Franz Hellinger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hellinger-Wiesmann-Denkmal auf dem Friedhof Speyer

Franz Hellinger (* 24. März 1901 in München; † 9. Januar 1924 in Speyer) war ein deutscher politischer Aktivist. Er wurde als Teilnehmer des tödlichen Anschlags von Rechtsextremisten auf den pfälzischen Separatistenführer Franz Joseph Heinz im Januar 1924 bekannt. Bei der Verfolgung der Attentäter durch Gefolgsleute von Heinz wurde Hellinger ebenfalls getötet.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hellinger verlor früh seinen Vater, der Bankkassenangestellter war, und wuchs in München in ärmlichen Verhältnissen auf. 1918, mit 17 Jahren, meldete er sich freiwillig zum Königlich Bayerischen Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 1. Kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs kam er aber nicht mehr zum Einsatz an der Front. Als Unteroffizier aus dem Heer entlassen, lebte er als Monteur und Kraftfahrer in München.

Dort schloss er sich dem Bund Oberland an. Mit diesem beteiligte er sich im April 1919 an der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik. Anschließend war er an verschiedenen militärischen Aktionen des Bundes Oberland beteiligt, so 1920 im Ruhrgebiet gegen die Rote Ruhrarmee und 1921 in Oberschlesien gegen die Polen. Zum 1. Mai 1920 trat er der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.472).[1]

Ebenfalls in München trat Hellinger dem Bayerischen Wehrkraftverein bei, dann dem Jungsturm Adolf Hitler, der ersten Jugendabteilung der NSDAP; sie war am 13. März 1922 in München gegründet worden. Am 9. November 1923 nahm er am Hitlerputsch teil und marschierte mit zur Feldherrnhalle.

Im gleichen Jahr wurde Hellinger Mitglied des im März 1923 von Edgar Julius Jung gegründeten Rheinisch-Pfälzischen Kampfbunds, eines Geheimbunds zur Bekämpfung der französischen Besatzungsmaßnahmen in der Pfalz. Am 9. Januar 1924 war er in Speyer an der Ermordung des pfälzischen Separatistenführers Franz Joseph Heinz im Hotel Wittelsbacher Hof beteiligt. Bei der Flucht der Attentäter wurde Hellinger beim Schusswechsel mit Anhängern von Heinz tödlich verletzt.

Postume Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erinnerungstafel am Wittelsbacher Hof in Speyer, dem Ort des Attentats

In den weiteren 1920er und frühen 1930er Jahren galt Hellinger bei der völkischen politischen Rechten in Deutschland als sogenannter „Märtyrer der nationalen Sache“. Unter anderem wurde eine Arbeitsgemeinschaft zur Schaffung eines Denkmals gegründet, das ihm und dem ebenfalls bei dem Speyerer Attentat getöteten Kampfbund-Angehörigen Ferdinand Wiesmann gewidmet sein sollte. Schließlich wurde auf dem Speyerer Friedhof ein Wiesmann-Hellinger-Denkmal errichtet, das am 10. Januar 1932 „unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit“ eingeweiht wurde.[2]

Nur wenige Tage später, am 26. Januar 1932, ordnete Adolf Hitler an, dass der Sturm 1/II/1 der SS „in Erinnerung an den bei der Erschießung des Separatistenführers Franz Joseph Heinz gefallenen Parteigenossen Hellinger künftig die Bezeichnung 1. Sturm Hellinger“ führen solle. Im Widerspruch zu der im Bundesarchiv festgehaltenen Parteimitgliedschaft war Hellinger laut Fußnote in der kommentierten Ausgabe von Hitlers Reden und Anordnungen nicht Mitglied der NSDAP.[2] Doch auch der NS-Rassentheoretiker Hermann Gauch (1899–1978) erwähnte am 6. Mai 1976 in einem Brief an den Historiker Werner Maser in Bezug auf das Heinz-Attentat von Speyer, dass beide Attentäter, der ihm persönlich bekannte Wiesmann sowie Hellinger, Mitglieder der NSDAP gewesen seien.[3]

Die 1935 gewidmete Franz-Hellinger-Straße in Neunkirchen (Saar) wurde nach 1945 wieder zur vormaligen Gartenstraße; seit 1962 heißt sie Adolf-Kolping-Straße.[4]

Das Wiesmann-Hellinger-Denkmal in Speyer von 1932 wurde bis ins 21. Jahrhundert gepflegt und war bis 2001 Bestandteil des offiziellen städtischen Rundgangs zum Volkstrauertag. Nach einem Bericht des Historikers Matthias Spindler auf SWR2 am 23. Februar 2002 ließ der damalige Oberbürgermeister von Speyer, Werner Schineller, die Pflege einstellen.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Gräber, Matthias Spindler: Revolverrepublik am Rhein. Die Pfalz und ihre Separatisten. Band 1: November 1918 bis November 1923. Pfälzische Verlags-Anstalt, Landau/Pfalz 1992, ISBN 3-87629-164-X.
  • Gerhard Gräber, Matthias Spindler: Die Pfalzbefreier. Volkes Zorn und Staatsgewalt im bewaffneten Kampf gegen den pfälzischen Separatismus 1923/24. Pro Message, Ludwigshafen/Rhein 2005, ISBN 3-934845-24-X.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bundesarchiv (Hrsg.): NSDAP-Mitgliederliste 1919–1921. NS 26, Nr. 2099.
  2. a b Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.): Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen – Februar 1925 bis Januar 1933. Band IV/3. Verlag De Gruyter, Berlin, S. 73 (1991–2003).
  3. Sigfrid Gauch: Fundsachen. Die Quellen zum Roman Vaterspuren. 2010, S. 169.
  4. Rainer Freyer: Straßennamen. Mehrfache Straßenumbenennungen an der Saar. saar-nostalgie.de, abgerufen am 19. September 2015.
  5. Denkmal erinnert an Attentat. Historischer Verein Speyer, 25. Januar 2014, abgerufen am 18. September 2015 (Button „Weiterlesen“).