Erlöserkirche (Jerusalem)
Die Erlöserkirche (engl.: Church of the Redeemer) ist eine deutsche evangelische Kirche in Jerusalem.
Sie steht im Herzen der Altstadt im Muristan. Von ihrem Turm hat man einen guten Rundblick über die Viertel der Jerusalemer Altstadt: Muslimisches (NO), Jüdisches (SO), Armenisches (SW) und Christliches (NW) Viertel. An ihrer Nordseite verläuft das letzte Stück der Via Dolorosa, die nur einen Steinwurf entfernt nordwestlich der Erlöserkirche an der Grabeskirche endet. Im Osten verläuft der Suq el-Lahhanin, im Süden schließt sich die Propstei mit ihrem alten Kreuzgang an. Westlich der Kirche liegt die für die Altstadt ungewöhnlich breite Muristanstraße (früher: Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Straße).
Geschichte
Die Erlöserkirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts errichtet (Baubeginn: 1893). Nach Gründung des gemeinsamen englisch-preußischen Bistums 1841 und dem Entstehen einer deutschsprachigen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Jerusalem wurde seit 1871 zunächst die so genannte Kreuzfahrerkapelle (wahrscheinlich das Refektorium der das Gelände bewohnenden Benediktiner ) im ersten Stock des Kreuzgangs wieder hergestellt und gottesdienstlich genutzt. Heute wird sie Johanniterkapelle genannt. Am Reformationstag (31. Oktober) 1898 wurde die Erlöserkirche durch den deutschen Kaiser Wilhelm II. während seiner Palästinareise eingeweiht und der Schlüssel an Friedrich Wilhelm Barkhausen übergeben. Damit der Kaiser hoch zu Ross in die Altstadt einreiten konnte, wurde die alte Stadtmauer neben dem Jaffator durchbrochen. Der Predigt zum Einweihungsgottesdienst lag das Bibelwort zu Grunde, das zugleich den Namen der Kirche erklärt: "Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, das solches zu seiner Zeit gepredigt würde." (1.Tim. 2,5f) 1970-73 wurde die Kirche grundlegend renoviert. Dabei wurden die Bemalungen des Innenraumes bis auf den Christuskopf in der Apsis, eine wertvolle Mosaikarbeit, entfernt. Ebenfalls 1970 wurden öffentlich nicht zugängliche Ausgrabungen unter der Erlöserkirche begonnen. Ihr Ergebnis war unter anderem, dass sich unter den Fundamenten der alten Kirche nicht, wie vermutet, Reste der Stadtmauer aus der Zeit Jesu befinden. Man hat vielmehr einen Steinbruch sowie Überbleibsel einer Müllhalde gefunden, die außerhalb der Mauer gelegen haben müssen. Damit wird die Theorie gestützt, Golgatha könne sich etwa dort befunden haben, wo heute die Grabeskirche steht.
Träger
Eigentümerin der Erlöserkirche ist die Deutsche Evangelische Jerusalemstiftung mit Sitz in Hannover. Die Geschäftsführung liegt beim Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Kirchliches Außenamt), ebenfalls Hannover. Die Erlöserkirche ist die Predigtstätte der "Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Deutscher Sprache zu Jerusalem" und der arabisch-sprachigen Jerusalemer Gemeinde der „Evangelisch-lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land“, die aus dem Jerusalemsverein und den deutschen Schul- und Diakoniewerken des 19.Jahrhunderts hervorging. Der Jerusalemsverein wurde 1852 in Berlin zur Unterstützung der Missionsarbeit gegründet und besteht noch heute, integriert in das Berliner Missionswerk.
Pastoren und Pröpste
Deutsche Auslandspfarrer gibt es in Jerusalem seit 1852. Bei seinem Besuch anlässlich der Einweihung der Erlöserkirche 1898 verlieh Kaiser Wilhelm II. dem Jerusalemer Auslandspfarrer den Titel "Propst". Dieser ist der Repräsentant der EKD in Israel, in der Westbank und in Jordanien. Seine Aufgaben sind vergleichbar mit denen eines Weihbischofs in der anglikanischen Kirche oder eines Bischofs in orthodoxen Kirchen.
Liste der Pröpste mit ihren Dienstzeiten:
- 1852-1866 Friedrich Peter Valentiner
- 1866-1869 Carl Hoffmann
- 1870-1876 Hermann Weser
- 1876-1884 Carl Reinicke
- 1885-1895 Carl Schlicht
- 1895-1903 Paul Hoppe
- 1903-1910 Wilhelm Bussmann
- 1910-1918 Friedrich Jeremias
- 1921 Gustaf Dalman (komm.)
- 1921-1922 Albrecht Alt
- 1923-1930 Hans Wilhelm Hertzberg
- 1930-1938 Ernst Rhein
- 1938-1954 Johannes Döring
- 1954-1960 Joachim Weigelt
- 1960-1965 Carl Malsch
- 1965-1971 Hansgeorg Köhler
- 1971-1979 Helmut Glatte
- 1979-1985 Jürgen Wehrmann
- 1985-1991 Johannes Friedrich
- 1991-2001 Karl-Heinz Ronecker
- 2001-2006 Martin Reyer
- seit Mai 2006 Uwe Gräbe
Literatur
- Hertzberg, Hans Wilhelm (Hg.): Jerusalem - Geschichte einer Gemeinde. Erweitert und neu herausgegeben von J. Friedrich. Kassel 1965/Jerusalem 1990.
- Ronecker, Karl-Heinz; Nieper, Jens; Neubert-Preine, Thorsten (Hg.): Dem Erlöser der Welt zur Ehre. Festschrift zum hundertjährigen Jubiläum der Einweihung der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem. Leipzig 1998. ISBN 3-374-01706-1
- Gräbe, Dr. Uwe (Hg.): Faltblatt der deutschen evangelischen Gemeinde in Jerusalem - Zur Geschichte der Erlöserkirche. Jerusalem 2006.
Weblinks
- Webpräsenz der Erlöserkirche (EKD)
- Google Books: "Die Erlöserkirche in Jerusalem" in Krüger, Jürgen: Rom und Jerusalem. Kirchenbauvorstellungen der Hohenzollern im 19. Jahrhundert. Berlin: Akademie Verlag 1995.
Koordinaten: 31° 46′ 39,8″ N, 35° 13′ 49,6″ O