Die Freiheit führt das Volk

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Die Freiheit führt das Volk (Eugène Delacroix)
Die Freiheit führt das Volk
Eugène Delacroix, 1830
Öl auf Leinwand
260 × 325 cm
Louvre
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Die Freiheit führt das Volk (französisch La Liberté guidant le peuple) ist ein Gemälde des französischen Malers Eugène Delacroix. Das 2,60 × 3,25 Meter große Bild entstand 1830. Es befindet sich heute im Louvre in Paris.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 27. Juli 1830 erhob sich die Pariser Bevölkerung zu einem Aufstand, der als Julirevolution in die Geschichte eingegangen ist. Ursache der Revolution war die reaktionäre Politik Karls X., dessen Ziel es war, die Zustände wiederherzustellen, wie sie vor 1789 geherrscht hatten, und damit die Vorherrschaft des Adels wieder durchzusetzen. Sein Kabinett regierte konsequent an der Abgeordnetenkammer vorbei. Auslöser der Julirevolution waren die sogenannten Juliordonnanzen, in denen Karl anordnete, die Abgeordnetenkammer aufzulösen, das Wahlverfahren zum Nachteil der einfachen Bürger zu ändern und Pressezensur einzuführen. Teile der Bevölkerung errichteten Barrikaden; bis zu 6000 Stück wurden am zweiten Tag des Aufstands gezählt. Matratzen dienten als Kugelfang. Auf der Seite der Schutzsuchenden wurden Pflastersteine zu einer Art Treppe gefügt, über die man stürmte, wenn der Feind zurückgeschlagen war – das war das „Auf-die-Barrikaden-Gehen“. Der dreitägige Aufstand der Bevölkerung hatte den endgültigen Sturz der Bourbonen in Frankreich und die erneute Machtübernahme durch das Bürgertum in einem liberaleren Königreich zur Folge.

Das Gemälde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bild verarbeitet die Barrikadenkämpfe in Paris am zweiten der drei Revolutionstage.[1] Es war der blutigste Tag und die entscheidende Wende des Aufstandes.

Die Julirevolution des Jahres 1830 war eine kurze, aber heftige und gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Bürgern und Obrigkeit. Tote gab es auf beiden Seiten, wie im Bildvordergrund zu sehen ist, rechts unten liegen zwei tote Soldaten, die Gesichter abgewandt. Delacroix lässt Pulverdampf durch die Pariser Straßen wabern. Das Volk hat keinen Anführer im eigentlichen Sinn, sein Aufstand kommt spontan und aus der Masse heraus. Delacroix gibt ihnen eine Anführerin, die unter dem Namen Marianne die Nationalfigur der Französischen Republik bildet. Sie ist gerade über die Barrikaden gestürmt, im rechten Bildteil sieht man einige der Bretter, die den Schutzwall bilden. Barbusig und barfuß wie sie ist, wirkt sie irreal, fast wie eine Göttin. Sie ist die von den Römern übernommene Symbolgestalt für Freiheit (libertas). Auf dem Kopf hat sie die Freiheitsmütze der Jakobiner, in der Hand schwingt sie die von den Bourbonen verbotene Tricolore und wendet sich mit aufforderndem Blick den Bürgern hinter ihr zu, als wollte sie diese dazu bewegen, ihr zu folgen. Links von ihr ist ein Mann mit Zylinder oder Kastorhut und Gewehr zu sehen. Delacroix war zum Zeitpunkt des Aufstandes zwar in Paris, hatte aber daran nicht teilgenommen. Lange wurde angenommen, er habe sich in dieser Figur porträtiert. Die aktuelle Forschung der Kunstgeschichte geht aber davon aus, dass es sich hierbei um Etienne Arago handelt, einen französischen Schriftsteller, der aktiv am Sturz der Bourbonen teilgenommen hatte. Die Farben der Tricolore Blau, Weiß und Rot sind ein wiederkehrendes Element in dem Gemälde, insbesondere in der Kleidung des Verletzten zu Füßen der Freiheitsgestalt als auch im blau-weiß-roten Pulverdampf im Hintergrund.

Das Bild wurde im Mai 1831 im Palais du Luxembourg ausgestellt und erreichte eine enorme Popularität.[2] Heinrich Heine besuchte die Ausstellung und schrieb: „Auf keinem von allen [3000] Gemälden ist so sehr die Farbe eingeschlagen wie auf Delacroix’ Julirevolution. Indessen, eben diese Abwesenheit von Firnis und Schimmer, dabei der Pulverdampf und Staub, der die Figuren wie graues Spinnweb bedeckt, […] alles dieses gibt dem Bilde eine Wahrheit, […] und man ahnt die wirkliche Physiognomie der Julitage.“[3]

Der französische Staat kaufte das Bild an, doch verschwand es schnell im Depot, womöglich weil seine revolutionäre Botschaft auch dem neuen Regime von Louis-Philippe I. nicht genehm war. Zur Pariser Weltausstellung 1855 wurde es nur kurz öffentlich gezeigt. Erst 1863 kehrte es in die Dauerausstellung des Palais du Luxembourg zurück, seit 1874 gehört es zur Sammlung des Louvre. Im Jahr 2013 war es im Rahmen der Neueröffnung des Louvre-Lens in Lens zu besichtigen.

Das Bildprogramm könnte von Auguste Barbiers Revolutionsgedicht La Curée (dt. Die Jagd) angeregt worden sein. Darin wird die Freiheit als „ein kraftvoll Weib mit mächtigen Brüsten,/ mit rauher Stimme und derben Reizen“ beschrieben. Diese Umschreibung wiederum bezog sich auf den Vierten Stand als Träger der Revolution.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schablonengrafik mit Bildzitat der Marianne und des bewaffneten Jungen, der hier allerdings als Graffiti-Sprayer dargestellt ist, an einem Hofeingang in Düsseldorf, 2015
  • Das Bild der Marianne, dargestellt als Symbol der Freiheit in Die Freiheit führt das Volk, gilt als französische Kulturikone.[4]
  • Der bewaffnete Junge rechts der Frauengestalt inspirierte den französischen Schriftsteller Victor Hugo zu der Figur des Gavroche in seinem Roman Les Misérables.
  • Die britische Band Coldplay verwendet Die Freiheit führt das Volk als Titelbild für das im Juni 2008 erschienene Album Viva la Vida or Death and All His Friends. Die Band Laibach verwendet La Liberté guidant le peuple, zusammen mit dem Bild eines Trommlers, auf einem offiziellen Band-T-Shirt von 2012.
  • Der Street-Artist Pascal Boyard hat im Januar 2019 in Paris ein Wandgemälde geschaffen, in dem er auf Die Freiheit führt das Volk Bezug nimmt. Er setzt sich darin für die Gelbwestenbewegung und für Bitcoin ein. Er fertigte das Bild zur Feier von zehn Jahren Bitcoin an. Als Schnittmenge der Interessen von Gelbwesten und Bitcoin-Investoren darf man Unzufriedenheit mit dem herrschenden Finanzsystem sehen.[5]
  • Die Band Der Plan hat das Bild als Vorlage für das Cover der 2017 erschienenen LP/CD Unkapitulierbar verwendet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Timothy J. Clark: Der absolute Bourgeois. Künstler und Politik in Frankreich 1848 bis 1851. Rowohlt, Reinbek 1981, ISBN 3-499-25150-7.
  • Alain Daguerre de Hureaux: Delacroix. Das Gesamtwerk. Zürich 1994.
  • Rose-Marie und Rainer Hagen: Meisterwerke im Detail. Band 2, Taschen Verlag, Köln 2003, ISBN 3-8228-1371-0.
  • Nicos Hadjinicolaou: Die Freiheit führt das Volk von Eugène Delacroix. Sinn und Gegensinn. Verlag der Kunst, Dresden 1991, ISBN 3-364-00221-5.
  • Winfried Nerdinger: Vom Klassizismus zum Impressionismus. Martin Lurz Verlag, München 1980, ISBN 3-87501-065-5.
  • Sabine Slanina: Vom Ereignisbild zum Bild-Ereignis. „Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden“ von Eugène Delacroix, in: Uwe Fleckner: Bilder machen Geschichte. Historische Ereignisse im Gedächtnis der Kunst. De Gruyter, Berlin 2014, ISBN 3-05-006317-3, S. 253–265.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Die Freiheit führt das Volk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sabine Slanina: Vom Ereignisbild zum Bild-Ereignis. „Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden“ von Eugène Delacroix, in: Uwe Fleckner, Bilder machen Geschichte. Historische Ereignisse im Gedächtnis der Kunst. De Gruyter, Berlin 2014, S. 253–265.
  2. Sabine Slanina: Vom Ereignisbild zum Bild-Ereignis, S. 253–265.
  3. Heinricht Heine: Kunstberichte aus Paris. Der Salon I. In: Sämtliche Werke, hrsg. von Bodo Petersdorf, Augsburg o. J., Band 4, S. 20.
  4. French Cultural Icons (Memento vom 14. Juni 2011 im Internet Archive), nvcc.edu, abgerufen am 4. Januar 2013.
  5. derstandard.de: Bitcoin: Pariser Street-Artist versteckte Rätsel in Wandgemälde. Abgerufen am 20. November 2020.