Fernerkundung in Schulen

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Der Begriff Fernerkundung in Schulen beschreibt allgemein die Integration von Fernerkundung in den Schulunterricht. Dabei kann es sich zum einen um Fernerkundungsdaten, wie photographische, digitale oder mikrowellengestützte Luft- und Satellitenbilder, und zum anderen um Fernerkundungsmethoden, wie Resampling, Klassifikation von Landoberflächen und Zeitreihenanalysen handeln.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit Beginn der 1980er Jahre wird die Diskussion geführt, Fernerkundungsdaten als zusätzliches Medium stärker in den europäischen Schulunterricht einzusetzen.[1][2][3][4][5] Praktisch allerdings wurde das Thema bis zum Beginn des neuen Jahrtausends nur spärlich behandelt und im Schulkontext meist mit der visuellen Interpretation von Luftbildern gleichgesetzt.[6][7][8]

Die Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGFG) hebt in ihren Empfehlungen für die Lehrplanarbeit die Bedeutung des Einsatzes von Fernerkundungsmethoden und GIS im Schulunterricht explizit hervor und betont dabei vor allem zwei Vorteile:

  1. Die Bereitstellung von Informationen, die in den Standard-Lehrmaterialien aus Gründen der Aktualität, Kosten sowie des verfügbaren Raumes nicht enthalten sind,
  2. Die Unterstützung neuer Lehr-, Lern- und Unterrichtsformen, wodurch auf der einen Seite der traditionelle Unterricht bereichert und geöffnet werden kann und andererseits neue Themen und Unterrichtsformen zum Tragen kommen können.[9]

Probleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In fachwissenschaftlichen Untersuchungen zur Integration von Fernerkundungsdaten in den Schulunterricht werden insbesondere folgende Probleme und Hindernisse hervorgehoben[10]:

  • Zentrierung auf Erdkundeunterricht
  • Reduzierung auf Luftbilder
  • Komplexität von gängiger Bildverarbeitungssoftware
  • Einsatz oft nur als Hilfsmittel zur Veranschaulichung lehrplanrelevanter Sachverhalte
  • Kleines Zeitfenster bedingt durch Curriculum

Vorteile[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mehrdimensionalität von Fernerkundungsdaten (räumliche, spektrale, radiometrische, temporalen Dimension) und die Ästhetik von Luftaufnahmen[11], die für das Auge nicht erkennbare Strukturen und Zusammenhänge offenbaren, schaffen die Möglichkeit anhand von Luft- und Satellitenbildern komplexe Sachverhalten der Geographie, aber auch von weiteren naturwissenschaftlichen Fächern, wie Mathematik, Informatik und Biologie, anschaulicher darzustellen und zu erläutern. Folgende Effekte wurden bisher beim Einsatz von Fernerkundungsdaten und -methoden beobachtet[12][13]:

  • Förderung von Medien- und Methodenkompetenzen
  • Initiierung von vernetztem Denken durch Kopplung des Themenbereichs Fernerkundung mit fachspezifischen Hintergrund
  • Konfrontation mit abstrakten Inhalten (z. B. Wechsel von Zentral- zur Vogelperspektive) fördert räumliches Denken
  • Steigerung von Bewertungsfähigkeiten

Fernerkundung in Schulen als wissenschaftliches Projekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Logo des FIS-Projekts

Das Projekt Fernerkundung in Schulen (FIS) des Geographischen Instituts der Universität Bonn hat sich zum Ziel gesetzt die Integration des Themas Fernerkundung im Schulunterricht der Sekundarstufe I & II nachhaltig und fächerübergreifend zu fördern. Seit dem Start 2006 wird das Projekt durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) unterstützt. Oftmals scheitert die Intention vieler Lehrer, Fernerkundungsdaten und -methoden in ihren Unterricht einzubinden, an der Komplexität und Sperrigkeit bestehender freier Bildverarbeitungssoftware für Schulen.[14][15] Darüber hinaus ist festzustellen, dass Satellitenbilder, wenn sie in den Schulunterricht implementiert werden, primär im Geographieunterricht eingesetzt werden. Aus diesem Grund hat das FIS-Projekt ein didaktisches Konzept erarbeitet, das durch Intermedialität, Interaktivität und Interdisziplinarität gekennzeichnet ist. Eine Säule des Konzepts besteht aus der Entwicklung und Implementierung digitaler Lernmodule. Kern dieser interaktiven Unterrichtsmaterialien sind Verarbeitungswerkzeuge der digitalen Bildanalyse, die mit fachspezifischen Aufgabenstellungen und erläuternden Animationen gekoppelt werden.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ante, U. & D. Busche (1979): Hindernisse beim Einsatz von Satellitenbildern im Geographieunterricht. In: Geographische Rundschau, S. 82–86.
  2. Brucker, A. (1981), Sehgewohnheiten ändern. Satellitenbilder als Medien im Geographieunterricht. - In: Praxis Geographie 11, H. 1, S. 2–3.
  3. Frömel, W. (1981), Die Reaktion von Schülern auf Satellitenbilder. - In: Praxis Geographie 11, H. 1, S. 15–17.
  4. Voß, K., Goetzke, R. & H. Hodam (2008): Wie wird das Thema „Fernerkundung“ im Unterricht angenommen? – Erste Ergebnisse einer Fallstudie. AGIT Symposium, Fachtagung Lernen mit Geoinformationen, Salzburg.
  5. Theissen, U. (1986), Das Satellitenbild. - In: Köck, H. (Hrsg.): Grundlagen des Geographieunterrichts. Handbuch des Geographieunterrichts, Band 1, Köln, S. 268–270.
  6. Siegmund A. & G. Menz (2005): Fernes nah gebracht – Satelliten- und Luftbildeinsatz zur Analyse von Umweltveränderungen im Geographieunterricht. In: Geographie und Schule, H. 154, S. 2–10.
  7. Reuschenbach, M. (2007a): Reuschenbach, Monika (2007). Neue Wege der Fernerkundung im Geographieunterricht. In: Tagungsband zur Dreiländertagung der Schweizerischen Gesellschaft für Photogrammetrie, Bildanalyse und Fernerkundung (SGPBF) in Muttenz. Publikation der Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie, Fernerkundung und Geoinformation e.V., Band 16, S. 35–40.
  8. Voß, K. Siegmund, A. & I. Kollar (2009): „Faszination Satellitenbilder – Einsatzmöglichkeiten und Konzepte für den Schulunterricht“. In: Jekel, Koller & Donert (Hrsg.): Lernen mit Geoinformationen IV. S. 174–177.
  9. Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG) (2002), Grundsätze und Empfehlungen für die Lehrplanarbeit im Schulfach Geographie. - In: Arbeitsgruppe Curriculum 2000+ der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG). (Memento vom 15. Dezember 2005 im Internet Archive)
  10. Reuschenbach, Monika (2006). Fernerkundung im Geographieunterricht: Konzept zur verstärkten Integration von Satellitenbildern in den Geographieunterricht. In: Beiträge zur Tagung des AK Fernerkundung; Institutsreihe der Universität Osnabrück, Departement für Geoinformatik und Fernerkundung (IGF)
  11. Gábor Paál: Die ästhetische Grundlage der Geographie und ihre Bedeutung im Geographieunterricht. In: Zeitschrift für den Erdkundeunterricht. 46, 1994, S. 226–229.
  12. Voß, K., Hodam, H. & R. Goetzke (2010): „Feuerspuren im Satellitenbild – Mit Fernerkundung die Bewertungskompetenz stärken“. In: Jekel, Koller, Donert & Vogler (Hrsg.): Lernen mit Geoinformationen IV. S. 171–181.
  13. Voß, K., Hodam, H. & R. Goetzke (2009): „Einbindung fernerkundlicher Methoden in den Erdkundeunterricht-das Beispiel der Klassifikation und Change Detection“. In: Jekel, Koller & Donert (Hrsg.): Lernen mit Geoinformationen IV. S. 178–187.
  14. Voß, K., Goetzke, R. & F. Thierfeldt (2007): Integration von angewandten Fernerkundungsmethoden im Schulunterricht der Sekundarstufen I und II. In: Jekel, Koller & Strobl (Hrsg.): Lernen mit Geoinformationen II, S. 183–191.
  15. Reuschenbach, Monika (2007), Entwicklung und Realisierung eines Konzeptes zur verstärkten Integration der Fernerkundung, insbesondere von Luft- und Satellitenbildern in den Geographieunterricht. Dissertation am Geographischen Institut der Universität Zürich. In: Remote Sensing Series 50. Zürich.