Magnesiumcarbonat

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Strukturformel
Magnesiumion Strukturformel Carbonation
Allgemeines
Name Magnesiumcarbonat
Andere Namen
Summenformel MgCO₃
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 546-93-0
  • 13717-00-5 (monohydrat)
  • 5145-48-2 (dihydrat)
  • 14457-83-1 (trihydrat)
  • 61042-72-6 (pentahydrat)
EG-Nummer 208-915-9
ECHA-InfoCard 100.008.106
PubChem 11029
ChemSpider 10563
DrugBank DB09481
Wikidata Q407931
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Eigenschaften
Molare Masse 84,31 g·mol−1[4]
Aggregatzustand

fest

Dichte

2,96 g·cm−3 (20 °C)[4]

Schmelzpunkt

> 350 °C (Zersetzung)[4]

Löslichkeit

sehr schwer löslich in Wasser (0,106 g·l−1 bei 20 °C)[4]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
MAK

Schweiz: 3 mg·m−3 (gemessen als alveolengängiger Staub)[5]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−1095,8 kJ/mol[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Magnesiumcarbonat, MgCO₃ ist eine anorganische chemische Verbindung.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesit
Dolomit und Magnesit

Magnesiumcarbonat kommt in der Natur in großen Mengen als Magnesit (Bitterspat) (MgCO₃) mit der Härte 4–4½ vor. Es ist neben Dolomit das wichtigste Magnesium-Mineral. Ebenfalls bekannt sind die Minerale Barringtonit MgCO₃·2 H₂O, Nesquehonit (MgCO₃·3 H₂O) und Lansfordit MgCO₃·5 H₂O.

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiumcarbonat fällt aus Magnesiumsalzlösungen mit Alkalimetallcarbonaten aus, jedoch nur bei Kohlendioxid-Überschuss. Anderenfalls entstehen basische Carbonate wie zum Beispiel Magnesia alba[7] oder Magnesia carbonica[8].

Amorphes kristallwasserfreies Magnesiumcarbonat, sogenanntes Upsalit, konnte erst jüngst durch eine Niedertemperatur-Synthese dargestellt werden und weist eine hohe spezifische Oberfläche von 800 m²/g MgCO₃ auf.[9] Bis dahin waren nur Synthesen bei erhöhter Temperatur bekannt, was in der Literatur als „Magnesit-Problem“ bekannt ist.[10]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das kristallwasserhaltige neutrale Magnesiumcarbonat geht, besonders in der Wärme, in basisches Magnesiumcarbonat über:

Magnesiumcarbonat ist zusammen mit Calciumcarbonat (Kalk) hauptsächlich für die Entstehung der Wasserhärte verantwortlich. Es kristallisiert trigonal, Raumgruppe R3c (Raumgruppen-Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167, mit den Gitterparametern a = 4,637 Å und c = 15,02 Å.[11]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiumcarbonat kommt als kristallwasserhaltiges 4 MgCO₃ · Mg(OH)₂ · 4–5 H₂O als Magnesia alba, helle Magnesia, in den Handel (CAS-Nummer 12125-28-9). Eine wässrige Suspension von 50 g/l Wasser reagiert basisch und hat einen pH von etwa 10,5.

Lebensmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiumcarbonat ist Bestandteil von Mineral- und Heilwässern.

Auch kommt es als Nahrungsergänzungsmittel, als Magnesiumquelle, in Brausetabletten vor.[12]

Adsorber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wegen der großen spezifischen Oberfläche von 800 m²/g eignet sich Upsalit (kristallwasserfreies nano-Magnesiumcarbonat) als Adsorber für Entfeuchter und die Bindung von Öl auf Wasser.[13][14] Auch eine Verwendung als Trägermaterial für Arzneimittelsubstanzen, bei der die Kontrollierbarkeit der Porengröße ausgenutzt wird, wird erforscht.[15]

Lebensmittelzusatzstoff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Lebensmittelindustrie wird Magnesiumcarbonat Lebensmitteln als Säureregulator, Trägerstoff oder Trennmittel zugesetzt. Es gilt als gesundheitlich unbedenklich, große Mengen können jedoch abführend wirken.

In der EU ist es als Zusatzstoff mit der Nummer E 504 ohne Höchstmengenbeschränkung für alle Lebensmittel zugelassen, die Zusatzstoffe enthalten dürfen. Dies beinhaltet auch Bio-Produkte.

Isolier- und Füllstoff[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird in Wärmeisoliermaterialien verwendet und als Füllstoff in Kunststoffen, Papier, Farben und Kautschuk sowie in der Kosmetik in Pudern.

Arzneimittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zusammen mit Calciumcarbonat wird Magnesiumcarbonat in Medikamenten zur Magensäureregulation (Antazida) eingesetzt.

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiumcarbonat wird von den Produzenten unter den Namen Magnesiumcarbonat, Magnesia oder Chalk vertrieben. Das Produkt verwenden Geräteturner, Kraftsportler und Kletterer, um den auftretenden Handschweiß zu trocknen und damit die Griffigkeit der Hände bzw. die Gleitfähigkeit an den Geräteholmen zu erhöhen. Es ist in gepresster Blockform, als lockeres Pulver und neuerdings auch flüssig in Alkohol suspendiert erhältlich (so genannte Flüssigkreide, englisch liquid chalk).

Geräteturnen und Kraftsport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Turner bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2017 am Magnesiaständer am Reck

Im Turnen und auch im Kraftsport wird die Magnesia in Behältern nahe dem Leistungsort bereitgestellt. Die Athleten trocknen sich dann darin vor dem Übungsbeginn die Handinnenflächen, damit ihre Haut am Barren, Reck und anderen Geräten oder der Eisenstangen der Langhantel besser haftet. Am Boden und beim Sprung werden Magnesiabecken benutzt, um Magnesia auf den Fußsohlen anzuwenden.[16]

Sportklettern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jan Hojer bläst überschüssige Magnesia von seinen Händen, Boulder World Cup 2015
Ein kleiner Haufen Magnesia zum Sportklettern

Im Sportklettern wurde es erstmals von John Gill für das Bouldern verwendet, der die Idee aus dem Geräteturnen mitbrachte.

Die Magnesia wird dabei in verschließbaren, tragbaren Beuteln, so genannten Chalkbags, mitgeführt. Sie sind am Klettergurt hinten, auf Steißbeinhöhe, angehängt. Sobald der Kletterer während des Kletterns feuchte Hände bekommt, kann er in den geöffneten Beutel greifen. In der Regel wird Magnesia auch präventiv verwendet, damit die Hände gar nicht erst feucht werden können. Der Chalkbag wird in der Regel direkt mit Pulver oder zu Pulver zerriebenen Blöcken gefüllt. Als Alternative kann man im Beutel auch einen Chalkball mitführen. Das sind mit Magnesia gefüllte, dünne und durchlässige Stoffkugeln, welche den Vorteil eines geringeren Verbrauchs und einer verminderten Staubproduktion aufweisen. Da Staub in Kletterhallen ein Problem darstellen kann, gibt es einige Hallenordnungen, die nur Chalkballs erlauben und offene Magnesia verbieten.

In einigen Klettergebieten, wie zum Beispiel in der Sächsischen Schweiz, ist die Verwendung von Magnesia aus verschiedenen Gründen nicht gestattet oder zumindest unerwünscht:[17]

  • Die in den Griffen verbleibenden Reste von Magnesiumcarbonat „ziehen“ Wasser aus der Umgebung (Hygroskopie), was Griffe dauerfeucht / -rutschig macht und somit Klettern ohne Magnesia erschwert.
  • Das „gezogene“ Wasser sammelt sich in bestimmten Gesteinsarten (z. B. Sandstein), bei Frost gewinnt es an Volumen und kann so die Steinoberfläche zerstören.
  • Sie führt zur optischen Beeinträchtigung der Felsoberfläche (weiße Flecken an den Felsen). Für diese Verwendung gibt es auch eingefärbte Magnesia.
  • Sie bewirkt eine langfristige Veränderung der physikalischen und chemischen Eigenschaften des Felses (Reduzierung der Reibung, chemische Umwandlung der Mineralien). Kritiker werfen ein, dass dies nur den Sandstein betreffe und auch dort hauptsächlich auf Vermutungen gestützt sei.[18]
  • Naturschutz: Zwar wirkt Magnesia in größeren Mengen wie ein basisches Düngemittel, Auswirkungen auf den Boden, die Flora und die Fauna von Felsen konnten jedoch wissenschaftlich bisher nicht nachgewiesen werden.[19][20][21]
  • Reduzierung der sportlichen Anforderungen: Durch die wissentliche oder auch nur als Nebeneffekt der Magnesiaverwendung erzielte Markierung der Griffe am Fels wird deren Auffinden erleichtert, womit die sportliche Herausforderung gesenkt wird.

Feuerfest-Produkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor allem in der Stahl- und Eisenindustrie (Stahlgießpfannen oder Elektroöfen), aber auch in der Zement- oder Glasindustrie (Auskleidung von Drehrohröfen oder Glasschmelzöfen) werden Feuerfestmaterialien aus Magnesit gefertigt. Das Magnesit wandelt sich bei Erhitzung unter Abgabe von Kohlendioxid in Magnesiumoxid um. Der weltweit größte und bedeutendste Hersteller ist die RHI AG, die aus dem Veitsch-Radex-Konzern hervorging. Die Magnesitlagerstätten sind weltweit verteilt. In Österreich wird derzeit in Breitenau am Hochlantsch und in Hochfilzen Magnesit abgebaut und direkt verarbeitet.

Magnesit ist ein Zuschlagstoff oder alleiniger Ausgangsstoff für technische Keramik, für feuerfeste Tiegel und Stäbchen. Hier wandelt sich das Magnesit beim Brennen in Magnesiumoxid-Keramik um oder es wird vorher gebrannt und als Magnesiumoxid in Pulverform eingesetzt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu E 504: Magnesium carbonates in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 27. Juni 2020.
  2. Eintrag zu MAGNESIUM CARBONATE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 2. Juli 2020.
  3. Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher (Hrsg.): Lexikon der Chemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001.
  4. a b c d e Eintrag zu Magnesiumcarbonat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 21. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 546-93-0 bzw. Magnesiumcarbonat), abgerufen am 2. November 2015.
  6. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-20.
  7. Erwin Riedel, Christoph Janiak: Anorganische Chemie. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 3-11-022567-0, S. 607 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Ekkehardt Wiesner und Regine Ribbeck: Wörterbuch der Veterinärmedizin, 2. Auflage 1983, S. 746.
  9. Johan Forsgren, Sara Frykstrand, Kathryn Grandfield, Albert Mihranyan, Maria Strømme: „A Template-Free, Ultra-Adsorbing, High Surface Area Carbonate Nanostructure“; In: PLOS one, doi:10.1371/journal.pone.0068486
  10. J. C. Deelman (2011): Low-temperature formation of dolomite and magnesite, Chapter 6 – Magnesite & huntite (PDF; 229 kB).
  11. K.D. Oh, H. Morikawa, S.I.Iwai, H. Aoki: The crystal structure of magnesite. In: American Mineralogist, 58, 1973, S. 1029–1033.
  12. Die Top-Produkte im Magnesium-Brausetabletten-Vergleich, auf welt.de, abgerufen am 30. Januar 2024
  13. Forsgren, J.; Frykstrand, S.; Grandfield, K.; Mihranyan, A. & Strømme, M.: A Template-Free, Ultra-Adsorbing, High Surface Area Carbonate Nanostructure. PLoS ONE, Public Library of Science, 2013, 8, S. e68486. doi:10.1371/journal.pone.0068486
  14. Spiegel Online: Unmögliches Material aus Uppsala: Upsalit aus Versehen hergestellt, 14. August 2013.
  15. Uppsalamaterial vielversprechend für Arzneimittel, NyTeknik, 10. August 2016, abgerufen am 7. Oktober 2016 (schwedisch).
  16. Magnesia. Fairplay Sporthandel Sven Lange, abgerufen am 26. Januar 2022.
  17. Die Sächsischen Kletterregeln. Sächsischer Bergsteigerbund, 1. September 2014, abgerufen am 26. Januar 2022.
  18. Juliane Friedrich: Bergsport und Naturschutz in der sächsischen Schweiz -Wirkungen, Konflikte, Lösungsmöglichkeiten. Band 2. Diplomarbeit Technische Universität Dresden, Dresden 2002, S. 47 f. (ssi-heft.de [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 29. März 2008]).
  19. Pöller, U. (2013): Einfluss des Kletterns auf pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit des Bodens im Wandfußbereich. Bachelorarbeit an der Universität Bayreuth.
  20. Fichert, T. (2014): Zum Einfluss des Klettersports auf silikatische Felsökosysteme.Universität Passau.
  21. Aschauer, H. (1985): Studie über Magnesiapulver. München