Der Stellvertreter (2002)

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Film
Titel Der Stellvertreter
Originaltitel Amen.
Produktionsland Deutschland, Frankreich, Rumänien
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2002
Länge 125 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Constantin Costa-Gavras
Drehbuch Jean-Claude Grumberg
Produktion Andrei Boncea,
Michèle Ray-Gavras
Musik Armand Amar
Kamera Patrick Blossier
Schnitt Yannick Kergoat
Besetzung

Der Stellvertreter (Originaltitel: Amen.)[3] ist eine Verfilmung von Rolf Hochhuths gleichnamigem Dokumentarschauspiel aus dem Jahr 1963. Regie führte Costa-Gavras, in den Hauptrollen sind Ulrich Tukur, Mathieu Kassovitz und Ulrich Mühe zu sehen. Seine Weltpremiere hatte der Film am 14. Februar 2002 im Wettbewerb der Berlinale.[4][5]

Das Filmdrama kritisiert den fehlenden Protest der katholischen Kirche gegen den Holocaust zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland. Er basiert auf einer wahren Geschichte, die Richtigkeit des dort dargestellten Verhaltens des Vatikans wird jedoch von Kritikern angezweifelt.

Kurt Gerstein, eine der wenigen realen Personen in dem Film, ist als Hygienespezialist für die SS tätig. Sein Aufgabenbereich wird von der Desinfektion auf die Vernichtung von Juden in Konzentrationslagern verlagert. Entsetzt über diese Verbrechen sucht er die Hilfe der katholischen Kirche – die er allerdings nicht erhält.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Anfangsszene tritt Stefan Lux in den Plenarsaal des Völkerbundes in Genf ein und unterbricht die dort stattfindende Sitzung. Er macht auf die Verfolgung der Juden im nationalsozialistischen Deutschland aufmerksam und erschießt sich daraufhin, um die Wichtigkeit seiner Botschaft zu unterstreichen.

Währenddessen wird in Deutschland eine Gruppe von geistig behinderten Menschen, darunter die Nichte des SS-Obersturmführers Kurt Gerstein, getötet (siehe auch Aktion T4). Die katholische Kirche, die von den vorgeschobenen Tötungsgründen erfährt, protestiert und erstattet Anzeige. Daraufhin wird das „Euthanasie“-Programm eingeschränkt.

Gerstein soll in Polen als Hygienespezialist für die richtige Verwendung großer Mengen von Blausäure sorgen. Dort zeigen ihm ein SS-Arzt und weitere SS-Mitglieder die Vernichtungslager. Er ist entsetzt und kontaktiert auf der Rückreise den Sekretär der schwedischen Botschaft, Baron von Otter, um ihm von den Vorgängen in Polen zu berichten. Zurück in Berlin versucht er, Pastor Dibelius davon zu überzeugen, ähnlich wie zuvor bei der „Euthanasie“ Protest einzulegen, um so durch öffentlichen Druck die Vernichtung der Juden zu stoppen. Der Pastor schenkt ihm jedoch keinen Glauben und lehnt ab, auch weil er eine Falle der Geheimen Staatspolizei fürchtet. Kurt Gerstein wendet sich direkt an den Nuntius, doch auch dieser glaubt ihm nicht. Sein Sekretär Riccardo Fontana jedoch, der das Gespräch mitgehört hat, trifft sich mit Gerstein und reist in den Vatikan, um dort von den Vernichtungslagern zu berichten.

Gerstein arbeitet währenddessen weiterhin in dem Hygieneinstitut der SS und hilft dabei, neue Vernichtungsanlagen zu entwickeln, die effizienter und schneller arbeiten sollen. Er tut dies auch, um das Leiden der Betroffenen zu verkürzen. Der SS-Arzt freundet sich ein wenig mit Gerstein an, der „der einzige ist, mit dem es sich noch lohnt zu reden.“ Privat trifft Gerstein sich mit seinen ehemaligen Freunden, die ihm jedoch nicht helfen möchten.

Fontana stößt derweil in Rom auf ähnliche Probleme: Weder sein Vater Graf Fontana noch der Berater des Papstes schenken ihm Glauben. Immerhin wird ihm versprochen, dass Papst Pius XII. die Verbrechen Hitlers in seiner Weihnachtsrede anprangern wird – was jedoch nicht geschieht. Er spricht mit weiteren Kirchenvertretern, die zwar seine Informationen nicht anzweifeln, aber aus strategischen Überlegungen gegen eine direkte Einmischung des Papstes sowie gegen militärische Maßnahmen sind.

Gerstein und Fontana beschließen, gemeinsam in den Vatikan zu reisen. Doch dort werden bereits Juden und Konvertiten von den Nazis verhaftet. Angesichts dieser Vorkommnisse ist eine Audienz eines SS-Offiziers bei dem Papst nicht möglich. In einer verzweifelten Aktion wendet sich Fontana dennoch an Papst Pius XII.; als dieser seinen Rat nicht befolgt, heftet er sich einen Judenstern an seine Brust. Er geht zu dem Bahnhof, an dem an diesem Abend tausend Juden deportiert werden sollen, und steigt mit ihnen in den Zug. In dem Vernichtungslager angekommen, wird er zu dem SS-Arzt geführt, da man erfahren hat, dass er ein katholischer Priester sei. Er wird auf die Anweisung des Arztes zu einem Sonderkommando am Krematorium eingeteilt. Auf der Rückreise von Rom fälscht Gerstein die Unterschrift Himmlers, um Fontanas Freilassung zu erwirken. Doch der SS-Arzt bemerkt die gefälschte Unterschrift und ordnet die Ermordung Fontanas an. Anstatt Gerstein für seinen Verrat zu richten, reist er selbst in den Vatikan, um vor dem nahenden Einmarsch der Alliierten noch ins Ausland zu fliehen.

Nach der Kapitulation Deutschlands wird Gerstein gefangen genommen und schreibt einen Bericht über die Geschehnisse in den Vernichtungslagern und seinen Widerstand. Dennoch wird er angeklagt. Schließlich wird er erhängt in seiner Zelle aufgefunden – der Film lässt bewusst offen, ob Gerstein Selbstmord begangen hatte oder ermordet wurde.

Der Film endet mit einem Gespräch zwischen dem SS-Arzt und dem Bischof Alois Hudal, der ihm zur Flucht nach Argentinien verhilft.

Stilmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe des Filmes werden zwischen den Szenen immer wieder in die Vernichtungslager fahrende bzw. aus ihnen kommende Züge gezeigt, die mit Menschen gefüllt bzw. leer sind. Dadurch wird dem Zuschauer vermittelt, dass die Deportation zu jeder Zeit weiter geht, während aus Sicht der handelnden Politiker und Kirchenvertreter anscheinend keine große Eile besteht.

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Das konventionell inszenierte, mit guten Darstellern besetzte Lehrstück setzt zum Teil andere Akzente als die Bühnenfassung und reduziert die Rolle des Papstes. Costa-Gavras geht es mehr um einen – unbestreitbar diskussionswerten – moralischen Appell als um historische Genauigkeit, wodurch er freilich die Chance verschenkt, die komplexen Charaktere und die politischen Konstellationen genauer zu durchleuchten.“

„[…] Costa-Gavras hat nichts gesucht, und er hat nichts gefunden. Abgesehen vom groben Gang der Geschichte und der Konstellation der Figuren, waren ihm Hochhuths Theaterstück und dessen Bedeutung offenbar herzlich egal. Wie die Vorlage handelt auch der Film von den vergeblichen Versuchen des SS-Mannes Kurt Gerstein, die katholische Kirche – namentlich Papst Pius XII. – zum offenen Widerstand gegen die Massenvernichtung der Nationalsozialisten zu bewegen. Aber wo Hochhuth daraus politisches Aufklärungstheater mit tiefen Zweifeln an der Aufklärung selber geschaffen hat, behandelt Costa-Gavras den Stoff ganz reflexionslos als Story: Unablässig hetzt sein Gerstein (Ulrich Tukur) von Instanz zu Instanz, während immer mehr volle Güterzüge nach Osten fahren. Wo Hochhuth seine Geschichte auf wenige, gleichsam überhöhte Szenen verdichtet, kennt Costa-Gavras als Rhythmus bloß die Parallelmontage des Action-Films: Gerstein rennt, Züge fahren.“

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2002: Nominiert in der Kategorie Best European Actor (Ulrich Tukur) bei den European Film Awards.[8]
  • 2002: Nominiert für den Goldenen Berliner Bär (Berlinale).[9] Berlinale Kamera für den Regisseur Constantin Costa-Gavras „für seine Verdienste um den politisch engagierten Film“.[10]
  • 2003: César für die Kategorie Bestes Drehbuch. Sechs weitere Nominierungen für den besten Film, den besten Hauptdarsteller, die beste Kamera, die beste Regie, die beste Filmmusik und den besten Ton.[11][12]
  • 2003: Prix Lumières in der Kategorie Bester Film.[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Freigabebescheinigung für Der Stellvertreter. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 90313/V).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Alterskennzeichnung für Der Stellvertreter. Jugendmedien­kommission.
  3. Insbesondere im englischen Sprachraum. Der Punkt ist Bestandteil des Namens. Als Quelle siehe die Seite in der Internet Movie Database
  4. Erste Weltpremieren im Wettbewerb der Berlinale 2002. In: berlinale.de. 4. Februar 2002, abgerufen am 18. Februar 2016 (Pressemitteilung).
  5. Constantin Costa-Gavras: Amen (Der Stellvertreter) (Frankreich 2002) Festival Berlinale 2002 Wettbewerb. In: jump-cut.de. Abgerufen am 18. Februar 2016.
  6. Der Stellvertreter. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.
  7. Jens Balzer: Gerstein rennt. In: Berliner Zeitung, 14. Februar 2002
  8. People’s Choice Awards 2002 – The nominees (Memento vom 14. April 2009 im Internet Archive), European Film Academy
  9. Berlinale | Goldener Berliner Bär (Memento vom 6. Dezember 2010 im Internet Archive), cinefacts.de
  10. Berlinale Kamera wird an Constantin Costa-Gavras verliehen. In: berlinale.de. 12. Februar 2002, abgerufen am 18. Februar 2016.
  11. Palmarès 2003 – 28 ème cérémonie des César. In: academie-cinema.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Februar 2016; abgerufen am 18. Februar 2016 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.academie-cinema.org
  12. César-Verleihung: Ein Pianist räumt ab, acht Frauen gehen leer aus. In: Spiegel Online, 23. Februar 2003.
  13. Amen bester Film 2002 bei den Prix Lumières. In: news.ch, 15. Februar 2003.