Einsatzgruppenversorger Klasse 702

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Berlin-Klasse
EGV Berlin (A 1411)
(Aufnahmejahr 2003)
EGV Berlin (A 1411)
(Aufnahmejahr 2003)
Schiffsdaten
Land Deutschland Deutschland
Schiffsart Versorgungsschiff
Bauzeitraum Seit 1998
Stapellauf des Typschiffes 30. April 1999
Gebaute Einheiten 3
Dienstzeit seit 2001 Deutschland Deutschland
2023[veraltet] (geplant) Kanada Kanada
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 173,7 m (Lüa)
162,0 m (Lpp)
Breite 24 m
Tiefgang (max.) 7,9[1] m
Verdrängung 20.240[2] bzw. 20.900[1] t
 
Besatzung 159 (max. 233[3] bzw. 267[1] inkl. Sanitätspersonal)
Maschinenanlage
Maschine Schiffsdieselmotoren (Bonn: MTU 20V8000 M71R)[4]
Maschinen­leistung 10.560 kW (14.358 PS)[3] bzw. 14.400 kW (19.579 PS)[1]
Höchst­geschwindigkeit 20 kn (37 km/h)
Propeller 2
Lade– / Versorgungskapazität
Flüssigkeiten
  • 9500[5] bzw. 9770[1] Kraftstoff
  • 25 m³/Tag Frischwassererzeugung[5]
Sonstiges Transportgut
  • An Oberdeck Kapazität für 12[5] bzw. 52[1] 20′-Container
  • Lasten für ca. 230 t Proviant
Frachtumschlag
Bewaffnung

Die Einsatzgruppenversorger der Klasse 702 (EGV), auch Berlin-Klasse, sind Versorgungsschiffe der Deutschen Marine, die der logistischen und sanitätsdienstlichen Unterstützung gemischter Einsatzgruppen dienen. Sie sind die größten Schiffe der deutschen Marine und nach Städten benannt, in denen deutsche Parlamente ihren Sitz hatten oder haben. In Kanada wurde in einem Wettbewerb das Design der Berlin-Klasse am 2. Juni 2013 für die zwei neuen „Joint Support Ships“ (Protecteur-(II)-Klasse) der Royal Canadian Navy ausgewählt.[6]

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

EGV versorgen Schiffe mit Betriebsstoffen, Verbrauchsgütern, Proviant und Munition und sind so ausgerüstet, dass sie diese Güter während der Fahrt von Schiff zu Schiff übergeben können.[7] Zwei Hubschrauber dienen dem Transport von Personen und Material.

Die Deutsche Marine besitzt drei Einsatzgruppenversorger, Typschiff ist der Versorger Berlin (A 1411). Die Berlin wurde am 30. April 1999 getauft, am 11. April 2001 erfolgte die Indienststellung. Die Frankfurt am Main wurde am 5. Januar 2001 durch die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth getauft und am 27. Mai 2002 in Dienst gestellt. Daraufhin wurden die letzten drei verbliebenen älteren Versorger der Lüneburg-Klasse außer Dienst gestellt.

Die Beschaffung des dritten Schiffs wurde am 17. Dezember 2008 bewilligt. Es wurde am 17. April 2012 in Emden auf den Namen Bonn getauft[8] und am 13. September 2013 in Dienst gestellt.[1]

Der Kaufpreis des dritten Schiffes umfasst ein größeres Leistungspaket, das neben der Herstellung der Versorgungsreife technische Verbesserungen und eine zusätzliche Radaranlage für die Hubschrauberleitung für alle drei Schiffe enthält.[9] Er ist mit ca. 350 Millionen Euro etwa dreimal so hoch wie bei den beiden ersten Schiffen.[10] Weitere Modifikationen der Bonn betreffen die Antriebsanlage, die elektrische Energieerzeugung, die Sanitätseinrichtungen, das Rettungssystem und die Beiboote.[4]

In den kommenden Jahren werden alle drei Einsatzgruppenversorger umfassend modernisiert.[11]

Ausrüstung und Bewaffnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschütz an Backbord Heck der Bonn

Zur Selbstverteidigung sind die EGV der Marine mit vier Marineleichtgeschützen MLG 27 und vier schweren Maschinengewehren bewaffnet.[12] Außerdem werden MANPADS und bei Bedarf auch zwei Sea King MK41[A 1] mitgeführt. Die Bordhubschrauber dienen vorrangig Rettungseinsätzen, können aber auch Versorgungsgüter vom Schiff transportieren und sind zu ihrem eigenen Schutz mit einem Maschinengewehr M3M und Täuschsystemen ausgestattet. Das Flugdeck erlaubt auch den Einsatz größerer Hubschrauber.

Versorgungseinrichtungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Ladegeschirr der EGV können Versorgungsgüter während der Fahrt und im Hafen unabhängig umgeschlagen werden.[5]

Die Beladungskapazität der EGV beträgt:

  • 84 Containerstellplätze
  • Transportkapazität:
    • 7600 t Schiffsdiesel,
    • 490 t Flugkraftstoff,
    • 126 t Schmieröl,
    • 71 t Frischwasser,
    • 100 t Verbrauchsgüter,
    • 1075 t Festgüter
    • 230 t Proviant

Die EGV können außerdem die Entsorgung von Abwasser und Müll der versorgten Einheiten übernehmen.

Sanitätsdienstliche Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur sanitätsdienstlichen Unterstützung können die EGV mit einem so genannten Marineeinsatzrettungszentrum (MERZ) ausgerüstet werden. Nach dem Brand eines der Containersätze MERZ steht nur noch der für die Berlin zur Verfügung.[13] Das MERZ-System besteht aus einem Verbund von 26 ISO-Spezialcontainern, die ein zweigeschossiges Deckshaus bilden und an das Bordversorgungsnetz angeschlossen sind. Darin befinden sich Untersuchungszimmer, Operationsräume, Diagnose- und Therapieeinrichtungen sowie Labore. In einer Bettenstation unterdeck anstelle eines Laderaumes und dem Schiffslazarett können insgesamt 43 Personen untergebracht werden.[2][5]

Auf der Frankfurt ist seit 2022 ein neues MERZ fest installiert, das als integriertes MERZ (iMERZ) bezeichnet wird. Die beiden Schwesterschiffe sollen folgen. Ein iMERZ verfügt über eine Krankenstation, zwei OP-Säle, einen Röntgenraum, eine zahntechnische Abteilung und diverse Labore.[11][13][14]

Für ihren Einsatz im Rahmen der NATO-Aktivität in der Ägäis ab April 2020 während der COVID-19-Pandemie wurde die Berlin zeitweise mit einer Einrichtung zur Corona-Testung ausgestattet, die von Spezialisten des Schifffahrtmedizinischen Instituts der Marine betrieben wurde.[13]

Einheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschland Deutschland

Die Deutsche Marine betreibt drei Versorger, die alle dem Trossgeschwader in Wilhelmshaven unterstellt sind.

Kennung Name Rufzeichen Werft Stapellauf Indienststellung
A 1411 Berlin DRKA Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) 30. April 1999 11. April 2001
A 1412 Frankfurt am Main DRKB Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) 5. Januar 2001 27. Mai 2002
A 1413 Bonn DRKC Peene-Werft, FSG, TKMS (Nordseewerke), FLW 27. April 2011 13. September 2013[1]

Kanada Kanada

Zwei Versorgereinheiten werden durch die Seaspan Marine Corporation in Vancouver gebaut. Sie sollen die beiden Schiffe der Protecteur-(I)-Klasse ersetzen. Die Einheiten sollten ursprünglich nach der Schlacht von Queenston Heights sowie der Schlacht am Châteauguay benannt werden und 2017 einsatzfähig sein.[15] Aufgrund massiver Verzögerungen erhalten sie letztendlich die Namen der 2015/2016 außer Dienst gestellten Vorgängerschiffe.[16] Die kanadische Regierung geht davon aus, dass die Schiffe ab 2023[veraltet] ausgeliefert werden.[17] Das erste Schiff wurde am 16. Januar 2020 auf Kiel gelegt.[18][19]

Kennung Name Werft Kiellegung Stapellauf Indienststellung Bemerkungen
HMCS Protecteur
(ursprünglich Queenston)
Seaspan Marine Corporation,
North Vancouver
16. Januar 2020 im Bau
HMCS Preserver
(ursprünglich Châteauguay)
27. Oktober 2023 im Bau

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Berlin-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die Hubschrauber gehören zum Marinefliegergeschwader 5 und werden nur bei Bedarf im Rahmen der Verfügbarkeit an Bord stationiert.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j Indienststellung Einsatzgruppenversorger „Bonn“. In: presseportal.de. 10. September 2013, abgerufen am 12. September 2013.
  2. a b Marineeinsatzrettungszentrum (MERZ). In: marine.de. Abgerufen am 24. Juni 2016.
  3. a b Einsatzgruppenversorger „Berlin“-Klasse (702). In: marine.de. Abgerufen am 24. Juni 2016.
  4. a b Dirk Weber, Gunther Brückner: Taufe des dritten EGV auf den Namen Bonn. In: Marineforum. Nr. 6, 2012, S. 20 ff. (marine-offizier-vereinigung.de (Memento vom 11. Dezember 2013 im Internet Archive) [PDF; abgerufen am 29. August 2019]).
  5. a b c d e f Der Einsatzgruppenversorger (EGV). In: marine.de. Abgerufen am 24. Juni 2016.
  6. Joint Support Ship Design Selected. In: forces.gc.ca. Kanadisches Verteidigungsministerium, 2. Juli 2013, abgerufen am 14. August 2013 (englisch).
  7. Ralph Emmerich: Einsatzgruppenversorger. In: Soldat und Technik. Nr. 7, 1992, S. 481–485.
  8. Neuer Einsatzgruppenversorger auf den Namen „Bonn“ getauft. In: marine.de. 17. April 2012, abgerufen am 6. Dezember 2013.
  9. Bericht. (PDF) In: dmkn.de. MarineForum, 4-2009, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 29. August 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.dmkn.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  10. Deutsche Werften bauen Transportschiff zu hohem Preis (Memento vom 13. März 2010 im Internet Archive) In: tagesschau.de. Abgerufen am 10. März 2010.
  11. a b marineforum online: Die Container haben ausgedient abgerufen am 6. Dezember 2021
  12. Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse. Abgerufen am 1. Februar 2022.
  13. a b c Matthias Faermann: Auf dem Weg zum iMERZ - Notfall-Krankenhäuser an Bord. In: Leinen los! Heft 6/2020, S. 15
  14. rpm: Die "Frankfurt am Main" jetzt mit neuem Rettungszentrum. In: bundeswehr-journal. Christian Dewitz, 25. Mai 2022, abgerufen am 28. Februar 2023.
  15. Jubilation greets billion shipbuilding contract. In: vancouversun.com. The Vancouver Sun, 20. Oktober 2011, abgerufen am 26. November 2013 (englisch).
  16. Canada renames upcoming support ships as Protecteur-class vessels. In: janes.com. Jane’s Information Group, 14. September 2017 (englisch).
  17. Joint support ship. Government of Canada, abgerufen am 8. August 2020 (amerikanisches Englisch).
  18. Naida Hakirevic Prevljak: Shipbuilding contract awarded for two Royal Canadian Navy's joint support ships. In: Naval Today. 16. Juni 2020, abgerufen am 15. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  19. Keel laid for largest naval ship to ever be built in Canada. In: Naval Today. 20. Januar 2020, abgerufen am 15. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).