Notstandsgesetze (Deutschland)

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Demonstrationsaufruf aus Berlin
Basisdaten
Titel: Siebzehntes Gesetz
zur Änderung des Grundgesetzes
Art: Bundesgesetz, Verfassungsänderung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: Art. 79 Abs. 1 und 2 GG
Rechtsmaterie: Verfassungsrecht
Erlassen am: 24. Juni 1968 (BGBl. I S. 709)[1]
Inkrafttreten am: 28. Juni 1968
Außerkrafttreten: noch aktuell
Weblink: http://www.documentarchiv.de/brd/1968/grundgesetz-notstandsgesetze.html
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Als „die Notstandsgesetze“ im engeren Sinne werden die Grundgesetzänderungen bezeichnet, die am 30. Mai 1968 – in der Zeit der ersten Großen Koalition – vom Deutschen Bundestag[2] und am 14. Juni vom Bundesrat[3] verabschiedet sowie am 24. Juni 1968 von Bundespräsident Lübke unterzeichnet[4] wurden. Außerdem wurde – bereits seit Ende der 1950er Jahre[5]  – eine ganze Reihe von sog. „einfachen“ (nicht-verfassungsändernden) Notstandsgesetzen verabschiedet.[6] Die Beratungen über diese Gesetzespakete wurden von massiven Protesten der sogenannten Außerparlamentarischen Opposition (APO) begleitet. Die Notstandsgesetze änderten das Grundgesetz zum 17. Mal und fügten eine Notstandsverfassung ein, welche die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen (Naturkatastrophe, Aufstand, Krieg) sichern soll.[7]

Während im Gesetzentwurf von 1960 zwar noch von „Ausnahmezustand“[8] – unter anderem als Überschrift eines neu einzufügenden Abschnittes X.a – die Rede war,[9] kamen das Wort „Notstand“ – und Komposita mit „Notstand‑“ – in diesem und den späteren Entwürfen immer nur in den erläuternden und begründenden Ausführungen, aber nie im vorgeschlagenen Gesetzestext vor.[10] Auch in der schließlich verabschiedeten Fassung kam das Wort nicht vor.[11] Auch in der heutigen Fassung des Grundgesetzes kommt „Notstand“ bzw. ein Kompositum mit „-notstand-“ nur in zwei Artikeln vor, die beide aber nichts mit den Notstandsgesetzen zu tun haben.[12]

Die dann konkret anwendbaren Regelungen sind dann in den Sicherstellungs- und Vorsorgegesetzen und darauf aufbauenden Verordnungen verankert, z. B. dem Wirtschaftssicherstellungsgesetz und der darauf aufbauenden Wirtschaftssicherstellungsverordnung. Diese enthalten jeweils die Regelung, dass sie erst bei Vorliegen des Notstandes angewandt werden dürfen.

Entstehungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Alten Schloss auf Herrenchiemsee wurde 1948 ein Entwurf für das im folgenden Jahre verabschiedete Grundgesetz erarbeitet

Ursprünglich hatte der – vom Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee im August 1948 ausgearbeitete – Entwurf für das Grundgesetz ein exekutives Notverordnungsrecht (inklusive Grundrechtssuspendierung) enthalten,[13] was sich an die entsprechende Regelung in der Weimarer Verfassung von 1919 anlehnte. Danach sollte im Fall eines Notstands die Bundesregierung bzw. die betroffene Landesregierung das Recht erhalten, Notverordnungen zu erlassen und Grundrechte außer Kraft zu setzen. Auch Bundesexekutionen gegen Bundesländer, die ihren Pflichten nicht nachkamen, waren vorgesehen, wie sie die Weimarer Verfassung als Reichsexekution gekannt hatte. Die Entscheidung darüber sollte aber nicht wie in der Weimarer Republik dem Staatsoberhaupt, sondern der Bundesregierung obliegen, die dabei aber der Zustimmung des Bundesrats bedurfte.[14] Diese sehr weitgehenden Exekutivrechte übernahm der Parlamentarische Rat auf Grund der schlechten Erfahrungen mit Artikel 48 der Weimarer Verfassung so nicht ins Grundgesetz. 1954 wurde dadurch, dass dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit für Verteidigungsfragen und die Möglichkeit geschaffen worden war, eine Wehrpflicht einzuführen,[15] der Schutz gegen einen etwaigen militärischen Angriff ermöglicht; 1956 kam die sogenannte Wehrverfassung hinzu.[16]

Entwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerhard Schröder (CDU) – hier auf einem Foto von 1960 –, unter den Bundesinnenministern derjenige mit der bisher längsten Amtszeit (1953–1961), trieb 1958 die Notstandsgesetzgebungs-Pläne der Bundesregierung mit einer Rede bei einer Tagung der Gewerkschaft der Polizei voran[17]

Die ersten Pläne für Notstandsgesetze wurden bereits 1956 vom Bundesinnenministerium vorgelegt, es folgten weitere Entwürfe 1958, 1960 (sogenannter „Schröder-Entwurf“), 1963 („Höcherl-Entwurf“), 1965 („Benda-Entwurf“) und 1967 („Lücke-Entwurf“):

  • Der Entwurf von 1958 umfasste „10 Artikel [… und] wurde im Dezember 1958 den Ministerpräsidenten der Länder übersandt. Er war am 18. Dezember 1958 Gegenstand einer Besprechung zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten und wurde am 23. Januar 1959 in einer weiteren Besprechung des Bundesinnenministers mit den Innenministern und ‑senatoren der Länder erörtert.“[18]
  • Der Entwurf von 1960 ist nach dem damaligen Innenminister Gerhard Schröder (CDU), der bereits seit 1953 amtierte, benannt. Dieser Entwurf wurde als Drucksache 1800 der 3. Wahlperiode in den Bundestag eingebracht.[19]
  • Der Entwurf von 1963 ist nach Schröders Nachfolger Hermann Höcherl (CSU), benannt und wurde als Bundestags-Drucksache IV/891 eingebracht.[20]
  • Der Entwurf von 1965 ist das Ergebnis der Ausschussberatungen zum Entwurf von 1963. Er ist nach Ernst Benda (CDU) benannt, damals Berichterstatter des Rechtsausschusses des Bundestages für diesen Gesetzentwurf.[21] Benda wurde später Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium und dann – auch bei Verabschiedung der Notstandsgesetze – selbst Innenminister. Auch in diesen Funktionen setzte er sich „aus tiefster Überzeugung für die umstrittenen Notstandsgesetze ein“.[22]
  • Der Entwurf von 1967 ist nach Paul Lücke (CDU), Nachfolger Höcherls und Vorgänger Bendas, benannt und wurde als Drucksache V/1879 in den Bundestag eingebracht.[23]

Insbesondere die Entwürfe bis 1965 sahen eine Ausweitung der Macht der Exekutive vor und fanden nicht die notwendige Mehrheit.[24]

Von Entwurf zu Entwurf fand jedoch eine Stärkung parlamentarischer Rechte[25] und (verfassungs)gerichtlicher Kontrolle[26] bei gleichzeitiger Schwächung exekutiver Sondervollmachten statt.[27] Bis 1965 verweigerte die SPD jedoch ihre parlamentarische Zustimmung[28] – wenngleich die Sozialdemokraten spätestens seit 1962 in intensivem Austausch mit dem Bundesinnenministerium standen.[29]

Die Große Koalition von 1966 bis 1969 aus CDU/CSU und SPD unter Kanzler Kiesinger (CDU) verfügte über die notwendige Zweidrittelmehrheit[30] und sah die Schaffung der Notstandsgesetze als notwendige Regelung an:[31]

„Ich lehne es jedenfalls ab, gleichgültig von wem, Argumente entgegenzunehmen, die den naiven Eindruck erwecken sollen, als ob nicht jede Regierung jedes Staates Vorsorgen trifft und letztlich dazu verpflichtet ist. Mit anderen Worten: Der Außenminister kann gar nicht darüber diskutieren, ob eine Vorsorgegesetzgebung erforderlich ist.“

Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt (SPD): Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, 9625 - 9631 (9627)[32]

„Es ist nicht wahr, daß diese Entwürfe dem Geist und Sinn des Grundgesetzes widersprächen. Wahr ist vielmehr, daß sie eine notwendige Ergänzung des Grundgesetzes aus seinem Geist und Sinn darstellen.“

Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU): Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, 9649 - 9650 (9649)[33]

Gleichzeitig beanspruchten Brandt und Kiesinger:

„Ich bin davon überzeugt, daß jeder auch nur entfernt ausdenkbare Versuch zu einem Mißbrauch der Notstandsgesetze auf unseren leidenschaftlichen Widerstand stoßen würde. […] Wer einmal mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden zur Verteidigung der Demokratie finden, und dies ist ganz wörtlich gemeint.“

Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt (SPD): Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, 9625 - 9631 (9628)[34]

„Nicht eine politische oder militärische Diktatur, sondern ihre Verhinderung auch für den Fall der äußeren Gefahr ist doch das Ziel dieser Gesetze!“

Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU): Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, 9649 - 9650 (9649)[35]

Kritik an den Plänen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Protest gegen die Notstands­gesetze, TU Berlin, Mai 1968: Die „Notstandsgesetze“ wurden von Kritikern als „NS-Gesetze“ (rotes Transparent mit weißer Schrift) bezeichnet, wobei „NS“ in dem Fall „Notstand“ abkürzte, aber auch auf den Nationalsozialismus anspielte
28. Mai 1968: In der TU Berlin wird ein Transparent gegen die Notstandsgesetze gemalt, das auf die frühere NSDAP-Mitgliedschaft von Bundeskanzler Kiesinger anspielt
Informationsbroschüre der IG Metall zu den Notstandsgesetzen

Dennoch breitete sich – auch vor dem Hintergrund der erst um das Jahr 1960 (im Kontext der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“) beginnenden öffentlichen Aufmerksamkeit für (nach 1945 allenfalls kurz unterbrochene)[36] personelle Kontinuitäten zwischen dem nationalsozialistischen und dem bundesdeutschen Beamtenapparat[37]  – in der Bevölkerung zunehmend die Sorge aus, die Notstandsgesetze bedeuteten ein neues Ermächtigungsgesetz.[38] Zeichen dieser Sorge war die – „wohl kalkulierte“[39]  – abgekürzte Bezeichnung der „Notstandsgesetze“ als „NS-Gesetze“ (s. nebenstehende Fotos[40]).

Ab Bildung der Großen Koalition 1966 opponierten vor allem Gewerkschaften,[41] FDP[42], das Kuratorium „Notstand der Demokratie“ und besonders die Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre mit SDS und LSD gegen die auf parlamentarische Weise nicht verhinderbaren Pläne. Die FDP postulierte 1967 in ihrem „Aktionsprogramm“ Ziele des Fortschritts:

„Das Parlament muß die Stätte der Freiheit und ihre Garantie zugleich sein. Es hat die politischen Grundauffassungen unseres Volkes zu repräsentieren. Die Freien Demokraten sehen es in der Opposition gesteigert als ihre Aufgabe an, in allen Bereichen des politischen Lebens die freiheitliche Verfassungsordnung der Bundesrepublik zu schützen. Darum kämpft die FDP:

  • gegen die ungerechtfertigte Einschränkung der Grundrechte im Rahmen der Notstands­gesetzgebung;
  • gegen die Ausschaltung des Parlaments, die vom Notstand zur Notstandsdiktatur führt;
  • gegen pauschale Rechtsetzungs­ermächtigungen für die Exekutive in den einfachen Notstandsgesetzen und in der geplanten Verfassungs­änderung;
  • gegen die Einschränkung der Presse- und Informations­freiheit;
  • gegen die Verheimlichung von Gesetzesvorhaben vor dem Bürger und dem Plenum des Parlaments.

Die FDP fordert:

  • eine Notstands­gesetzgebung, die ausreichend ist, um die Not wirklich zu meistern, die also weder den Rückgriff auf über­verfassungs­mäßiges Recht erlaubt, noch die Vorbehaltsrechte der Drei Mächte ganz oder teilweise weiterbestehen läßt;
  • die Veröffentlichung der Texte der ‚Schubladen­entwürfe‘ vor Verabschiedung der Notstands­verfassung;
  • die erneute Beratung der bereits verabschiedeten Notstandsgesetze und eine eindeutige Festlegung und Bezeichnung der Rechtsetzungs­befugnisse für die Exekutive;
  • die Beschränkung der Regelung des äußeren Notstands auf den Verteidigungsfall;
  • die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in allen Einzelregelungen und Durchführungs­verordnungen;
  • die Feststellung des Notstandsfalls mit qualifizierter Mehrheit, den Zusammentritt des Notparlaments nur für den Fall, wenn dem beschlußfähigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen;
  • die Gewährleistung der verfassungs­gerichtlichen Kontrolle;
  • die Beschränkung der Regelung des inneren Notstands auf eine Ergänzung des Art. 91 GG durch den Zusatz der Worte ‚und Naturkatastrophen‘.“
Freie Demokratische Partei (FDP): Ziele des Fortschritts[43]

Über das Verhältnis der studentischen und gewerkschaftlichen Protestteile zueinander heißt es auf der Webseite der Bundeszentrale für politische Bildung:

„Die Studentenbewegung war mit ihren Verbänden ein wichtiger Teil der APO, nahm beim Protest gegen die Notstandsgesetze aber nicht die federführende Rolle ein. Diese Funktion hatten vor allem die Gewerkschaften und insbesondere die IG Metall inne. Die Studierenden sorgten mit ihren neuen Protestformen wie Sit-ins und Teach-ins, die sie der US-amerikanischen Bürgerrechts­bewegung entliehen hatten, jedoch für eine enorme Präsenz in den Medien. […] Das ohnehin spannungsvolle Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Studentenbewegung zerbrach, nachdem die Gewerkschafts­führungen Streiks gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze abgelehnt hatten[44].“

Bundeszentrale für politische Bildung: Notstandsgesetze: Testfall für die Demokratie (vom 29.5.2018)[45]

Infolgedessen kam es am 11. Mai 1968 zu zwei getrennten Demonstrationen in Bonn und Dortmund:

  • In einem Sternmarsch nach Bonn demonstrierten am 11. Mai 1968 Zehntausende[46] weitgehend friedlich gegen die Notstandsgesetze, die sie als nicht hinnehmbare Eingriffsmöglichkeit der Staatsorgane in die Grundrechte ansahen und die von ihnen abgelehnt wurden.[47] Den Sternmarsch hatten das Kuratorium „Notstand der Demokratie“,[48] das schon 1966 in Frankfurt am Main einen Kongress zu den Notstandsgesetzen veranstaltet hatte, und die Kampagne für Demokratie und Abrüstung organisiert.[49]
  • Am selben Tag kamen zu einer separaten Kundgebung des DGB 15.000 Menschen nach Dortmund.[50]

Abstimmungsergebnis und Gegen-Entwurf der FDP[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Abstimmung im Bundestag am 30. Mai 1968 votierten von den 496 vollstimmberechtigten und 22 beratenden West-Berliner Abgeordneten

  • 384 vollstimmberechtigte (darunter Herwart Miessner als einziger FDP-Abgeordneter) + 20 West-Berliner Abgeordnete für den Gesetzentwurf -
  • 100 vollstimmberechtigte Abgeordnete (davon 53 der [insgesamt 202] SPD-Abgeordneten und 46 der [insgesamt 48] FDP-Abgeordneten sowie Max Schulze-Vorberg [CSU]) + 1 West-Berliner Abgeordneter (William Borm [FDP]) dagegen;[51]
  • was heißt, dass 11 vollstimmberechtigte Abgeordnete sich an der Abstimmung nicht beteiligten.

Die FDP hatte einen eigenen Gesetzentwurf zur „Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall“ (Bundestags-Drucksache V/2130)[53] vorgelegt, der in nicht-namentlicher Abstimmung und ohne detaillierte Zählung der Stimmen abgelehnt wurde.[54] Der FDP-Entwurf sah zwar Änderungen von Artikel 12 (Berufsfreiheit),[55] aber – anders als die verabschiedete Fassung – keine Änderung von Artikel 10 (Brief- sowie Post- und Fernmeldegeheimnis) und Artikel 11 (Freizügigkeit) vor; auch Bestimmungen zum ‚inneren‘ und ‚Katastrophennotstand‘ waren nicht enthalten.[56]

Kontext: Die alliierten Vorbehaltsrechte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Verabschiedung der Notstandsgesetze wurde in der damaligen Diskussion – neben allgemeinen Erwägungen – auch das Bestreben, die Souveränität der Bundesrepublik auszuweiten,[57] geltend gemacht:

„Die Ergänzung des Grundgesetzes ist nicht zuletzt auch deshalb erforderlich, damit das immer noch aus der Zeit des Besatzungsrechts fortgeltende Notstandsrecht der Drei Mächte durch eine in die deutsche Verfassungsrechtsordnung eingefügte Regelung ersetzt wird.“

Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Bundestags-Drucksache V/1879)[58]

„Bisher hatten die Alliierten auch noch Rechte, die uns als Untermieter im eigenen Haus erscheinen ließen. Das soll jetzt geändert werden. Unsere Bundesrepublik ist erwachsen genug, um die Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten ohne Einschränkung in die eigenen Hände zu nehmen; […].“

Vizekanzler und Außenminister Willy Brandt (SPD): Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, 9625 - 9631 (9625)[59]

Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 des sog. Deutschlandvertrages bestimmte nämlich:[60]

Die von den Drei Mächten bisher innegehabten oder ausgeübten Rechte in Bezug auf den Schutz der Sicherheit von in der Bundesrepublik stationierten Streitkräften, die zeitweilig von den Drei Mächten beibehalten werden, erlöschen, sobald die zuständigen deutschen Behörden entsprechende Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten haben und dadurch in Stand gesetzt sind, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit dieser Streitkräfte zu treffen, einschließlich der Fähigkeit, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen.

Wenige Tage vor Verabschiedung der grundgesetzändernden Notstandsbestimmungen – nämlich am 27. Mai 1968 – erklärte die Botschaft der USA in der Bundesrepublik:[61]

„Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat die Texte des ‚Siebzehnten Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes‘, wie es vom Bundestag in zweiter Lesung angenommen worden ist, und eines ‚Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses‘, wie es vom Rechtsausschuß des Bundestages angenommen worden ist, zur Kenntnis genommen. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erachtet, in Übereinstimmung mit der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Vereinigten Königreichs […], daß die Texte, auf die in dem vorhergehenden Absatz Bezug genommen wird, den Erfordernissen des Artikel 5 Absatz 2 des Vertrages über die Beziehungen zwischen den Drei Mächten und der Bundesrepublik Deutschland […] entsprechen. Die von den Drei Mächten bisher innegehabten Rechte in Bezug auf den Schutz der Sicherheit von in der Bundesrepublik stationierten Streitkräften, […], werden dementsprechend erlöschen, sobald der jeweilige Gesetzestext in Kraft tritt.“

Entsprechende Erklärungen gaben auch die britische und die französische Botschaft ab.[62] Die übrigen Sonderrechte der Westmächte aus dem Deutschlandvertrag endeten allerdings endgültig erst 1991 nach der Ratifikation des Zwei-plus-Vier-Vertrags, der wegen der Wiedervereinigung nötig wurde, nachdem sie bereits zum 3. Oktober 1990 suspendiert worden waren.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Siebzehnte Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes ist auf den 24. Juni 1968 datiert, wurde am 27. Juni 1968 verkündet und trat am 28. Juni in Kraft.[63]

Formeller und historischer Rahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die verfassungsändernden „Notstandsgesetze“ von 1968

Bis dahin hatte das Grundgesetz 158 Artikel[64] Das Gesetz vom 24. Juni 1968 hat insgesamt 28 Artikel aufgehoben, geändert oder neu eingefügt.[65]

  • Der aufgrund der Nicht-Ratifizierung des Vertragspaketes zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft durch die französische Nationalversammlung hinfällig gewordene (erst 1954 eingefügte)[66] Artikel 142a wurde ersatzlos gestrichen.
  • Vier Artikel wurden – zum Teil aus bloßen Gründen der Systematik bzw. Übersichtlichkeit – durch Artikel ähnlichen oder gleichen Inhalts ersetzt: Artikel 59a (Feststellung des Verteidigungsfalls) wurde durch Artikel 115a ersetzt; Artikel 65a Absatz 2 (Kommandogewalt) durch Artikel 115b. Artikel 73 Nr. 1 wurde teilweise (Wehrpflicht) durch Artikel 12a Absatz 1 ersetzt, und Artikel 143 (Bundeswehr-Einsatz im Innern) wurde – mit erheblichen Änderungen – durch Artikel 35 Absatz 2 (heute: Satz 2)[67] sowie Absatz 3 und Artikel 87a Absatz 4 ersetzt.
  • Neu eingefügt wurden die elf Artikel des insgesamt neuen Abschnittes Xa. „Verteidigungsfall“ sowie Artikel 12a (Dienstpflichten/​verteidigungs- und spannungsfall-bezogene Einschränkungen der Berufsfreiheit), Artikel 80a („Spannungsfall“) und Artikel 53a (Gemeinsamer Ausschuß) – also insgesamt 14 Artikel.
  • Ergänzt oder anderweitig geändert wurden neun Artikel:
    • Ergänzt wurden: Artikel 87a (Aufstellung von Streitkräften und deren Einsatz) (Erweiterung um Absatz 2–4), Artikel 9 Absatz 3 (Hinzufügung von Satz 3: Schutz von Arbeitskämpfen gegen die Anwendung von Notstandsmaßnahmen), Artikel 20 (Hinzufügung von Absatz 4: Widerstandsrecht), Artikel 10 Absatz 2 (Hinzufügung von Satz 2) und Artikel 19 Absatz 4 (Hinzufügung von Satz 3) (jeweils wegen Abhören zum Schutze der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“) sowie Artikel 35 (Hinzufügung von Absatz 2 [heute: Satz 2] sowie Absatz 3: Einfügung zum ‚Katastrophennotstand‘).
    • Im alten Textbestand umformuliert (und teilweise auch darüber hinaus − durch Ergänzungen oder Kürzungen − geändert) wurden: Artikel 91 (‚innerer Notstand‘) (Änderungen und Ergänzungen), Artikel 12 (Berufsfreiheit) (Verschiebung von Text nach Artikel 12a und Einfügung der Wörter „oder aufgrund eines Gesetzes“) und Artikel 11 (Freizügigkeit) (Ausbau der Schranken-Regelung in Absatz 2).

Materieller Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Begriffe für die verfassungsändernden Notstandsgesetzen von 1968.

Die beschlossenen Änderungen lassen sich insgesamt fünf Fallgruppen zuordnen. Die ersten drei Fallgruppen regeln insgesamt vier Notstandeslagen in absteigender Schärfe. Die beiden letzten Teile umfassen ergänzende Motive und weiteren Einschränkungen von Grundrechten im Zuge der deutschen Notstandsgesetzgebung im Jahre 1968. Diese damals festgeschrieben Stufen des Notstandes entsprechen der Erkenntnislage dieser Zeit und lauten in Deutschland bis heute wie folgt:

  • Äußerer Notstand
    Er kennt zwei Ausprägungen[68], den Spannungsfall als die Grenze des Friedens zum Krieg und schlussendlich eskaliert den Verteidigungsfall als die Umschreibung des Kriegszustandes mit dem eigens dafür geschaffenen Notparlament, dem Gemeinsamen Ausschuss.
  • Innerer Notstand
    Er ist die Bezeichnung für die gefährdete oder gestörte verfassungsmäßige Ordnung im Land (ugs. Unruhe oder Aufruhr). In dieser Stufe des Notstandes gibt es keinen drohenden oder tatsächlichen Krieg gegen fremde Mächte.[69]
  • Katastrophennotstand
    Er bezeichnet die Gefährdungs- und Gefahrenlage im Land durch ein Schadenereignis oder Schadensrisiko[70] (Katastrophenfall)[71]. Neben den klassischen Ursachen wie natürliche oder technische Unglücke kommen auch negative gesellschaftliche wie politische Ereignisse in Frage, ohne dass ein Krieg im Raume steht. Siehe im Detail: Typologie der Ursachen.

Die beiden letzten Fallgruppen umfassen:

  • Grundrechtseinschränkungen
    Sie gelten teilweise auch im tiefen Frieden und nicht nur in Notstandslagen sowie
  • Korrektive in Grundgesetz
    Sie dienen zur Besänftigung der Kritik an den Notstandsgesetzen. Das sind Art. 9 Abs. 3 Satz 3 GG in Form des Schutzes von Arbeitskämpfen gegen Maßnahmen des Notstands, ferner der Art. 20 Abs. 4 GG als Widerstandsrecht. Es kann als ein vorgestelltes Widerstandsrecht für das Volk gegen Putschisten oder den autoritär gewordenen Staatsapparat in Bund oder einem Land verstanden werden (ugs. Lizenz zum Aufruhr)[72], also als das Korrektiv gegen die Ausweitung der Staatsbefugnisse im Notstand.

Wesen des äußeren Notstands[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Verteidigungsfall“ und „Spannungsfall“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten der 28 Grundgesetzänderungen vom 24. Juni 1968 betreffen den sogenannten äußeren Notstand im Verteidigungsfall und im Spannungsfall. Der Verteidigungsfall ist in elf Artikeln des 1968 neu eingefügten und gleichnamigen Abschnittes Xa geregelt. Der Spannungsfall ist im Artikel 80a GG referenziert.

Gemeinsamer Ausschuss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er ist gemäß Artikel 53a GG aus Mitgliedern des Bundestag und des Bundesrates zu bilden. Der Gemeinsame Ausschuss tritt nur bei einem äußeren Notstand zusammen. Das ergibt sich auch aus der Formulierung in Art. 115e Abs. 1, der auf den Verteidigungsfall abstellt. Auch praktisch ist davon auszugehen, dass Bundestag oder Bundesrat erst im Falle eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik arbeitsunfähig werden können, aber nicht schon im Spannungsfall [73]. Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Mitgliedern des Bundestages und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates.[74] Der Gemeinsame Ausschuss kann das Grundgesetz nicht ändern.[75]

Der ausschließliche Bezug auf den äußeren Notstand ergibt sich auch aus der Gesetzessystematik[76] und der Gesetzesbegründung der Bundesregierung, Zitat wie folgt:

„Die ordentlichen parlamentarischen Organe des Bundes, der Bundestag und der Bundesrat, behalten in allen Notstandslagen alle Rechte, insbesondere das zur Gesetzgebung und zur parlamentarischen Kontrolle. Nur wenn und solange der Bundestag durch äußere Umstände arbeitsunfähig werden sollte (der Entwurf fasst diese Möglichkeit nur für den Fall eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik ins Auge), soll ein aus Abgeordneten des Bundestages und Mitgliedern des Bundesrates zusammengesetztes besonderes Verfassungsorgan, der Gemeinsame Ausschuss, anstelle von Bundestag und Bundesrat deren Aufgaben wahrnehmen.“

Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Bundestags-Drucksache V/1879)[77]
Artikel 115a ersetzt 59a sowie Artikel 115b ersetzt 65a II[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Des erst 1956 eingefügte Artikel 59a Grundgesetz wurde durch [78] Artikel 115a Grundgesetz[79] ersetzt. Beide betreffen sie die Feststellung, daß ein Verteidigungsfall eingetreten ist.

Die Ersetzung von Absatz 2[80] des ebenfalls erst 1956 eingefügten Artikel 65a Grundgesetz wurde durch Artikel 115b Grundgesetz[81] ersetzt und schreibt die Kommandogewalt über die Bundeswehr im Verteidigungsfall fest.

Artikel 87a Absatz 3 zum Objektschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der 1968 neu in Artikel 87a eingefügte Absatz 3 betrifft insbesondere den Schutz von zivilen Objekten und solchen zur Verkehrslenkung. Er umfasst beide Stufen des Notstandes, den Verteidigungsfall oder den Spannungsfall. Er lautet:[82]

Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

Um den Unterschied zwischen beiden Sätzen (bzw. den Sinn des zweiten neben dem ersten) zu verstehen, ist auf die „soweit“-Einschränkung im ersten Satz zu achten: „soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist“.

Grundrechtseinschränkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den unten genannten 1968 beschlossenen Grundrechtseinschränkungen ist ein Teil der Einschränkungen aus Art. 12a GG in Bezug auf die Berufsfreiheit aus Art 12 GG (ohne Buchstabe) ausschließlich im äußeren Notstand zulässig.

Streichung der Grundgesetz-Norm zur EVG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schließlich betraf auch die – schon erwähnte – Streichung von Artikel 142a – der vor allem das gescheiterte Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (abgekürzt EVG) zum Gegenstand hatte – eine Norm mit klarer Orientierung nach ‚außen‘, wenn auch nicht zwangsläufig notständischen Charakters (auch wenn der „Verteidigungsfall“ einkalkuliert war).

Bereich des inneren Notstandes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er ist in Artikel 91 sowie Artikel 87a Absatz 4 Grundgesetz geregelt. Dabei betrifft Artikel 91 den (landes- und/oder bundes)polizeilich zu bewältigenden ‚inneren Notstand‘ sowie Artikel 87a Absatz 4 den qualifizierten Fall des ‚inneren Notstandes‘, dass „die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen“[83].

Der einfache innere Notstand (Artikel 91)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 91 GG wurde dahingehend ergänzt, dass nunmehr

  • den Ländern nicht nur möglich ist, die Polizeikräfte anderer Länder, sondern auch den Bundesgrenzschutz (heute: Bundespolizei) anzufordern (Ergänzung in Absatz 1) und zugleich
  • die Bundesregierung den Bundesgrenzschutz auch von sich aus einsetzen kann, wenn „das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage“ ist (Ergänzung in Artikel 91 Absatz 2 Satz 1 – nach dem alten Wortlaut durfte die Bundesregierung in diesem Fall, „die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder“ ausschließlich „ihren Weisungen unterstellen“);[84]
  • Außerdem wurde an Absatz 2 folgender Satz 3 angefügt: „Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen; Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.“[85] (Hervorhebung hinzugefügt)

Anders als der „Spannungsfall“ und der „Verteidigungsfall“ bedarf der „innere Notstand“ keiner parlamentarischen Feststellung und auch sonst keiner formellen Verkündung (was sich daraus erklärt, dass an Letzteren, anders als an die beiden ersten Fälle, keine spezifischen Grundrechtseinschränkungen anknüpfen, sondern sich ausschließlich die Zuständigkeiten verschieben). Die Anordnung der Maßnahmen nach Absatz 2 liegt bei der Bundesregierung; ihre Aufhebung kann vom Bundesrat verlangt werden.[86]

Der innere Notstand nach Art. 87a IV mit Bundeswehr-Einsatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dieser Ausprägung des inneren Notstandes sind Bundeswehr-Einsätze im Inneren auf der Grundlage von Art. 35 Abs. 1 zur Amtshilfe sowie Abs. 2 Satz 2 sowie Absatz 3 zum Katastrophennotstand möglich. Zwingend ist es neben den Voraussetzungen von Art. 91 GG erforderlich, dass die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen.[87] Artikel 87a Abs. 4 lautet:[88]

„Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.“

In dem Zusammenhang lässt sich der Begründung des Rechtsausschusses entnehmen, dass ausschließlich im Falle „organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer“ damit zu rechnen ist, dass „die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen“: „Der Rechtsausschuß schlägt vor, den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr nur dann zuzulassen, wenn dies zur Bekämpfung von Gruppen militärisch bewaffneter Aufständischer erforderlich ist (Artikel 87 a Abs. 4).“[89]

Katastrophennotstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der sogenannte Katastrophennotstand ist im heutigen Satz 2 von Absatz 2 von Art. 35 GG und im dortigen Absatz 3 geregelt. Die Einfügungen von 1968 lauten im wesentlichen:[90]

„(2) Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.

(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen....“

Im Falle von Absatz 2 fordert also das betroffene Land an; im Falle von Absatz 3 handelt dagegen die Bundesregierung. Zur Entstehungsgeschichte: Der heutige Satz 1 von Absatz 2 ist dagegen keine Einfügung von 1968, sondern eine Einfügung von 1972.[91]

Einschränkungen von Grundrechten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die nachfolgenden vier Grundrechte wurden durch das verfassungsändernde Gesetz vom 24. Juni 1968 betroffen:

  • Artikel 12 GG zur Berufsfreiheit,
  • Artikel 11 GG zur Freizügigkeit,
  • Artikel 10 GG zum Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation unter dem Gesichtspunkt des Abhörens zum Zwecke des Schutzes der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ sowie
  • Artikel 19 GG unter dem gleichen Gesichtspunkt zum Schutz des Wesensgehalts der Grundrechte
Berufsfreiheit (Artikel 12)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Plakat der Deutschen Jungdemokraten zum Hungerstreik gegen die Notstandsgesetze vor dem Bremer Dom, Mai 1968

Artikel 12 ist von den verfassungsändernden Notstandsgesetze mehrfach betroffen.[92] Text aus dem alten Art. 12 GG wurde in den neuen Artikel 12a zu den Dienstpflichten verschoben. Der neue Art. 12a GG schränkt die Berufsfreiheit im Verteidigungsfall ein.

In Art. 12 GG wurde dort vorrangig der bereits 1956 neu eingefügte Text zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung und zum sog. Ersatzdienst[93] in den 1968 neu eingefügten Art. 12a GG vorschoben.[94] Für Frauen schufen diese Änderung eine neue Einschränkung der Berufsfreiheit.

Art. 12 II Satz 1 GG von 1956–68 Art. 12a IV 4 Satz 1 GG seit 1968
„Frauen dürfen nicht zu einer Dienstleistung im Verband der Streitkräfte durch Gesetz verpflichtet werden.“[95] „Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden.“[96]

Weitere (neue) Einschränkungen finden sich in Artikel 12a Absatz 3, 5 und 6:

  • Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 1: „Wehrpflichtige, die nicht zu einem Dienst nach Absatz 1 oder 2 herangezogen sind, können im Verteidigungsfalle durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu zivilen Dienstleistungen für Zwecke der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung in Arbeitsverhältnisse verpflichtet werden; […].“
  • Absatz 5 Satz 1: „Für die Zeit vor dem Verteidigungsfalle können Verpflichtungen nach Absatz 3 nur nach Maßgabe des Artikels 80a Abs. 1 begründet werden.“
  • Absatz 6: „Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an Arbeitskräften für die in Absatz 3 Satz 2 genannten Bereiche auf freiwilliger Grundlage nicht gedeckt werden, so kann zur Sicherung dieses Bedarfs die Freiheit der Deutschen, die Ausübung eines Berufs oder den Arbeitsplatz aufzugeben, durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Vor Eintritt des Verteidigungsfalles gilt Absatz 5 Satz 1 entsprechend.“ Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen enthält das Arbeitssicherstellungsgesetz vom 9. Juli 1968.[97]

Schließlich wurden in Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 die Wörter „oder auf Grund eines Gesetzes“ eingefügt, sodass dieser nunmehr lautet: „Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“[98]

Einschränkungen der Freizügigkeit (Artikel 11)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 11 wurde wie folgt geändert:[99]

Ursprüngliche Fassung von 1949 Geänderte Fassung von 1968
(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. (1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.
(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden und in denen es (2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es
zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes,
zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung,
zur Bekämpfung von Seuchengefahr zur Bekämpfung von Seuchengefahr,
Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen,
zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung,
oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist. oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

Die in Art. 11 GG verwendeten der Formulierungen finden sich auch wörtlich in den Art. 87a und 91 GG über den inneren Notstand und nahezu wörtlich[100] in Art. 35 Absatz 2 GG[101] über den Katastrophennotstand. Aber nicht allein schon diese Tatbestandsmerkmale rechtfertigen Eingriffe in die Freizügigkeit, sondern sie müssen ferner auf gesetzlicher Basis („durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“) erfolgen. Das ergibt sich aus dem ersten unveränderten Absatz und gebliebenen sowie dem zwingenden Begriff „und“ in Absatz 2. Er enthält also einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt.

Postgeheimnisses und Rechtsweggarantie (Art. 10 und 19 GG)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An Artikel 10[102] wurde in Absatz 2 ein neuer Satz 2 angefügt, der die Beschränkungen des Postgeheimnisses präzisierte.[103][104]

Das derzeit einschlägige Gesetz dazu ist das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) in der Fassung vom 26. Juni 2001 (zuletzt geändert durch Artikel 12 Gesetz vom 17. August 2017)[105].

In Artikel 19 Absatz 4 wurde folgender dritter Satz hinzugefügt: „Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.“[106] Satz 1 und 2 des Absatzes entsprechen auch heute noch[107] der Ursprungsfassung des Grundgesetzes.[108] Damit wird die Änderung von Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG abgesichert. Also wird klargestellt, dass Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG in Bezug auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 eine Ausnahme ist.

In Artikel 10 Absatz 2 Satz 2 GG wird eine Formulierung verwendet, die sich so ähnlich auch in den notständischen Artikeln 87a Absatz 4 und Artikel 91 findet. Trotzdem wurden z. B. 2017 „nach Genehmigung durch die G 10-Kommission vom BfV, vom BND und vom MAD im ersten Halbjahr 143 und im zweiten Halbjahr 133 Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 G 10 durchgeführt“,[109] ohne dass von irgendeiner Seite behauptet wurde, 2017 habe in der Bundesrepublik Deutschland ein ‚innerer Notstand‘ vorgelegen.[110]

Daraus könnte gefolgert werden, dass das spezifisch Notständische an den Bestimmungen der Artikel 91 (und 87a Absatz 4) nicht schon die „drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ (die auch Tatbestandsvoraussetzung für G 10-Maßnahmen ist,[111], [112] ist, sondern dass dies vielmehr erst die Umstände sind, dass

  • „das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage“ ist (Artikel 91 Absatz 2)

oder sogar

  • „die Polizeikräfte [anderer Länder] sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen“, um der Gefahr zu begegnen (Artikel 87a Absatz 4).

Die Gesetzgebungsmaterialien sprechen allerdings (mit variierender Groß- und Kleinschreibung) auch in Bezug auf Artikel 91 Absatz 1 von „Notstand“ – und zwar von „regionalen inneren/Inneren Notstand“.[113]

Widerstandsrecht und Schutz von Arbeitskämpfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch um die Kritiker zu besänftigen,[114] wurden Artikel 9 und Artikel 20 ergänzt:

  • In Artikel 20 wurde als vierter Absatz ein Ultima Ratio[115] -Widerstandsrecht folgenden Wortlauts eingefügt: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung [die im vorhergehenden Absatz 3 genannte „verfassungsmäßige Ordnung“][116] zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

und

  • an Artikel 9 Absatz 3 folgender Satz 3 angefügt: „Maßnahmen nach den Artikeln 12a <Dienstpflichten>, 35 Abs. 2 und 3 <‚Katastrophennotstand‘>, Artikel 87a Abs. 4 <qualifizierter ‚innerer Notstand‘> und Artikel 91 <einfach ‚innerer Notstand‘> dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.“[117] (Satz 1 von Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz lautet: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet.“)

Änderungen der Artikel 143, 12a und 73[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 143 GG zum inneren und Katastrophennotstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erst 1956 wieder eingeführte[118] und dann 1968 zum zweiten Mal gestrichene[119]  Artikel 143 lautete in der Fassung von 1956: „Die Voraussetzungen, unter denen es zulässig wird, die Streitkräfte im Falle eines inneren Notstandes in Anspruch zu nehmen, können nur durch ein Gesetz geregelt werden, das die Erfordernisse des Artikels 79 erfüllt.“[120]

Damit betrifft diese Streichung eindeutig den ‚inneren Notstand‘; stattdessen wurde dann 1968 Artikel 87a Absatz 4 (qualifizierter ‚innerer Notstand‘) in das Grundgesetz eingefügt. Die Änderung steht aber auch in einem – unklaren – Zusammenhang mit dem ‚Katastrophennotstand‘. Denn es stellt sich die Frage, ob Artikel 143 alte Fassung jeden notständischen Bundeswehr-Einsatz im Inneren von einem „Gesetz […], das die Erfordernisse des Artikels 79 erfüllt“, abhängig machte[121] oder aber Bundeswehr-Einsätze bei ‚Katastrophennotstände‘ vor 1968 durch einfaches Bundesgesetz hätten zugelassen werden können (was dann im Rahmen der Notstandsgesetze aber durch die Einfügungen in Artikel 35 erfolgte). Egal, ob diese Frage im ersteren oder letzteren Sinne beantwortet wird, steht also die Streichung von Artikel 143 also auch in einem – wenn auch unklaren – Zusammenhang mit dem ‚Katastrophennotstand‘.[122]

Artikel 12 GG zum äußeren Notstand und der Friedenszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 12a steht in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem ‚äußeren Notstand‘, weil er den Verteidigungsfall und auch den Spannungsfall (Artikel 80a GG) referenziert[123]. Artikel 12a schreibt in Absatz 1 oder 2 aber auch Regeln für den Frieden fest.[124]

Streichung in Artikel 73 GG[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Streichung in Artikel 73 betrifft ebenfalls ‚äußeren Notstand‘ und den Frieden. Das entsprechende gilt für die 1968 in Artikel 73 Nr. 1 GG gestrichenen Wörter „der Wehrpflicht für Männer vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an [125]. Auch dieser Artikel legte für die Wehrpflicht nicht eine gesonderte Art von Notstand fest, sondern gilt schon in der Friedenszeit.[126]

Zwischenresumee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von dem Siebzehnten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes waren 28 (alte oder neue) Grundgesetz-Artikel betroffen;

  • in formeller Hinsicht handelte es sich um
    • 1 ersatzlose Streichung (Artikel 142a)
    • 4 Ersetzungen (also Streichungen, die mit Einfügungen an anderer Stelle im Zusammenhang stehen)
    • 14 Einfügungen von neuen Artikeln
    und
    • 9 andere Änderungen (Ergänzung und Streichungen sowie Umformulierungen innerhalb von bereits vorhandenen gewesenen Artikeln);
  • in thematischer Hinsicht beziehen sich
    • 16 betroffene Artikel ausschließlich auf den sog. ‚äußeren Notstand‘ bzw. die Außenpolitik (die elf Artikel des neuen Abschnittes Xa. sowie die Einfügungen von Artikel 53a [Gemeinsamer Ausschuß] und Artikel 80a [Spannungsfall] sowie die Ersetzungen von Artikel 59a [Feststellung des Verteidigungsfalles] und Artikel 65a Absatz 2 [Kommandogewalt] sowie die ersatzlose Streichung von Artikel 142a [u. a. Europäische Verteidigungsgemeinschaft]).
    • 2 betroffene Artikel handeln vom ‚inneren Notstand‘ (Artikel 91 und 87a [konkret: Absatz 4]).
    • Die Einfügungen in einen Artikel (nämlich Artikel 35) betreffen den sog. ‚Katastrophennotstand‘.
    • In Bezug auf 4 betroffene Artikel handelt es sich um Grundrechtseinschränkungen (Artikel 10, 11, 12 und 19).
    • In zwei Fällen handelt es sich um Reaktion auf Kritik an den Notstandsgesetzgebungs-Plänen: Artikel 9 Absatz 3 Satz 3 (Schutz von Arbeitskämpfen vor Notstandsmaßnahmen) und Artikel 20 Absatz 4 (Widerstandsrecht).
    • drei Artikel betreffen zwei Notstands-Arten (so die Streichung von Artikel 143: ‚innerer‘ und ‚Katastrophennotstand‘) bzw. ‚äußeren Notstand‘ wie Normalzustand gleichermaßen (so der neu eingefügte Artikel 12a und die in Artikel 73 Nr. 1 vorgenommene Streichung).
In dieser ‚Misch-Kategorie‘ ist auch Artikel 87a noch einmal zu erwähnen. Denn dieser betrifft nicht nur (in Absatz 4) den ‚inneren Notstand‘, sondern auch (in Absatz 3) den ‚äußeren Notstand‘ und trifft außerdem in Absatz 2 folgende generelle Bestimmung: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.“[127]

Schlüsselbegriffe der „Notstandsgesetze“ und der Gesetzesmaterialien dazu[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Drohende Gefahr“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Begriff der „drohenden Gefahr“, der in den geänderten Fassungen von Artikel 11 (Freizügigkeit) und 87a Absatz 4 (qualifizierter ‚innerer Notstand‘) sowie in der alten und neuen Fassung von Artikel 91 vorkommt, heißt es in einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages:

„Auch im Grundgesetz (GG) wird der Begriff der 'drohenden Gefahr' verwendet. Art. 11 Abs. 2 GG erlaubt die Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes. Zur Abwehr der gleichen Gefahr kann die Bundesregierung gemäß Art. 87a Abs. 4 GG die Streitkräfte einsetzen, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Art. 91 Abs. 1 GG erlaubt einem Land außerdem die Anforderung von Polizeikräften anderer Länder sowie von Einrichtungen und Kräften anderer Verwaltungen und der Bundespolizei, um eine drohende Gefahr für die genannten Schutzgüter abzuwehren. Der Begriff der 'drohenden Gefahr' wird dabei im Grundgesetz wie der Begriff der 'konkreten Gefahr' im Polizeirecht verstanden. Eine Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes droht also dann, wenn tatsächlich eine gravierende und nachhaltige Beeinträchtigung eines der Schutzgüter zu befürchten ist.“

WD [Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages] 3: Verfassung und Verwaltung: Der Begriff der „drohenden Gefahr“ im Polizeirecht (Aktenzeichen: WD 3-3000-433/18) vom 16. Januar 2019[128]

„Freiheitliche demokratische Grundordnung“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff „freiheitliche demokratische Grundordnung“, der in den „Notstandsgesetzen“ in den Artikel 10, 11, 87a (jeweils in der geänderten Fassung) und 91 (in der alten und neuen Fassung) vorkommt, wird im Grundgesetz selbst nicht definiert. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zur Definition dieses Ausdrucks bisher nur im Rahmen von Parteiverbots-Verfahren gemäß Artikel 21 (wo der Terminus – unter anderem – ebenfalls vorkommt) geäußert. Siehe dazu und zur an diesen Definitionen vorgebrachten Kritik den

Einfacher / qualifizierter; regionaler / überregionaler „innerer Notstand“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Termini einfacher / qualifizierter; regionaler / überregionaler „innerer Notstand“ sind keine Begriffe, die im Grundgesetz selbst vorkommen, sondern in den Gesetzesmaterialien sowie in Rechtsprechung und Lehre verwendet werden.

Das Grundgesetz selbst spricht

  • in Bezug auf das, was einfacher, regionaler „innerer Notstand“ genannt wird, in Artikel 91 Absatz 1 von „drohende[r] Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“;
  • in Bezug auf das, was einfacher: überregionaler „innerer Notstand“ genannt wird, in Artikel 91 Absatz 2 von „[wenn] das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage [ist]“
  • in Bezug auf das, was qualifizierter „innerer Notstand“ genannt wird, in Artikel 87a Absatz 4 von „wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen“.

„Katastrophenfall“ / „Katastrophennotstand“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch „Katastrophenfall“ und „Katastrophennotstand“ sind keine Begriffe, die im Grundgesetz selbst vorkommen, sondern in den Gesetzesmaterialien sowie in Rechtsprechung und Lehre verwendet werden. Das Grundgesetz selbst spricht in Artikel 11 und Artikel 35 Absatz 2 von „Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen“; in Artikel 35 Absatz 3 von „Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes“.

„Äußerer Notstand“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schließlich ist auch „äußerer Notstand“ kein Begriff des Grundgesetzes, sondern ein Oberbegriff für die im Grundgesetz vorkommende Begriffe „Spannungsfall“ und „Verteidigungsfall“.[129]

„Spannungsfall“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Artikel 80a ist bloß die Rede von „wenn der Bundestag den Eintritt des Spannungsfalles festgestellt“; unter welchen faktischen Bedingungen / sachlichen Voraussetzungen der Bundestag den „Spannungsfall“ „feststell[en]“ darf, ist dort nicht gesagt.

In der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestages für die verabschiedete Fassung der „Notstandsgesetze“ heißt es:

„Mit ihr [mit der Bestimmung des Artikel 80a] soll der Begriff des ‚Spannungsfalls‘ in die Verfassung eingefügt werden. Unter Spannungsfall wird eine Zeit erhöhter internationaler Spannungen verstanden, die die Herstellung erhöhter Verteidigungsbereitschaft erforderlich macht. Der Ausschuß hat sich entgegen anderslautenden Anregungen der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, daß in bestimmten Fällen Maßnahmen zur Herstellung der erhöhten Verteidigungs­bereitschaft auch schon vor dem Verteidigungsfall getroffen werden müssen.“

Rechtsausschusses (12. Ausschuß) des Deutschen Bundestages: Schriftlicher Bericht […] über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes − Drucksache V/1879 – und über den von […] der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall — Drucksache V/2130 — (Bundestags-Drucksache V/2873)[130]

„Verteidigungsfall“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der „Verteidigungsfall“ ist in Artikel 115a definiert als „Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall)“. Die Norm enthält außerdem nähere Bestimmungen dazu, welche Verfassungsorgane befugt sind, diese „Feststellung“ zu treffen; außerdem heißt es in Absatz 4 der Norm: „Wird das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen und sind die zuständigen Bundesorgane außerstande, sofort die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1 zu treffen, so gilt diese Feststellung als getroffen und als zu dem Zeitpunkt verkündet, in dem der Angriff begonnen hat. Der Bundespräsident gibt diesen Zeitpunkt bekannt, sobald die Umstände es zulassen.“

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1968[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach 1968[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Falco Werkentin: Die Restauration der deutschen Polizei. Innere Rüstung von 1945 bis zur Notstandsgesetzgebung. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-593-33426-7.
  • Michael Schneider: Demokratie in Gefahr? Der Konflikt um die Notstandsgesetze: Sozialdemokratie, Gewerkschaften und intellektueller Protest (1958–1968). Bonn 1986.
  • Boris Spernol: Notstand der Demokratie. Der Protest gegen die Notstandsgesetze und die Frage der NS-Vergangenheit. Klartext, Essen 2008, ISBN 978-3-89861-962-2.
  • Martin Diebel: »Die Stunde der Exekutive«. Das Bundesinnenministerium im Konflikt um die Notstandsgesetzgebung 1949–1968. Wallstein, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8353-3461-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Deutsche Notstandsgesetze – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Im Digitalisat fehlt die letzte Seite (S. 714) des Änderungsgesetzes; siehe daher zusätzlich: BGBl. I S. 714.
  2. Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, S. 9652 f. (https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf)
  3. Bundesrat. 326 Sitzung. 14. Juni 1968, S. 150 (A) (links oben). (https://dipbt.bundestag.de/dip21/brp/326.pdf)
  4. Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968 (BGBl. I S. 709), S. 709–714; .html-Version: documentarchiv.de
  5. Das erste der sog. einfachen Notstandsgesetz ist das Erstes Gesetz über Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (BGBl. I S. 1696).
  6. Siehe dazu:
    • „im Juni bis September 1965 [wurden …] die ‚einfachen‘, weil nicht Zweidrittelmehrheitspflichtigen Notstandsgesetze – das Wirtschafts-, das Ernährungs-, das Verkehrs- und das Wassersicherstellungsgesetz sowie das Zivilschutzkorps-, das Selbstschutz- und das Schutzbaugesetz – verabschiedet; […].“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [488 f.])
    • „Das 1968 verabschiedete Paket an Notstandsgesetzen enthält grundgesetzliche Ermächtigungen für den inneren (Bürgerkrieg) und äußeren (Krieg) Notstand […]. Hierauf fußen wiederum zahlreiche ‚einfache‘ Notstandsgesetze, z. B. das Arbeitssicherstellungsgesetz, das Katastrophenschutzgesetz u.a.“ (Christian Busold, KatSErgG. Das Katastrophenschutz-Ergänzungsgesetz: Die Vervollkommnung der Notstandsgesetze, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP Nr. 34, 3/1989, 83–92 [84])
    • „Für den ‚Inneren Notstand‘ sind neben den ‚einfachen Notstandsgesetzen‘ [14] zwei Grundgesetzartikel maßgeblich.“ (Stefan Gose, Bundeswehr im Innern – Die Union rüstet erneut zum Kampf, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP Nr. 70, 3/2001, 49–54. [53]) Es werden im folgenden Artikel 91 Absatz 1 sowie Artikel 87a Absatz 4 Grundgesetz genannt sowie in Fußnote 14: „Arbeitssicherstellungsgesetz, Katastrophenschutzgesetz, Sicherstellungsgesetze für Ernährung, Wirtschaft und Verkehr, Abhörgesetz“.
    • „Zu den einfachen Notstandsgesetzen zählen die Gesetze über die Sicherstellung unterschiedlicher Leistungen, die z. T. schon vor der Notstandsverfassung ergangen sind: das Wirtschaftssicherstellungsgesetz, das Ernährungssicherstellungsgesetz, das Verkehrssicherstellungsgesetz, das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes, das sog. Luftschutzgesetz, das Gesetz über das Zivilschutzkorps, das Gesetz über den Zivilschutz, das Selbstschutzgesetz, das Schutzbaugesetz, das Bundesleistungsgesetz sowie das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses.“
  7. Vgl. die leicht abweichende Formulierung: „Die Notstandsgesetze weiten im Verteidigungsfall, bei inneren Unruhen und Naturkatastrophen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowie seine Weisungsbefugnisse gegenüber den Bundesländern aus.“ (https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/bundesrepublik-im-wandel/notstandsgesetze.html).
  8. Deutscher Bundestag. 3. Wahlperiode. Drucksache 1800 (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/03/018/0301800.pdf), S. 2.
  9. Gemäß dem Entwurf von 1963 sollten dann stattdessen drei Abschnitte X a. bis X. c. mit den Überschriften „Zustand der äußeren Gefahr“, „Zustand der inneren Gefahr“ und „Katastrophenzustand“ eingeführt werden (Bundestags-Drucksache IV/891 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/008/0400891.pdf>, S. 2, 3 und 4).
    Den Ausdruck „Zustand der äußeren Gefahr“ behielt auch der Entwurf von 1965 bei (Bundestags-Drucksache IV/3494 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/034/0403494.pdf>, S. 4). Für den sog. ‚inneren Notstand‘ blieb es dagegen bei der Formulierung in Artikel 91 „Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ (ebd., S. 3) (und nicht bei der Formulierung im Entwurf von 1963); in einem danach einzufügenden Artikel 91a sollte von Situationen die Rede sein, in denen „Leib oder Leben der Bevölkerung eines Landes durch eine Naturkatastrophe oder einen anderen besonders schweren Unglücksfall ernstlich und unmittelbar gefährdet“ sind (ebd., S. 4).
    Für den Entwurf von 1965 gilt im Grundsatz das gleiche; aber dort war kein zusätzlicher Artikel 91a vorgesehen; vielmehr sollten in Artikel 91 die Wörter „zur Bekämpfung einer Naturkatastrophe oder eines besonders schweren Unglücksfalles “ eingefügt werden (Bundestags-Drucksache V/1879 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf>, S. 3).
  10. Von „Notgesetz“ (nicht: „Notstandsgesetz“) war allerdings in den Entwürfen von 1963 und 1965 für Gesetze des Gemeinsamen Ausschusses (der im Entwurf von 1963 noch keinen speziellen Namen hatte) die Rede:
    • „Der Bundestag kann den Ausschuß nach Artikel 115 a Abs. 2 ermächtigen, Gesetze einschließlich solcher gemäß Artikel 115 b Abs. 1 und 2 zu erlassen (Notgesetze).“ (Bundestags-Drucksache IV/891 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/008/0400891.pdf>, S. 2 [Artikel 115c])
    • „Der Bundestag kann mit Zustimmung des Bundesrates den Gemeinsamen Ausschuß ermächtigen, Gesetze einschließlich solcher gemäß Artikel 115 d Abs. 1 und 2 zu erlassen (Notgesetze).“ (Bundestags-Drucksache IV/3494 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/034/0403494.pdf>, S. 5 [Artikel 115e]).
    Auch der Ausdruck „Notgesetz“ wurde später aber nicht beibehalten.
  11. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709 + BGBl. I S. 714).
  12. In Artikel 81 Absatz 1 war schon in der ursprünglich Fassung des Grundgesetzes von „Gesetzgebungsnotstand“ die Rede: „Wird im Falle des Artikels 68 <Art. 68; Vertrauensfrage> der Bundestag nicht aufgelöst, so kann der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates für eine Gesetzesvorlage den Gesetzgebungsnotstand erklären, wenn der Bundestag sie ablehnt, obwohl die Bundesregierung sie als dringlich bezeichnet hat.“ (Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 1 vom 23. Mai 1949, S. 1–19 [BGBl. S. 1] [10]; unveränderte heutige Fassung: Art. 81) Konsequenz der Erklärung des Gesetzgebungnotstandes ist Folgendes: „Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage nach Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes erneut ab oder nimmt er sie in einer für die Bundesregierung als unannehmbar bezeichneten Fassung an, so gilt das Gesetz als zustande gekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt. [2] Das Gleiche gilt, wenn die Vorlage vom Bundestage nicht innerhalb von vier Wochen nach der erneuten Einbringung verabschiedet wird.“ (Artikel 81 Absatz 2; ebd., 11). Außerdem ist im 1957 eingefügten Artikel 135a von „Notstand“ die Rede: „Durch die in Artikel 134 Abs. 4 [Art. 134] und Artikel 135 Abs. 5 [Art. 135] vorbehaltene Gesetzgebung des Bundes kann auch bestimmt werden, daß nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen sind, […] 3. Verbindlichkeiten der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände), die aus Maßnahmen entstanden sind, welche diese Rechtsträger vor dem 1. August 1945 zur Durchführung von Anordnungen der Besatzungsmächte oder zur Beseitigung eines kriegsbedingten Notstandes im Rahmen dem Reich obliegender oder vom Reich übertragener Verwaltungsaufgaben getroffen haben.“(Gesetz zur Einfügung eines Artikels 135a in das Grundgesetz, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 58 vom 26. Oktober 1957, S. 1745 [BGBl. I S. 1745] [1745]; heutige Fassung: Art. 135a).
  13. Retro-Digitalisat: https://epub.ub.uni-muenchen.de/21036/1/4Polit.3455.pdf, S. 63 (Artikel 21 Absatz 5), 76 (Artikel 111); Erläuterungen, S. 23 und 48 (jeweils Marginalie „Notstandsrecht“).
    Vgl. aus der Sekundärliteratur: „der Herrenchiemseer Verfassungskonvent hatte mit Artikel 111 des Verfassungsentwurfs eine Notstandsklausel vorgeschlagen, mit der die Bundesregierung für den Notstandsfall unter anderem zum Erlaß gesetzesvertretender Notverordnungen ermächtigt wurde.“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [482])
  14. Sabine Kurtenacker: Der Einfluss politischer Erfahrungen auf den Verfassungskonvent von Herrenchiemsee. Entwicklung und Bedeutung der Staats- und Verfassungsvorstellungen von Carlo Schmid, Hermann Brill, Anton Pfeiffer und Adolf Süsterhenn. Herbert Utz Verlag, München 2017, S. 325.
  15. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 6 vom 27. März 1954, S. 45 (BGBl. I S. 45) (45); vgl. https://lexetius.de/GG/73,7.
  16. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes. In: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 11 vom 21. März 1956, S. 111–113 (BGBl. I S. 111).
  17. „Rede des damaligen Bundesinnenministers Gerhard Schröder (Politiker, 1910) auf einer Tagung der Gewerkschaft der Polizei am 30. Oktober 1958; hier erläuterte er die Grundzüge einer Notstandsregelung, die bereits im Dezember dieses Jahres in Form eines zehn Artikel umfassenden Gesetzentwurfes zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt wurde“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [483]).
  18. Bundestags-Drucksache V/1879; https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf, S. 15.
  19. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/03/018/0301800.pdf (10 Seiten).
  20. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/008/0400891.pdf (27 Seiten).
  21. Entwurf: Bundestags-Drucksache IV/3494 https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/034/0403494.pdf (7 Seiten); Begründung: [Nachtrag] „zu Drucksache IV/3494“; https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/034/0403494zu.pdf (38 Seiten).
  22. Helmut Kerscher, Prägende Persönlichkeit der Bonner Republik, Süddeutsche Zeitung Online vom 2. März 2009 (Memento vom 4. März 2009 im Internet Archive)
  23. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf (37 Seiten). Eine kritische Stellungnahme des Kuratoriums „Notstand der Demokratie“ wurde in der Zeitschrift der Kampagne für Abrüstung Informationen zur Abrüstung Nr. 45/46 vom April/Mai 1967 auf S. 20 veröffentlicht: Retro-Digitalisat (Archiv (Memento vom 13. April 2020 im Internet Archive)) via https://www.mao-projekt.de/BRD/SRK/001/Informationen_zur_Abruestung_19670400.shtml (Archiv (Memento vom 11. April 2020 im Internet Archive)). Auf der vorhergehenden Seite (gleichfalls Teil der verlinkten Retro-Digitalisate) war außerdem eine – ebenfalls kritische – Stellungnahme („Die Wahrheit über die neue Bonner Notstandspolitik“) von Heinrich Hannover abgedruckt.
  24. Vgl.: „Der erste Entwurf und auch die weiteren von 1960 sowie 1963, die die Rechte der Regierung sehr stark ausweiten sollten, fanden daher nicht die notwendige Mehrheit im Parlament.“ (https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/studentenbewegung/pwienotstandsgesetze100.html [Stand: 8. Mai 2018; abgerufen am 6. April 2020]).
  25. In der schließlich beschlossenen Fassung der Notstandsgesetze ist „[z]ur Kontrolle der Exekutive in Kriegszeiten […] u. a. vorgesehen, dass Bundestag und Landtage ihre Arbeit nicht aufgrund von Neuwahlen unterbrechen. Der Bundestag darf nicht aufgelöst werden“ (https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/269874/notstandsgesetze).
    Siehe Artikel 115h Absatz 1 Satz 1 sowie Absatz 3: „(1) Während des Verteidigungsfalles ablaufende Wahlperioden des Bundestages oder der Volksvertretungen der Länder enden sechs Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles. […]. (3) Für die Dauer des Verteidigungsfalles ist die Auflösung des Bundestages ausgeschlossen.“ (Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 [BGBl. I S. 709] (713); vgl. Art. 115h)
  26. Vgl. Artikel 115g Grundgesetz: „Die verfassungsmäßige Stellung und die Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundesverfassungsgerichtes und seiner Richter dürfen nicht beeinträchtigt werden. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht darf durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses nur insoweit geändert werden, als dies auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gerichtes erforderlich ist. Bis zum Erlaß eines solchen Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht die zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Gerichtes erforderlichen Maßnahmen treffen. Beschlüsse nach Satz 2 und Satz 3 faßt das Bundesverfassungsgericht mit der Mehrheit der anwesenden Richter.“ (1968 eingeführte https://lexetius.de/GG/115g und auch heute noch geltende https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_115g.html) Fassung.
  27. „schon in einem früheren Beratungsstadium war das Notverordnungsrecht der Regierung […] gefallen“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [492 f.]).
  28. Siehe dazu:
  29. Vgl. Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 (485): „Nach den Wahlen vom September 1961 löste der CSU-Abgeordnete Hermann Höcherl Schröder im Amt des Bundesinnenministers ab; anders als sein Vorgänger nahm Höcherl, in realistischer Einschätzung der sozialdemokratischen Sperrminorität, Kontakt mit den Bundestagsfraktionen, Ländervertretern und Gewerkschaften auf und kündigte einen neuen Gesetzentwurf an. Es lag in der Konsequenz der von der Regierung betonten Gesprächsbereitschaft, daß die SPD eine Verhandlungskommission bildete, zu der Adolf Arndt, Friedrich Schäfer und Hermann Schmitt-Vockenhausen gehörten. Überdies schuf der Fraktionsvorstand im Januar 1962 eine Notstandskommission, die die Möglichkeiten gesetzlicher Regelungen klären sollte; […].“
  30. „erst die Große Koalition verfügt über die für die Grundgesetzänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundestag.“ (https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/bundesrepublik-im-wandel/notstandsgesetze.html; abgerufen am 7. April 2020).
  31. Vizekanzler Willy Brandt (SPD) „bezeichnete die Notstandgesetze als ‚erforderliche Vorsorgegesetzgebung‘, […]. Damit fand er sich auf einer Linie mit Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU), der die Gesetze als ‚notwendige Ergänzung des Grundgesetzes aus seinem Geist und Sinn‘ bezeichnete.“ (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/25458537_debatten05-200088; Hervorhebung hinzugefügt)
  32. https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf
  33. https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf
  34. https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf
  35. https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf
  36. Vgl. dazu Dominik Rigoll, Staatsschutz in Westdeutschland. Von der Entnazifizierung zur Extremistenabwehr, Wallstein: Göttingen, 2013, Kapitel I. 1. „Von der Entnazifizierung zum Streit um die Renazifizierung“ (vgl. https://d-nb.info/1017650497/04; E-Book-Ausgabe: https://wallstein-verlag.e-bookshelf.de/staatsschutz-in-westdeutschland-794029.html).
  37. Vgl. dazu den Staatsrechtler Ulrich K. Preuß, der in den 1960er Jahren als SDS-Mitglied selbst an Protesten gegen die Notstandsgesetze beteiligt war: „Wenn man die Reden von damals hört, von Franz Josef Strauß und all den Hardlinern – die hätten 1968 die Studentenbewegung am liebsten militärisch zerschlagen. Was heute aus rückblickender Sicht übertrieben wirkt, war damals gar nicht übertrieben. Diese Evozierung des Ausnahmezustands war eben keine bloße Phantasie, sondern es war durchaus durch historische Erfahrungen begründet. Diese Phantasie von Leuten wie Schröder und den Leuten in seinem mit einer Vielzahl ehemaliger Nazis besetzten Ministerium vom Notstand als die Stunde der Exekutive – dahinter stand eine Vorstellung, dass, wenn Unruhen auf der Straße stattfinden, diese per se schon Aufruhr sind. Gegen Aufruhr muss nach dieser Logik nicht nur polizeilich, sondern nach Möglichkeit auch militärisch vorgegangen werden.“ (Der Staatsrechtler Ulrich K. Preuß im Gespräch über die Notstandsgesetze von 1968. „Die Notstandsgesetze waren im Ergebnis relativ harmlos“. Interview Von Carl Melchers, in: Jungle World 31/2018 vom 2. August 2018 https://jungle.world/artikel/2018/31/die-notstandsgesetze-waren-im-ergebnis-relativ-harmlos).
    1961 waren 66 % der Führungsebene des Bundesinnenministeriums (von der Ebene der Referatsleiter aufwärts) ehemalige NSDAP-Mitglieder: „Mit der Ausweitung des Personalbestandes kam es unter Lehr zu einer erneuten Zunahme der ehemaligen NSDAP-Mitglieder unter den leitenden Beamten, die nun im September 1953 insgesamt 61 Prozent (64 Personen) ausmachten. […]. Im Sommer 1961, wenige Monate vor dem Ausscheiden Schröders aus dem Innenressort, hatte sich […] der Jahrgangsdurchschnitt merklich gewandelt. Die von 1901 bis 1910 Geborenen stellten nun mit 57 Prozent die Mehrheit des leitenden Personals und waren seit 1960 auch in die Ebene der Staatssekretäre aufgerückt. […] Mit der Dominanz der Jahrgänge der Kriegsjugendgeneration – also die zwischen 1900 und 1910 Geborenen, die vielfach Karrieren im NS-Staat vorgelegt hatten – veränderte sich der Anteil der ehemaligen NSDAP-Mitglieder mit 66 Prozent (70 Personen) […] im Jahr 1961 nur gering“ (Frank Bösch / Andreas Wirsching [Hg.] Abschlussbericht zur Vorstudie zum Thema „Die Nachkriegsgeschichte des Bundesministeriums des Innern (BMI) und des Ministeriums des Innern der DDR (MdI) hinsichtlich möglicher personeller und sachlicher Kontinuitäten zur Zeit des Nationalsozialismus“, München/Potsdam, 2015, online unter der Adresse: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2015/abschlussbericht-vorstudie-aufarbeitung-bmi-nachkriegsgeschichte.html, S. 31, 32 f.) – nämlich zwei Prozentpunkte mehr als 1953.
    Auch Schröder selbst (bis 1969 noch zunächst Außen- und dann Verteidigungsminister) war – wie allerdings wohl erst 1969 (also nach Verabschiedung der Notstandsgesetze) bekannt wurde – von 1933 bis 1941 NSDAP-Mitglied: „Kandidat Schröder [CDU/CSU-Kandidat für die Bundespräsidenten-Wahl 1969] gibt in seinem politischen Lebenslauf zu, am 1. Mai 1933 als Assistent der Bonner Universität der NSDAP unter Mitgliedsnummer 2177050 beigetreten zu sein […]. Auch dem NS-Rechtswahrerbund gehörte er an (Mitgliedsnummer: 013115).“ (Quittung vorhanden. In: Der Spiegel 9/1969, S. 36.).
  38. Jürgen Seifert (Gefahr im Verzuge. Zur Problematik der Notstandsgesetzgebung. Europäische Verlagsanstalt: Frankfurt am Main, 1963, S. 79 [zitiert nach https://www.fritz-bauer-archiv.de/justiz-als-symptom/notstandsgesetze bei Fußnote 9) bezeichnete 1963 die geplanten Notstandsgesetze als „Ermächtigungsgesetz mit Zeitzünder“.
    Vgl. außerdem noch:
    „Sie [Diejenigen, die gegen die Notstandsgesetze waren] fürchteten, dass die Grundgesetzänderung die noch relativ junge deutsche Demokratie gefährden würde und verwiesen auf die Erfahrungen mit Artikel 48 der Weimarer Verfassung, der den Weg zur ‚Machtergreifung‘ Hitlers geebnet hatte.“ (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/25458537_debatten05-200088).
  39. „Die Vorstellungen [Innenminister] Schröders [von 1960] trafen bei Sozialdemokratie und Gewerkschaften, insbesondere bei der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), auf entschiedene Ablehnung. Dahinter stand die Befürchtung, dass mit den in wohl kalkulierter Form als ‚NS-Gesetze‘ bezeichneten Notstandsgesetzen der Weg in einen autoritären Machtstaat, ja in eine erneute Diktatur nach nationalsozialistischem Vorbild geebnet werde.“ (https://www.1000dokumente.de/pdf/dok_0018_not_de.pdf, S. 2)
  40. Siehe auch das Demo-Transparent „Die Gerechtigkeit keine NS-Gesetze“ im Hintergrund dieses Fotos: Foto auf der Homepage des Deutschen Bundestages)
  41. „Bereits am 19. Januar 1960 wandte sich die IG Metall gegen ‚den Versuch, mit dem Mittel der staatlichen Gewalt entscheidende demokratische Grundrechte nach Belieben außer Kraft zu setzen‘; jegliche Notstandsgesetzgebung sei abzulehnen. Damit wurde der DGB-Bundesvorstand in Zugzwang gebracht, der dann Ende Januar ausdrücklich den ‚vorgelegten Entwurf‘ zurückwies und ‚aufgrund geschichtlicher Erfahrungen‘ den Plan mißbilligte, ‚bei gesellschaftlichen Krisenerscheinungen die demokratischen Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften zu beseitigen‘.“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [484]).
  42. Siehe dazu:
  43. Ziele des Fortschritts. Aktionsprogramm der Freien Demokratischen Partei (107 Thesen) [Beschlossen auf dem Bundesparteitag in Hannover vom 3.-5. April 1967];
  44. IG Metall hatte 1960 zunächst beschlossen, „allen Plänen einer Notstandsgesetzgebung ‚notfalls mit allen gesetzlichen Mitteln,einschließlich des Streiks entgegenzutreten‘“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 8/1986, 482–494 [485]).
    Auch der DGB-Bundesausschuß beschloss am 24. Juli 1962: „Bei Gefährdung der demokratischen Grundrechte sowie bei Gefährdung der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung ist es Aufgabe des Deutschen Gewerkschaftsbundes, zu einem allgemeinen Streik aufzurufen.“ (zitiert nach ebd., S. 486)
    Am 19. Mai 1969 beschloss der DGB-Vorstand dann: „Der Bundesvorstanddes DGB lehnt einen allgemeinen Streik (Generalstreik) zur Verhinderung der Notstandsgesetze ausdrücklich ab, denn er hält es für einen Verstoß gegen die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie, gegen einen mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß des Bundestages zum Streik aufzurufen. […] Jedem Mißbrauch der Notstandsgesetze wird der DGB mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln begegnen.“ (zitiert nach ebd., S. 492) Dennoch „kam es […] im Mai 1968 in einzelnen Betrieben zu Proteststreiks, Arbeitsniederlegungen und Demonstrationszügen auch von Gewerkschaftsmitgliedern“ (ebd.).
  45. https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/269874/notstandsgesetze (abgerufen am 7. April 2020).
  46. Siehe dazu:
  47. „Beim ‚Sternmarsch auf Bonn‘ am 11. Mai 1968 demonstrieren […] Zehntausende weitgehend friedlich gegen das Gesetzesvorhaben“ (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/25458537_debatten05-200088 [mit mehreren Fotos]; abgerufen am 7. April 2020).
  48. „[…] fuhren am 11. Mai 1968 aus allen Teilen der Bundesrepublik in die damalige Hauptstadt Bonn. Über 40.000 Menschen waren zu einem Sternmarsch aufgebrochen, um gegen die geplanten Notstandsgesetze zu demonstrieren. Aufgerufen hatte das Kuratorium ‚Notstand der Demokratie‘ – […].“ (https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/269874/notstandsgesetze)
  49. Siehe dazu:
    • „Das Kuratorium ‚Notstand der Demokratie‘ und die ‚Kampagne für Demokratie und Abrüstung‘ protestieren gegen die geplanten Notstandsgesetze der Großen Koalition. Ihnen gehören Studenten, Gewerkschaftler, Geistliche und Wissenschaftler an. Um gegen die Verabschiedung der Notstandsverfassung durch den Deutschen Bundestag zu demonstrieren, organisieren sie am 11. Mai 1968 einen Sternmarsch auf Bonn.“ (https://www.hdg.de/lemo/bestand/objekt/druckgut-aufruf-gegen-notstandsgesetze.html)
    • „Sternmarsch des Kuratoriums ,Notstand der Demokratie' und der ,Kampagne für Demokratie und Abrüstung' auf Bonn am 11. Mai 1968“ (title-tag zum Bild im Artikel „Historische Debatten (5): Notstandsgesetze
  50. „der DGB [lud] am selben Tag nach Dortmund zu einer Kundgebung ein[…], zu der etwa 15 000 Menschen kamen“ (Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 [492]).
  51. Vgl.: „Neben 46 Abgeordneten der oppositionellen Freien Demokratischen Partei (FDP) lehnen auch 54 Abgeordnete aus den Parteien der Großen Koalition – vor allem von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) – die Notstandsgesetze ab.“ (https://www.hdg.de/lemo/kapitel/geteiltes-deutschland-modernisierung/bundesrepublik-im-wandel/notstandsgesetze.html [abgerufen am 7. April 2020]).
  52. Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, S. 9652, 9654. (https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf)
  53. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/021/0502130.pdf (11 Seiten)
  54. Deutscher Bundestag. 5. Wahlperiode. 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Mai 1968, S. 9654 f. (https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf)
  55. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/021/0502130.pdf, S. 1.
  56. Vgl. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/021/0502130.pdf, S. 6: „Für die Bewältigung von Krisensituationen im Innern des Bundesgebietes reichen die bestehenden Gesetze aus.“
  57. Vgl. dazu:
    • „Um von den verbündeten Siegermächten unabhängiger zu werden und der vollen Eigenständigkeit (Souveränität) einen Schritt näher zu kommen, musste die Bundesrepublik den Notfall gesetzlich regeln.“ (https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/studentenbewegung/pwienotstandsgesetze100.html [Stand: 8. Mai 2018; abgerufen am 6. April 2020])
    • Michael Schneider, Der Konflikt um die Notstandsgesetze. In: Gewerkschaftliche Monatshefte. 8/1986, 482–494 (482 f.): „Zumindest in der publizistischen Kontroverse […] wichtig war der am 5. Mai 1955 in Kraft getretene Generalvertrag, der die in Artikel 1 Satz 2 der Bundesrepublik seitens der westlichen Alliierten verbürgte ‚volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten‘ real vom Erlöschen der alliierten Vorbehaltsrechte hinsichtlich des Schutzes der in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte abhängig machte. Also auch mit dem Ziel, die in Art. 5 Satz 2 formulierten Vorbehaltsrechte abzulösen, wurden 1954/55 − von der Regierung − erste Planungen einer Notstandsverfassung begonnen.“ (Hervorhebung hinzugefügt)
    Es ging also um das Streben nach der „volle Macht eines souveränen Staates“, die dadurch erlangt werden sollte, dass die „zuständigen deutschen Behörden“ die in Artikel 5 Absatz 2 Satz 1 des sog. Deutschlandvertrages genannten „entsprechende[n] Vollmachten durch die deutsche Gesetzgebung erhalten […] und dadurch in Stand gesetzt [… werden], wirksame Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit dieser Streitkräfte zu treffen, einschließlich der Fähigkeit, einer ernstlichen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu begegnen“.
  58. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf, S. 12.
  59. https://dipbt.bundestag.de/doc/btp/05/05178.pdf
  60. Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten, in: Bundesgesetzblatt. Teil II. Nr. 8 vom 31. März 1955, 305–320 (BGBl. I S. 301) (308); HTML-Version.
  61. Bekanntmachung der Erklärung der Drei Mächte vom 27. Mai 1968 zur Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte gemäß Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 714–716 (BGBl. I S. 714) (715).
  62. Bekanntmachung der Erklärung der Drei Mächte vom 27. Mai 1968 zur Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte gemäß Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 714–716 (BGBl. I S. 714) (714).
  63. Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968 (BGBl. I S. 709), S. 709–714 (709: „Vom 24. Juni 1968“; 714 [§ 2]: „Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.“)
  64. Das Grundgesetz hatte ursprünglich 146 Artikel (BGBl. S. 1 [19]). Hinzu neu eingefügt wurden danach − bis zur Verabschiedung der Notstandsgesetze − 13 Artikel: und Gestrichen wurde 1968 − kurz vor Verabschiedung der Notstandsgesetze − Artikel 96 (BGBl. I S. 657 [657]). Artikel 143 wurde 1951 gestrichen (BGBl. I S. 739 [747]) und 1956 mit neuem Inhalt wieder eingeführt (BGBl. I S. 111 [113]).
  65. Siehe zur Zahl „28“:
  66. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 6 vom 27. März 1954, S. 45 (BGBl. I S. 45) [45].
  67. Der heutige Satz von Artikel 35 Absatz 2 wurde erst 1972 hinzugefügt (Einunddreißigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 76 vom 2. August 1972, S. 1305 (BGBl. I S. 1305) (1305).
  68. Vgl. zum Terminus folgende These aus dem Regierungsentwurf von 1967 für die Notstandsgesetze: „Es fehlt weiter eine ausreichende verfassungsrechtliche Ermächtigung zu einer vorübergehenden Vereinfachung des Gesetzgebungsverfahrens und der Verwaltungsorganisation während eines äußeren Notstandes, […]“ (Bundestags-Drucksache V/1879 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf>, S. 6).
  69. Vgl. zum Terminus: „Bereits die geltende Fassung des Grundgesetzes sieht in Artikel 91 Vorkehrungen für den Fall eines inneren Notstandes vor. Artikel 91 Abs. 1 betrifft dabei den Fall eines sog. regionalen inneren Notstandes, nämlich einer Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, deren Abwehr dem betroffenen Lande selbst überlassen werden kann. Artikel 91 Abs. 2 behandelt den Fall eines sog. überregionalen inneren Notstandes, nämlich einer Gefahr, zu deren Bekämpfung das betroffene Land nicht bereit oder allein nicht in der Lage ist.“ (Bundestags-Drucksache V/1879 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf>, S. 22 f.)
  70. Vgl. zum Terminus: „Bei der Auslegung und Anwendung der Voraussetzungen, unter denen Art. 35 Abs. 2 und 3 GG einen Einsatz der Streitkräfte erlaubt, sind der Zweck des Art. 87a Abs. 2 GG und das Verhältnis der den Katastrophennotstand betreffenden Bestimmungen zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Einsatz der Streitkräfte im inneren Notstand (Art. 87a Abs. 4 GG) zu berücksichtigen.“ (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. Juli 2012 zum Az. 2 PBvU 1/11 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/up20120703_2pbvu000111.html), Textziffer 50). In der Abweichenden Meinung des Richters Gaier zu dieser Entscheidung findet sich zusätzlich der Ausdruck „äußerer Notstand“: „Nun wurde der Einsatz der Streitkräfte auch im Inland zugelassen, allerdings nur in wenigen eng begrenzten Fällen, die zudem in der Verfassung ausdrücklich geregelt sein müssen (Art. 87a Abs. 2 GG). Dies sind der regionale und der überregionale Katastrophennotstand (Art. 35 Abs. 2 und 3 GG), der äußere Notstand (Art. 87a Abs. 3 GG) und der Staatsnotstand als qualifizierter Fall des inneren Notstandes (Art. 87a Abs. 4 GG).“ (ebd., Textziffer 62)
  71. Vgl. zum Terminus: „Da die den Katastrophenfall betreffenden Ergänzungen vornehmlich das Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern und den Ländern untereinander betreffen, schlägt der Ausschuss vor, die Regelung an Artikel 35 des Grundgesetzes anzufügen.“ (Drucksache V/2873 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf>, S. 9).
  72. Vgl. die Darstellung der Gesetzgebungsgeschichte des Widerstandsrecht in Artikel 20 Absatz 4 durch Jürgen Seifert, Verfassungsnormen und Verschleierungsnormen. In: Kritische Justiz. 1968, 11–21 [13 f.].
  73. Über den Gemeinsamen Ausschuss bestimmt Artikel 115e Absatz 1: „Stellt der Gemeinsame Ausschuss im Verteidigungsfall mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest, daß dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder daß dieser nicht beschlussfähig ist, so hat der Gemeinsame Ausschuss die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt deren Rechte einheitlich wahr.“ (Art. 115e / [1])
  74. Artikel 53a Absatz 1 Satz 1: „Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates.“
  75. Artikel 115e Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz: „Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf das Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden.“ (Art. 115e / https://lexetius.de/GG/115e,2)
  76. Der Gemeinsame Ausschuss ist mit Ausnahme des Artikels 53a GG ausschließlich in Abschnitt Xa. erwähnt.
  77. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf, S. 15 f.
  78. Dessen Absatz 1 und 2 lauteten: „(1) Die Feststellung, daß der Verteidigungsfall eingetreten ist, trifft der Bundestag. Sein Beschluß wird vom Bundespräsidenten verkündet. (2) Stehen dem Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen, so kann bei Gefahr im Verzug der Bundespräsident mit Gegenzeichnung des Bundeskanzlers diese Feststellung treffen und verkünden. Der Bundespräsident soll zuvor die Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates hören.“ (https://lexetius.de/GG/59a,2)
  79. Dessen Absatz 1 und 2 lauten: „(1) Die Feststellung, daß das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. (2) Erfordert die Lage unabweisbar ein sofortiges Handeln und stehen einem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist er nicht beschlußfähig, so trifft der Gemeinsame Ausschuß diese Feststellung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit seiner Mitglieder.“ (Art. 115a / https://lexetius.de/GG/115a)
  80. „Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler über.“ (https://lexetius.de/GG/65a,2)
  81. „Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über.“ (Art. 115b / https://lexetius.de/GG/115b)
  82. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709) (711; § 1 Nr. 14).
  83. Art. 91 / https://lexetius.de/GG/91,2.
  84. Im − der verabschiedeten Fassung zugrundeliegenden − Entwurf des Rechtsausschusses des Bundestages heißt es dazu: „Ob die im Regierungsentwurf geäußerte Ansicht zutrifft, die Bundesregierung sei dazu [den Bundesgrenzschutz einzusetzen] schon nach geltendem Verfassungsrecht befugt, hat der Ausschuß offengelassen. Die Ergänzung war nach seiner Auffassung insoweit mindestens zur Klarstellung erforderlich.“ (Bundestags-Drucksache V/2873; (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf), S. 15.)
  85. https://lexetius.de/GG/91,2; vgl. Art. 91.
  86. Artikel 91 Absatz 2 Satz 2: „Die Anordnung ist nach Beseitigung der Gefahr, im übrigen jederzeit auf Verlangen des Bundesrates aufzuheben.“ Wie sich aus dem Ende von Satz 3 („Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.“) ergibt, gilt dies auch für die Maßnahmen gemäß dem Anfang von Satz 3: „Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen; Satz 1 und Satz 2 bleiben unberührt.“ (Art. 91 / https://lexetius.de/GG/91,2)
  87. Dass es sich um eine „drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes“ handeln muss, ist dagegen keine zusätzliche Voraussetzung gegenüber Artikel 91, denn auch dort heißt es: „Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes…“.
  88. Art. 87a / https://lexetius.de/GG/87a
  89. Drucksache V/2873 (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf), S. 5.
  90. https://lexetius.de/GG/35,2 / https://lexetius.de/GG/35,3; vgl. Art. 79.
  91. Einunddreißigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 76 vom 2. August 1972, S. 1305 (BGBl. I S. 1305)
  92. Siehe
    • ausführlich (259 Seiten) zum Themenkomplex „Dienstpflichten“: Roderich Wahsner, Erfassung und Integration als System. Militärische und zivile Dienstpflichten in der BRD. Ein Beitrag zur Geschichte militärischer und ziviler Dienstleistungsverpflichtungen und zur verfassungsrechtlichen und sozialpolitischen Bedeutung der Artikel 12 und 12a des Grundgesetzes, Köln 1972 (zugleich unter dem Titel Die Grundpflichten des Artikels 12a: Diss. Univ. Gießen, 1971 <vgl. https://d-nb.info/730060748>)
    und
  93. Eingefügt wurde damals als Satz 2 bis 4 von Absatz 2 sowie als neuer Absatz 3: „(2) […] Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte steht. (3) Frauen dürfen nicht zu einer Dienstleistung im Verband der Streitkräfte durch Gesetz verpflichtet werden. Zu einem Dienst mit der Waffe dürfen sie in keinem Falle verwendet werden.“ (https://lexetius.de/GG/12,3).
  94. Absatz 2 des neuen Artikel 12a lautet: „(2) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.“ Satz 2 des dortigen Absatz 4 lautet: „Sie [Frauen] dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten.“ (2000 wurde dort „leisten“ durch „zum […] verpflichtet werden“ ersetzt.) https://lexetius.de/GG/12a,2; heutige Fassung: Art. 12a.
  95. https://lexetius.de/GG/12,3.
  96. https://lexetius.de/GG/12a,2; vgl. Art. 12a.
  97. BGBl. I S. 787
  98. https://lexetius.de/GG/12,2; vgl. Art. 12a.
  99. Textgrundlage:
  100. Dort (statt Plural) Singular mit unbestimmten Artikel: „einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall“.
  101. In Absatz 3 stattdessen: „Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes“.
  102. Die ursprüngliche Fassung lautete (als ein Absatz): „Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden.“ (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 1 vom 23. Mai 1949 [BGBl. S. 1], 1–9 [2]) 1968 wurde Satz 2 zu Satz 1 von Absatz 2 und als Satz 2 von Absatz 2 der oben zitierte Satz hinzugefügt.
  103. Er lautete „Dient die [aufgrund eines Gesetzes angeordnete] Beschränkung [des Briefgeheimnisses sowie des Post- und Fernmeldegeheimnisses] dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.“
  104. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709) (709; § 1 Nr. 2).
  105. BGBl. I S. 3202
  106. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709) (710; § 1 Nr. 6).
  107. Art. 19 GG.
  108. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 1 vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), 1–9, [2]; vgl. https://lexetius.de/GG/19,2.
  109. Bericht gemäß § 14 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) über die Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10 (Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2017) vom 24. Mai 2019 (Bundestags-Drucksache 19/10459) (https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/104/1910459.pdf), S. 5.
  110. Auch in dem zitierten Bericht für das Jahr 2017 kommt das Wort „Notstand“ nicht vor.
  111. „Es sind
    1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages,
    2. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken
    berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, in den Fällen der Nummer 1 auch die dem Brief- oder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen.“ (§ 1 Artikel 10-Gesetz; Hervorhebung hinzugefügt)
  112. Vgl. auch noch Art. 21 Absatz 2 Grundgesetz, nach dem dafür, Parteien für „verfassungswidrig“ zu erklären, genügt, dass sie „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“ – ebenfalls, ohne dass beim KPD-Verbot oder beim Stellen der Verbotsanträge gegen die NPD von irgendeiner Seite behauptet worden wäre, es habe ein ‚innerer Notstand‘ geherrscht.
  113. Siehe dazu:
    • Regierungsentwurf: „Für den Fall des regionalen inneren Notstandes wird vorgeschlagen, gegenüber Artikel 91 Abs. 1 GG geltender Fassung die Möglichkeiten des Landes zur Bekämpfung der Gefahr […] zu verstärken, […]“ (Bundestags-Drucksache V/1879 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf>, S. 23).
    • Ausschuss-Bericht: „Artikel 91 Abs. 1 wird gegenüber der geltenden Fassung nur geringfügig geändert. Im Falle eines regionalen Inneren Notstandes soll das betroffene Land nicht nur die Befugnis haben, die Polizeikräfte anderer Länder anzufordern, was es schon nach geltendem Recht kann. Es soll auch Kräfte des Bundesgrenzschutzes sowie Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen, z. B. des Zivilschutzkorps in ihren jeweiligen Funktionen zur Hilfe anfordern können“ (Bundestags-Drucksache V/2873 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf>, S. 14).
  114. „Auf Drängen der Gewerkschaften wurden schließlich, sozusagen in letzter Minute, das Recht auf Streik und Widerstand im Grundgesetz garantiert.“ (https://www.1000dokumente.de/pdf/dok_0018_not_de.pdf, S. 4).
  115. Bundestags-Drucksache V/2873 (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf), S. 9: „äußerstes Notrecht“.
  116. „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ (Art. 20) Vgl. auch Bundestags-Drucksache V/2873 (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf), S. 9: „Zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung wird der Widerstand des Staatsvolkes im Verfassungstext nunmehr ausdrücklich zugelassen.“
  117. https://lexetius.de/GG/9,2; vgl. Art. 9.
  118. Die ursprüngliche Fassung von Artikel 143 wurde 1951 gestrichen (BGBl. I S. 739 [747]). Mit neuem Inhalt wurde Artikel 143 dann 1956 wieder eingeführt (BGBl. I S. 111 [113]).
  119. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709 + BGBl. I S. 714) (714; § 1 Nr. 17).
  120. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 11 vom 21. März 1956, S. 111–113 (BGBl. I S. 111) (113, Nr. 14).
  121. Vgl. den – 1968 eingefügten – eindeutigen Absatz 2 von Artikel 87a: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.“ (Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 [BGBl. I S. 709] [711; § 1 Nr. 14]).
  122. Im einen Fall wäre Artikel 143 alte Fassung eine Norm gewesen, die Bundeswehr-Einsätze bei ‚Katastrophennotständen‘ ausschließt; im anderen Falle wäre Artikel 143 alte Fassung eine Norm gewesen, die die Gesetzgebungsorgane ermächtigt, Bundeswehr-Einsätze bei ‚Katastrophennotständen‘ zuzulassen.
  123. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709 (710; § 1 Nr. 5): Absatz 3, 4, 5 und 6 jeweils: „im Verteidigungsfalle“; Absatz 5: „Artikel 80a Abs. 1“.
  124. Dies ist folglich auch – was Absatz 1 anbelangt − unabhängig davon, im Rahmen welcher Art von Notstand die Bundeswehr gegebenenfalls eingesetzt wird [falls denn der Gesetzgeber überhaupt von der Wehrpflicht-Ermächtigung des Artikel 12a Absatz Gebrauch macht]): Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709 (710; § 1 Nr. 5).
  125. Gegenstück zur Einfügung von Artikel 12a Absatz 1
  126. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709) (711; § 1 Nr. 12); vgl. https://lexetius.de/GG/73,6.
  127. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 (BGBl. I S. 709 + BGBl. I S. 714) (711; § 1 Nr. 14).
  128. https://www.bundestag.de/resource/blob/630756/302e23610cf70fd23e9551320fe752b5/WD-3-433-18-pdf-data.pdf>, S. 7 f. mit weiteren Nachweisen.
  129. Siehe den Abschnitt I. A. „Äußerer Notstand“ der Erläuterungen des Rechtsausschusses des Bundestages zur verabschiedeten Fassung der „Notstandsgesetze“ und dort insbesondere den Unterabschnitt 2. „Zustand äußerer Gefahr“: „Der Begriff wird nicht mehr verwendet. An seine Stelle tritt a) der Verteidigungsfall. Er liegt vor, wenn das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht; b) der Spannungsfall. Er wird vom Bundestag mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen festgestellt.“ (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf Bundestags-Drucksache V/2873, S. 2).
  130. https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/028/0502873.pdf, S. 11; Hervorhebung hinzugefügt.
  131. Wohl dieses Ausgabe („1963“ − aber ohne Auflagen-Angabe): https://d-nb.info/454032587. Vgl.: „das von Ekkehart Stein und Helmut Ridder schon 1963 verfasste Memorandum der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler ‚Der permanente Notstand‘ (abgedruckt in Ridder, Gesammelte Schriften, 2010, S. 563 <566>)“ (Abweichenden Meinung des Richters Gaier, in: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. Juli 2012 zum Az. 2 PBvU 1/11 <https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/07/up20120703_2pbvu000111.html>, Textziffer 68; Hervorhebung hinzugefügt).
  132. Diese Ausgabe: https://d-nb.info/454032595.
  133. Diese Ausgabe: https://d-nb.info/364532149.
  134. Der nächste Aufsatz beginnt auf S. 597. Anhand des online zur Verfügung stehenden Inhaltsverzeichnisses läßt sich nicht feststellen, ob zwischen beiden Aufsätzen Leerseiten sind.
  135. Notstandsverfassung und Grundgesetz (III). Die Auswirkung der Notstandsgesetze auf die Gesamtstruktur der Verfassung, in: Das Argument Heft 30, 1964 (http://www.neu.inkrit.de/mediadaten/archivargument/DA030/DA030.pdf), S. 159–167 (159, FN 1).
  136. Vom selben Autor sind in derselben Zeitschrift in Ausgaben, die zwischen den drei genannten Aufsatz-Teilen erschienen, außerdem verschiedene Rezensionen zum Thema veröffentlicht worden.
  137. Am Ende des Textes (Stand: 14. August 2017; abgerufen am 7. April 2020) heißt es: „Darüber hinaus können die Grundrechte jedes Einzelnen bei einem Ausnahmezustand beschnitten werden: Insbesondere das in Artikel 10 des Grundgesetzes garantierte Post- und Fernmeldegeheimnis ist davon betroffen. Die Notstandsgesetze sind seit dem 28. Juni 1968 in Kraft. Angewendet werden mussten sie zum Glück jedoch noch nie.“ Die ‚Beschneidung‘ des Post- und Fernmeldegeheimnis gilt aber nicht nur „bei einem Ausnahmezustand“, sondern − wie die fdGO-Regelungen in Art. 18 und Art. 21 − generell zum „Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes“. Ursprünglich sollte die Änderung von Artikel 10 auch gar nicht im Rahmen der Notstandsgesetze beschlossen werden, sondern wurde von der Bundesregierung separat beantragt (Bundestags-Drucksache IV/2633 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/026/0402633.pdf>). Auch als die Artikel 10-Änderung dann 1967 in den neuen Notstandsgesetz-Entwurf integriert wurde (Bundestags-Drucksache V/1879 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf> vom 13. Juni 1967, S. 2), wurde – in dem begleitenden Entwurf eines Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zur Artikel 10 Grundgesetz) (G 10) (Bundestags-Drucksache V/18801 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501880.pdf> ebenfalls vom 13. Juni 1967, S. 6) – aber trotzdem eine begriffliche Unterscheidung vorgenommen: „Zu den Vorbehaltsrechten der Drei Mächte (USA, Großbritannien, Frankreich) nach Artikel 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages gehört
    • neben den Rechten zur Vorsorge für außergewöhnliche Gefahrenlagen, deren Ablösung mit den das Notstandsrecht regelnden Gesetzesvorlagen erreicht werden soll,
    • auch das Recht der Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, soweit diese zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der in der Bundesrepublik stationierten Streitkräfte dieser Mächte erforderlich ist.“ (S. 6 – Hervorhebung und Aufzählungspunkte [zur Verdeutlichung der begrifflichen Unterscheidung zwischen „Notstandsrecht“ einerseits und „Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses“ andererseits] hinzugefügt)
    Die Änderung von Artikel 10 und das beschlossene Ausführungsgesetz werden auch tatsächlich regelmäßig genutzt; siehe noch einmal den Bericht Bericht gemäß § 14 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) über die Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den §§ 3, 5, 7a und 8 G 10 (Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2017) vom 24. Mai 2019 (Bundestags-Drucksache 19/10459 https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/104/1910459.pdf), S. 5: 276 Fälle im Jahr 2017.
  138. Zum Beispiel:
    • „Wer das Wohl des Staates gefährdet, sollte auch ohne Ausrufung des Notstands überwacht oder in Schutzhaft genommen werden können.“
    Das ist hinsichtlich der Schutzhaft eine unzutreffende Behauptung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 wurden durch die Notstandsgesetze nicht geändert [BGBl. I S. 709 + BGBl. I S. 714]) (der Autor führt auch keinen gegenteiligen Beleg an, und er redet von den „Notstandsgesetzen“ – nicht von den Entwürfen dazu); hinsichtlich „Wohl des Staates“ ist es bestenfalls eine journalistisch-populäre Paraphrase der juristischen Tatbestandsvoraussetzungen der Telekommunikationsüberwachung.
    • „Im Bereich der Kommunikation führten die Notstandsgesetze zu einer Umdefinierung des Post- und Fernmeldegeheimnisses. Bis zu dieser zentralen Gesetzesänderung waren Post- und Fernmeldeüberwachungen durch deutsche Behörden verboten.“
    Siehe dagegen Bundestags-Drucksache V/1879 (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/05/018/0501879.pdf), S. 17: „Artikel 10 des Grundgesetzes, der das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis gewährleistet, sieht, wie vor ihm schon Artikel 117 der Reichsverfassung von 1919, die Möglichkeit einer Beschränkung kraft Gesetzes vor [BGBl. S. 1, 1–9 <2>]. Derartige Beschränkungen enthalten eine Reihe von Gesetzen, z. B. die Strafprozeßordnung (§ 99), das Fernmeldeanlagengesetz (§ 12), die Konkursordnung (§ 121), die Abgabenordnung (§ 431), das Zollgesetz (§ 6 Abs. 7) und das Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 (BGBl. I S. 607, vgl. §§ 2, 3, 4). Diesen Bestimmungen ist eigentümlich, daß der Betroffene, wenn nicht vor, so doch alsbald nach Vollzug der gegen ihn getroffenen Eingriffsmaßnahmen unterrichtet und so in die Lage versetzt wird, ein Rechtsmittel dagegen zu ergreifen.“
    Mit den beschlossenen Änderung ging es vielmehr darum, die Möglichkeit zu schaffen, gesetzlich zu „bestimmen, daß sie [die Überwachung] dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt“ (Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, in: Bundesgesetzblatt. Teil I. Nr. 41 vom 27. Juni 1968, S. 709–714 [BGBl. I S. 709] [709]).
    • „Außerdem erfand man den ‚Richtervorbehalt‘ für langfristige Überwachungen, die in den ‚Kernbereich der Privatsphäre des Bürgers‘ eingreifen.“
    Auch das hat – anders als der vorhergehende Satz zum „‚Ersatzrechtsweg‘“ (in Wirklichkeit handelte es sich aber um eine Rechtsweg-Ersetzung!) – nichts mit den (beschlossenen) Notstandsgesetzen zu tun.
    Von einer Anordnung oder Bestätigung der „Beschränkung durch einen Richter“ war zwar noch im Gesetzentwurf aus der 4. Legislaturperiode die Rede (Bundestags-Drucksache IV/2633 <https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/04/026/0402633.pdf>, S. 2). Stattdessen wurde dann aber in der 5. Wahlperiode gerade die parlamentarische Kontrolle beschlossen; und auch im Entwurf aus der 4. Wahlperiode steht nichts wegen „langfristig“ und „Kernbereich der Privatsphäre des Bürgers“…