Stereoselectivity, Synlett 1990; 1990(3): 169–170. doi:10.1055/s-1990-21025