Waldgeißblatt

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Waldgeißblatt

Blütenstand des Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum)

Systematik
Asteriden
Euasteriden II
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae)
Gattung: Heckenkirschen (Lonicera)
Art: Waldgeißblatt
Wissenschaftlicher Name
Lonicera periclymenum
L.

Das Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum), auch Wildes Geißblatt, Deutsches Geißblatt oder Wald-Heckenkirsche genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae).

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die beim Waldgeißblatt typische Lianenbildung
Früchte des Waldgeißblatts

Lonicera periclymenum wächst als Liane bis zu 25 Meter lang empor.

Dabei teilt sich die Pflanze in mehrere Schlingen, die einen Baum regelrecht „einspinnen“ können. Die Schlingen widerstehen selbst dem Dickenwachstum von Ästen und Stämmen, so dass sie im Laufe der Zeit schraubige Einkerbungen in deren Rinde verursachen. An felsigen Küstenabschnitten liegen die Lianen ausgebreitet auf dem Untergrund.

Das Waldgeißblatt blüht mit cremeweißen bis gelblichen Blüten, die einen süßen Duft verbreiten.

Es werden kleine, rote Beeren gebildet.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18, 36 oder 54.[1]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diese Kletterpflanze ist über weite Teile Europas verbreitet. Ihre nördlichsten Verbreitungsgebiete liegen im südlichen Norwegen und im südwestlichen Schweden. Sie wächst wild in Wäldern und buschreichen Gegenden. Sie ist eine Charakterart des Verbands Pruno-Rubion, kommt aber auch in Gesellschaften des Unterverbands Quercenion roboris-petraeae oder seltener in bodensauren Gesellschaften der Ordnung Fagetalia vor.[1]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kann zwei Unterarten unterscheiden[2]:

  • Lonicera periclymenum L. subsp. periclymenum: Sie kommt in Europa vor von Portugal und Griechenland bis ins südliche Norwegen und südliche Schweden.[2]
  • Lonicera periclymenum subsp. hispanica (Boiss. & Reut.) Nyman (Syn.: Lonicera hispanica Boiss. & Reut.): Sie kommt in Marokko, in Portugal und in Spanien vor.[2]

Giftigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Immer wieder verlocken die Beeren kleine Kinder zum Naschen, allerdings oft mit nachfolgendem Krankenhausaufenthalt, denn die Früchte des Waldgeißblatts sind giftig und verursachen Brechdurchfälle und Reizungen des Verdauungssystems.

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waldgeißblatt im Wald

Das Waldgeißblatt ist ein winterkahles Klettergehölz, eine Liane. Im Gegensatz zu den meisten anderen Windepflanzen – aber ähnlich wie in unserer Flora der Hopfen, die Schlingknöteriche und die Schmerwurz – ist es ein Rechtswinder, also von oben betrachtet im Uhrzeigersinn windend. Außerdem ist es ein Tiefwurzler.

Die Blüten ruhen unter den warmen und hellen Tageszeiten und entfalten erst am Abend ihre volle Pracht. Sie werden abends meist von Eulenfaltern und langrüsseligen Schwärmern, die mit ihren langen Saugrohren die Blüten bestäuben können, besucht.

Die Blüten sind streng vormännliche „Eigentliche Lippenblumen“ und stehen in gestielten, kopfigen Zymen. Die Besucher werden durch Staubbeutel und Narbe auf ihrer Bauchseite berührt. Die Art ist eine typische Nachtschwärmer-Blume, d. h. die Blüten öffnen sich erst abends gegen 19 Uhr mit starkem Duft, dazu haben die Blüten ölige glatte Lippen und bis zu 4 cm lange Kronröhren. Es ist ein Farbwechsel der Blüten von rot über weiß nach gelb festzustellen. Der Nektar ist bei reichlicher Absonderung auch für langrüsselige Hummeln zugänglich. Der Pollen der herausgestreckten Staubbeutel ist auch für Schwebfliegen erreichbar. Blütezeit ist von Juni bis August.

Durch die roten Beeren wird die Verdauungsausbreitung der Pflanze gefördert. Fruchtreife ist von August bis September.

Vegetative Vermehrung erfolgt durch unterirdische Ausläufer.

Trivialnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für das Waldgeißblatt bestehen bzw. bestanden, zum Teil auch nur regional, auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Alfranke (Mecklenburg, Vorpommern), Baumlilie, Beinweide (Bern, Graubünden), Durchholz (Eifel), unser Frauen Lien, Geißblatt, St. Georgenrosen (Leipzig, Mark Brandenburg), Gilgencurort (mittelhochdeutsch), Hahnenfüsslen (Elsaß), Henenblomen, Herzfreud (mittelhochdeutsch), Je länger je lieber (Meißen, Mark Brandenburg), Klommbock (Eifel bei Altenahr), Kotitten (Altmark, niederdeutsch), Kriup-dörn-Tium (Lippe)[3], Lehlheck (Eifel bei Nürnburg), Lienenblumen, Lilien von Hiericho, Lilienfrucht, Memmekenskraut, Wilder Milchbaum, Wilde Randen, Rosen von Jericho (Leipzig, Nürnberg, Schaffhausen), Sichelkraut, Specklilie (Elsaß, Mecklenburg), Speckling (mittelhochdeutsch), Süchelt (mittelhochdeutsch), Sügelke, Sugha, Sughe, Sughake, Waldgilgen, Waldlilgen (mittelhochdeutsch), Waldmeister (Schlesien), Waldrebe, Waldried (Mecklenburg, Elsass, Bern), Waldwinde (mittelhochdeutsch), grot Wede, grot Wedewynde, grot Wyde, Wildranken, Wynde (mittelhochdeutsch), Wynden (mittelhochdeutsch), Zauling (mittelhochdeutsch), Zaungilge (Thüringen), Zaunlilien (Elsaß), Zaunling, Zuckerfuß und Zwickholz (im Sinne von Holz für Schusterzwecke).[4]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Sorten werden als Zierpflanzen in Parks und Gärten verwendet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Waldgeißblatt (Lonicera periclymenum) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 878.
  2. a b c Lonicera periclymenum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  3. August Meier-Böke: Krankheit und Tod im lippischen Volksbrauch. In: Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e. V., Erich Kittel und Oskar Suffert (Hrsg.): Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Band 27. Meyersche Hofbuchhandlung Verlag, Detmold 1958, S. 188.
  4. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 77. (online).