Diskussion:Deutscher Tanz

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Der deutsche Tanz hat mit der barocken "Allemande" wohl nichts zu tun. Die Allemande, als Kunstform aus unzähligen, italienischen, französischen, englischen, deutschen (u.a.) Beispielen der Literatur belegt und wohl am bekanntesten durch die Suiten von J.S. Bach für verschiedene Instrumente und Besetzungen, ist ein Satz im 4/4-Takt und im gemächlichen Andante-, allenfalls Allegretto non troppo-Tempo. Der "Deutsche", wie im Artikel erwähnt, ist ein eher schneller 3/4-Takt-Tanz. Was spricht für die "Translation" des Begriffs? Wohl nichts (?!). [Der Artikel erwähnt dazu einen "schnelleren Nachtanz im Dreiertakt". Wo ist das belegt, und gibt es greifbare (Noten-)Beispiele?]

Im "Schülerduden Die Musik" steht das mit dem Nachtanz. Als Beispiel kann ich bieten: Johann Hermann Schein: Suiten Nr. 3, 4 u. 5 aus "Banchetto Musicale" Leipzig 1617. Anton P. 25.06.2013 (nicht signierter Beitrag von 79.235.69.88 (Diskussion) 22:15, 25. Jun. 2013 (CEST))[Beantworten]


Für die Ausbreitung des "Deutschen" in der Gesellschaft scheint mir als wohlmöglich erste (?) literarische Reminizenz Goethes Werther (1773) erwähnenswert. Zitat:

"Ich bat sie um den zweiten Contretanz; sie sagte mir den dritten zu, und mit der liebenswürdigsten Freimütigkeit von der Welt versicherte sie mir, daß sie herzlich gern deutsch tanze. – »Es ist hier so Mode, »fuhr sie fort, »daß jedes Paar, das zusammen gehört, beim Deutschen zusammenbleibt, und mein Chapeau walzt schlecht und dankt mir's, wenn ich ihm die Arbeit erlasse. Ihr Frauenzimmer kann's auch nicht und mag nicht, und ich habe im Englischen gesehen, daß Sie gut walzen; wenn Sie nun mein sein wollen fürs Deutsche, so gehen Sie und bitten sich's von meinem Herrn aus, und ich will zu Ihrer Dame gehen«. – ich gab ihr die Hand darauf, und wir machten aus, daß ihr Tänzer inzwischen meine Tänzerin unterhalten sollte.

Nun ging's an, und wir ergetzten uns eine Weile an manigfaltigen Schlingungen der Arme. Mit welchem Reize, mit welcher Flüchtigkeit bewegte sie sich! Und da wir nun gar ans Walzen kamen und wie die Sphären um einander herumrollten, ging's freilich anfangs, weil's die wenigsten können, ein bißchen bunt durcheinander. Wir waren klug und ließen sie austoben, und als die Ungeschicktesten den Plan geräumt hatten, fielen wir ein und hielten mit noch einem Paare, mit Audran und seiner Tänzerin, wacker aus. Nie ist mir's so leicht vom Flecke gegangen. Ich war kein Mensch mehr. Das liebenswürdigste Geschöpf in den Armen zu haben und mit ihr herumzufliegen wie Wetter, daß alles rings umher verging, und – Wilhelm, um ehrlich zu sein, tat ich aber doch den Schwur, daß ein Mädchen, das ich liebte, auf das ich Ansprüche hätte, mir nie mit einem andern walzen sollte als mit mir, und wenn ich drüber zugrunde gehen müßte. Du verstehst mich!

Wir machten einige Touren gehend im Saale, um zu verschnaufen. Dann setzte sie sich, und die Orangen, die ich beiseite gebracht hatte, die nun die einzigen noch übrigen waren, taten vortreffliche Wirkung, nur daß mir mit jedem Schnittchen, das sie einer unbescheidenen Nachbarin ehrenhalben zuteilte, ein Stich durchs Herz ging.

Beim dritten englischen Tanz waren wir das zweite Paar. Wie wir die Reihe durchtanzten und ich, weiß Gott mit wieviel Wonne, an ihrem Arm und Auge hing, das voll vom wahrsten Ausdruck des offensten, reinsten Vergnügens war, kommen wir an eine Frau, die mit wegen ihrer liebenswürdigen Miene auf einem nicht mehr ganz jungen Gesichte merkwürdig gewesen war. Sie sieht Lotten lächelnd an, hebt einen drohenden Finger auf und nennt den Namen Albert zweimal im Vorbeifliegen mit viel Bedeutung."

(Brief vom 16. Junius 1771, zitiert aus dem gemeinfreien Gutenberg-Projekt; damit verbunden taucht natürlich auch die Frage auf, was eigentlich der "englische Tanz" gewesen ist.)


Der Artikel erwähnt, dass die drei Wiener Klassiker und Franz Schubert "Deutsche Tänze" komponiert haben. Dies erfolgte einerseits oft als Gelegenheitskomposition zu gesellschaftlichen Anlässen (Hofbälle etc.). Andererseits kehrt das Motiv des deutschen Tanzes auch in überaus zahlreichen der großen Instrumentalwerke Haydns, Mozarts, Beethovens und Schuberts wieder, ohne dass er in der Regel als solcher bezeichnet wurde (meistens hier im Menuett/Scherzo, besonders deutlich im Trio-Teil, aber auch in den ersten und zweiten Themen der ersten Sätze und sogar im Finale). Dies müsste gesondert gewürdigt werden. Explizit ist er (u.a., ein weiteres Beispiel ist der erste Satz - "Presto alla tedesca" - in Beethovens Klaviersonate B-Dur, Op. 79) angesprochen in Beethovens (spätem) Quartett B-Dur op. 130, 4. Satz, "alla danza tedesca", der wohl als eine Apotheose des deutschen Tanzes als Kunstform gelten darf.