Fettleber

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Klassifikation nach ICD-10
K70.0 Alkoholische Fettleber
K76.0 Fettleber (fettige Degeneration), anderenorts nicht klassifiziert
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Fettleber (lat. Steatosis hepatis) ist eine häufige Erkrankung der Leber mit in der Regel reversibler Einlagerung von Fett (überwiegend von Triglyceriden) in die Leberzelle (Hepatozyt) in Form von Fettvakuolen, z. B. durch Überernährung (Hyperalimentation), durch diverse genetisch bedingte Fettstoffwechselstörungen (z. B. Abetalipoproteinämie), Alkoholmissbrauch, Medikamente, Toxine und andere Gifte, Diabetes mellitus, Schwangerschaft, Eiweißmangel, Leberstauung, Leberteilentfernung oder auch Bypassoperationen, die Teile des Dünndarms ausschalten.[1]

Lassen sich neben der Fettablagerung auch Zeichen einer Entzündung (erhöhte „Leberwerte“ = erhöhte Transaminasen) nachweisen, spricht man von einer Fettleberhepatitis (Steatohepatitis).

Pathophysiologie

Die Fettleber beruht auf einer Störung des Fettsäure- und Triglyceridstoffwechsels der Leberzelle und kann daher unterschiedliche Ursachen haben. Ein sehr großer Teil der Fettlebererkrankungen beruht auf einem Missverhältnis zwischen der Energiezufuhr durch Lebensmittel und dem Energieumsatz durch Bewegung, welches zu einer positiven Energiebilanz führt. Überschüssige Energie speichert der Stoffwechsel als Körperfett, u. a. eben auch an der Leber. Aus diesem Grund werden Fettleber und Übergewicht in Verbindung gebracht.

Häufig sind auch hereditäre (erbliche) Stoffwechselstörungen, bei denen die Bildung von Lipiden in der Leber und ihre Ausschleusung aus dem Organ gestört (gesteigert oder vermindert) sind. Diese Steatosen aufgrund hereditärer Stoffwechselstörungen oder Enzymdefekte stehen in der Regel in keinem direkten Zusammenhang mit Übergewicht oder Fehlernährung.[2] Dies gilt ebenso für Leberverfettungen in Folge systemischer Erkrankungen wie bspw. Morbus Wilson, Hämochromatose und Abetalipoproteinämie und ähnliche Erkrankungen. Bei normalgewichtigen Patienten mit einer Leberverfettung sollte daher stets nach einer zugrunde liegenden Erkrankung gesucht werden.[3]

Häufig sind Leberverfettungen bei Alkoholabusus. Alkohol ist mit einem Brennwert von 29,7 kJ/g (= 7,1 kcal/g) sehr energiereich und wirkt auf Leberzellen schädigend. Durch die Metabolisierung mit Hilfe des Enzyms Alkoholdehydrogenase (ADH) entsteht Acetaldehyd. Dieses wird durch die Aldehyd-Dehydrogenase 2 (ALDH-2) zu Essigsäure verstoffwechselt. Beim Abbau von Alkohol durch ADH wird NADH im Exzess produziert, sodass der NADH/NAD-Quotient erhöht ist. Das bedeutet, dass gebildetes Acetyl-CoA nicht abgebaut werden kann und für die Fettsäurebildung v. a. in der Leber genutzt wird. Da nun zu viel Fettsäure in der Leber vorhanden ist, kann diese nicht genügend über prä-β-Lipoproteine in die Fettgewebszellen abtransportiert werden. Die Fettsäuren werden zu Triglyceriden (Fett) verestert. Diese bleiben in der Leber, und es entsteht eine Fettleber. Die Triglyceridkonzentration beim gesunden Menschen in der Leber beträgt etwa 5 %, bei der Fettleber kann sie bis zu 50 % betragen. Diese Leberverfettung ist anfangs vollständig reversibel und führt nur mit der Zeit zu einer irreparablen Schädigung.[4]

Fettleber kann auch als Folge von chronischer Mangelernährung (beispielsweise Unterernährung) auftreten, insofern auch bei Anorexie. Aus Kohlenhydraten (Abbaueinheiten der KohlenhydrateMonosaccharide wie z. B. Glucose) wird im Regelfall in der Leber Glykogen gebildet und gespeichert. Dieses stellt Energie durch Glykogenolyse schnell bereit. Sind die Kohlenhydratspeicher leer, setzt die Glukoneogenese ein. Dabei wird Glukose in Leber und Niere aus Nicht-Kohlenhydratvorstufen synthetisiert, z. B. glukoplastischen Aminosäuren, die vor allem bei Hunger aus abgebautem Muskelprotein gewonnen werden. Wird infolge Mangelernährung oder Hunger nicht genügend Eiweiß (0,8 g/kg Körpergewicht täglich) zugeführt, kommt es zur Störung der Glukoneogenese, weil die zur Fettverbrennung erforderliche Energie aus Muskel- und Bindegewebszellen nicht ausreichend verfügbar ist. Es kommt zur Ablagerung der nicht verstoffwechselten Fette (Triglyceride) an und in der Umgebung der Leber.

Durch eine Erhöhung des Proteins SHBG kommt es zu einer Erhöhung des Risikos für Altersdiabetes.[5]

Einteilung

  • 1. Einfache Fettleber
    • 1.1. Nichtalkoholische Fettleber (NAFLD = Non-alcoholic fatty liver disease)
    • 1.2. Alkoholische Fettleber (AFLD = Alcoholic fatty liver disease)
  • 2. Fettleberentzündung
    • 2.1.Nichtalkoholische Fettleberentzündung (NASH = Nichtalkoholische Steatohepatitis)[6]
      • NASH Grad 0 Fetteinlagerung ohne Entzündung
      • NASH Grad 1 Fetteinlagerung mit leichter Entzündung
      • NASH Grad 2 Fetteinlagerung mit mittlerer Entzündung
      • NASH Grad 3 Fetteinlagerung mit starker Entzündung.
    • 2.2. Alkoholische Fettleberentzündung (ASH = Alkoholische Steatohepatitis)
  • 3. Fettleberzirrhose

Die einfache Fettleber kann über Jahre unbemerkt und symptomlos verlaufen. Wenn eine Entzündung der Leber (Steatohepatitis) nachzuweisen ist, so kann die Erkrankung fortschreiten bis zur Leberzirrhose (in ca. 10 % der Fälle) und letztlich bis zum hepatozellulären Karzinom.

Die Fettleber ist eine häufige Erkrankung. Ca. 25 % der erwachsenen westlichen Bevölkerung haben eine Fettleber. Die Ursache der Fettleber liegt vermutlich in ungesunder Lebensweise. Sie ist assoziiert mit Übergewicht, Diabetes und mangelnder körperlicher Aktivität. Wahrscheinlich ist die Leberverfettung ein frühes Zeichen des metabolischen Syndromes, des Prädiabetes.

Diagnostik

Fettleber in der Sonographie: Die Leber (links im Bild) ist deutlich echoreicher (heller) als die angrenzende rechte Niere.
Ausgeprägte Fettleber in der Computertomographie (unten) im Vergleich zu einer normalen Leber (oben).

Eine Leberverfettung fällt meistens in einer Sonographie durch Vergrößerung und erhöhte Echogenität im Vergleich mit der Niere[7] sowie durch eine plumpe Form oder in einer Computertomographie oder Magnetresonanztomographie auf. Wenn aus anderen Gründen eine Biopsie der Leber durchgeführt wird, lässt sich die Fettleber auch histologisch sichern. Laborchemisch lässt sich kein sicherer Nachweis führen, allerdings fallen oft leicht erhöhte Transaminasen und eine erhöhte γ-GT auf.[8] Der Schweregrad kann mittels spezieller Kernspintomographie- oder Elastographie-Methoden bestimmt werden.[9]

Therapie

Die Behandlung einer Leberverfettung hat sich stets nach der zugrunde liegenden Ursache zu richten. Da diese sehr verschieden sein können, unterscheiden sich auch die Therapien entsprechend deutlich.[10] Eine Fettleber (ohne Zeichen einer Leberentzündung) hat meist nur geringen Krankheitswert. Da sie jedoch in eine Steatohepatitis übergehen kann und es sich um ein frühes Zeichen des metabolischen Syndroms handeln kann, muss sie medizinisch abgeklärt und frühzeitig behandelt werden.

  • Nutritiv (ernährungsbedingt) erworbene Leberverfettungen werden vor allem mit ernährungstherapeutischen Maßnahmen behandelt. Hierbei genügt oftmals eine kalorienreduzierte, ausgewogene, gesunde Ernährungsweise, um die Fetteinlagerungen vollständig rückzubilden. Beim Vorliegen eines starken Übergewichts (Adipositas) sollte prophylaktisch eine kalorienreduzierte Ernährung in Erwägung gezogen werden.[11]
  • Toxisch bedingte Leberverfettungen (Alkohol, Medikamente, Drogen, Gifte) werden durch das Weglassen der auslösenden Substanz behandelt. Akute Leberschäden durch Paracetamol werden mit dem Gegenmittel Acetylcystein behandelt.[12]
  • Bei nicht ernährungsbedingten Leberverfettungen (bspw. bei erblichen Mitochondriopathien, Speicherkrankheiten und Störungen der β-Oxidation), die auch schlanke Menschen betreffen können, steht eine diätische Behandlung nicht im Vordergrund. Meist kommen, neben ursächlichen Behandlungen des zugrunde liegenden Defekts, die Zellmembran stabilisierende Medikamente, Antioxidantien oder Lipidsenker zum Einsatz.[13]

Gewebe

Histologisch unterscheidet man die großtropfige (makrovesikuläre) Form mit Verdrängung des Zellkerns an den Rand und die kleintropfige (mikrovesikuläre) Leberzellverfettung sowie Übergangsformen. Die großtropfige Form kommt z. B. bei der ASH (alkoholische Steatohepatitis) vor, die kleintropfige z. B. bei der Schwangerschaftsfettleber.[14]

Literatur

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Classen, Diehl, Kochsieck: Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer-Verlag, München 2004, ISBN 3-437-42830-6, S. 1260–1262.
  2. S. P. Singh, B. Misra, S. K. Kar: Nonalcoholic fatty liver disease (NAFLD) without insulin resistance: Is it different? In: Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2014 Dec 17. doi:10.1016/j.clinre.2014.08.014
  3. Johannes Weiß, Monika Rau, Andreas Geier: Nichtalkoholische Fettlebererkrankung Epidemiologie, Verlauf, Diagnostik und Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. Jg. 111, Heft 26 vom 27. Juni 2014.
  4. Gertrud Rehner, Hannelore Daniel: Biochemie der Ernährung. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2041-1, S. 491.
  5. J. E. Nestler: Sex hormone-binding globulin and risk of type 2 diabetes. In: N Engl J Med. 361(27), 31. Dez 2009, S. 2676–2677; author reply 2677-2678, PMID 20050388; Abstract verfügbar als html, zuletzt abgerufen am 8. Januar 2009.
  6. M. D. Zeng, J. G. Fan, L. G. Lu, Y. M. Li, C. W. Chen, B. Y. Wang, Y. M. Mao: Guidelines for the diagnosis and treatment of nonalcoholic fatty liver diseases. In: Journal of Digestive Diseases. 9, 2008, S. 108–112. doi:10.1111/j.1751-2980.2008.00331.x.
  7. Carol M. Rumack, Stephanie R. Wilson, J. William Charboneau: Diagnostic Ultrasound. 2011, ISBN 0-323-05397-1, S. 96.
  8. Classen, Diehl, Kochsieck: Innere Medizin. 5. Auflage. Urban & Fischer-Verlag, München 2004, ISBN 3-437-42830-6, S. 1311–1315.
  9. T. Karlas, N. Garnov: Nicht-invasive Bestimmung des Leberfettgehalts bei Nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung: Vergleich von Controlled Attenuation Parameter (CAP), 1H-MR-Spektroskopie und In-phase/Opposed-phase MRT. In: Ultraschall in Med. 33, 2012, S. A113. doi:10.1055/s-0032-1322644 (zurzeit nicht erreichbar)
  10. Johannes Weiß, Monika Rau, Andreas Geier: Nichtalkoholische Fettlebererkrankung Epidemiologie, Verlauf, Diagnostik und Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. Jg. 111, Heft 26 vom 27. Juni 2014.
  11. Claus Leitzmann, Claudia Müller, Petra Michel, Ute Brehme, Andreas Hahn: Ernährung in Prävention und Therapie: Ein Lehrbuch. 3. Auflage. Hippokrates-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8304-5325-3, S. 510.
  12. Deniz Cicek u. a.: Fortbildungstelegramm Pharmazie: Acetylcystein. Universität Düsseldorf, 2013, 7, 60–74.
  13. Walter Siegenthaler, Hubert Erich Blum: Klinische Pathophysiologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006, S. 874ff.
  14. Böcker, Denk, Heitz: Pathologie. 2. Auflage. Urban & Fischer-Verlag, München 2001, ISBN 3-437-42380-0, S. 723–724.