Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft

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Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft
(FlorSoz)
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 13. August 1927 in Göttingen
Gründer Reinhold Tüxen
Sitz Göttingen
Zweck Fortbildung und Erforschung der heimischen Flora und Vegetation
Vorsitz Werner Härdtle
Mitglieder 1100 (2017)
Website www.tuexenia.de

Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft (FlorSoz) ist eine wissenschaftliche Vereinigung mit botanisch-organismischer Ausrichtung. Ziele sind Fortbildung, Erforschung und Schutz der mitteleuropäischen Flora und Vegetation.[1]

Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die übergeordneten Ziele sind die wissenschaftliche Fortbildung und die Förderung der Erforschung der heimischen Flora und Vegetation. Die Fortbildung wird u. a. durch Jahrestagungen mit Vorträgen und Exkursionen verfolgt. Für die Forschung wird beispielsweise die Fachzeitschrift Tuexenia herausgegeben.[1] Die Mitglieder beschäftigen sich häufig haupt- oder nebenberuflich mit Flora, Vegetationsökologie und Naturschutz.[2]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gründung der „Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft in Niedersachsen“ erfolgte 1927 in Göttingen bei einem Treffen von Kartierern der Flora der Provinz Hannover.[3] Erster Vorsitzender wurde Reinhold Tüxen, der die Kartierung der deutschen Flora für die Provinz Hannover leitete.[2] Der Verein fokussierte sich nicht nur auf die Flora, sondern auch auf die neue Methode zur pflanzensoziologischen Erfassung von Josias Braun–Blanquet und Geobotanik.[2] 1929 fand der erste Lehrgang zur Vegetationskunde statt, um die neuen Methoden bekannt zu machen.[2]

1938 ging die Arbeitsgemeinschaft im Rahmen der Gleichschaltung in die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Pflanzensoziologie auf. Tüxen blieb zunächst Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, wurde aber 1941 durch Erwin Aichinger (NSDAP) ersetzt[2]. 1942 erlebte der Verein mit 440 Mitgliedern wie viele andere in der Zeit des Nationalsozialismus eine Zwangsauflösung.

1946 wurde vom alten Vorsitzenden Reinhold Tüxen die Wiederzulassung unter neuem Namen, ohne den Zusatz „in Niedersachsen“, beantragt und 1948 wurde sie erteilt.[2] Diesmal wurde die Vereinigung auf ganz Deutschland und die Nachbarländer erweitert und die Mitgliederzahl wuchs rasch an, auf über 1.000 im Jahr 1983 bis zum Höchststand 1.498 im Jahr 1997.[2] Bis 1970 waren 40 Mitglieder aus der DDR, die dann von der DDR-Regierung zum Austritt gedrängt wurden, jedoch hielt Franz Fukarek für diese Mitglieder illegal Kontakt mit der FlorSoz.[2]

Das organisatorische Zentrum war die Bundesanstalt für Vegetationskartierung in Stolzenau unter der Leitung von Reinhold Tüxen und ab 1964 Tüxens privates Institut „Arbeitsstelle für Theoretische und Angewandte Pflanzensoziologie“ in Rinteln–Todenmann.[2] Mit der Vorstandschaft von Heinz Ellenberg zog die FlorSoz 1971 nach Göttingen. Unter Ellenberg wurde 1973 eine politische Stellungnahme gegen den Herbizideinsatz an Straßenrändern veröffentlicht.[2]

1984 gründete sich der deutschsprachige, stärker wissenschaftlich ausgerichtete Pflanzensoziologische Arbeitskreis mit Hartmut Dierschke als Leiter.[2] Der Arbeitskreis schloss sich 1990 der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft an, blieb aber mit der FlorSoz verbunden.[2] Der Grund für die Gründung des Arbeitskreises war, dass die wissenschaftliche Gesellschaft International Association of Vegetation Science nach Tüxens Tod nicht mehr stets in Stolzenau oder Rinteln tagte, sondern an wechselnden Orten auf der Welt.[2]

2004 wurde die Arbeitsgruppe Trockenrasen gegründet, die eine syntaxonomische Übersicht für Trockenrasen und benachbarter Klassen erarbeiten wollte. Diese Gruppe entwickelte sich zur internationalen Eurasian Dry Grassland Group (EDGG) und wurde eine Arbeitsgruppe der International Association of Vegetation Science. Die Gruppe veröffentlicht weiterhin in der Fachzeitschrift der FlorSoz, der Tuexenia, in jährlichen Sonderteilen (Special Feature) mehrere englischsprachige Artikel.[2]

Vorsitzender der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft ist seit 2012 Werner Härdtle. Seine Vorgänger waren Reinhold Tüxen (1927–1941, 1946–1971), Heinz Ellenberg (1971–1977) und Hartmut Dierschke (1977–2004) und Angelika Schwabe-Kratochwil (2004–2012).[4]

Zeitschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein gibt die begutachtete (peer review) Tuexenia heraus. Die Zeitschrift ist mit ihren Anhängen ein Archiv von über 40.000 Vegetationsaufnahmen seit 1928,[2] welche in die Datenbank vegetweb 2.0 eingingen[5][6]. Der Vorläufer der jährlich erscheinenden Tuexenia war 1928 bis 1980 die Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft. Wichtige Veröffentlichungen zu Beginn waren der Band 3 „Die Pflanzengesellschaften von Nordwestdeutschland“ von Reinhold Tüxen[7], da es die erste systematische überregionale Zusammenfassung von Vegetationsaufnahmen war. Als Band 5 erschien die Dissertation von Heinz Ellenberg.[8]

Aus dem Arbeitskreis (AK) Pflanzensoziologie ging die Reihe Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands hervor, die 1996–2022 veröffentlicht wurde.[2] Sie hatte das Ziel eine syntaxonomische Gesamtübersicht für Deutschland zu liefern, was aber voraussichtlich nicht beendet wird.[2] Hartmut Dierschke war der Herausgeber der Reihe.

Seit 2008 werden die Tuexenia-Beihefte publiziert[9], die aus den Tagungsführern (seit 1990 auch für nicht Teilnehmende) hervorgingen.[2]

Jahrestagungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ordentliche Mitgliederversammlung findet alljährlich während der wissenschaftlichen Jahrestagung an wechselnden Orten statt auch in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Luxemburg. Die Tagungen bestehen seit 1990 aus einem halben Tag mit Vorträgen und drei Tagen mit Exkursionen in die Umgebung des Veranstaltungsorts.[2] Die Exkursionsziele sind floristisch und pflanzensoziologisch interessante (Naturschutz-)Gebiete und mittlerweile vermehrt auch Renaturierungen in der Umgebung des Tagungsortes.

Tagungsorte
Jahr Ort
2024 Oldenburg (Oldb) (3)
2023 Koblenz (2)
2022 Freising (2)
2021 Rostock
2020 entfallen
2019 LUX – Luxemburg
2018 A – Graz
2017 Görlitz
2016 Regensburg
2015 Bernburg
2014 Flensburg
2013 Freiburg i. Br. (4)
2012 Münster (3)
2011 Potsdam
2010 Gießen
2009 A – Salzburg (2)
2008 Greifswald
2007 St. Wendel (Saarland)
2006 Lüneburg (2)
2005 Erlangen (3)
2004 Nettersheim (Eifel)
2003 CH – Basel
2002 Göttingen
2001 Karlsruhe (2)
2000 A – Innsbruck
1999 Halle (Saale)
1998 Augsburg
1997 Jena
1996 Freising (1)
1995 Oldenburg (Oldb) (2)
1994 Dresden
1993 Regensburg
1992 Bochum
1991 Trier
1990 Freiburg i. Br. (3)
1989 Münster (2)
1988 CH – Sitten
1987 Kiel
1986 Wetzlar
1985 Erlangen (2)
1984 Bad Münstereifel
1983 Lüneburg (1)
1982 Karlsruhe (1)
1981 A – Salzburg (1)
1980 NL – Utrecht
1979 Schwäbisch Gmünd
1978 Bremen
1977 A – Neusiedel am See
1976 Höxter (Weserbergland)
1975 Konstanz
1974 Ratzeburg (Holstein)
1973 Arnsberg (Sauerland)
1972 Kempten
1971 Freiburg i. Br. (2)
1970 Braunschweig
1969 Fulda
1968 Osterode (Harz)
1967 Münster (1)
1966 Wackersdorf (Oberpfalz)
1965 Erlangen (1)
1964 Saarbrücken
1963 München
1962 Osnabrück
1961 Schleswig
1960 Ebingen (Schwäbische Alb)
1959 Annweiler (Pfälzer Wald)
1958 Koblenz (1)
1957 Darmstadt
1956 Lüchow (Wendland)
1955 Zwiesel (Bayerischer Wald)
1954 entfallen
1953 Oldenburg (Oldb) (1)
1952 Kassel
1951 Freiburg i. Br. (1)
1950 Stolzenau (Mittelweser)

Ehrenmitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenvorsitzende sind seit 1971 Reinhold Tüxen (†) und seit 2004 Hartmut Dierschke (†).

Ehrenmitglieder
Name Ort Ernennung
Herbert Meißner (†) Stolzenau 1963
Jules Berset (†) Fribourg 1965
Wolfhart Scharf (†) Wackersdorf 1966
Rolf Eggersmann (†) Nienburg 1960er
Josias Braun-Blanquet (†) Montpellier 1970
Gisli Sigurbjörnsson (†) Reykjavik 1974
Erich Oberdorfer (†) Freiburg 1975
Fritz Runge (†) Münster 1976
Heinz Ellenberg (†) Göttingen 1977
Hans Zeidler (†) Hannover
Paul Seibert (†) München 1991
Ernst Preising (†) Bispingen 1991
Franz Fukarek (†) Greifswald 1993
Otti Wilmanns (†) Freiburg 1998
Gisela Jahn Göttingen 2000
Theo Müller (†) Steinheim 2003
Heinrich E. Weber (†) Bramsche 2006
Ernst-Gerhard Mahn (†) Dresden 2006
Barbara Ruthsatz Trier 2010
Henning Haeupler Bochum 2012
Angelika Schwabe-Kratochwil Darmstadt 2019
Annette Otte Vöhringen 2022
Wolfgang Schumacher Mechernich-Antweiler 2022

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dierschke H & Remy D (2017) 90 Jahre Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft (FlorSoz). – Tuexenia 37, 9–45.
  • Dierschke H (2022) Vorstände der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz). – Tuexenia 42, 393–406.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Satzung der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft e.V. | Tuexenia.de. Abgerufen am 28. Dezember 2023 (deutsch).
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Hartmut Dierschke & Dominique Remy: 90 Jahre Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft (FlorSoz). In: Tuexenia. Band 37. Göttingen 2017, S. 9–45 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 28. Dezember 2023]).
  3. Vorwort zu Heft 1 der Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft in Niedersachsen (1928)
  4. Hartmut Dierschke: Vorstände der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz). In: Tuexenia. Band 42. Göttingen 2022, S. 393–406 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 28. Dezember 2023]).
  5. Jörg Ewald: Pflanzensoziologie als Beitrag zur Biodiversitätsinformatik. In: Tuexenia. Band 25, 2005, S. 475–483 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 19. Januar 2024]).
  6. Florian Jansen, Jörg Ewald, Ute Jandt: Vegetweb 2.0 - Neuauflage eines Vegetationsdatenportals für Deutschland. In: Tuexenia. Band 35, 2015, S. 309–319 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 19. Januar 2024]).
  7. Reinhold Tüxen: Die Pflanzengesellschaften Nordwestdeutschlands. In: Reinhold Tüxen (Hrsg.): Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft in Niedersachsen. Band 3. Hannover 1937, S. 1–170 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 19. Januar 2024]).
  8. Heinz Ellenberg: Über Zusammensetzung, Standort und Stoffproduktion bodenfeuchter Eichen- und Buchenmischgesellschaften Nordwestdeutschlands. In: Reinhold Tüxen (Hrsg.): Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft in Nordwestdeutschland. Band 5. Hannover 1939, S. 1–135 (tuexenia.de [PDF; abgerufen am 19. Januar 2024]).
  9. ISSN 1866-3885 (Print) | Tuexenia. Beiheft | The ISSN Portal. Abgerufen am 19. Januar 2024.