Filipp Iwanowitsch Golikow

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Datei:FI Golikov.jpg
Gen.Lt. F.I. Golikov

Filipp Iwanowitsch Golikow (russ. Филипп Иванович Голиков; * 16. Julijul. / 29. Juli 1900greg. in der Oblast Kurgan, Westsibirien; † 29. Juli 1980 in Moskau) war Befehlshaber der Woronescher Front und später Direktor des militärischen Geheimdienstes GRU sowie der politischen Hauptabteilung der Roten Armee und Marschall der Sowjetunion.

Leben

Golikow stammte aus der Familie eines armen Baders und war das älteste von drei Kindern. Zunächst war er entschlossen, in die Fußstapfen seines Vaters als Arzt zu treten und bekam nach mit Auszeichnung absolvierter Grundschule ein Stipendium für eine höhere Schule. Der Zwang zu guten Noten und zu zusätzlicher Arbeit prägten ihn, Ehrgeiz, Engagement und harte Arbeit wurden zu seinem Charakteristikum.

Durch seinen Vater, der für seine kommunistischen Überzeugungen auch einen Gefängnisaufenthalt in Kauf nahm, wurde er kurz nach der Oktoberrevolution Mitglied der KPdSU, war im April 1918 bereits Redakteur der örtlichen Ausgabe der Iswestija und propagierte die Weltrevolution. Noch vor Vollendung seines 18. Lebensjahres trat er in ein Schützenregiment ein, das gegen die Weiße Armee und die Tschechoslowakische Legion im Ural kämpfte. Obwohl er sich im Kampf bewährte, wurden seine agitatorischen Fähigkeiten höher eingeschätzt und man schickte ihn auf die Petrograder Offiziersschule, wo zu dieser Zeit die Schulung als Agitator im Vordergrund stand. Nach Absolvierung mit Auszeichnung wurde er als Politoffizier der 3. Armee zugeteilt, kam aber bald zu einer Spezialabteilung, deren Aufgabe es war, den Widerstand gegen die Entkulakisierung zu unterdrücken. 1931 kommandierte er ein Schützenregiment und bald danach eine Division. 1933 absolvierte er den Generalstabskurs an der Frunse -Akademie und wurde danach Chef der politischen Abteilung im Verteidigungsministerium, wo er eine offiziell verschleierte, jedoch sicherlich zentrale Rolle bei der Liquidierung der Leningrader Opposition (siehe Sergei Mironowitsch Kirow), wie auch bei den Säuberungen des Jahres 1937 spielte. 1938 wurde er Politkommissar im weißrussischen Militärbezirk und kommandierte beim Überfall auf Polen am 17. September 1939 die 6. Armee, wo er sich – wie im finnisch-sowjetischen Winterkrieg – als Truppenführer bewährte.

Im Juli 1940 wurde er überraschend zum Chef des militärischen Geheimdienstes GRU ernannt, sein Vorgänger Proskurov war in Ungnade gefallen.[1] Um das Ansehen des GRU stand es zu diesem Zeitpunkt schlecht, Stalin traute grundsätzlich keinen bearbeiteten Quellen, sondern ließ sich die wichtigsten Unterlagen im Original vorlegen, lediglich eine knappe Beurteilung war gestattet. Das Hauptproblem, das Stalin sah, war zu dieser Zeit ein möglicher Friedensschluss Großbritannien-Deutschland, besonders beunruhigt war er deshalb über den Flug von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und die Geheimhaltung der Briten in dieser Angelegenheit. Golikow informierte Stalin 1941 laufend über den deutschen Aufmarsch. Der deutsche Überraschungsschlag wurde ihm jedenfalls nicht angelastet, er wurde vielmehr von Stalin ausgewählt, um gemeinsam mit Vizeadmiral Karlamow Verhandlungen über Hilfslieferungen mit den Alliierten zu führen, die besonders in den USA erfolgreich verliefen.

Im Zuge der katastrophalen militärischen Situation im Herbst 1941 wurde Golikow nach Moskau berufen und mit der Aufstellung der 10. Reservearmee beauftragt, die unter seinem Kommando, jedoch unter Schukows strenger Aufsicht nach Winterbeginn erfolgreich zum Einsatz kam. Im Jahr 1942 geriet Golikow mit seiner 4. Stoßarmee in den Strudel der erfolgreichen Vorstosses der Deutschen zum Kaukasus und verlor die Masse seiner Truppen, was seinen Ruf als Truppenführer nachhaltig schädigte. Nach der Schlacht von Stalingrad wieder als Truppenführer eingesetzt, bewährte sich Golikow zunächst im Angriff bei Woronesch und bei der Einnahme von Charkow. Als er jedoch Charkow im Zuge eines deutschen Gegenangriffes wieder verlor, war seine Karriere als Truppenführer endgültig beendet.

Im April 1943 wurde er zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt, war aber lediglich für Personalfragen zuständig. In dieser Funktion war er für die Rückführung sowjetischer Bürger aus Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit verantwortlich, was für die Betroffenen zumeist in bitterer Enttäuschung endete. 1958 wurde ihm die wichtigste Funktion seiner Laufbahn übertragen, jene des Leiters der politischen Hauptverwaltung des Heeres und der Marine, die er vier Jahre lang bekleidete und zur Verleihung des Titels eines Marschalls der Sowjetunion führte.

Da er unter Chruschtschow für den Parteiausschluss von Altstalinisten wie Malenkow, Kaganowitsch und Molotow gestimmt und Chruschtschows Kubapolitik kritisiert hatte, fand er sich zwischen zwei Stühlen wieder und wurde am 11. Mai 1961 entlassen. Es gelang ihm im Ruhestand nicht, sich zu rehabilitieren, wodurch ihm Tätigkeiten in Forschungseinrichtungen verwehrt blieben. Auch die anderen Marschälle mieden ihn, den Politkommissar, der tief in die Säuberungen verwickelt, in die militärische Hierarchie eingedrungen war.

Literatur

  • Seweryn Bialer: Stalin and his generals. Pegasus Publications, New York 1969.
  • Harold Shukman: Stalin's Generals. New York 1993.
  • Filipp I. Golikow in: Internationales Biographisches Archiv 47/1980 vom 10. November 1980, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Proskurow wurde erst nach dem Ausbruch des Deutsch-Sowjetischen Krieges verhaftet und erschossen.