Faddeeva-Funktion

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Die Faddeeva-Funktion in der komplexen Zahlenebene

Die Faddeeva-Funktion (auch Kramp-Funktion oder relativistische Plasma-Dispersions-Funktion) ist eine skalierte komplexe komplementäre Fehlerfunktion,

Sie ist verwandt mit den Fresnel-Integralen, den Dawson-Integralen und dem Voigt-Profil. Die Funktion ist nach Wera Nikolajewna Faddejewa benannt.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Real- und Imaginärteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für genauere Betrachtungen lässt sich mit wie folgt zerlegen:

,

und stellen hierbei die reale und imaginäre Voigt-Funktion dar, da es sich bei bis auf Vorfaktoren um das Voigt-Profil handelt.[1]

Integraldarstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Faddeeva-Funktion besitzt die Integraldarstellung

sprich sie ist die Konvolution einer Gauß-Funktion und einer einfachen Polstelle.[1]
Die reale und imaginäre Voigt-Funktion lassen sich in ähnlicher Weise darstellen: [1]

Verhalten bei Vorzeichenumkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer Vorzeichenumkehr von kann bei Berechnungen auf die folgenden Zusammenhänge zurückgegriffen werden:

sowie

ist die Konjugation von .[2]

Ableitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In manchen Anwendungen muss nicht nur die Faddeeva-Funktion selbst, sondern auch ihre Ableitungen berechnet werden, beispielsweise bei der Nichtlinearen Regression in der Spektroskopie. Ihre analytische Ableitung lautet:[1][3]

Dieser Ausdruck kann auch herangezogen werden, um die Änderungen im Real- und Imaginärteil der Faddeeva-Funktion und nachzuvollziehen. Im Prinzip muss dafür das Produkt eingehender betrachtet werden. Mit der obigen Definition des Arguments , kann die Ableitung auch die in ihre partiellen Ableitungen nach und zerlegt werden:

Beziehungen zu anderen Funktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dawsonsche Funktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gilt folgende Beziehung zur Dawsonschen Funktion

[4]

Komplementäre Fehlerfunktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für rein imaginäre Argumente entspricht die Faddeeva-Funktion der skalierten Komplementären Fehlerfunktion

,

mit der Komplementären Fehlerfunktion .

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Funktion wurde 1954 von Wera Faddejewa und Terentjew tabuliert.[5] Sie erscheint als namenlose Funktion im Standardwerk von Abramowitz-Stegun (1964), Formel 7.1.3. Der Name Faddeeva function wurde anscheinend 1990 von Poppe und Wijers eingeführt.[6]

Implementierungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Steven G. Johnson hat eine Implementierung als freie und offene Software veröffentlicht, die auf einer Kombination der Algorithmen 680 und 916 beruht.[7] Sie liegt der Funktion scipy.special.wofz in der Python-Bibliothek SciPy zugrunde, und sie ist auch in Form einer C-Bibliothek libcerf verfügbar.[8]
Für Matlab existiert eine öffentlich einsehbare Implementierung, die auf einer Approximation durch Fourierreihen sowie einer unendlichen Bruchdarstellung basiert.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. Gautschi ACM Transactions on Mathematical Software (1969?): ACM Algorithmus 363.
  • W. Gautschi SIAM J. Numer. Anal. 7, 187 (1970).
  • G. P. M. Poppe, C. M. J. Wijers, ACM Transactions on Mathematical Software 16, 38–46 (1990): ACM Algorithm 680.
  • J. A. C. Weideman, SIAM J. Numer. Anal. 31, 1497–1518 (1994): Besonders kompakter Algorithmus in 8 Zeilen Matlab.
  • M. R. Zaghloul and A. N. Ali, ACM Transactions on Mathematical Software 38, 15 (2011): ACM Algorithm 916.
  • S. M. Abrarov and B. M. Quine, Appl. Math. Comp. 218, 1894–1902 (2011).
  • S. M. Abrarov and B. M. Quine, Arxiv, Preprint 2012

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d V. G. Avetisov: A Least-Squares Fitting Technique for Spectral Analysis of Direct and Frequency-Modulation Lineshapes. In: Fakultät für Physik der Universität Lund (Hrsg.): Lund Reports in Atomic Physics. LRAP-186, 1995 (lu.se [PDF]).
  2. W. Gautschi: Efficient Computation of the Complex Error Function. In: Society for Industrial and Applied Mathematics (Hrsg.): SIAM Journal on Numerical Analysis. Band 7, Nr. 1, 1970, S. 187–198 (nasa.gov [PDF]).
  3. National Institute of Standards and Technology (NIST): 7 Error functions, Dawson's and Fresnel integrals - 7.10 Derivatives, 15. März 2023, abgerufen am 14. Mai 2023
  4. J. H. McCabe: A Continued Fraction Expansion, with a Truncation Error Estimate, for Dawson's Integral. In: American Mathematical Society (Hrsg.): Mathematics of Computation. Band 28, Nr. 127, 1974, S. 811–816.
  5. V. N. Faddeeva, N. N. Terent'ev: Tables of values of the function for complex argument. Gosud. Izdat. Teh.-Teor. Lit., Moscow, 1954; English transl., Pergamon Press, New York, 1961.
  6. Google-Scholar-Recherche laut engl. Wikipedia.
  7. Faddeeva Package, unter MIT-Lizenz.
  8. Archivierte Kopie (Memento vom 17. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  9. Sanjar Abrarov: The Voigt/complex error function (second version), MATLAB Central File Exchange, 10. Juli 2016, abgerufen am 14. Mai 2023