Feuertopf (Geschütz)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Darstellung eines Feuertopfs beim abfeuern (1327, British Library, Additional MS 47680, f.44v)
Zeitgenössische Darstellung eines Feuertopfs von Walter de Milemete (1326)
Wohl überdimensionierte Rekonstruktion einer frühen europäischen Pfeilbüchse nach den Abbildungen Walter de Milemetes von 1326/27
Frontansicht

Ein Feuertopf, auch Pfeilbüchse (französisch pot de fer „Eisentopf“) genannt, ist ein frühes mittelalterliches Geschütz, mit dem hauptsächlich pfeilartige Projektile verschossen wurden.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Europa traten Feuerwaffen während der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert erstmals auf. Das Konzept der mit Schwarzpulver betriebenen Pfeilbüchse kam über die Handelswege Arabiens aus dem chinesischen Raum nach Europa (siehe hierzu beispielsweise die sogenannte Heilongjiang-Büchse, ein Handrohr).

Anfänglich gelangte zwecks Erzeugung geeigneter Büchsenläufe der Bronzeguss zum Einsatz. Als Munition dienten zunächst eine Art überdimensionierte Armbrustbolzen („Büchsenpfeile“ genannt, zeitgenössisch: „Sprite“ oder „Springel“[1]) deren Schäfte hinten mit einer metallenen Scheibe als Treibspiegel umwickelt wurden. Später kamen Kanonenkugeln aus Stein oder Blei in Verwendung. Steinerne Kanonenkugeln waren billiger und beim Aufprall flogen als Nebeneffekt Steinsplitter im Zielgebiet herum. Gezündet wurde der Feuertopf über ein Zündloch mittels eines Luntenstocks. Die in Experimenten überprüfte Reichweite des Schusses mit einem Büchsenpfeil betrug etwa 250 m, mit einer Bleikugel etwa 600 m. Dabei durchschlugen Pfeile und Kugeln in 20 m Entfernung aufgestellte Eisenplatten von 1,5 mm Stärke mit Leichtigkeit.[2]

Als älteste bildliche Darstellung eines Feuertopfes gilt die in der englischen Handschrift De Notabilitatibus, Sapientiis et Prudentia Regum von Walter de Milemete aus dem Jahr 1326. Sie zeigt ein Geschütz in Form einer dickbauchigen, enghalsigen Vase, die auf einem vierbeinigen Holzgestell (Lafette) gelagert ist, einen Büchsenpfeil als Munition geladen hat und gezündet wird.

Der erste nachweisbare Einsatz von Feuerwaffen in Deutschland fand bei der Belagerung der Burg Eltz während der Eltzer Fehde von 1331 bis 1336 mit Pfeilbüchsen statt. Es wurde zwischen 1975 und 1981 bei Restaurierungsarbeiten der Burg Eltz neben 23 großen Blidenkugeln auch ein Büchsenpfeil an der westlichen Vorburg, die am stärksten unter Beschuss stand, gefunden. Mit der Datierungsmöglichkeit auf die Eltzer Fehde handelt es sich um den ältesten bislang bekannten Beleg des Einsatzes dieser Waffe in Deutschland.[3]

Ein bei Loshult im heutigen Südschweden im Jahr 1861 gefundener aus Bronze gegossener Feuertopf von etwa 30 cm Länge,[4] dessen Entstehung ins 14. Jahrhundert datiert wird, gibt einen geeigneten Eindruck der Gestalt früher Pfeilbüchsen. Dieser Fund wird aufgrund des Fundortes Loshult-Büchse genannt und verdeutlicht darüber hinaus die wohl unmaßstäblich überdimensionierte Darstellungsweise der Pfeilbüchsen in den Milemete-Handschriften. Dementsprechend können auch verschiedene ‒ anhand der Milemetehandschriften erstellte ‒ Rekonstruktionen (siehe Abbildungen) als überdimensioniert angesprochen werden.[5]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Walter de Milemete: De Notabilitatibus, Sapientiis et Prudentia Regum. 1326.
  • Hans-Christian Huf: Quo Vadis: Schicksalsstunden der Menschheit. Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1997, ISBN 3-7857-0877-7, S. 278–283.
  • Wilfried Tittmann: Die Eltzer Büchsenpfeile von 1331–1333. In: Waffen- und Kostümkunde. Band 36, 1994, ISSN 0042-9945, S. 117–128 (Online [PDF; 5,7 MB]).
  • Wilfried Tittmann: Die Eltzer Fehde von 1331-1333. In: Waffen- und Kostümkunde. Band 37, 1995, ISSN 0042-9945, S. 53–64.
  • Jochen Gartz: Vom griechischen Feuer zum Dynamit. Eine Kulturgeschichte der Explosivstoffe. E.S. Mittler & Sohn, Hamburg 2007, ISBN 978-3-8132-0867-2.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.visier.de/2476.html Visier - Das internationale Waffenmagazin - Das pfeilförmige Geschoss hieß im Sprachgebrauch jener Jahre auch "Sprite" oder "Springel", 6. Juli 2005
  2. Klaus Leibnitz: Büchsenmeisterei, das ist die Kunst, richtig Schießpulver herzustellen, Büchsen damit zu laden und damit zu schießen, bewiesen durch Experimente, die mit einer Replik der Loshultbüchse gemacht wurden. In: Waffen- und Kostümkunde. Nr. 2, 2002, S. 127–154.
  3. Wilfrid Tittmann: Die Eltzer Büchsenpfeile von 1331–1333. In: Waffen- und Kostümkunde, Band 36 (1994), S. 117–128, Band 37 (1995), S. 53–64
  4. Hauptmasse des Loshult-Rohres (Memento vom 7. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF; 2,7 MB)
  5. Wilfried Tittmann: Die Geschützdarstellungen des Walter de Milemète von 1326/7. Ruhr-Uni Bochum, 2011, abgerufen am 27. Februar 2019.