Lili Elbe

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Lili Elbe, 1926

Lili Elbe (* 28. Dezember 1882 in Vejle, Dänemark als Einar Mogens Andreas Wegener[1]; † 12. September 1931 in Dresden, Deutschland) war eine dänische Malerin und Transgender-Pionierin.

Sie gehörte zusammen mit Dora Richter zu den ersten Personen, die sich 1930/31 in Deutschland einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen. Es wird vermutet, dass Lili Elbe intergeschlechtlich war.[2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schriftsteller Niels Hoyer schrieb in der von ihm herausgegebenen Autobiografie Lili Elbes, dass sie sowohl mit männlichen als auch mit weiblichen Organen geboren worden sei.[3]

Gerda Wegener: Lili Elbe, ca. 1928

Sie wuchs als Einar Wegener auf, studierte an der Königlich Dänischen Kunstakademie, lernte dort die Kommilitonin Gerda Gottlieb kennen und heiratete sie 1904. Elbe spezialisierte sich auf Landschafts- und Architekturmalerei, während Gottlieb sich für Illustration und Modegrafik entschied. Um ihren Wirkungskreis zu erweitern, zogen sie 1912 nach Paris, wo zudem Gerda ihre lesbische Orientierung und Lili ihre weibliche Identität freier ausleben konnten.

Etwa 1913 wurde bekannt, dass das Modell für Gerdas modische Figurinen ein phänotypischer Mann war, der sich Lili Elbe nannte. Nur die engsten Freunde wussten, dass Lili Elbe identisch mit Einar Wegener war; Fremden stellte Gerda Wegener Lili als Schwester ihres Mannes vor. 1930 beschloss Lili Elbe, die körperliche Anpassung an das gefühlte Geschlecht endgültig zu vollziehen. Im Februar 1930 begab sie sich auf Rat von Kurt Warnekros nach Berlin. Das Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld in Berlin führte die geschlechtsangleichenden Operationen durch. Die erste Operation fand in einer Praxis in Berlin statt. Danach begab sich Elbe in die Dresdener Frauenklinik. Am 26. Mai 1930 führte Kurt Warnekros eine zweite Operation durch.[4]

Als Folge der geschlechtsangleichenden Operationen wurde die Ehe vom dänischen König annulliert. Elbe erhielt Papiere auf ihren neuen Namen.

Einige Monate nach einer vierten Operation 1931, bei der es sich vermutlich um eine Uterustransplantation handelte, kam es, wahrscheinlich auf Grund von Transplantatabstoßung, zu Komplikationen, an denen Lili Elbe verstarb.[5][6]

Sie wurde auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden-Johannstadt im Feld IIC beigesetzt.

Erinnerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuer Grabstein 2016

Das in den 1960er-Jahren eingeebnete Grab Lili Elbes wurde 2016 wiederhergestellt. Der neue Grabstein wurde von Focus Features, der Produktionsfirma des Films The Danish Girl, finanziert.[7][8]

2022 wurde Elbe am 28. Dezember, ihrem 140. Geburtstag, mit einem Doodle auf der Google-Suchseite geehrt.[9]

In Dresden, ganz in der Nähe ihrer Ruhestätte und unweit der damaligen Frauenklinik, wurde eine Straße nach Lili Elbe benannt.[10][11][12]

Lebensbericht Fra mand til kvinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lili Elbes Lebensbericht Fra mand til kvinde (Vom Mann zur Frau) erschien 1931 zuerst in dänischer Sprache, die deutsche Übersetzung wurde 1932 in Dresden veröffentlicht und dann 1933 in London eine englische Übersetzung der deutschen Fassung. 1953 wurde eine zweite ungekürzte Ausgabe davon in New York veröffentlicht, zuletzt wurde die Ausgabe 2004 aufgelegt. In deutscher Sprache erschien das Buch von Niels Hoyer (d. i. Ernst Harthern) 1954 in der BRD, im Tauchnitz-Verlag unter dem Titel Wandlung – eine Lebensbeichte.[13]

2020 erschien unter dem Titel Man Into Woman: A Comparative Scholarly Edition eine von Pamela L. Caughie und Sabine Meyer herausgegebene wissenschaftliche Neuausgabe mit einem Variantenapparat der vier bis dahin in drei Sprachen veröffentlichten Ausgaben sowie einer Einleitung und ergänzenden wissenschaftlichen Aufsätzen bei Bloomsbury. Parallel zu dieser Ausgabe erfolgte die Einrichtung des Lili Elbe Digital Archive, einer der Biografie Lili Elbes gewidmeten Webseite mit Materialien und Digitalisaten der verschiedenen Ausgaben der Autobiografie.[14]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Jan Morris war das Buch, welches sie in einer Buchhandlung in Ludlow entdeckte, „die erste Bestätigung dafür, dass es auf der Welt noch andere Menschen gab, die sich in genau derselben Lage befanden wie ich“.[15]

David Ebershoff schrieb 2000 einen Roman über Lili Elbe und Gerda Wegener (im Buch als amerikanische Malerin Greta Waud) mit dem Titel Das dänische Mädchen (Originaltitel The Danish Girl). Er wurde in ein Dutzend Sprachen übersetzt und war ein internationaler Bestseller.

Die gleichnamige Verfilmung durch Tom Hooper wurde am 5. September 2015 auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt. Eddie Redmayne spielt darin die Rolle der Lili und Alicia Vikander die der Gerda. Im Rahmen der Oscarverleihung 2016 wurde Redmayne für diese Rolle als Bester Hauptdarsteller nominiert, und Vikander wurde als Beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.

Im November 2013 wurde in Berlin das Lili Elbe Archive als „unabhängiger Ort zur Überlieferung der eigenen Geschichte nicht-normativer Geschlechtlichkeiten“ gegründet; getragen von einem gleichnamigen Verein.[16] 2022 wurde das Archiv wieder geschlossen.

Am 22. Oktober 2023 fand am Theater Sankt Gallen die Uraufführung der englischsprachigen Oper Lili Elbe (Musik: Tobias Picker, Libretto: Aryeh Lev Stollman) statt.[17]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fra Mand til Kvinde : Lili Elbes Bekendelser. Hage & Clausen, 1931, OCLC 463443491.
  • Ein Mensch wechselt sein Geschlecht : Eine Lebensbeichte. Aus hinterlassenen Papieren herausgegeben von Niels Hoyer. Aus dem dänischen Original Fra Mand til Kvinde übersetzt von Ernst Harthern-Jacobson. Reissner, Dresden 1932, DNB 572989822.
  • Man Into Woman : The First Sex Change, a Portrait of Lili Elbe : The True and Remarkable Transformation of the Painter Einar Wegener. Hrsg. von Niels Hoyer, Übersetzung aus dem Deutschen von H. J. Stenning. Dutton, New York 1933 (Übersetzung von Ein Mensch wechselt sein Geschlecht). 2. Auflage: Popular Library, New York 1953. Neuausgabe: Blue Boat Books, London 2004, ISBN 978-0-9547072-0-0. E-Book: Canelo Digital Publishing, Beakonsfield 2015, ISBN 978-1-910859-26-1.
  • Wandlung – Eine Lebensbeichte. Herausgegeben von Niels Hoyer. Tauchnitz, Stuttgart 1954.
  • Melanie Kunze: Lili Elbe (1882–1931). Einar muss sterben. Zwischen Schuldgefühlen und Euphorie. In: Eva-Maria Bast, Elena de F. Oliveira, Melanie Kunze (Hrsg.): Dresdner Frauen: Historische Lebensbilder aus der Stadt an der Elbe. Bast Medien, Überlingen 2018, ISBN 978-3-946581-59-8, S. 40–49.
  • Man Into Woman : A Comparative Scholarly Edition. Hrsg. von Pamela L. Caughie und Sabine Meyer. Modernist Archives Series. Bloomsbury 2020, ISBN 978-1-350-02149-5.

Belletristische Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lili Elbe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sabine Meyer: »Wie Lili zu einem richtigen Mädchen wurde« – Lili Elbe: Zur Konstruktion von Geschlecht und Identität zwischen Medialisierung, Regulierung und Subjektivierung. 2015, S. 15, 312–313.
  2. Jodi Kaufmann: Transfiguration: a narrative analysis of male‐to‐female transsexual. In: International Journal of Qualitative Studies in Education. Band 20, Nr. 1, 1. Januar 2007, ISSN 0951-8398, S. 1–13, doi:10.1080/09518390600923768.
  3. Ein Mensch wechselt sein Geschlecht: Eine Lebensbeichte, aus hinterlassenen Papieren herausgegeben von Niels Hoyer. Aus dem dänischen Original Fra Mand til Kvinde übersetzt von Ernst Harthern-Jacobson. Reissner, Dresden 1932, S. 15.
  4. Meredith Worthen: Lili Elbe. In: biography.com. Abgerufen am 11. September 2021 (amerikanisches Englisch).
  5. Meredith Worthen: Lili Elbe. Abgerufen am 12. September 2021 (amerikanisches Englisch).
  6. Kritik an dieser Version siehe: Susanne Kailitz: Das Experiment. In: Die Zeit. 12. Januar 2012, abgerufen am 26. Juli 2012.
  7. Letzte Ehre fürs "Danish Girl". Abgerufen am 12. September 2021 (deutsch).
  8. Kay Haufe: Hollywood rettet Lili Elbes Grab. In: Sächsische Zeitung. 22. April 2016 (online [abgerufen am 26. April 2016]). online (Memento vom 21. Juni 2018 im Internet Archive)
  9. Lili Elbe: Ein sehr schönes Google-Doodle zum 140. Geburstag der Malerin und Transgenderpionierin. In: GoogleWatchBlog. 28. Dezember 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022 (deutsch).
  10. Alexander Buchmann: Ehrung für Lili Elbe: Trans-Pionierin bekommt eine Straße. In: www.tag24.de. 16. Februar 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022.
  11. Philine Schlick: Ehemalige Stephanienstraße wird nach Lili Elbe benannt. In: www.johannstadt.de. 25. März 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022.
  12. Stadt Dresden: Johannstadt: Lili-Elbe-Straße mit Spiel- und Sportfläche wird angelegt. In: www.dresden.de. Stadt Dresden, 15. Februar 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022.
  13. Niels Hoyer: Wandlung. Tauchnitz, Stuttgart 1954, S. 253.
  14. Welcome to the Lili Elbe Digital Archive, auf lilielbe.org.
  15. Jan Morris: Conundrum. Bericht von meiner Geschlechtsumwandlung. München 1975. S. 58.
  16. Lili Elbe Digital Archive. Abgerufen am 8. Juni 2023.
  17. Lili Elbe, auf tobiaspicker.com